Emile Zola
Fruchtbarkeit
Emile Zola

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Zwei Jahre gingen hin. Und während dieser zwei Jahre bekamen Mathieu und Marianne noch ein Kind, ein Mädchen. Und diesmal vergrößerte sich zugleich mit der Familie auch die Besitzung Chantebled wieder, im Osten des Plateaus, um den ganzen noch übriggebliebenen Waldgrund, bis zu den seinen Höfen Mareuil und Lillebonne. Nun war der ganze nördliche Teil des Besitzes erworben, nahezu zweihundert Hektar Wald, von großen Lichtungen durchschnitten, die durch ein Netz von Wegen miteinander in Verbindung standen. Und in natürliche Weiden verwandelt, von den nahen Quellen berieselt, erlaubten diese von Bäumen umgebenen Wiesen, den Viehstand zu verdreifachen, die Aufzucht im großen zu versuchen. Das Leben setzte seinen unaufhaltsamen Eroberungszug fort, die Fruchtbarkeit verbreitete sich unter der Sonne, die Arbeit schuf unausgesetzt, unermüdlich, trotz aller Hindernisse und Kümmernisse, füllte die Lücken der Verluste aus, goß zu jeder Stunde neue Kraft, neue Gesundheit und Freude in die Adern der Welt.

Seitdem die Froment erfolgreich in ihrem Eroberungswerke, in der Gründung ihres kleinen Königreiches waren, auf dem Wege, den festgefügtesten Reichtum, den in Grund und Boden zu erwerben, spotteten die Beauchêne nicht mehr über ihren abenteuerlichen Einfall, sich auf dem Lande niederzulassen, dilettantische Bauern, Gelegenheitslandwirte zu weiden, wie sie anfangs gesagt hatten. Erstaunt, überwältigt von dem Einfluß, den jeder Erfolg ausübt, waren sie sehr freundlich gegen sie, behandelten sie nunmehr als reiche Verwandte, ließen sich herbei, sie manchmal zu besuchen, höchst interessiert von diesem großen, lebendigen, wimmelnden, vom Lärm blühenden Gedeihens erfüllten Hofe. Bei einem dieser Besuche traf nun Constance mit Madame Angelin zusammen, ihrer einstigen Pensionatsfreundin, die sie übrigens nie ganz aus den Augen verloren hatte. Das junge Ehepaar, das vor zehn Jahren sein Liebesglück durch die einsamen Waldpfade von Janville getragen, heiße Küsse hinter jeder Hecke tauschend, hatte schließlich ein kleines Häuschen am Ende des Dorfes erworben, wo sie alljährlich die schönen Tage verbrachten. Aber es war vorüber mit der liebenden Sorglosigkeit von einst; Madame Angelin war nun bald sechsunddreißig Jahre alt; und seit sechs Jahren, da sie und ihr Mann ihr einstiges Versprechen einhielten, von ihrem dreißigsten Jahre ab nicht mehr unterschlagende Liebende sein zu wollen, seit sechs Jahren, da sie sich als wirkliche Ehegatten betrugen, das Kind erwartend, das sie sich versprochen hatten, kam dieses Kind noch immer nicht. Sie mochten es noch so heiß herbeiwünschen, mit all der Leidenschaft, die sie für einander bewahrt hatten – ihre Umarmungen blieben unersprießlich, wie durch die lange Zeit egoistischen Genusses mit Unfruchtbarkeit geschlagen. Und das Haus verfiel einer wachsenden Traurigkeit: er, der schöne Musketier, fing schon an, grau zu werden, fühlte sein Augenlicht versagen, bemerkte zu seinem Schrecken, daß er kaum noch genug sehe, um seine Fächer zu malen; sie, die sonst so heiter Lachende, war von Angst ergriffen über diese drohende Blindheit, bedrückt von der Stille und den Schatten, die sich über ihren allmählich erkaltenden Herd herabsenkten.

Seitdem sie wieder miteinander angeknüpft hatten, kam Madame Angelin, wenn sie in Paris Besorgungen hatte, manchmal gegen vier Uhr auf eine Tasse Tee zu Constance, ehe sie wieder zurückfuhr. Und eines Tages, als sie allein miteinander waren, brach sie in heftiges Schluchzen aus und vertraute ihr den ganzen Umfang ihres Unglücks an.

»Ach, meine Liebe, Sie können sich nicht vorstellen, was wir erdulden. Wenn man ein Kind hat, so hat man keinen Begriff davon, welchen Kummer ein Ehepaar erleidet, das keines bekommen kann und eines, o so sehnsüchtig herbeiwünscht! Mein armer Mann liebt mich noch immer, aber ich sehe wohl, daß er überzeugt ist, daß die Schuld an mir liegt, und das zerreißt mir das Herz, ich weine stundenlang darüber. Meine Schuld! Kann jemand wagen zu entscheiden, an wem die Schuld liegt, am Manne oder an der Frau? Aber ich sage ihm das nicht, er würde wahnsinnig darüber werden. Und wenn Sie uns beide sehen würden, in unserm leeren Hause, so verlassen, besonders seitdem seine schlechten Augen ihn trübsinnig machen! Ach, wir würden unser Blut darum geben, daß ein Kind da wäre, um uns mit seinem Lärm zu erfreuen, um uns das Herz zu erwärmen, nun, da das Leben um uns, in uns in starre Kälte verfällt!«

Constance sah sie sehr erstaunt an. »Wie, liebe Freundin, Sie können kein Kind bekommen, mit kaum sechsunddreißig Jahren? Ich habe immer geglaubt, daß man eines nach Gefallen haben kann, wenn man gesund und kräftig ist wie Sie! Im übrigen gibt es dafür eine Behandlung, man liest derlei Anzeigen täglich in den Zeitungen.«

Ein neuer Tränenstrom erstickte die Stimme Madame Angelins. »Sie zwingen mich, Ihnen alles zu sagen. Ach, liebe Freundin, ich lasse mich seit drei Jahren behandeln; seit sechs Monaten bin ich in den Händen einer Hebamme in der Rue Miromesnil, und wenn Sie mich so häufig bei sich sehen, so kommt das davon, weil ich sie an gewissen Tagen besuche. Immer schöne Versprechungen, aber kein Erfolg... Heute war sie aufrichtiger, sie schien die Hoffnung aufzugeben, und deshalb habe ich meine Tränen nicht zurückhalten können. Verzeihen Sie mir.«

Sie faltete die Hände und rief in leidenschaftlicher Erregung: »Mein Gott, mein Gott, zu denken, daß es Frauen gibt, die Kinder haben, so viel sie wollen, wie zum Beispiel Madame Froment, Ihre Cousine! Wie hat man sie geneckt, wie hat man sie getadelt, ich als erste! Ach, ich habe mich nun bei ihr entschuldigt! Ich finde es nachgerade sehr schön, sehr groß, dieses fortgesetzte, ruhige, sieghafte Gebären. Und wie ich sie beneide, ach, daß mich manchmal die Lust anwandelt, ihr eines Abends eines davon zu stehlen, von diesen Kindern, die ihr so natürlich entsprießen, wie die reifen Früchte einem kräftigen Baume! ... Mein Gott, mein Gott, ist es vielleicht, weil wir zu lange gewartet haben? Wäre unser Fehler der, daß wir den Stamm haben verdorren lassen, indem wir ihn hinderten, auszuschlagen, als es an der Zeit war?«

Ernst geworden, hatte Constance den Kopf geschüttelt, im Namen ihrer Cousine Marianne. Sie mißbilligte noch immer ihre aufeinanderfolgenden, wirklich unerlaubten Schwangerschaften, die sie sicherlich noch eines Tages büßen würde.

»Nein, nein, meine Liebe, verfallen Sie nicht in die entgegengesetzte Übertreibung. Ein Kind, gewiß, es gibt nicht eine Frau, nicht eine Mutter, die nicht das gebieterische Bedürfnis danach fühlte. Aber diese ganze Schar, diese Herde, nein, nein, das ist eine Schande, ein Wahnsinn! Allerdings, nun, da Marianne reich ist, kann sie entgegnen, daß es ihr erlaubt ist, leichtsinnig zu sein. Ich gebe zu, daß darin eine Entschuldigung liegt. Trotzdem beharre ich bei meiner Ansicht, und Sie werden sehen, daß sie eines Tages dafür schrecklich gestraft werden wird.«

