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Viertes Kapitel

Es gab etwas, was sich Jane Carrolls Erinnerung in diesem Augenblick mehr als alles andere aufdrängte. Die Worte Stephens, als er zu ihr sagte: »Niemand, von dem du je gehört hast, und wahrscheinlich wirst du niemals wieder von ihm hören.« Er hatte es nicht wörtlich gesagt, aber etwas Ähnliches. Nun lachte sie in der Erinnerung daran. Nicht, weil sie Stephen einen Streich gespielt hatte. Aber er hatte in einem Ton gesprochen, als sei es vom Schicksal so verhängt, unabänderlich. Und dieser Unabänderlichkeit, dieser Notwendigkeit war sie begegnet. In dieser Nacht war ihr zumute, als sei es in ihre Macht gegeben, dem Schicksal selbst einen Streich zu spielen, wenn sie wollte.

»Ich liebe es nicht, wenn man fortgeht, ohne mir Lebewohl zu sagen«, sagte sie.

»Sie dachten drinnen, Sie seien schon zu Bett gegangen. Ihr Mann hatte einen Blick ins andere Zimmer geworfen, es ist Ihr Zimmer, nicht wahr? Er sagte, Sie seien es wahrscheinlich müde geworden, auf uns zu warten, und deshalb hätten Sie es vorgezogen, zu Bett zu gehen.«

»Sie wußten also nicht, daß ich es war, die Ihnen nachlief?«

»Nein, gewiß nicht. Wie sollte ich auch? Als ich Sie das letztemal sah, trugen Sie ein grünes Kleid.«

Dies war mehr als eine Beschreibung. Es war eine Art Huldigung. Sie schob die Falten ihres Pelzes zurück. Er konnte das grüne Kleid darunter sehen. Er sah nach ihrem Hals, ihren Schultern, ihrem Gesicht – lange nach ihrem Gesicht – und sagte – nichts.

»Wieso sind Sie umgekehrt, wenn Sie nicht wußten, daß ich es bin?«

»Jemand lief mir nach – lag es nicht auf der Hand, daß jemand mit mir sprechen wollte?«

»Aber jeder beliebige?«

»Jeder beliebige!«

»Gleichgültig, wer es gewesen wäre? Sie hätten mit ihm gesprochen?«

»Gewiß.«

Sie dachte an die Frauen, die nachts bisweilen von Jermynstreet her auch auf diesen Platz getrieben kamen.

Er sagte:

»Und wenn es nur ein Hund gewesen wäre, der mich kannte, ich wäre ihm dankbar gewesen – in dieser Nacht.«

»In dieser Nacht – was ist an dieser Nacht besonders Schlimmes?«

Er preßte die Lippen zusammen. Ein Zug plötzlicher Zurückhaltung ging über sein Gesicht. Sie fühlte, daß er sich ihr entzog, und plötzlich, mit verzweifelter Gewalt, befiel sie der Wunsch, ihn zu halten:

»Habe ich nicht mein Bestes getan?«

»Gewiß.«

»Sagen Sie mir dann, warum?«

»Ich habe nicht das geringste erreicht«, erzählte er. »Es ist mit diesen Leuten nichts zu erreichen. Sie haben eine Überhebung und ein eisernes Selbstbewußtsein an sich, woran man sich verbluten kann. Man wünscht sich manchmal, ein Maulwurf oder ein Kaninchen zu sein oder – verdammt noch einmal – irgendein Vieh, das so tief hinuntergraben könnte, wie ihr Gefühl sitzt. Sie müssen keines haben. Man kommt nicht hin. Und doch – sagen sich diese Leute denn nicht, wenn sie den Boden unter ihren Füßen spüren, ›dies ist Mutterboden‹?«

Er sprach nicht zu ihr. Sie hörte es. Er stand nicht auf dem St.-James-Square, sondern drüben irgendwo auf einem Bergsattel, bei einem Haufen kleiner Steine, unter dem sein Herz begraben lag.

