Ludwig Tieck
William Lovell
Ludwig Tieck

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9
Walter Lovell an seinen Sohn William

London.

Meine Zeit wird itzt durch den unangenehmen Prozeß mit Burton beschränkt, ich kann Dir daher nur selten schreiben. – Doch will ich ein Versprechen erfüllen, das ich Dir in einem neulichen Briefe tat, Dir nämlich kurz einige Szenen meines Lebens zu erzählen, wo meine Standhaftigkeit auf eine harte Probe gesetzt ward und wo ich Mißtrauen und Menschenkenntnis zu einem ziemlich hohen Preis einkaufen mußte.

Mein Vater wohnte in Yorkshire; sein Landgut lag in der Nähe von Bondly. Ich war sein einziger Sohn, nachdem ihm zwei Töchter und ein Knabe gestorben waren, und er erzog mich daher mit der zärtlichsten Sorgfalt; er versäumte nichts in der Ausbildung meiner Fähigkeiten und suchte mir schon früh ein zartes und bleibendes Gefühl für alles Edle und Schöne einzupflanzen. Da er aber einen übertriebenen Hang für die ländliche Einsamkeit hatte, so waren wir beide selten in Gesellschaft andrer Menschen; Bondly ward von uns noch am häufigsten besucht. So wuchs ich gleichsam in seinen Armen auf und lernte nur aus einigen meiner Lieblingsschriftsteller die Welt und die Menschen kennen; ich war mehr in der kindlichen, unbefangenen Zeit Homers zu Hause, als in der gegenwärtigen; alle Menschen maß ich nach meinen eigenen Empfindungen, alles was außer mir lag, war mir ein unbekanntes Land. Auf diese Art war es natürlich, daß tausend Vorurteile in mir aufwuchsen und feste Wurzel schlugen, die ganze Welt umher war nur ein Spiegel, in dem ich meine eigne Gestalt wiederfand. Unter allen meinen Bekannten zog mich keiner so an, als der junge Burton, der damals zwanzig Jahr alt war, nur wenig älter als ich selbst; unsre Bekanntschaft ward bald die vertrauteste Freundschaft: eine Freundschaft, wie gewöhnlich die erste unter fühlenden Jünglingen geknüpft zu werden pflegt, nach meiner Meinung für die Ewigkeit. Damon und Pylades waren mir noch zu geringe Ideale, meine erhitzte Phantasie versprach für den Freund alles zu tun, so wie sie jedes Opfer von ihm verlangte. In diesen Jahren gibt man sich nicht die Mühe, den Charakter des Freundes zu beobachten, oder man hat vielmehr nicht die Fähigkeit, dies zu tun; man glaubt sich selbst zu kennen und folglich auch den Freund, man trägt alles aus sich in ihn hinüber und das geblendete Auge findet auch in den beiden Charakteren die täuschendste Ähnlichkeit. – Eine solche Freundschaft dauert selten über die ersten Jünglingsjahre hinaus; es kommt bei den meisten Menschen doch bald eine Zeit, wo sie durch tausend Umstände gezwungen werden, aus ihrem poetischen Traume zu erwachen, dann finden sich beide, wenigstens einer von ihnen, getäuscht; dieser Moment, wo die rosichte Dämmerung der betrogenen Phantasie nach und nach verschwindet, gehört zu den unglücklichsten des Lebens.

Mein Vater, so wie jeder andere Unbefangene sah auf den ersten Augenblick, daß Burton mir völlig unähnlich sei; er war kalt und verschlossen, verschlagen und listig: ich kam ihm offenherzig, mit einer erhitzten Phantasie, mit einer übertriebenen Empfindsamkeit entgegen. – Aber ich glaubte, Burton besser zu kennen, als ihn jeder andre kannte, ich war überzeugt, daß die Augen der übrigen Menschen für seine Vorzüge blind wären, und so hielt ich meine Menschenkenntnis für richtiger und über der meines Vaters erhaben. So wie der Barbar einen sinnlich dargestellten Gott braucht, und sich irgendeinen Klotz dazu behaut, so braucht der schwärmende Jüngling ein Wesen, dem er sich mitteilt; er drückt das erste, das ihm begegnet, an seine Brust, unbekümmert, ob ihn jener willkommen heiße, oder nicht.