Gleichwohl konnte Constance diesen Abend, als Madame Angelin sie verlassen hatte, die Erinnerung an deren Mitteilungen nicht los werden und sich eines bedrückenden Gefühls nicht erwehren. Sie war betroffen von der Erfahrung, daß diese Frau, die mit ihr gleichen Alters war, nicht ein Kind bekommen konnte, wenn sie eines wollte. Und woher kam die leichte Kälte, die sie dabei durch ihre Adern hatte rinnen fühlen? Von welcher unnennbaren Ahnung, von welcher Furcht war das innerste Empfinden ihres Herzens dabei überhaucht worden? Das Unbehagen war übrigens ganz nebelhaft, kaum bewußt, nicht einmal ein Vorgefühl, nichts als der leichte instinktive Schauer ihrer gefährdeten, vielleicht verlorenen Fruchtbarkeit. Sie hätte kaum darauf geachtet, wenn das Bedauern, keinen zweiten Sohn zu haben, sie nicht schon schmerzhaft durchzuckt hätte, an dem Tage, da der beklagenswerte Morange, zerschmettert von dem tragischen Tode seiner Tochter, allein zurückgeblieben war. Seitdem er so vollkommen verlassen war, lebte der Ärmste in einer Art von Betäubung, in dem Stumpfsinn eines gewissenhaften, peinlich genauen Angestellten beschränkten Geistes, der mechanisch seine Arbeit verrichtet. Er hatte seine Tätigkeit als Buchhalter wieder aufgenommen, war sehr sanft und höflich, sprach kaum ein Wort, ein für immer vernichteter Mensch, der bis ans Ende seiner Tage auf seinem Posten in der Fabrik bleiben würde, wo sein Gehalt auf achttausend Franken gestiegen war. Man wußte nicht recht, was er mit dieser für einen Menschen von seiner regelmäßigen, beschränkten Lebensart bedeutenden Summe anfange, denn er hatte so gut wie keine Ausgaben, keine bekannte Liebhaberei, außer seiner Wohnung, die nun viel zu groß für ihn war, die er aber eigensinnig beibehielt, um sich darin in eifersüchtiger Menschenscheu zu verriegeln. Sein ungeheurer, vernichtender Schmerz hatte Constance derart überwältigt, daß sie weich wurde, daß sie mit ihm schluchzte, sie, deren Tränen so schwer flossen. Und ein unbewußter Rückschluß auf sich selbst, der Gedanke an das zweite Kind, das sie hätte haben können, war ihr davon geblieben, kehrte in trüben Stunden wieder, wo dann aus dem Grunde ihres aufgerüttelten, beunruhigten Muttergefühles dumpfe Befürchtungen, schneidende Schreckensahnungen aufstiegen, die sie nie zuvor gekannt hatte. Gleichwohl war ihr Sohn Maurice, nach einer zarten Jugend, die viele Pflege erfordert hatte, nunmehr ein hübscher junger Mann von neunzehn Jahren geworden, immer noch etwas blaß, aber von kräftigem Aussehen. Er hatte seine Studien vor kurzem ziemlich erfolgreich beendigt, er half seinem Vater bereits in der Leitung der Fabrik; und seine Mutter, die ihn vergötterte, hatte nie hochfliegendere Hoffnungen auf den Kopf dieses einzigen Sohnes gesetzt als nun, wo sie ihn bereits als Gebieter dieses Hauses sah, dessen Reichtum er noch vergrößern würde, um ein König an Besitz und Macht zu werden.

Dieser Kultus Constances für den Sohn, den Helden der Zukunft, wuchs um so mehr, je mehr der Vater von Tag zu Tag verfiel, ihre Verachtung und ihren Widerwillen erweckte. Es war ein unvermeidlicher Niedergang, den sie nicht aufhalten konnte, dessen Fortschritt sie unglückseligerweise selbst beschleunigt hatte. Anfangs, als sie über seine ersten Seitensprünge die Augen zugedrückt hatte, ihn widerspruchslos die Nächte mit Dirnen hatte verbringen lassen, wollte sie lediglich seine zu derbe Sinnlichkeit, die sie aufrieb, ablenken und zugleich die Wahrscheinlichkeit des unglücklichen Zufalls eines Kindes so viel als möglich vermeiden. Gleichwohl hatte sie ihm lange willfahrt, aus Pflichtgefühl, auch um ihn nicht ganz zu verlieren, um ihm nicht wieder gutzumachende Sünden zu ersparen, bis eines Tages der unvermeidliche eheliche Zwiespalt ausgebrochen war. Er war immer brutaler geworden, brachte von draußen unerhörte Ansprüche mit, so daß sie sich endlich empörte, angewidert von diesen Dingen, die sie so kalt ließen, übrigens auch schon leidend unter dem allzu häufigen Aufflackern der Sinnlichkeit, welche reichliche Mahlzeiten, starke Getränke und Zigarren bei ihm hervorriefen. Er war zweiundvierzig Jahre alt, er trank zu viel, aß zu viel, rauchte zu viel. Er war dick und kurzatmig geworden, hatte wulstige Lippen und schwere Augenlider, kleidete sich nicht mehr sorgfältig wie einst, nahm einen ordinären Ton an, erging sich in geschmacklosen Scherzen, in derber Lustigkeit. Aber besonders verrohte er auswärts, verfiel der niedrigsten Ausschweifung, die ihn stets angezogen hatte, ergab sich immer mehr der Gier nach leichten Weibern, die sich ganz und ohne Umstände geben. Nun, wo er zu Hause beinahe vollständig entwöhnt war, lief er den gemeinsten Straßenabenteuern nach. Er verschwand, schlief außer Hause, log durchsichtig, nahm sich nicht einmal die Mühe zu lügen. Wie hätte sie sich ihm entgegenstellen sollen, sie, die nicht einmal den Mut hatte, sich der Widerwärtigkeit seiner Annäherung ganz zu entziehen, um den Bruch nicht zu einem vollständigen zu machen? Sie fühlte sich ohnmächtig, sie hatte ihn schließlich ganz frei gelassen, ohne daß etwas von diesem Leben unsauberer Genüsse ihr unbekannt blieb. Und das schlimmste war für sie, daß die fortschreitende Zerrüttung dieses kräftigen Mannes, die Art physischen und geistigen Verfalls, dem er infolge seiner Ausschweifungen zum Zwecke der Unterschlagung zutrieb, in schrecklicher Weise auf die Fabrik zuwirkte, deren Gedeihen ernstlich gefährdet wurde. Der ehemalige unverwüstliche Arbeiter, der energische und scharfsichtige Chef wurde stumpf und schwerfällig, verlor die Witterung für glückliche Operationen, fand nicht mehr die Kraft für große Unternehmungen. Er blieb des Morgens lange im Bett, setzte drei oder vier Tage hindurch keinen Fuß in die Werkstätten, und ließ die Unordnung, die Verschleuderung dermaßen einreißen, daß die einst so triumphierenden Bilanzen von Jahr zu Jahr einen stärkeren Niedergang zeigten. Welch ein Ende das für diesen Egoisten, diesen Genußmenschen von so fröhlicher, geräuschvoller Tatkraft, der sich stets zu dem Grundsatz bekannt hatte, daß das Geld, das durch die Arbeit andrer sich mehrende Kapital, die einzige erstrebenswerte Macht sei, und der nun, eine gerechte Ironie des Geschicks, durch das Zuviel an Geld und Genuß dem langsamen Verfall, der schrecklichsten Paralyse anheimfiel!

Eine schwere Kränkung widerfuhr Constance und erfüllte sie mit tiefinnerem Abscheu gegen ihren Gatten. Durch anonyme Briefe, die niedrige Rache entlassener Bediensteter, erfuhr sie von dem Verhältnis Beauchênes mit Norine, der Fabrikarbeiterin, daß sie von ihm schwanger geworden war und im geheimen einen Knaben geboren hatte, den man hatte verschwinden lassen. Und nach zehn Jahren konnte sie noch heute nicht an diese schmutzige Sache denken, ohne daß sich alles in ihr empörte. Freilich hätte sie nicht gewollt, daß sie selber dieses Kind von ihm bekäme; aber welche Schmach, welche Abscheulichkeit, daß dieses Mädchen es von ihm bekommen hatte! Wohin hatte man es geworfen? Lebte es? In welchem Schmutzwinkel? Sie war außer sich über diese Mutterschaft, die durch Ausschweifung und Zufall entstanden war, diese Mutterschaft, die er ihr gestohlen hatte, und von der sie zu ihrer Überraschung entdeckte, daß ein so schneidendes Bedauern sie ihretwegen durchfuhr, während sie sich ihr doch mit so beharrlichem Eigensinn widersetzt hatte. Es schien, daß in dem Maße, als sie sich angewidert von ihrem Manne zurückzog, die Mutter in ihr gewachsen war, alle die eifersüchtige Liebe empfand, von der Glut der Hingabe, der Selbstentäußerung, der Leidenschaft erfaßt wurde, die ihr als Gattin stets fremd geblieben war. So kam es, daß sie nun ihr ganzes Leben ihrem angebeteten Maurice hingab, einen Gott aus ihm machte, ihm selbst ihre gerechte Entrüstung opferte. Sie hatte bei sich ausgemacht, daß er unter der Unwürdigkeit seines Vaters nicht leiden solle, und ihm zuliebe hauptsächlich war es, daß sie diese ihre stolze Festigkeit bewahrte, sich stellte, als wüßte sie von nichts, ihrem Manne nie einen Vorwurf machte, ihm gegenüber vor der Welt die ihn achtende Gattin blieb, die sie stets gewesen war. Selbst allein mit ihm, selbst im Schlafzimmer hielt sie an ihrem Schweigen fest, vermied sie die Auseinandersetzung, den Streit. Die sittenstrenge Gattin, die anständige Frau, weit entfernt, an Wiedervergeltung, an einen Geliebten zu denken, schien im Gegenteil, in ihrem Widerwillen gegen die Zügellostgleit der Männer, sich noch enger in ihr Haus zu verschließen, noch fester an ihren Sohn zu klammern, der ihr ebenso Schutz war wie die Kühlheit ihres Herzens und ihres Blutes. Und verletzt, abgestoßen, ihre Verachtung verbergend, harrte sie mit starkem, heißem Glauben auf den Triumph dieses Sohnes, der das Haus reinigen und retten würde – überrascht und beunruhigt an den Tagen, wo unversehens, ohne erkennbare Ursache, der erkältende Hauch aus dem Unbekannten sie berührte, sie mit Reue über irgendein altes Vergehen erfüllte, dessen sie sich nicht mehr erinnerte.