Und dies war Wirklichkeit! Es war so wirklich, daß es mit dröhnenden Schlägen an ihr Herz hämmerte. Selbst mitten im Krieg, wie unbeschwert, wie sicher hatten da Männer zu ihr gesprochen, die die innere Gewißheit hatten, daß ihr Land ihnen niemals genommen werden konnte.

Aber hier stand einer, sich selbst verzehrend, von so fressendem Heimweh befallen nach dem, was sein war von den Vätern her und doch nicht ihm gehörte, daß seine Seele fast erlag. Ein Kampf, der tiefer und wilder war, als ihn ein menschliches Wesen kämpfen konnte, ohne von Sinnen zu kommen.

»Drei Stunden hab' ich da drin gesessen,« fuhr er fort, »und wenn der verdammte Bursche aus Ulster den Mund auftat, war's, wie wenn einer mit einem scharfen Gegenstand in einer Wunde wühlt. Was bedeutet ihm Irland? Du lieber Himmel! Sehen Sie ihn an! Wenn er von Irland spricht, so meint er nichts anderes als das, was er aus dem Land herausschinden kann, um sich die Taschen zu füllen. Und die anderen sitzen dabei – was für Leute – wenn sie redeten, klang es, wie wenn man Kiesel auf einen zugefrorenen Teich wirft – und wollten mir erzählen, hinter all der Unzufriedenheit und den Umtrieben in Irland stecke die religiöse Frage. Was ist Religion? Dazu gut, einem Mann zum Himmel zu verhelfen, wenn er den Himmel verdient, aber sie kann ihm nicht den Boden geben, auf dem er mit beiden Füßen im Leben stehen kann, hier unten. Wenn's drüben um die Religion ginge, hätten wir dann nicht schon im Jahre 1916 jedem Protestanten in den vier irischen Provinzen die Gurgel abgeschnitten?«

Er sprach mit verhaltener Stimme. Er war der Mann, der immer weiß, daß die Gefahr lauert, wenn er auch die Furcht verlernt hat. Sie hatte es längst bemerkt: auch wenn er am leidenschaftlichsten war, klang der Ton seiner Stimme verhalten, geladen von gewaltsam gebändigter Energie. Er sprach, als wäre der weite Platz voll von spähenden Ohren, und sie sah ihn wieder vor sich, wie er, an die Hecke gepreßt, nach seinem Vaterhaus hinüberspähte. So wie er jetzt sprach, hätte er zu einem Gefährten gesprochen, der sein Versteck teilte.

Sie lauschte seiner Stimme, da, im Schatten der schlafenden, pompösen Häuser, wie einem Liebenden, der von dem gelobten Lande spricht, das ihrer Liebe Zuflucht bieten könnte. Und doch ist unmöglich anzunehmen, daß irgendwie der Gedanke an Liebe in ihr auftauchte. Es gab nur einen, für den sie dieses Gefühl des innerlich Zugeneigtseins je gehabt hatte und das war Stephen. Die Liebe um sie her, Leidenschaft als Sport, intellektuelle Modeübung, hatte sie belächelt. Aus der Entfernung, bei anderen, hatte sie es amüsiert beobachtet, aber niemals auch nur die Möglichkeit erwogen, daß solche Verwirrung der Gefühle ihr selbst einmal beschieden sein könnte.

Selbst jetzt und hier fühlte sie nichts in sich verschoben, keine Klage und keinen Schmerz. Aber von ihm ging ein Ruf aus, von seiner Stimme, von der tragischen Blässe seines Gesichts, von der halberstickten Glut in seinen Augen, der laut und klar war wie eine Glocke, die gebieterisch mahnt. Dies hatte sie aus der Behaglichkeit ihres Zimmers in die Nacht hinausgetrieben! Dies zwang sie, hier zu stehen, während der Wind mit den Enden ihres schwarzen Haares spielte und ihre Augen den seinen Antwort gaben – und er es sah!

Und während er noch sprach, sagte sie plötzlich:

»Warum ist Stephen niemals mit mir in Irland gewesen?«

Warum? Er konnte ihr darauf keine Antwort geben.

»Ich werde keine Ruhe haben, bis ich dort gewesen bin«, erklärte sie.

