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Die Weiber von Weinsberg

Wer sagt mir an, wo Weinsberg liegt?
Soll sein ein wackres Städtchen,
Soll haben, fromm und klug gewiegt,
Viel Weiberchen und Mädchen.
Kommt mir einmal das Freien ein,
So werd ich eins aus Weinsberg frein.

Einstmal der Kaiser Konrad war
Dem guten Städtlein böse,
Und rückt' heran mit Kriegesschaar
Und Reisigengetöse,
Umlagert' es, mit Roß und Mann,
Und schoß und rannte drauf und dran.

Und als das Städtlein widerstand,
Trotz allen seinen Nöthen,
Da ließ er, hoch von Grimm entbrannt,
Den Herold 'nein trompeten:
»Ihr Schurken, komm' ich 'nein, so wißt,
Soll hängen, was die Wand bepißt!«

Drob, als er den Avis also
Hinein trompeten lassen,
Gab's lautes Zetermordio,
Zu Haus' und auf den Gassen.
Das Brot war theuer in der Stadt;
Doch theurer noch war guter Rath.

»O weh, mir armen Korydon!
O weh mir!« Die Pastores
Schrien: »Kyrie Eleyson!
Wir gehn, wir gehn kapores!
O weh, mir armen Korydon!
Es juckt mir an der Kehle schon.«

Doch wann's Matthä' am letzten ist,
Trotz Rathen, Thun und Beten,
So rettet oft noch Weiberlist
Aus Aengsten und aus Nöthen.
Denn Pfaffentrug und Weiberlist
Gehn über Alles, wie ihr wißt.

Ein junges Weibchen Lobesan,
Seit gestern erst getrauet,
Gibt einen klugen Einfall an,
Der alles Volk erbauet;
Den ihr, sofern ihr anders wollt,
Belachen und beklatschen sollt.

Zur Zeit der stillen Mitternacht,
Die schönste Ambassade
Von Weibern sich in's Lager macht,
Und bettelt dort um Gnade.
Sie bettelt sanft, sie bettelt süß,
Erhält doch aber nichts, als dies:

»Die Weiber sollten Abzug han,
Mit ihren besten Schätzen,
Was übrig bliebe, wollte man
Zerhauen und zerfetzen.«
Mit der Kapitulation
Schleicht die Gesandtschaft trüb' davon.

Drauf, als der Morgen bricht hervor,
Gebt Achtung! Was geschiehet?
Es öffnet sich das nächste Thor,
Und jedes Weibchen ziehet,
Mit ihrem Männchen schwer im Sack,
So wahr ich lebe! Huckepack. –

Manch Hofschranz suchte zwar sofort
Das Kniffchen zu vereiteln;
Doch Konrad sprach: »Ein Kaiserwort
Soll man nicht drehn noch deuteln.
Ha bravo! rief er, bravo so!
Meint' unsre Frau es auch nur so!«

Er gab Pardon und ein Bankett,
Den Schönen zu Gefallen.
Da ward gegeigt, da ward trompet't,
Und durchgetanzt mit allen,
Wie mit der Burgemeisterin,
So mit der Besenbinderin.

Ei, sagt mir doch, wo Weinsberg liegt?
Ist gar ein wackres Städtchen,
Hat, treu und fromm und klug gewiegt,
Viel Weiberchen und Mädchen.
Ich muß, kommt mir das Freien ein,
Fürwahr! muß Eins aus Weinsberg frein.

Bürger


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