Constance war es, die zuerst wieder auf die vertraulichen Mitteilungen zurückkam, die Madame Angelin ihr gemacht hatte. Sie zeigte sich sehr interessiert, sehr mitfühlend. Und als die betrübte unfruchtbare Frau, die sich vor Verlangen nach einem Kinde verzehrte, ihr gestand, daß jeder Besuch bei der Hebamme eine neue Hoffnungslosigkeit bedeute, schien sie nach einem Troste zu suchen, bot liebevoll ihren Beistand an.

»Wollen Sie mir gestatten, liebe Freundin, Sie einmal zu begleiten? Vielleicht sagt sie mir, was sie Ihnen nicht zu sagen wagt.«

Ueberrascht schüttelte Madame Angelin mit trüber Verneinung den Kopf.

»Ach, wozu? Sie würden nicht mehr erfahren als ich. Es täte mir sehr leid, Ihnen nutzloserweise Ihre Zeit zu rauben.«

»Durchaus nicht! Meine Zeit steht ganz zu Ihrer Verfügung, wo es sich um eine so ernste Sache handelt. Und ich verhehle Ihnen nicht, daß ich neugierig bin, mit dieser Hebamme zu sprechen, so überraschende Dinge haben Sie mir erzählt.«

Somit verabredeten sie sich, daß sie am kommenden Donnerstagnachmittag zusammen zu Madame Bourdieu in die Rue Miromesnil gehen wollten.

An diesem selben Donnerstag war Mathieu nach Paris gekommen, um bei Beauchêne eine Dreschmaschine zu besichtigen, und ging gegen zwei Uhr nachmittags durch die Rue La Boetie, als er Cécile Moineaud begegnete, die ein kleines, sorgfältig gebundenes Paket trug. Sie war nun bald einundzwanzig Jahre alt, noch immer mager, sehr blaß und sehr schwach seit ihrer Operation, aber ohne ernste Beschwerden. Er hatte ihr von den wenigen Monaten, die sie unter Schmerzen auf dem Hofe zugebracht hatte, eine warme Zuneigung bewahrt, zu welcher sich später ein inniges Mitleid gesellte, als er Zeuge ihres Verzweiflungsausbruches gewesen war, daß sie nicht mehr Mutter werden konnte. Und seitdem sie das Spital verlassen hatte, nahm er sich ihrer an, suchte ihr eine leichte Arbeit, verschaffte ihr eine solche bei einem befreundeten Fabrikanten, der ihr Schachteln zu kleben gab, die einzige, mühelose Arbeit, die ihre armen schwachen Hände leisten konnten, Kinderhände, die nicht gewachsen waren und gleich ermüdeten. Seitdem sie nicht mehr Weib war, hätte man sie für ein großes, in der Entwicklung aufgehaltenes Kind halten können, obgleich sie nie einem Kinde begegnete, ohne von der Lust erfaßt zu werden, es aufzunehmen und mit Liebkosungen zu bedecken. Sehr geschickt mit ihren schwachen Fingern, brachte sie es fertig, zwei Franken täglich mit ihren kleinen Schachteln zu verdienen. Und da sie sich bei ihren Eltern sehr unglücklich fühlte, von der Roheit ihrer Umgebung jetzt in ihrem zarten Wesen verwundet, alle Abend ihrer vierzig Sous beraubt, war es ihre höchste Sehnsucht, allein zu wohnen, sich das wenige Geld zu verschaffen, das es ihr ermöglichen würde, ein Zimmer zu mieten, wo sie ruhig leben könnte, glücklich, sich jeder rauhen Berührung entziehen zu können. Und Mathieu hatte die Absicht, ihr eine frohe Überraschung zu bereiten, indem er ihr eines Tages dieses wenige Geld gab, dessen sie bedurfte.

»Wohin gehen Sie denn so schnell?« fragte er sie in heiterem Tone. Sie war ein wenig betreten von der Begegnung und gab verlegen zuerst eine ausweichende Antwort.

«Ich gehe da in die Rue Miromesnil, einen Besuch zu machen.«

Dann, da sie fühlte, wie gut und hilfsbereit er war, erzählte sie ihm alsbald die Wahrheit. Diese arme Norine, ihre Schwester, war ein drittes Mal bei Madame Bourdieu niedergekommen; wieder eine traurige Geschichte, diese Schwangerschaft, die in ein lustiges Leben fiel, während sie ein Verhältnis mit einem feinen Herrn unterhielt, der ihr ein schön möbliertes Zimmer eingerichtet hatte; und da der feine Herr alsbald verduftet war, hatte sie sich gezwungen gesehen, ihre Siebensachen zu verkaufen, um zu leben, und war glücklich gewesen, gerade noch zweihundert Franken zu erübrigen, um wieder bei Madame Bourdieu niederkommen zu können, denn sie hatte Angst vor dem Spital. Aber wenn sie nun in den nächsten Tagen das Haus verließ, würde sie sich wieder auf der Straße sehen. Mit einunddreißig Jahren war das kein Vergnügen mehr.

»Sie hat sich nie schlecht gegen mich gezeigt,« fuhr Cécile fort. »Ich habe sie besucht, denn sie tut mir schrecklich leid. Heute bringe ich ihr etwas Schokolade, Und wenn Sie ihren kleinen Knaben sehen würden, das ist ein Engel!«

Ihre Augen glänzten, ihr blasses, mageres Gesichtchen wurde von einem liebevollen Lächeln erhellt. Es war wunderbar, wie dieser ehemalige kleine Nichtsnutz, dieses vernachlässigte Gassenkind von Grenelle, unter dem brutalen Messer ein so feinempfindliches Geschöpf geworden war, eine deklassierte, Kind gebliebene Mutter, voll bebender Liebessehnsucht und so unendlich zart, daß ein zu starkes Geräusch sie zu zerbrechen drohte wie Glas. Seit die Funktion vernichtet war, schien der Mutterinstinkt bei ihr zur heißen Leidenschaft gewachsen zu sein.

»Und wie traurig, daß sie sich durchaus seiner entledigen will wie der beiden andern! Diesmal hat er jedoch so stark geschrien, daß sie ihm die Brust gereicht hat. Aber es ist nur einstweilen, sie sagt, sie will ihn nicht neben sich Hungers sterben sehen. Das dreht mir das Herz um, so ein Greuel, daß man ein Kind haben kann, ohne es zu behalten. Da habe ich es mir nun so schön vorgestellt, wie sich die Sache einrichten ließe. Sie wissen, daß ich von weinen Eltern fort will. Ich würde also ein Zimmer mieten, würde meine Schwester mit ihrem Kinde zu mir nehmen, würde ihr zeigen, wie man die Schachteln schneidet und klebt, und wir würden alle drei glücklich und zufrieden miteinander leben. Was für ein Vergnügen wäre es, zu arbeiten, wenn ich frei wäre und nicht mehr alle die Sachen mitansehen müßte, die mir schrecklich sind!«

»Und sie wollte nicht?« fragte Mathieu.

»Sie hat mir gesagt, ich wäre verrückt, und sie hat nicht so unrecht, da ich nicht einmal einen Sou habe, um das Zimmer zu mieten. Ach, wenn Sie wüßten, wie mir das Herz schwer ist!«

Mathieu verbarg seine Bewegung und sagte in seinem ruhigen Tone:

»Ein Zimmer zu mieten, das ist nicht schwer. Sie würden schon einen Freund finden, der Ihnen hilft. Aber ich zweifle sehr, daß Sie Ihre Schwester dazu bringen werden, ihr Kind zu behalten, denn ich glaube ihre Ansichten über diesen Punkt zu kennen. Es bedürfte eines Wunders.«

Cécile sah mit plötzlichem Verständnis zu ihm auf. Der Freund, das war er! Lieber Gott, sollte ihr Traum in Erfüllung gehen? Und sie faßte sich ein Herz, um zu sagen:

»Monsieur, Sie waren immer so gütig gegen uns, daß ich Sie um eine große Gnade zu bitten wage. Und das ist, daß Sie jetzt mit mir zu Norine gehen. Sie allein können mit ihr reden, sie vielleicht umstimmen ... Gehen wir langsam; ich ersticke fast, so glücklich bin ich!«

Tiefgerührt war Mathieu an ihrer Seite weitergegangen. Sie bogen um die Ecke der Rue Miromesnil, und auch ihm schlug das Herz, als sie die Treppe des Hauses der Hebamme hinaufgingen. Zehn Jahre schon! All das Entsetzen von einst faßte ihn wieder, er sah wieder das kleine verdutzte Gesicht der Victoire Coquelet, die von dem Sohne ihrer Herrschaft schwanger war, sie wußte nicht wieso, das unschuldige Antlitz Rosines, der jungfräulichen Blutschänderin, einer tragischen Lilie gleich, die entsetzliche Erscheinung der Madame Charlotte, die halbtot in ihren Alkoven zurückkehrte, um dort zu lügen, vielleicht zu sterben. Und dann, als die Kinder zur Welt gekommen waren, erschien das unheimliche Profil der Couteau, der Mörderin, die stets bereit war, die Säuglinge zu befördern, welche man auflädt und ablädt gleich lästigen Paketen. Das alles schien gestern geschehen, denn das Haus hatte sich nicht verändert: es schien ihm, als erkenne er an den Türen in den Stockwerken dieselben Schmutzflecken.