»Sie?«

»Ja.«

»Das ist kein Platz für Sie«, sagte er. Liebte er sie schon – und so bald? Und doch nicht eher als viele andere! Und wenn es Liebe war, so war es eine dunkle Anbetung aus der Ferne. Sie war so weit jenseits. Mit seinem Leben hatte sie nichts zu tun. Viele schon hatten sie so geliebt. Sie sah die Zeichen an ihm, wie an vielen anderen. Eine Liebe, die zwischen sie und die Welt Altargitter schob.

»Nein, das ist kein Platz für Sie.«

Sie setzte sich dagegen zur Wehr.

»Warum denn nicht?«

»Es wird einmal wieder die Zeit kommen, wo Frauen wie Sie in Irland sein werden«, sagte er. »Aber dies ist nicht die Zeit. Begreifen Sie doch: Es ist die Hölle. Wenn Sie auf unserer Seite sind und wenn – Hölle auf alle Fälle! Diese Engländer versuchen gewaltsam, die Dinge zu maskieren. Sie versuchen der Welt einzureden, es hätte alles drüben sein normales Gesicht, und wir seien nichts weiter als eine Bande von Meuchelmördern, die inmitten friedlicher Bürger Gesetz und Ordnung herausforderten. Aber in Wirklichkeit ist es ein Krieg. Ein verborgener Krieg. Sie haben ihm eine grinsende Larve umgebunden. Sie würden den Anblick nicht aushalten. Sie würden krank davon. Sie in Irland?« Er stand und lachte ihr offen ins Gesicht. »Die Zeit der Heiligen und der Mysterien ist vorbei, und ich danke Gott dafür.«

Was wollte er damit? Sie zog den Mantel dichter um sich, als wolle sie sich vor ihm verbergen. Er bemerkte es, verstand die Bewegung und lachte von neuem.

»Pelz kann es nicht verstecken«, sagte er. »Auch wir haben uns einmal Sand in die Augen streuen lassen. Aber auch der Priester hält uns nicht mehr zum Narren. Seine Tage sind vorbei.«

Er sprach in Rätseln, und sie ahnte nur verschwommen, wohin er zielte. Sie erfaßte, daß er ihre Schönheit meinte. Daß auch diese Schönheit ihm jetzt nicht mehr bedeutete als eines von Gottes lieblichen Mysterien.

Eines aber war sicher: daß in dieser Nacht ihr Leben einen neuen Inhalt bekommen hatte. Von diesem Augenblick an wurden alle anderen Männer, so viele sie auch kannte, Marionetten, die am Drahte zappelten. In dieser Nacht, hier draußen auf dem Platze, war das Dasein, dessen Mittelpunkt ihr Leben mit Stephen gewesen war, ausgelöscht. Es war, als hätte es nie bestanden. Sie lieferte sich einer neuen Welt aus, einer wirklichen Welt, so schien es ihr, der einzig wirklichen, die sie auf ihrem Wege je gefunden hatte. Das Leid, das Irland geschah, wurde Leid, das ihr geschah. Das Bewußtsein dieser Tragödie erfüllte sie, besaß sie ganz.

Der Terror, der dort drüben herrschte, hatte nichts, was sie wankend machen konnte. Sie hätte in diesen Augenblicken dem Tod in die Augen sehen können – wenn es das Schicksal wollte, daß der Tod das Ende war. Was sie auch in der Zukunft sehen mochte, ihr Herz kannte keinen Gedanken an Furcht oder an Zögern.

»Was tun Sie noch in London?« fragte sie. »Warum sind Sie nicht in Irland drüben bei den anderen?«

»Ich habe heute abend an Ihrem Tisch gesessen,« sagte er, »aber was wissen Sie über mich?«

»Nichts!«

»Nichts? Auch durch Ihren Mann nicht?«

»Nichts! Bis heute habe ich Ihren Namen nicht gehört.«

»Warum wollen Sie dann wissen, wozu ich hier in London bin?«

Jedem anderen Manne hätte sie diesen Verdacht übelgenommen. Bei jedem anderen Manne hätte sie es nicht der Mühe wert gehalten, das Gespräch fortzusetzen. Sie war gewöhnt, daß man ihr freiwillig und von ganzem Herzen Vertrauen schenkte. Aber alle Maßstäbe hatten sich geändert.