So lebte ich manches Jahr hindurch, ohne daß mein Geist eine andere Wendung nahm; die fast ununterbrochene Einsamkeit mochte wohl die vorzüglichste Ursache davon sein. Als ich kaum mündig geworden war, starb mein Vater und ich war mir nun ganz selber überlassen. Mein Schmerz über meines Vaters Verlust war heftig und anhaltend, aber Burtons Liebe tröstete mich. – Doch bald lernt ich in der Nachbarschaft ein schönes weibliches Wesen kennen, die nach wenigen Wochen so mein ganzes Herz gewann, daß ich wie im Zustande einer Bezauberung mein ganzes voriges Leben vergaß und endlich innewurde, daß ich liebte, da ich bis dahin die Liebe nur Torheit gescholten, und das höchste Glück in der Freundschaft hatte finden wollen. Maria Milford war aus der reichsten Familie in der Nachbarschaft, und obgleich mein Vermögen selbst ansehnlich war, so war ich doch zu furchtsam, ihrem rauhen Vater einen Antrag zu tun; meine Erziehung hatte mir eine Menschenscheu eingeflößt, die ich nur erst sehr spät abgelegt habe, auch wollte ich überdies erst ihre persönliche Neigung zu gewinnen suchen; ein Wunsch, der auch in kurzer Zeit erfüllt wurde. Burton ward der Vertraute meiner Liebe, er war mein Ratgeber und zuweilen auch der Teilnehmer meines Kummers. Ich zögerte noch immer, mich dem Vater meiner Geliebten zu entdecken, als ein Oheim meines Freundes, Waterloo, von seinen Reisen aus Italien zurückkam. Er war ein Mann von ohngefähr vierzig Jahren; seine Reisen hatten seinen Verstand ausgebildet und seine Sitten verfeinert. Er war höflich und zuvorkommend, ohne fade, und gegen jedermann freundschaftlich, ohne abgeschmackt zu sein; sein Gesicht und vorzüglich sein Blick hatten etwas Imponierendes, das anfangs zurückschreckte, bei einer nähern Bekanntschaft sich aber in Liebenswürdigkeit verwandelte, kurz, er schien mir das vollendete Ideal eines Mannes, der mich bald völlig bezauberte. Er interessierte sich vorzüglich für mich und ich übergab mich ihm gänzlich mit einer vollkommnen kindlichen Resignation; ich glaubte in ihm einen zweiten Vater gewonnen zu haben, er leitete alle meine Schritte, er war bald der Mitwisser aller meiner Geheimnisse, der Vertraute meiner Liebe, die ich ganz seiner Führung überließ.

Waterloos Witz, so wie seine übrigen Talente machten ihn nach kurzer Zeit zu einem gesuchten Gesellschafter in der Nachbarschaft umher, er ward allenthalben eingeladen, und war nach dem ersten Besuche jedermanns Freund; so gewann er auch bald das nähere Vertrauen des alten Milford, den er vorzüglich oft besuchte. Er ward in wenigen Wochen dort der Freund des Hauses und er kam mir selbst mit dem Antrag entgegen, den Vater auf eine Verbindung zwischen mir und seiner Tochter vorzubereiten. Ich umarmte ihn tausendmal, ich dankte ihm für seine Freundschaft, ich sah dreister einer glücklichen Zukunft entgegen. – Als ich nach einiger Zeit Milford und seine Tochter besuchte, bemerkte ich mit Vergnügen, daß Waterloo schon sein Versprechen gehalten haben müsse; man empfing mich freundschaftlicher als je, Marie war weniger zurückgezogen, und als man uns im Garten einige Minuten allein ließ, sagte sie mir, daß mein Freund zuerst ihren Vater auf mich aufmerksamer gemacht habe, und sehr oft von mir mit vielen Lobeserhebungen spreche. – Ich glaubte meines Glücks schon gewiß zu sein, ich machte hundert Entwürfe, ich dankte Waterloo wie ein entzückter Liebhaber, ich schwur, daß ich ihn mehr als meinen Vater, oder jeden andern Menschen liebe. – Meine Zuneigung für Marie Milford fing sich itzt an öffentlicher zu zeigen, ich war weniger scheu und zurückhaltend, meine Liebe ward erwidert, ich war der glücklichste Mensch unter der Sonne.