Im Zimmer oben wurde Mathieu noch stärker von dem Gefühl erfaßt, daß er erst gestern hier gewesen sei. Es war noch immer dasselbe Zimmer, mit seiner perlgrauen, blaugeblumten Tapete, mit seiner armseligen zusammengetragenen Hotelzimmereinrichtung. Die drei Eisenbetten standen noch wie damals, zwei nebeneinander, das dritte querüber. Auf dem einen lag ein geschlossener Handkoffer neben einem Reisesack, welchem bescheidenen Gepäck er zuerst keine Aufmerksamkeit schenkte, das aber die Ähnlichkeit vollendete. Und gegenüber den sonnenerhellten Fenstern hinter der großen grauen Mauer bliesen dieselben Trompeten aus der benachbarten Kaserne dieselben Fanfaren.

Auf dem offenen Bette saß Norine, die schon kräftig genug war, um ein wenig herumzugehen, und die sich eben angekleidet hatte, und reichte ihrem Kinde die Brust.

»Wie, Sie sind es, Monsieur?« rief sie, als sie Mathieu erblickte. »Wie schön von Cécile, daß sie Sie hergeführt hat! Ach Gott, was man alles erlebt! Man wird nicht jünger dabei.«

Er sah sie an, und sie schien ihm in der Tat sehr gealtert, rasch welk geworden nach Art gewisser Blondinen, die, einmal über die dreißig hinaus, kein bestimmbares Alter mehr haben. Gleichwohl war sie noch immer angenehm, ein wenig zu dick geworden, von müdem Aussehen, obschon sie ihre Sorglosigkeit bewahrt zu haben schien, die nun aus stark verminderter Selbstachtung entsprang.

Cécile wollte ohne Umschweife zur Sache kommen.

»Da ist deine Schokolade. Ich habe Monsieur Froment auf der Straße begegnet, er ist so gut und nimmt solchen Anteil an mir, daß er so freundlich war, sich für meinen Plan zu interessieren, ein Zimmer zu mieten, wo du mit mir arbeiten könntest. Da habe ich ihn nun gebeten, auf einen Augenblick mit heraufzukommen, um mit dir zu reden und dich zu bestimmen, das arme Kind zu behalten. Wie du siehst, wollen wir dich nicht überrumpeln, denn ich sage es dir zum voraus.«

Norine geriet in Bewegung und protestierte.

»Was sind das nun wieder für Geschichten! Nein, nein, ich will mich nicht quälen lassen, ich bin schon zu unglücklich!« Nun fiel Mathieu ein, stellte ihr vor, daß das leichtsinnige Leben sich in ihrem Alter nicht so weiterführen lasse, daß sie immer tiefer und tiefer sinken müsse, wenn sie auf die Straße zurückkehre. Er fand sie hierin ganz seiner Ansicht, sie sprach mit Bitterkeit von der Existenz einer Prostituierten, als ein enttäuschtes Mädchen, die von den Männern nichts mehr erwartet als Lügen, Schläge und Elend. Es war die herbe Wirklichkeit, an welcher der Traum eines freien, glänzenden Lebens zerschellt, dem sich so viele hübsche Pariser Arbeiterinnen hingeben. In den Werkstätten verdorben, trachten sie, sich so teuer als möglich zu verkaufen, um sich den Luxus zu verschaffen, den sie in den Schaufenstern der teuern Geschäfte mit den Augen verschlingen, und sinken schließlich zu Straßendirnen herab, nachdem sie, als Preis für ihre Schönheit, von den Männern nichts andres erlangt haben, als einzig die Gefoppten zu sein mit jenen schrecklichen zufälligen Schwangerschaften, jenen unglückseligen Kindern, deren sie sich dann entledigen, wütend, sich betrogen zu sehen. Sie war nun erbittert gegen diese Existenz, ohne Brot, ohne die Möglichkeit eines Erwerbes, ohne Jugend und ohne Hoffnung. Aber was konnte sie tun? Wenn man einmal im Sumpf steckt, gibt es kein Entrinnen mehr.

»Ach ja, ach ja, ich habe genug von diesem verdammten Leben, das man sich so lustig vorstellt, wenn man jung ist, und wo man oft nicht einmal satt zu essen hat, ohne von den Scheußlichkeiten aller Art zu reden... Heute ist mir das wie ein Stein am Halse, ich meine, ich muß ersticken. Aber da gibt es keine Rettung mehr, es erwartet mich, ich werde wieder dahin zurückkehren, bis man mich in irgendeinem Winkel aufklaubt, um mich im Spital verenden zu lassen.«

Sie hatte das mit der wilden Verzweiflung eines Weibes gesagt, der plötzlich ihr unentrinnbares Schicksal vor Augen steht. Dann blickte sie auf das Kind, das immer noch trank.

»Es ist besser, wenn er seinen Weg geht und ich meinen. Dann werden wir uns nicht behindern.«

Ihre Stimme war weicher geworden, und über ihr verzweifeltes Gesicht glitt ein unendlich sanfter Ausdruck. Und Mathieu, der erstaunt diese neue Regung bei ihr gewahrte, die sie nicht eingestand, beeilte sich zu sagen:

»Er soll seinen Weg gehen, das heißt den kürzesten Weg zum Tode, jetzt, da Sie angefangen haben, ihn zu nähren.«

Sie geriet wieder in Erregung. »Kann ich was dafür? Ich habe mich genug geweigert, ihm die Brust zu reichen. Sie kennen ja meine Gedanken hierüber, und ich bin in Zorn geraten, ich hätte mich beinahe mit Madame Bourdieu geschlagen, wie sie mir ihn mit Gewalt in die Arme legte. Aber dann, was wollen Sie? Er hat so vor Hunger geschrien, das arme Geschöpf, er schien so sehr zu leiden, weil ich mich ihm versagte, daß ich die Schwachheit gehabt habe, ihn ein ganz klein wenig trinken zu lassen, indem ich mir fest vornahm, es nicht wieder zu tun. Aber am nächsten Tag hat er wieder so geschrien, und ich habe es doch wieder tun müssen. Das alles ist nur mein Unglück. Man hat kein Erbarmen mit mir gehabt, man hat mich nur viel, viel unglücklicher gemacht, denn nun ist der Tag bald da, wo ich gezwungen sein werde, mich seiner zu entledigen wie der beiden andern.« '

Tränen standen in ihren Augen. Es war die häufig wiederholte Geschichte des Mutter gewordenen Mädchens, die man schließlich dazu gebracht hat, ihr Kind einige Tage lang trinken zu lassen, in der Hoffnung, daß es ihr ans Herz wachsen werde, daß sie sich nicht mehr werde davon trennen wollen. Man tut dies in der vornehmlichen Absicht, es zu retten, denn es gibt keine andre gute Amme als die natürliche Amme, die Mutter. Sie hatte auch instinktiv gefühlt, welche Falle man ihrer Mutterliebe damit stellen wolle, und hatte sich gesträubt, indem sie nicht ohne Grund rief, daß man eine solche Verrichtung nicht anfange, um dann wieder aufzuhören. Sobald sie nachgegeben hatte, war sie gefangen, ihr Egoismus wurde überwältigt von der Flut von Mitleid, Liebe und Hoffnung, die ihr Herz überschwemmte. Das arme Geschöpf war schwächlich und blaß, und wog nicht schwer an dem Tage, da sie es zum ersten Male stillte. Von da ab hatte man es jeden Tag gewogen und hatte am Fußende des Bettes eine Tabelle mit der graphischen Darstellung der Gewichtsunterschiede aufgehängt. Anfangs hatte sie sich dafür nur wenig interessiert und nur hie und da einen gleichgültigen Blick darauf geworfen. Aber in dem Maße, als die Kurve anstieg und deutlich zeigte, wie sehr das Kind zunahm, hatte sie dafür eine wachsende Aufmerksamkeit bekundet. Plötzlich hatte sich, infolge eines Unwohlseins, die Kurve gesenkt; von diesem Tage ab erwartete sie die Stunde des Wägens mit fieberhafter Ungeduld und stürzte sich sogleich auf das Blatt, um zu sehen, ob die Linie wieder aufwärts ging. Und als die Kurve wieder ihre steigende Richtung angenommen hatte, lachte sie vor Freude, nahm fortan ein leidenschaftliches Interesse an dieser dünnen, schwachen Linie, die immer weiter stieg, die ihr sagte, daß ihr Kind gerettet sei, daß es dieses wachsende Gewicht, diese zunehmende Kraft aus ihr sauge, aus ihrer Milch, aus ihrem Körper, aus ihrem Blut. Sie vollendete seine Lebensfähigkeit, das endlich erwachte Muttergefühl entfaltete sich in ihr zu einer Blüte der Liebe.

»Wenn Sie es töten wollen,« wiederholte Mathieu, »so haben Sie nichts zu tun, als es wegzugeben. Sehen Sie nur, wie er sich gütlich tut, der liebe Kleine!«

In der Tat, er sog aus Leibeskräften. Sie brach in heftiges Schluchzen aus.