»Glauben Sie, daß ich hier auf der Straße stehen würde, wenn mich nichts bewegte als müßige Neugier?«

»Nein, das halte ich für ausgeschlossen.«

»Warum antworten Sie mir dann nicht?«

»Nun, warum glauben Sie denn eigentlich, daß mein Aufenthalt in London noch irgendeinen anderen Zweck verfolgt als den, um den Sie bereits wissen? Vorhin, dort oben, haben Sie ja alles gehört. Es hat sich nichts geändert, nachdem Sie das Zimmer verlassen haben. Es war, als wenn ich mit dem Kopf gegen Mauern rennen müßte, bis es mir die Worte im Mund zerschlug. Die Leute denken, sie haben uns geschlagen. Wir sind nicht geschlagen! Solange sie die Sache als Aufruhr behandeln, solange werden wir niemals geschlagen werden.«

»Ich weiß, was diese Leute denken!« sagte sie.

»Und ich auch! Seit dreihundert Jahren haben sie dasselbe gedacht, sie denken es noch jetzt: wir sind der Erbfeind. Irland ist die Hintertür, durch die man nach England kommt. – Fünfzigtausend Iren sind im letzten Krieg gefallen – wie viele mögen's im Transvaalkrieg gewesen sein, ich weiß es nicht – und immer noch erschreckt sie der Gedanke, wir würden dem ersten besten, der bei ihnen einbrechen will, die Tür öffnen.«

»Warum bleiben Sie dann noch in London?«

»Wer hat gesagt, daß ich noch in London bleibe?«

»So sagen wir uns hier also Lebewohl? Hier auf der Straße? Können Sie mir versichern, daß Sie morgen nach Irland zurückreisen?«

Es gibt einen, den Augenblick, in dem man eine Lüge so sagen kann, daß sie genau so klingt wie die Wahrheit. Vielleicht ließ er diesen einen psychologischen Augenblick vorbeigehen, weil er den Gedanken nicht ertragen konnte, daß dies sein endgültiger Abschied von ihr sein sollte. –

»Sie wissen, daß ich nicht abreise«, sagte er endlich.

Sie fragte ihn, wo er wohne.

Er lachte.

»Glauben Sie vielleicht, ich bin Mitglied einer anerkannten Delegation? Glaubten Sie vielleicht, ich hätte eine Zimmerflucht im Ritz oder im Savoy?«

Sie wiederholte einfach ihre Frage.

»In einem kleinen Hotel, Waterloo-Bridge-Road. Mein Zimmer hat vielleicht zehn Quadratfuß Bodenfläche. Nach dem Schweigen der irischen Berge ist es, als ob man in einer Schachtel hauste, in die alle Donner des Himmels eingesperrt sind.«

»Wie kamen Sie darauf, dorthin zu ziehen?«

»Wir gehen immer dorthin.«

»Wir?«

»Natürlich – wir. Glauben Sie, weil ich diesmal mit einem Regierungspaß herübergekommen bin, ich hätte nicht hundert andere Wege, um nach London zu kommen? Seit 1918 bin ich ein halbes dutzendmal hier gewesen.«

»Trotz des Preises auf Ihren Kopf?«

»Warum nicht? Ich bin nicht einmal der einzige. Mick Collins ist hier gewesen – hier in London – mitten unter euch und Childers ebenso und Mulcahy.«

»Weiß mein Mann das?«

»Er weiß es.«

»Ist er in alles eingeweiht?«

»Nein, das nicht. Er ist nicht mehr eingeweiht als bei der Sache heute abend.«

»Ich weiß nichts von der Sache heute abend, außer, daß er mir heute morgen mitteilte, Sie würden alle zum Essen kommen. Das war das erste, was ich davon hörte.«

»Wollen Sie sagen, daß er Ihnen nicht das geringste erzählt hat?«

»Nicht das geringste.«

»So!? Und wie komme ich dann dazu, hier über alles so offen zu reden?«

»Weil Sie es bitter nötig haben, mit jemand zu reden.«

Er lachte kurz. Es war eine Bestätigung.