Plötzlich ward meine Freude durch einen Schlag unterbrochen, der für mich desto schrecklicher war, je weniger ich ihn erwartet hatte. Ich erhielt an einem Morgen ein Billet vom Vater meiner Geliebten, worin er mich in wenigen Worten bat, ich möchte künftig aus Ursachen, die er mir itzt nicht deutlich machen könne, sein Haus vermeiden. – Ich stand lange wie betäubt, ich konnte mich kaum von der Wirklichkeit dessen, was ich las, überzeugen. Ich suchte hundert Ursachen zu entdecken, die diesen empörenden Brief könnten veranlaßt haben, aber ich fand keine, um dies Rätsel aufzulösen; ich ritt eiligst nach dem Landgute Milfords, um mit ihm selber zu sprechen und sein Betragen mir erklären zu lassen, aber ich ward nicht vorgelassen. – Zornig eilte ich nach Hause und überließ mich meinen trübsinnigen Untersuchungen von neuem, aber meine Gedanken fanden keinen Ausweg aus diesem Labyrinthe, ich entdeckte Waterloo meine seltsame Lage, der mich auf jede Art zu trösten suchte; er versprach mir zu ergründen, was diesen Vorfall veranlaßt habe. Er hatte es durch die Kunst seiner Überredung und durch die freundschaftliche Art, mit der er mich zu zerstreuen suchte, dahin gebracht, daß ich etwas zufriedener von ihm ging. – Meine peinliche Lage dauerte einige Wochen hindurch, in welcher Zeit mir Waterloo bald tröstende, bald niederschlagende Nachrichten brachte; ich ritt einigemal an Milfords Hause vorbei und sah Marien weinend am Fenster stehn. Waterloo tat alles, meinen Schmerz zu erleichtern, er war itzt mein einziger Freund, denn Burton war schon seit einigen Wochen nach London gereist. Wir machten mannigfaltige Pläne, die wir alle wieder verwarfen. Endlich schlug mir Waterloo eine Reise nach London vor, die mich zerstreuen sollte, er wollte indes als mein Anwalt meine Sache unermüdet beim alten Milford fortführen; einige Verleumdungen und Mißverständnisse müßten mir bei diesem Schaden getan haben, die sich gewiß binnen kurzem von selbst widerlegen und aufklären würden. Nach langem Streiten hin und her ließ ich mich endlich überreden. Wir nahmen zärtlich Abschied, das Herz blutete mir, mich auch von meinem Freunde zu trennen; doch tröstete mich der Gedanke, daß ich Burton in London antreffen würde.

Ich reiste zu Pferde und ohne Begleitung; niemand sollte mich in meinen Träumen stören. Meine Reise ging nur langsam fort. Ich kam daher erst spät in London an. Burton empfing mich mit großer Freude, er zog mich wider meinen Willen zu tausend Ergötzlichkeiten: Briefe von Waterloo nährten mich indes mit Hoffnung und besänftigten oft meinen wieder aufwachenden Schmerz. So ging nach und nach eine längere Zeit vorüber, als ich anfangs für meine Abwesenheit bestimmt hatte, denn ich war itzt schon seit zwei Monaten in London gewesen. –

Ich erschien mir wie ein Tor, der sein Unglück fast verdiene; und so quält ich mich schlaflos in einer stürmischen Nacht auf meinem Lager; mit neuem Glanz trat Mariens Bild vor meine Seele, das Benehmen ihres Vaters war mir noch immer unerklärbar. Was konnte er von mir wollen? Was hatte er mir vorzuwerfen? – Ich bereute es, daß ich entfernt von ihr die Zeit verträumte und kaum den Gang meines Schicksals kannte. London war mir mit seinem lärmenden Getümmel verhaßt, der Wunsch in mir lebendig, daß ich wieder in ihrer Nähe leben wollte, auf meinem einsamen Landsitze, daß es mir itzt vielleicht gelänge, ihren Vater mit mir auszusöhnen.