»Mein Gott, jetzt fangen Sie wieder an, mich zu quälen! Glauben Sie denn, daß ich ihn mit Freuden wieder weggebe? Sie zwingen mich, Ihnen Dinge zu gestehen, über die ich in der Nacht weinen muß, wenn ich daran denke. Ich habe nie ein schlechtes Herz gehabt. Sie wissen es, nicht wahr? Wenn man es mir wegnehmen wird, dieses Kind, so wird man mir mein Inneres herausreißen. .. Nun, seid ihr befriedigt, alle zwei, daß ich euch das sage? Da habt ihr nun viel davon, daß ihr mich in einen solchen Zustand versetzt, da doch niemand etwas dagegen tun kann; denn er wird nun doch ins Elend hinaus müssen, während ich auf die Straße zurückkehren werde, bis man mich einmal aufklaubt.«

Weinend gleich ihr umarmte Cécile sie, küßte das Kind und kam wieder auf ihren Traum zu sprechen, eine gemeinschaftliche Wohnung zu nehmen, malte aus, wie glücklich sie da alle drei sein würden, in einem hübschen Zimmer, welches sie sich voll unaufhörlicher Freude vorstellte, gleich einem Paradies. Die kleinen Schachteln seien nicht schwer zu schneiden und zu kleben. Wenn Norine sich einmal darauf verstände, so würde sie, die stark sei, vielleicht drei Franken verdienen. Fünf Franken für sie beide, waren sie da nicht reich, konnten das Kind behalten und erziehen, und alle die häßlichen Sachen wären vorbei und vergessen? Und Norine wurde schwächer und schwächer, ließ sich überreden, hörte auf, nein zu sagen.

»Ihr betäubt mich ganz, ich weiß nicht mehr, was ich sagen soll, macht, was ihr wollt... Ach, freilich wäre es ein großes Glück für mich, wenn ich mein Kind behalten könnte!«

Cécile schlug entzückt die Hände zusammen, während Malhieu, sehr bewegt, feierlich sagte:

»Sie haben ihn gerettet, er rettet Sie.«

In diesem Augenblicke trat eine lange Gestalt ein, ein großes Mädchen, dürr und mager, mit ernstem Gesicht, matten Augen und blassem Munde. Wo hatte er diese, einem halbbearbeiteten Brett gleichende Figur schon gesehen, diesen flachen Leib, ohne Brust und ohne Hüften? Und plötzlich erkannte er sie zu seinem unsagbaren Staunen: es war Amy, die Engländerin, die er nach zehn Jahren ganz ebenso aussehend wiederfand, dasselbe Alter, dasselbe Kleid, dieselbe Gelassenheit der Ausländerin, die nicht einmal die Sprache des Landes kannte, wohin sie kam, um ihre Last abzuwerfen. Jetzt erkannte er sogar auf dem nebenstehenden Bette den zugeschnallten Handkoffer, ebenso wie den kleinen Reisesack. Zum vierten Male kam sie nun in diesem Hause nieder; und das vierte wie das erste Mal war sie eines schönen Tages ohne vorherige Anzeige erschienen, acht Tage vor der Entbindung; und nachdem sie drei Wochen zu Bette geblieben war und das Kind hatte verschwinden lassen, indem sie es dem Findelhause übergab, kehrte sie ruhig mit demselben Schiff, das sie hergebracht hatte, in ihre Heimat zurück.

Als sie mit ihrem leichten Gepäck sich zum Gehen wandte, hielt Norine sie zurück.

»Sie haben Ihre Rechnung bezahlt, Sie verlassen uns? Geben Sie mir doch noch einen Kuß und meinem Kleinen auch!«

Die Engländerin berührte mit ihren Lippen den nackten Kopf des Säuglings, befangen gegenüber diesem so jungen, zarten, warmen Körper.

»Und glückliche Reise!« sagte Norine wieder. »Yes, adieu, adieu.«

Sie ging, ohne auch nur einen letzten Blick auf dieses Zimmer zu werfen, wo sie gelitten hatte. Und Mathieu verfiel wieder in sein Erstaunen über dieses große, so wenig für die Liebe geschaffene Mädchen, welches von Zeit zu Zeit nach Frankreich kam, um sich zwischen zwei Schiffen ihrer Frucht zu entledigen. Und der Frucht welchen Umganges, großer Gott! Und mit welch gelassener Herzenshärte ging sie fort, ohne jede Bewegung, ohne einen Gedanken an das Kind, das sie zurückließ!

»Die bringt es wohl noch auf das halbe Dutzend.« sagte Norine, als sie verschwunden war. »Dabei nützt es ihrem Französisch gar nicht viel, daß sie zu uns kommt, um entbunden zu werden, denn so viel ich sie auch darüber ausgefragt habe, was sie in England macht, ich habe nicht vier Worte aus ihr herausbringen können. Wenn sie in einem Kloster ist, wie man sagt, so beweist das, daß man sich überall schlecht aufführen kann. Das ist eine, für die es gut wäre, wenn sie selber stillen würde, damit sie nicht so oft notwendig habe, die Überfahrt zu machen!«

Sie lachte nun, sie war glücklich; eine schwere Last war ihr von der Brust gefallen. Und sie bestand darauf, sich anzukleiden und mit ihrem Kinde auf dem Arme hinabzugehen, um ihre Schwester und ihren gemeinschaftlichen Freund bis zum ersten Stock zu begleiten.

Seit einer halben Stunde waren Constance und Madame Angelin in tiefer Beratung mit Madame Bourdieu eingeschlossen. Constance hatte ihren Namen nicht genannt, spielte lediglich die Rolle der Freundin, die eine Freundin bei einer Besorgung delikater Natur aus Gefälligkeit begleitet. Aber die Hebamme erriet mit dem Instinkt ihres Berufes in dieser so neugierigen Dame, die sie mit seltsamen Fragen überschüttete, eine mögliche Klientin. Es hatte eine traurige Szene gegeben, als die Hebamme, des verzweifelten Drängens Madame Angelins müde, in der Erkenntnis, daß sie sie anständigeimeise nicht länger in falschen Hoffnungen wiegen könne, ihr endlich zu verstehen gegeben hatte, daß jede weitere Behandlung ihr nutzlos scheine. Die bedauernswerte Frau zerfloß in Tränen, ihre Unfruchtbarkeit beweinend, während Constance lebhaft ihre Überraschung kundgab, Aufklärungen verlangte, erstaunt, erschreckt, daß so etwas bei einer Frau ihres Alters möglich sei. Hierauf hatte Madame Bourdieu selbstgefällig ihre Methode gepriesen, hatte außerordentliche Fälle erwähnt, zwei Damen genannt, die es ihr zu verdanken hatten, daß sie im Alter von über fünfzig Jahren noch schwanger geworden waren. Gott sei Dank, die Mehrzahl der Fälle seien heilbar, sie erziele achtmal unter zehn einen Erfolg, und es bedürfe wirklich seltener Komplikationen, daß sie sich besiegt erkläre. Die Tränen Madame Angelins verdoppelten sich in ihrer Verzweiflung darüber, daß sie zu dieser kleinen Zahl Unglücklicher gehörte. Constance bemühte sich vergeblich, ihr Trost zuzusprechen; sie selbst war von der Konsultation sehr erleichtert: mit fünfzig Jahren noch Kinder, da hatte sie noch zehn Jahre, wenn sie andern Sinnes werden sollte. Und sie machte der Hebamme Zeichen, um sie zu bitten, barmherzig gegen ihre Freundin zu sein und sie noch weiter in der Täuschung zu lassen.

Als daher die Damen sich erhoben und sie sie begleitete, wollte Madame Bourdieu ihre trostlose Diagnose abschwächen. Sie war nun zweiundvierzig Jahre alt und war dick geworden, hatte aber noch immer ihr heiteres, rundes Gesicht, das zu ihren Erfolgen so viel beitrug. Sie sagte liebenswürdig: »Ich muß Ihnen sagen, geehrte Frau, daß Sie dazu geschaffen sind, um Dutzende von Kindern zu haben. Wahrscheinlich haben Sie zu lange gewartet, das Organ hat sich verlegt, ich vermute eine Entartung. Aber ich hatte vorhin unrecht, man soll nie die Hoffnung aufgeben. Wir könnten es jetzt vielleicht mit Elektrisieren versuchen. Kommen Sie wieder zu mir.«

Auf dem Treppenvorplatz befanden sich in diesem Augenblicke noch Mathieu und Cécile in lebhaftem Gespräch mit Norine, deren Kind in ihren Armen schlief wie ein Engel. Sie waren im Begriffe, über die sofortige Mietung eines Zimmers zu beraten, als Constance und Madame Angelin erschienen. Sie waren so überrascht, ihn hier, in Gesellschaft dieser zwei Mädchen, zu finden, daß sie sich stellten, als sähen sie ihn nicht. Aber infolge einer Gedankenverbindung erkannte Constance plötzlich Norine, denn es war ihr nicht unbekannt, daß er ihrem Manne seinerzeit als Mittler gedient hatte. Und eine Empörung sprang in ihr auf, eine fieberhafte Folge wilder Vorstellungen: Was tat er in diesem Hause? Von wem war das Kind, das dieses Mädchen wieder auf dem Arme trug? Jenes andre erhob sich aus der Vergangenheit, sie sah es im Polster wie dieses, sie verwechselte sie, wußte nicht mehr, ob es nicht dasselbe sei, das sie da vor Augen hatte. Und ihre ganze Freude über die hoffnungsvollen Aussprüche Madame Bourdieus war verdorben, sie ging voll Zorn und Scham fort, wie beschmutzt und bedroht von den ungewissen Schändlichkeiten, die sie seit einiger Zeit um sich fühlte, ohne zu wissen, woher der kalte Hauch kam, unter dem sie erschauerte. Mathieu, der sah, daß weder Norine noch Cécile Madame Beauchêne unter ihrem Schleier erkannt hatten, fuhr ruhig fort, der ersteren zu erklären, daß er sich damit befassen werde, ihr bei der Armenverwaltung eine Wiege und Kinderwäsche sowie eine sofortige Unterstützung zu verschaffen, da sie jetzt ihr Kind behalten und es selber nähren wolle. Dann wolle er ihr einen Beitrag von etwa dreißig Franken monatlich auf wenigstens ein Jahr erwirken. Das würde für sie beide eine starke Hilfe sein, besonders für den Anfang ihres Haushaltes zu dreien in dem Zimmer, dessen Mietung eben beschlossen worden war. Und als er hinzufügte, daß er die Spesen für die Möbel und die Einrichtung auf sich nehme, fiel ihm Norine um den Hals.