»Sie haben mir zugetrunken!« sagte er.

»Warum sollte ich nicht?«

»Als Sie das taten, dachte ich, Sie wüßten alles.«

»Ich sagte Ihnen doch, ich weiß nicht das geringste.«

Er kniff die Augen zusammen. Sie fühlte, wie sie spitz und scharf sich in die ihren senkten, einer Sonde gleich.

»Diese Leute wünschten mit mir zusammenzutreffen,« sagte er, »beachten Sie wohl, es sollte kein Entgegenkommen der Regierung darstellen. Zwangloser Gedankenaustausch! In keiner Weise bindend! Ein Viertelstündchen, in dem man sich gegenseitig ein bißchen ausspioniert, ganz freundschaftlich. Verhandlungen, die keine Verhandlungen sind. Verhandlungen, wenn Sie das verstehen, von denen in den Zeitungen nie etwas zu lesen steht, wenn nicht ein findiger Reporter Witterung bekommt und sich in das Geheimnis hineinwühlt. Nun, schön. Wo kann man eine solche Begegnung veranstalten? Ihr Mann ist mit beiden Parteien bekannt. Was gäbe es also für einen besseren Platz als am St.-James-Square?«

Äußerlich hatte sich an seiner Stimme nichts geändert und doch war etwas anders geworden. Er versuchte unmerklich, sich ihr zu entziehen. Er erzählte ihr die Wahrheit, aber nur noch die Hälfte davon. Sie dachte, es wäre ihr gelungen, ihn zu halten, und nun sah sie ihn zum zweitenmal auf der Flucht. Sie hob ihr Gesicht, um seinen Augen zu begegnen. Ihre Hände ließen die Falten ihres Mantels los, den sie um sich geschlungen hielt. Sie ließ den Pelz unter seinem eigenen Gewicht von den entblößten Schultern sinken. Es fiel ihr im Augenblick nicht ein, daß es das erstemal war, daß sie bewußt ihre Schönheit ausspielte.

»Warum mißtrauen Sie mir plötzlich?« fragte sie.

»Ich traue niemandem.«

»Mir können Sie trauen! Sie bereuen es jetzt, daß Sie mir gesagt haben, wo Sie in London wohnen. Nicht wahr?«

»Vielleicht.«

»Sie denken, es war töricht?«

Er antwortete mit einem Lachen. Sie spürte, wie künstlich es war.

Es gab nur noch einen Weg, ihn mit Sicherheit zu halten. Mit untrüglichem Instinkt fand sie ihn. Sie hielt ihm ihre Hand hin.

»Ich muß jetzt hinein«, sagte sie. »Was wäre die Folge davon, wenn jetzt der Reporter, von dem Sie vorhin sprachen, um die nächste Hausecke spähen würde? Wenn ich Ihnen nicht helfen kann, so darf ich Ihnen auch gewiß nicht im Wege sein. Ich bedauere unendlich, daß, von Ihrem Standpunkt aus, dieses Essen verlorene Liebesmühe war. Gute Nacht!«

Er hatte ihre Hand genommen, weil nichts anderes übrigblieb. Er hatte sie gehen lassen, weil sie ihn geschlagen hatte. Sie wußte, er hatte sich nicht vom Fleck gerührt, als sie sich ihrer Haustür näherte.

Sie hatte ihren Hausschlüssel bei sich. Sie stieß ihn ins Schloß und sah sich um. Er stand noch immer dort. Sie öffnete die Tür; ihre anderen Gäste standen in der Diele, im Begriff zu gehen. Ein Lächeln lag auf Janes Gesicht. Der Minister verbeugte sich, als er ihr die Hand reichte. Er war der Ansicht, daß dieses Lächeln ihm galt.

»Meine sehr verehrte gnädige Frau«, fing er an ...

Sie hatte die Tür offen gelassen. Sie hörte nicht die höflichen Redensarten des Ministers. Sie hörte nur die Schritte draußen auf dem Platz, die in der Ferne verhallten.


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