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Agnes Bernauerin

Es reiten drei Herren zu München hinaus,
Sie reiten wohl vor der Bernauerin Haus:
»Bernauerin bist du da darinnen? ja darinnen?

Bist du darinnen, so tritt du heraus!
Der Herzog ist draußen vor deinem Haus
Mit all seinem Hofgesinde.«

Sobald die Bernauerin die Stimme vernahm,
Ein schneeweißes Hemd zog sie gar bald an,
Wohl vor den Herzog zu treten.

Sobald die Bernauerin vors Thor hinaus kam,
Drei Herren gleich die Bernauerin vernahm'n:
»Bernauerin, was willst du machen?

Ei willst du lassen den Herzog entwegen,
Oder willst du lassen dein jung frisch Leben
Ertränken im Donauwasser?«

»Und eh ich will lassen mein Herzog entwegen,
So will ich lassen mein jung frisch Leben
Ertränken im Donauwasser.

Der Herzog ist mein, und ich bin sein,
Sind wir gar treu versprochen.«

Bernauerin auf dem Wasser schwamm,
Maria, Mutter Gottes, hat sie gerufen an,
Sollt' ihr aus dieser Noth helfen.

»Hilf mir, Maria, aus dem Wasser heraus,
Mein Herzog läßt dir bauen ein neues Gotteshaus,
Von Marmorstein ein Altar!«

Sobald sie dieses hat gesprochen aus,
Maria, Mutter Gottes, hat geholfen aus,
Und bei dem Leben errettet.

Sobald die Bernauerin auf die Brucken kam,
Drei Henkersknecht zur Bernauerin kam'n:
»Bernauerin, was willst du machen?

Ei willst du werden ein Henkersweib,
Oder willst du lassen dein jungen stolzen Leib
Ertränken im Donauwasser?«

»Und eh' ich will werden ein Henkersweib,
So will ich lassen mein jungen stolzen Leib
Ertränken im Donauwasser.«

Es stund kaum an den dritten Tag,
Dem Herzog kam eine traurige Klag':
Bernauerin ist ertrunken.

»Auf, rufet mir alle Fischer daher,
Sie sollen fischen bis in das schwarze Meer,
Daß sie mein feines Lieb suchen!«

Es kommen gleich alle Fischer daher,
Sie haben gefischt bis in das schwarze Meer,
Bernauerin haben sie gefunden.

Sie legens dem Herzog wohl auf den Schooß,
Der Herzog wohl viel tausend Thränen vergoß,
Er thät gar herzlich weinen.

»So rufet mir her fünftausend Mann,
Einen neuen Krieg will ich nun fangen an
Mit meinem Herrn Vater eben!

Und wär' mein Herr Vater mir nicht so lieb,
So ließ ich ihn aufhenken als wie einen Dieb,
Wär' aber mir eine große Schande.«

Es stund kaum an den dritten Tag,
Dem Herzog kam eine traurige Klag':
Sein Herr Vater ist gestorben.

»Die mir helfen meinen Herrn Vater begraben,
Rothe Mäntel müssen sie haben,
Roth müssen sie sich tragen.

Und die mir helfen mein feines Lieb begraben,
Schwarze Mäntel müssen sie haben,
Und schwarz müssen sie sich tragen.

So wollen wir stiften eine ewige Mess',
Daß man der Bernauerin nicht vergeß',
Man wolle für sie beten! ja beten!«

Volksthümlich


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