»Es ist vom Herzen. Ein Mann wie Sie, das entschädigt ein wenig für die andern. Geben Sie ihm auch einen Kuß, meinem armen Kleinen, um ihm Glück zu bringen.«

In der Rue La Boëtie wollte Mathieu, der sich in die Beauchênesche Fabrik begab, einen Wagen nehmen und bot Cécile an, sie zu ihren Eltern zu bringen, da ihn sein Weg in diese Gegend führe. Aber Cécile erwiderte ihm, daß sie erst in die Rue Caroline zu ihrer Schwester Euphrasie müsse. Da diese Straße in der Nähe war, ließ er sie gleichwohl einsteigen, indem er sagte, er werde sie an der Tür ihrer Schwester absetzen.

Im Wagen war sie so bewegt, so glücklich, ihren Traum endlich verwirklicht zu sehen, daß sie nicht wußte, wie sie ihm danken sollte. Sie hatte Tränen in den Augen und lachte und weinte zugleich.

»Sie müssen mich aber nicht für eine schlechte Tochter halten, Monsieur, wenn ich eine solche Freude zeige, von meinen Eltern fortzukommen. Der Vater arbeitet weiter in der Fabrik, soviel er kann, ohne großen Lohn davon zu haben. Die Mutter tut auch ihr mögliches im Hause, obgleich sie nicht mehr die Kraft hat, viel zu tun. Seit Victor vom Militär frei geworden ist, hat er sich verheiratet, er hat nun auch Kinder, und ich glaube, er wird mehr haben, als er ernähren wird, denn er scheint bei den Soldaten die Freude an der Arbeit verloren zu haben. Die Schlaueste ist noch dieser kleine Faulpelz von einer Irma, meine jüngere Schwester, die so fein und vornehm ist, vielleicht weil sie immer krank ist. Sie erinnern sich, unsre Mutter hat immer gefürchtet, daß sie schlecht wird wie Norine, nicht wahr? Nun, nicht im entferntesten, im Gegenteil, sie allein wird es zu etwas bringen, sie wird einen kleinen Postbeamten heiraten, den sie verstanden hat sterblich in sich verliebt zu machen, ohne ihm auch nur zu erlauben, ihr einen Kuß auf die Haare zu geben. So daß wir nur mehr zwei zu Hause sind, ich und Alfred. O der, das ist ein wahrer Bandit. Ich sage es, wie ich es denke. Kürzlich hat er gestohlen, und wir haben große Mühe gehabt, ihn aus den Händen der Polizei zu befreien. Dabei ist die Mutter so schwach gegen ihn, daß sie ihm alles ausliefert, was ich verdiene. Nein, nein, ich habe genug davon, um so mehr, als er mich in schreckliche Angst versetzt, indem er mir droht, mich zu schlagen, mich zu töten, da er ganz gut weiß, daß seit meiner Operation das geringste etwas stärkere Geräusch mich einer Ohnmacht nahe bringt. Und da schließlich weder der Vater noch die Mutter auf mich angewiesen sind, so ist es wohl verzeihlich, wenn ich für mich allein ruhig leben will. Nicht wahr, das ist doch mein Recht?«

Dann sprach sie von ihrer Schwester Euphrasie: »Oh, meine arme Schwester, wenn Sie wüßten, was aus der geworden ist, seit man sie operiert hat! Ich habe mich noch nicht so sehr zu beklagen, außer dieser schrecklichen Sache, daß ich nie ein Kind haben werde. Sie sehen, ich bin auf den Beinen, nicht sehr stark, aber immerhin kräftig genug. Ich muß auch sagen, daß die Schmerzen in den Weichen nie wiedergekommen sind. Ich spüre zwar noch immer manchmal den Schmerz da im Hinterkopfe, wie von einem eingeschlagenen Nagel, ebenso wie den Klumpen, der mir im Halse aufsteigt, daß ich meine, ich muß ersticken. Aber das läßt sich doch ertragen, und es ist ein Paradies im Vergleich zu dem elenden Zustande, in den die arme Euphrasie verfallen ist. Sie können sich nicht vorstellen, wie zusammengebrochen sie ist; ihr Haus ist dadurch zerstört, ihr Mann lebt in demselben Zimmer mit einer andern Frau, die ihm kocht und die drei Kinder wartet. Sie selbst, um zwanzig Jahre gealtert, schwach wie ein Kind, kann nicht einmal mehr den Besen halten. Man muß das nur gesehen haben, es ist zum Schaudern.«

Sie schwieg eine Weile, und der Wagen erreichte die Rue Caroline.

»Wollen Sie mitkommen? Sie könnten ihr einige gute Worte sagen. Es wäre mir sehr lieb, denn ich gehe einer unangenehmen Sache wegen zu ihr. Ich habe geglaubt, daß sie Kraft genug haben wird, um so wie ich kleine Schachteln zu machen, damit sie wenigstens einige Sous verdient. Aber nun hat sie die Arbeit schon über einen Monat bei sich, und wenn sie nun durchaus damit nicht fertig werden kann, so muß ich sie ihr wohl wieder wegnehmen.«

Mathieu willigte ein. Oben im Zimmer bot sich ihm ein Schauspiel, wie er es schrecklicher, herzzerreißender noch kaum gesehen hatte.

Inmitten des einzigen Gelasses, wo sie alle aßen und schliefen, saß Euphrasie auf einem Strohsessel. Man hätte sie für eine kleine fünfzigjährige Frau halten können, obgleich sie kaum dreißig zählte; sie war so abgemagert und zusammengeschrumpft, daß sie jenen ausgedörrten Früchten glich, die auf dem Baume vertrocknet sind. Die Zähne waren ihr ausgefallen, spärliches graues Haar deckte ihren Scheitel. Aber was diese vorzeitige Senilität besonders kennzeichnete, das war ein unglaublicher Schwund der Muskelkräfte, eine beinahe vollständige Unfähigkeit zum Wollen und Handeln, dergestalt, daß sie nun die Tage hindurch so müßig, stumpfsinnig dasaß, ohne den Mut zu haben, einen Finger zu rühren.

Als Cécile ihr Monsieur Froment, den einstigen ersten Zeichner der Fabrik, genannt hatte, schien sie ihn nicht einmal zu erkennen, sie nahm an gar nichts mehr Interesse. Und als ihre Schwester dann von dem Zweck ihres Besuches sprach und die Arbeit forderte, die sie ihr gegeben hatte, antwortete sie mit einer Gebärde unendlicher Müdigkeit: »Was willst du, es dauert gar zu lang, bis man alle die kleinen Stückchen zusammenklebt. Ich kann nicht mehr, ich gerate in Schweiß dabei.«

Eine dicke Frau, die da war und die den drei Kindern Butterbrote zur Vesper gab, fiel nun mit dem Tone ruhiger Autorität ein: »Sie sollten sie wieder mitnehmen, die Arbeit, Mademoiselle Cécile. Sie kann sie unmöglich fertigbringen. Sie wird sie nur schmutzig machen, und man wird sie Ihnen dann nicht mehr abnehmen.«

Es war Madame Joseph, eine Witwe von vierzig Jahren, die in einigen Häusern des Viertels die Wirtschaft besorgte, und die Auguste Bénard, der Mann Euphrasies, gebeten hatte, zuerst des Morgens auf zwei Stunden zu kommen, als seine Frau nicht mehr die Kraft gehabt hatte, den Kindern die Schuhe anzuziehen, die Suppe ans Feuer zu stellen, selbst das Zimmer auszukehren. In den ersten Tagen hatte sich Euphrasie wütend diesem Eindringen einer Fremden in ihr Haus widersetzt, hatte verzweifelt gekämpft, halb wahnsinnig, daß sie ihrer Reinlichkeitssucht nicht mehr genügen konnte. In dem Maße, als dann ihr körperlicher Verfall vorgeschritten war, hatte sie wohl oder übel dulden müssen, daß die Fremde allmählich ihren Platz einnahm. Und wie das in den armen Häusern so geht, wo die Bedürfnisse auf kürzestem Wege befriedigt werden, hatte Madame Joseph natürlich binnen kurzem ihren Platz vollständig eingenommen, bei den Kindern sowohl als auch beim Manne. Die Kranke war nach einer vorübergehenden Erregung in einen solchen traurigen Zustand verfallen, daß sie ihrem Manne keine Gattin mehr sein konnte, trotz der schrecklichen Eifersucht, die ihre Unfähigkeit begleitete. Eine andre Frau war bei der Hand, und Bénard hatte sich ihrer einfach bedient, als kräftiger Mann, der nicht imstande war, zu fasten, im übrigen ohne bösen Willen. Es hatte zuerst schreckliche Szenen gegeben, bis zu dem Tage, da die unglückliche Kastrierte, stammelnd und zitternd, in die stumpfsinnige Resignation einer armen Alten verfallen war, die aus der Welt gestrichen ist. Dann hatte sie selbst das Ehebett verlassen, hatte sich in das dunkle Kabinett zurückgezogen, in welchem früher ihre beiden Mädchen geschlafen hatten, aus Furcht, aus Verlangen, sich zu verkriechen wie ein krankes Tier, und ließ die Kinder nun bei ihrer Ersatzmutter schlafen. Und der beste Beweis, daß weder Bénard noch Madame Joseph im Grunde genommen ein schlechtes Herz hatten, war, daß sie sie bei sich behielten, nutzlos und lästig, wie sie war, anstatt sie einfach fortzujagen und verkommen zu lassen, wie so viele andre getan hätten.