Als ich aufstand, war ich wie berauscht, es war als wenn mich mein Genius aus London forttriebe. Ich ließ mir nicht Zeit einzupacken, nicht einmal Burton meine Reise zu melden; ich nahm mit dem Anbruche des Tages die Post, und fuhr im schnellsten Trabe meiner Heimat zu. Ich verweilte nirgend, die größte Eile war mir noch zu langsam, ich fuhr auch in der Nacht, um desto früher mein Landhaus wiederzusehn. – Ich mochte etwa nur noch wenige Meilen von dem Schlosse Milfords entfernt sein, als mir ein Zug geputzter und fröhlicher Bäuerinnen in die Augen fiel. Ich erschrak, ich fragte sie, welches Fest sie heute feierten. Die Älteste unter ihnen trat hervor, und sagte mir mit einem naiven Lächeln, sie wollten dort nach dem Schlosse, (indem sie auf den Landsitz Milfords in der Ferne zeigte) um die Verlobung des Fräuleins und des Herrn Waterloo feiern zu helfen. – Ich verstummte, ich war wie vom Blitze getroffen, ich ließ mir diese Nachricht wohl zehnmal wiederholen, ohne sie zu hören; ich glaubte, alles dies sei ein Traum, der mich noch in London ängstige, ich verlor alle Besinnung und ließ endlich mit der größten Geschwindigkeit vor das Schloß Milfords fahren.

Schon in einiger Entfernung weckten mich Trompeten und lärmende Musik aus meiner Betäubung. Ich sprang aus dem Wagen, die beschäftigten Bedienten bemerkten mich kaum; ich stürze wie wahnsinnig die Treppen hinauf, reiße die Tür auf und stehe im Saale, unter einer Menge von bekannten und unbekannten Menschen; Marie stößt einen Schrei aus, und fliegt unwillkürlich in meine Arme.

Alle waren erstaunt, Waterloo und der alte Milford werfen sich zwischen uns, sie trennen uns mit Gewalt. Marie wird fast ohnmächtig auf ihr Zimmer geführt, Waterloo folgt ihr, endlich bin ich mit dem Vater allein.

»Sie wagen es«, fährt er auf, »hier zu erscheinen? So zu erscheinen? Haben Sie mein strenges Verbot vergessen?«

»Ja, ich wage es«, rief ich aus, »ich wage dies und noch mehr. Waterloo ist ein Verräter, er soll mir seine Niederträchtigkeit mit seinem Leben büßen!«

Ich weiß nicht mehr, was ich alles sagte, aber eine heftige Wut hatte sich meiner bemeistert, ich fühlte Konvulsionen durch meinen Körper zucken, mein Blut siedete und meine Zähne knirschten. Milford war gelassen genug, mich austoben zu lassen; dann nahm er das Wort:

»Sie sehn«, sagte er kalt, »wie ich Ihren wahnsinnigen Ungestüm erdulde, und meine Nachgiebigkeit macht Sie vielleicht so frech. – Sie sind mir überhaupt ein Rätsel. – Welches Recht haben Sie auf meine Tochter? – Sie lieben sie, wie Sie sagen, aber dieses Wort reicht nicht hin, meine Einwilligung zu erzwingen: und dennoch kommen Sie mit der Wildheit eines Verrückten zurück, ob Sie gleich recht gut wissen, daß Sie sich durch hundert Niederträchtigkeiten einer Verbindung mit meiner Familie unwürdig gemacht haben.«

»Niederträchtigkeiten?« schrie ich auf und riß den Degen aus der Scheide.

»Nicht also!« rief Milford mit einem kalten Grimme, »lassen wir diese Spiegelfechterei; ich kann Ihnen Beweise geben.«

Und nun fing er an, mir ein Register von Bosheiten, die ich verübt haben sollte, vorzulegen. Das meiste war gänzlich erdichtet, oder einige ganz unbedeutende Kleinigkeiten und Zufälle in ein verhaßtes Licht gestellt; alles zeugte von der schändlichsten Erfindungsgabe, ich errötete oft über die Frevel, die man mir zur Last legen wollte. – »Und diesem«, schloß Milford endlich, »soll ich mein Kind, die einzige Freude meines Lebens, überantworten? – Sie lieber hinrichten!«

Ich zwang mich gemäßigt zu sein. – »Wer«, fragt ich kalt, »ist der Erfinder dieser, wenigstens sinnreichen Lüge?«

»Einer, den Ihr Charakter am meisten kränkt – Ihr Freund Waterloo! Ihr ehemaliger Lobredner.«