»Jetzt sind Sie schon wieder in der Mitte des Zimmers!« sagte die dicke Frau barsch, die im eiligen Hin- und Hergehen dem Sessel jedesmal ausweichen mußte. »Es ist doch merkwürdig, daß Sie sich nicht in eine Ecke setzen können. Auguste wird gleich zur Vesper nach Hause kommen, und er wird sich ärgern, wenn er seinen Käse und seinen Wein nicht auf dem Tische findet.«

Furchtsam und ohne zu antworten, erhob sich Euphrasie wankend und zog mit großer Anstrengung ihren Sessel ein wenig beiseite, bis nahe an den Tisch. Dann setzte sie sich erschöpft und verfiel wieder in Apathie.

Gerade als Madame Joseph den Käse herbeibrachte, kam Bénard herein, dessen Bauplatz in der Nähe war. Er war noch immer derselbe wohlgemute, dicke Mann, scherzte mit seiner Schwägerin und war sehr höflich gegen Mathieu, dem er dafür dankte, daß er sich für das Schicksal seiner armen Frau interessiere.

»Mein Gott, Monsieur, sie kann ja nichts dafür, das wiederhole ich ihr immer. Schuld haben nur die Halunken, die ihr alles weggenommen haben, ohne mir auch nur etwas zu sagen. Ein Jahr lang hätte man glauben können, daß sie geheilt wäre, und jetzt sehen Sie, was aus ihr geworden ist. Das sollte nicht erlaubt sein, daß man eine Frau so zugrunde richtet, wenn sie einen Mann und Kinder hat, besonders wenn sie nicht von ihren Renten leben kann! Sie wissen ja, was sie aus Cécile gemacht haben. Und dann ist noch eine da, die sie auch hübsch zugerichtet haben, eine Baronin, die Sie kennen müssen. Sie ist neulich hier gewesen, um nach meiner Frau zu sehen. Ich habe sie nicht wieder erkannt, eine so schöne Frau, es ist schrecklich, sie sieht aus wie hundert Jahre alt! Ich sage, man sollte sie alle einsperren, die Kerle, soviel Unheil haben sie angerichtet.«

Als er sich sodann zu Tisch setzen wollte, stieß auch er gegen den Sessel Euphrasies, die ihm in ihrem Stumpfsinn ängstlich mit den Augen folgte.

»Kommst du mir schon wieder zwischen die Beine? Wie stellst du es nur an, daß man nur immer dich trifft? Mach ein bißchen Luft da!«

Er war nicht sehr furchtbar. Aber sie fing an zu zittern in kindischer Angst, als ob ihr Faustschläge drohten. Diesmal hatte sie die Kraft, ihren Sessel bis zu dem finsteren Kabinett zu schleppen, wo sie schlief. Die Tür desselben stand offen, sie flüchtete hinein, setzte sich in den Schatten und war da nur mehr halb sichtbar, eine kleine, verschrumpfte, zusammengesunkene Gestalt, eine sehr alte Ahne, die noch Jahre und Jahre brauchen würde, bis sie starb.

Mathieus Herz zog sich zusammen beim Anblick dieser greisenhaften Verschüchterung, dieses zitternden Gehorsams einer Frau, die er einst so tyrannisch, so aufbrausend, so hart und scharf gekannt hatte, in fortwährendem Hader erst mit ihrer älteren Schwester, dann mit ihrem Manne. Sie hatte diesen lange Zeit mit ihrer bissigen Art terrorisiert, ihn unter alle ihre Launen gebeugt. Jetzt war sie es, die bei jedem Worte übler Laune zitterte. Die Frau, das Wesen voll Eigenwillen, Arbeitskraft und Leben war vernichtet worden, als die Gattin und Mutter vernichtet wurde. Und zu denken, daß diese Operierte in den Berichten noch immer als ein Erfolg, als ein Wunder Gaudes prunkte, der stolz war auf diese junge, anständige Arbeiterfrau, die vom sicheren Tode gerettet worden und ihrem Manne und ihren Kindern wiedergegeben war, gesünder und kräftiger als je! Wie recht hatte Boutan, wenn er sagte, man müsse warten, um über die wahren Erfolge dieser schönen, siegreichen Operationen urteilen zu können!

Cécile hatte in ihrer leidenschaftlich zärtlichen Art die drei Kinder geküßt, die in dieser zerstörten Ehe gleichwohl aufwuchsen. Tränen stiegen ihr in die Augen, und sie eilte davon, Mathieu mit sich nehmend, nachdem Madame Joseph ihr ihre Arbeit zurückgegeben hatte. Unten angelangt, sagte sie dann: »Vielen Dank, Monsieur Froment, ich gehe nun zu Fuß nach Hause. Ist es nicht schrecklich? Ich sagte Ihnen ja, daß wir im Paradies sein werden, wenn wir erst das ruhige Zimmer haben, das Sie uns so gütig verschaffen wollen.«

In der Fabrik konnte Mathieu, der sich unmittelbar in die Werkstätten begab, keine genaue Auskunft über die seit Monaten bestellte Dreschmaschine erhalten. Man sagte ihm, daß der Sohn des Chefs geschäftlich abwesend sei und daß ihm daher niemand Bescheid geben könne, um so mehr, als der Chef selbst seit einer Woche nicht sichtbar gewesen sei. Endlich erfuhr er, daß dieser letztere, soeben von der Reise zurückgekehrt, sich oben bei Madame befinden dürfte. Er entschloß sich also, im Wohnhause vorzusprechen, nicht so sehr wegen der Dreschmaschine als wegen einer Sache, deren Erledigung ihm am Herzen lag: der Eintritt seines Sohnes Blaise in die Fabrik. Der Jüngling, nun neunzehn Jahre alt, war im Begriffe, unmittelbar nach seinem Austritt aus dem Lyceum, ein junges Mädchen ohne Vermögen, Charlotte Desvignes, zu heiraten, mit der ihn eine bis in die Kinderzeit zurückreichende Herzensneigung verband. Seine Eltern hatten in ihrer Zärtlichkeit ihm durch Widerspruch keinen Kummer bereiten wollen, um so mehr, als sie in ihm ihre göttliche Unbesonnenheit von einst wiederfanden. Aber um ihn verheiraten zu können, mußte man ihn zuerst irgendwo unterbringen. Und während Denis, sein Zwillingsbruder, in eine Fachschule eintrat, hatte Beauchêne, der von der Sachlage unterrichtet worden war, sich bereitwillig erboten, Blaise zu sich zu nehmen, glücklich, in dieser Weise seine Achtung für den wachsenden Reichtum seiner lieben Cousins, wie er sie nannte, bezeigen zu können.

Mathieu wurde in Constances kleinen gelben Salon geführt und fand sie im Begriffe, in Gemeinschaft mit Madame Angelin nach ihrer Rückkehr von der Hebamme den Tee zu nehmen. Zweifellos hatte das unerwartete Eintreffen Beauchênes den vertraulichen Austausch ihrer bewegten Gefühle in unwillkommener Weise unterbrochen. Unter dem Vorwand einer kurzen Reise war er wieder zum Zwecke irgendeiner Ausschweifung fortgeblieben, zu einem seiner gewöhnlichen Abenteuer mit irgendeiner blonden Straßenbekanntschaft; und er ermüdete die beiden Frauen durch lärmend vorgetragene Lügen, noch ein wenig trunken, mit schwerer Zunge, übernächtigen, geränderten Augen, in schamloser Behaglichkeit über seine Lebensfreuden.

»Ah, mein Lieber!« rief er »ich erzähle den Damen eben von meiner Reise nach Amiens. Man bekommt da ganz großartige Entenpasteten.«

Als sodann Mathieu von Blaise zu sprechen anfing, erging er sich in lebhaften Freundschaftsbeteuerungen: das sei eine abgemachte Sache, Mathieu solle ihm den jungen Mann nur herbringen, er werde ihn zuerst Morange an die Seite geben, damit er einen Einblick in den Mechanismus des Hauses gewinne. Und er atmete geräuschvoll, er spuckte, er verbreitete den Duft von Tabak, Alkohol und Moschus, den er von seinen Weibern mitbrachte; während seine Frau, die ihm, wie stets vor der Welt, zärtlich zulächelte, manchmal, wenn Madame Angelin den Kopf wandte, empörte, von unendlichem Widerwillen erfüllte Blicke auf ihn richtete.

Während Beauchêne fortfuhr, zuviel zu sprechen, wobei er bekannte, daß er nicht wisse, wie weit die Herstellung der Dreschmaschine fortgeschritten sei, bemerkte Mathieu, daß Constance mit Unbehagen zuhörte. Der Eintritt Blaises in die Fabrik hatte sie schon ernst gestimmt; sie litt unter der Unwissenheit, in der sich ihr Mann offenbar über die Tätigkeit des Hauses befand; und dann war das Bild Norinens wieder aufgetaucht, die unauslöschliche Erinnerung an das Kind, die Furcht vor irgendeinem neuen geheimen Einverständnis zwischen den beiden Männern. Mathieu, der ihre Gedanken erriet, begann daher von den schönen Resultaten der Operationen Gaudes zu erzählen, von seinem Zusammentreffen mit Cécile sowie seinem Besuch bei Euphrasie. Die beiden Frauen schauderten, während Beauchêne, sehr erregt, sich ungemein über die heiklen Einzelheiten unterhielt, die er ihn zwang, seinen Hörerinnen zuteil werden zu lassen. Plötzlich stieß die Mutter einen Ruf der Erleichterung aus:

»Ah, da ist Maurice!«

Ihr Sohn war eingetreten, der einzige Gott, auf den sie nun alle ihre Liebe, allen ihren Stolz vereinigte, der Erbprinz, der morgen König werden, der das Reich vor Vernichtung retten würde, um sie sodann zu seiner Rechten zum höchsten Glanz zu erheben. Sie fand ihn schön, groß, unwiderstehlich mit seinen neunzehn Jahren, wie die Ritter der Legenden. Als er erzählte, daß er sich mit Vorteil aus einer unangenehmen Sache gezogen habe, die von seinem Vater schlecht eingeleitet worden war, sah sie ihn alle Wunden heilen, den Sieg wieder erobern. Und sie strahlte vollends vor Triumph, als er versprach, daß die Dreschmaschine vor Ablauf der Woche geliefert werden würde.

»Mein liebes Kind, du solltest eine Tasse Tee trinken. Du strengst deinen Kopf zu sehr an, das wird dir gut tun.«

Er willigte ein und sagte heiter: »Es hätte nicht viel gefehlt, so wäre ich nun in der Rue de Rivoli von einem Omnibus überfahren worden.«

Sie wurde bleich, die Tasse entglitt ihren Händen. Großer Gott, ihr Glück hing also von der Gnade eines Zufalls ab! Und wieder überlief sie die schreckliche Ahnung, dieser eisige Hauch, der, sie wußte nicht woher, kam und ihr das Mark in den Knochen erkältete.

»Aber du Närrchen,« sagte Beauchêne mit seinem Lachen, »du siehst ja, daß er den Omnibus beschädigt hat, da er da vor dir steht und dir die Sache erzählt. Ach, mein armer Maurice, du hast eine sehr komische Mama. Ich, der ich weiß, wie ich dich gebaut habe, ich bin ganz ruhig, wie du siehst.«

An diesem Abend machte Madame Angelin die Rückfahrt nach Janville gemeinschaftlich mit Mathieu. Im Coupé, in welchem sie sich allein befanden, stürzten ihr, ohne erkennbare Ursache, wieder Tränen aus den Augen. Sie entschuldigte sich und sagte leise, halb wie zu sich selbst: »Ein Kind haben und es verlieren, freilich, das muß ein entsetzlicher Schmerz sein. Gleichwohl, es war da, es ist aufgewachsen, man hat Jahre hindurch das unendliche, einzige Glück genossen, es zu besitzen. Aber wenn das Kind nicht kommt, niemals, niemals – ach lieber Schmerzen und Trauer als dieses trostlose Nichts!«

In Chantebled fuhren Mathieu und Marianne fort zu arbeiten, zu schaffen, zu zeugen. Und während der zwei Jahre, die hingingen, waren sie abermals siegreich in dem ewigen Kampfe des Lebens gegen den Tod, durch das fortgesetzte Wachstum der Familie und der fruchtbaren Erde, das der Inhalt ihres Daseins war, ihre Freude und ihre Kraft. Die Begierde fuhr in Flammenstürmen hin, die göttliche Begierde machte sie fruchtbar, gab ihnen Kraft zu lieben, gut zu sein, gesund zu sein; und ihre Energie tat das übrige, ihre Tatfreudigleit, die tapfere Beharrlichkeit in der nützlichen Arbeit, die die Welt aufbaut und in Ordnung hält. Aber während dieser zwei Jahre ward ihnen der Sieg nicht ohne schweren Kampf. Die zwängenden Sorgen der ersten Zeit waren verschwunden, es galt jetzt, mit Weisheit und mit Gerechtigkeit zu regieren. Auf dem Plateau, gegen Norden, von dem Hof Mareuil bis zum Hof Lillebonne, war die Eroberung vollendet, es gab hier kein Gehölz mehr, das nicht ihnen gehörte: ein mächtiges Gebiet von zweihundert Hektar, das den benachbarten Getreidefeldern, dem wogenden Aehrenmeer, einen königlichen Park von hundertjährigen Bäumen hinzufügte. Da Mathieu diese Wälder jedoch, abgesehen von den regelmäßigen Holzungen, nicht unbenutzt bloß um ihrer Schönheit willen besitzen wollte, hatte er die zahlreichen Lichtungen mittels breiter Durchhaue miteinander verbunden und in Weiden verwandelt, auf welchen er die Viehzucht mit außerordentlichem Erfolge betrieb. Sein kleiner Staat wuchs, vermehrte sich um diese Hunderte von Tieren, verbreitete sich bald weit unter den hohen Bäumen. Die Fruchtbarkeit fand hier ein neues Gebiet, die Rinderställe mehrten sich, Schafställe kamen hinzu, und sie lieferten Berge von Dünger, welcher dem Boden außerordentliche Fruchtbarkeit verlieh. Kinder auf Kinder mochten zur Welt kommen, die Milch floß in Strömen, zahllose Herden waren da, um sie zu nähren und zu kleiden. Neben den reifen Aehren breiteten sich die dunkeln Wälder, von den Samen bebend, die in ihrem Schatten keimten, unter der lebenspendenden Sonne. Und es blieb nur noch ein Stück zu erobern, die letzten sandigen Hänge, damit das Königreich vollendet sei. Das entschädigte für alle Tränen, für alle nagenden Sorgen der ersten, arbeitsvollen Zeit.

Während Mathieu so seine Eroberung vollendete, hatte Marianne im Laufe dieser zwei Jahre die Freude, ihr erstes Kind zu verheiraten, als sie eben selbst schwanger war, bereit, wieder zu gebären. Wie die gute Erde blieb sie fruchtbar, selbst in der Zeit der Reife, wo der Same, der ihr entsprossen war, sich anschickte, seinerseits das Werk des Lebens fortzusetzen. Diese Vermählung Blaises, der mit neunzehn Jahren ein entzückendes Mädchen von achtzehn Jahren heiratete, die Vereinigung einer duftigen jungen Liebe, die auf den Blumenpfaden Chautebleds seit ihrem zwölften Jahre aufgeblüht war, war ein herrliches, unendlich verheißungsvolles Fest. Die acht andern Kinder waren anwesend: die großen Brüder Denis, Ambroise, Gervais, die ihre Studien vollendeten; Rose, das älteste Mädchen, deren vierzehn Jahre eine Frau von gesunder Schönheit, von glücklichem Frohsinn versprachen; dann Claire, ein Kind noch, Grégoire, der eben ins Lyzeum eingetreten war, endlich die beiden ganz kleinen Louise und Madeleine. Die Leute kamen neugierig aus den benachbarten Dörfern herbei, um die fröhliche Schar den großen Bruder aufs Standesamt führen zu sehen. Es war ein prächtiger Zug, Frühlingsblumen und Frühlingsgesichter, eine Glückseligkeit, die die Herzen bewegte. Im übrigen gab es in den Ferien, wenn die Familie gemeinschaftlich einen Ausflug nach einem benachbarten Dorfe unternahm, eine solche fröhliche Karawane auf der Straße, zu Wagen, zu Pferd, zu Rad, mit flatternden Haaren, unter lautem Lachen, daß die Leute belustigt stehenblieben, so herzerfreuend war der Anblick. Wenn die Leute sie kommen sahen, riefen sie scherzend: »Da kommt das Regiment!« als wollten sie sagen, daß nichts ihnen widerstehen konnte, daß das Land ihnen gehörte kraft des Rechtes der Eroberung, seitdem alle zwei Jahre ihrer ein neuer emporwuchs. Das ganze Land nahm teil an dieser Freude, an dieser Gesundheit, an dieser Kraft, die sich so fröhlich vermehrte, sich bis an den Horizont ausbreitete. Und diesmal, nach diesen zwei Jahren, gebar Marianne wieder ein Mädchen, Marguerite, als sie ihr zehntes Kind bekam. Die Entbindung ging glücklich vonstatten, nachher stellte sich jedoch ein beunruhigendes Fieber ein, sie hatte Schwierigkeiten mit der Milch, die sie für eine Weile ganz unglücklich machten, da sie fürchtete, dieses Jüngstgeborene nicht nähren zu können, so wie sie alle andern genährt hatte. Und, als Mathieu sie endlich wieder gesund und lächelnd sah, mit der kleinen Marguerite an der Brust, da küßte er sie leidenschaftlich, triumphierte wieder einmal über alle Schmerzen und allen Kummer. Noch ein Kind, das bedeutete noch Reichtum und Macht, eine neue in die Welt geworfene Kraft, ein neues für die Zukunft besätes Feld.

Und so wuchs immerfort das große und gute Werk, das Werk der Fruchtbarkeit durch die Erde und durch die Frau, siegreich über die Vernichtung, für jedes neue Kind neue Lebensmittel schaffend, liebend, wollend, kämpfend, arbeitend unter Leiden, unaufhörlich zu neuem Leben, neuer Hoffnung fortschreitend.


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