Itzt wunderte ich mich, daß ich nicht längst das ganze Gewebe der Bosheit durchgesehn hatte; der Schleier fiel itzt ganz von meinen Augen. Große Tränen stürzten über meine Wangen herab, ich verlor in diesem Augenblicke einen Freund, den ich unaussprechlich geliebt hatte; mein Herz wollte zerspringen. Ich warf mich in einen Sessel, um die mannigfaltigen Empfindungen, die in meinem Innern wühlten, erst austoben zu lassen; Milford sah kalt und gelassen auf mich herab, er war ungewiß, ob er diesen Schmerz für Reue, oder für tiefe Kränkung halten sollte. – Endlich gewann ich die Sprache wieder, und nachdem ich mich völlig gesammelt hatte, war es mir ein leichtes, den Vater vom Ungrunde aller Beschuldigungen zu überzeugen. Er wütete itzt gegen Waterloo, der ihn auf die boshafteste und schändlichste Art hintergangen, der ihn durch alle Künste der Verstellung zu seinem warmen Freunde gemacht hatte. – Er hatte anfangs meinen Freund und Bewunderer gespielt, und auf eine Verbindung zwischen mir und Marien eingelenkt, nach und nach war er zurückhaltender, endlich kalt geworden. Man hatte um den Grund dieses Betragens in ihn gedrungen; nach langen Umschweifen, nach vielen Klagen war er endlich mit der Entdeckung vorgerückt, daß er sich gänzlich in mir geirrt habe, daß er auf diese schmerzliche Weise einen werten Freund in mir verliere, nebst andern Ausbeugungen und moralischen Gemeinsprüchen. Itzt ward eine Erdichtung nach der andern ausgesponnen, und als er mich bei Milford verhaßt genug gemacht, suchte er in eben dem Verhältnisse dessen Liebe auf sich zu lenken. Dies gelang ihm auch endlich; aber Marie haßte ihn beständig, sie hatte niemals seinen Worten geglaubt. Unsre Aussöhnung von allen Seiten war bald gemacht, die Verlobung mit Marien nach einigen Tagen gefeiert; ich forderte Waterloo, der aber nicht erschien, sondern dafür ein sicheres Mittel fand, sich an mir zu rächen. –

Ich ward bald nachher krank, ein anhaltender Schwindel mit Krämpfen und Ohnmachten verbunden, peinigte mich; der Arzt entdeckte noch zur rechten Zeit, daß ich Gift bekommen hatte, und nur die größte Aufmerksamkeit konnte mein Leben retten; ich entging aber darum nicht einer langen und qualvollen Krankheit, die auch die Ursache aller meiner nachherigen Unfälle gewesen ist. Alles dies tat ein Mensch, der mein Freund war, den ich mit der größten Zärtlichkeit liebte, um mit Marien eine ansehnliche Aussteuer zu erhalten. –

Waterloo hatte sich schon vorher entfernt, man wußte nicht, wo er geblieben war; nach einigen Monaten kam die Nachricht seines Todes. Ich ward, als ich genas, mit Marien verbunden, die mir aber nach einem kurzen Jahre wieder entrissen ward, indem Du mir geschenkt wurdest. – Ich weinte meinen Schmerz am Busen meines Freundes Burton aus, der über meinen Kummer Tränen vergoß; – bald nachher fiel mir ein Brief in die Hände, woraus ich sah, daß Burton mit Waterloo einverstanden gewesen war, daß eine ansehnliche Belohnung, die man ihm aus Mariens Vermögen hatte zusichern wollen, ihn verführt hatte, ebenfalls Teilnehmer an diesem Komplott zu werden. –

Seit der Zeit hat mich Burton unablässig verfolgt. So wurde mein offnes Herz hintergangen, auf diese Art meine zärtliche Freundschaft belohnt!

Dies ist aber nur eine Szene meines Lebens, ich habe mehrere Stürme ausgehalten, wo meine Liebe auf eine ähnliche Art verraten ward – ich suchte Dich darum schon früh mit Menschen bekannt zu machen, und jenen jugendlichen Enthusiasmus zu mildern; bis itzt ist diese Bemühung vergebens gewesen, aber Du siehst wenigstens aus meiner Geschichte, wie notwendig es ist. Lebe wohl, ich hoffe, daß Du die Anwendung auf Dich selbst am besten daraus wirst machen können. –


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