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7. Abschied von der Mutter

 

»Hast eine Mutter du –
O süßes Glück!«

 

Die Stunde der Trennung war also gekommen – der Trennung von meiner Mutter! –

Ach, meine Mutter!

Eine größere irdische Liebe als die Liebe zu meiner Mutter kannte ich nicht.

Und nun sollte ich von ihr scheiden – scheiden vielleicht für das ganze Leben!

Dieser Gedanke beschäftigte mich fortwährend und zerriß mir das Herz.

Wenn doch die Trennung nur nicht für immer ist! Wenn ich doch nur einmal meine Mutter wiedersehen kann! sagte ich mir wieder und wieder. Ich meinte, ich könnte nicht leben ohne sie.

Ach, diese Abschiedsstunde! Sie war so schmerzlich, tat so bitter weh.

Und doch, wie so natürlich, wie geräuschlos war sie vorbei! –

Es waren einige Tage vergangen, seitdem Kapitän Foß mich als Passagier auf seinem Schiff angenommen hatte. Bereits war dem Wunsche des Kapitäns gemäß mein Bett in die beste Kajüte gebracht und von meiner Mutter selbst zurechtgemacht worden.

Von unserer Seite aus war alles fertig zur Reise. Aber der Kapitän machte noch keine Anstalten zur Abfahrt.

Alle andern Schiffe waren bereits fort; nur der kleine »Valdemar« von Rönne lag noch mitten auf der See ruhig vor Anker.

Die Leute wunderten sich, daß Herr Foß es wagte, so lange zu warten. »Wenn das nur nicht mit Schreck endet!« sagten sie.

Man wußte, daß das furchtbare Heer der Eisberge im Anmarsch war. Ja, die weißen Unholde näherten sich bereits in dichten Scharen dem Lande. Weh dem Schiffe, das zwischen sie gerät, zumal wenn sie bei Sturm mit entsetzlichem Getöse aneinanderkrachen!

Der Segler ist dem Tode geweiht. –

Kapitän Foß hatte, wie bereits erwähnt, versprochen, Nachricht zu schicken, wann das Schiff die Anker lichten würde.

Von Manni und Bogga, die jetzt verreist waren, hatte ich einige Tage vorher kindlich rührenden Abschied genommen.

Ich war nun allein mit meiner Mutter zu Hause. Mit unbeschreiblicher Spannung wartete ich auf die Ankunft des Boten.

Endlich an einem Nachmittag kam er.

Es war der Schiffskoch, der kleine heitere Knabe aus Bornholm, von dem ich schon früher erzählt habe. – Er war nicht viel älter als ich.

Ich sehe ihn noch ganz deutlich, wie er vom Strande kommend auf unser Haus zuging. Ich saß im Wohnzimmer bei meiner Mutter und erblickte ihn durchs Fenster.

Er war mir ja nicht unbekannt; denn wiederholt war ich an Bord gewesen und hatte ihn da schwarz von Rauch bei der Arbeit gesehen.

Ich ging ihm entgegen, öffnete die Tür und hieß ihn eintreten.

Die Mütze in der Hand, grüßte er allerliebst und sagte, noch bei der Tür stehend, zu meiner Mutter:

»Kapitän Foß läßt Ihnen melden, Frau, Ihr Sohn möchte an Bord kommen, wo möglich jetzt gleich.«

Bei dieser Meldung fühlte ich, wie meine Brust sich zusammenschnürte. Mit erneuter Wucht warf sich der Trennungsschmerz auf meine Seele, und wieder sagte mir eine unheimliche Ahnung, es sei eine Trennung für das ganze Leben.

Doch ließ ich meine innere Bewegung nicht merken, sondern fragte den Knaben in ruhigem Tone:

»Wann fahren wir ab?«

»Noch heute nachmittag«, lautete die Antwort. »Sobald du an Bord kommst, lichten wir die Anker und segeln ab nach Dänemark.«

Ich schaute die Mutter an. Unsere Blicke begegneten sich, doch nur eine Sekunde. Gott allein weiß, was ich in diesem Augenblick litt.

Das Auge der Mutter hatte mir das Innerste ihres Herzens verraten. Aber auch sie beherrschte sich und redete den kleinen Boten freundlich an:

»Ich glaube, wir haben Gegenwind. Gedenkt der Kapitän nicht zu warten, bis der Wind günstig ist?«

»Nein, Frau«, antwortete der Knabe. »Er meint durch Kreuzen aus dem Fjord hinauszukommen. Deshalb will er lieber sofort abfahren.«

»Gut«, sagte die Mutter, »Nonni wird gleich bereit sein. Aber erst setze dich an den Tisch; ich will dir eine Tasse Kaffee bringen.«

Schnell holte ich einen Stuhl. Der Knabe setzte sich bescheiden auf die Kante und hielt die Mütze in der geschwärzten Hand.

Der arme Junge! Er sah so freundlich aus, aber so vernachlässigt und schwarz von Ruß und Rauch; sein abgetragenes, ursprünglich blaues leinenes Wams war noch schwärzer als Gesicht und Hände.

Obwohl ich in meiner augenblicklichen Lage ganz von meinen eigenen Angelegenheiten eingenommen war, so fühlte ich doch inniges Mitleid mit meinem künftigen Reisekameraden; denn ich hatte den Eindruck, daß er ein hartes Leben habe.

Er war ja noch so jung und allein und verlassen zwischen den Matrosen – und so weit fort von seiner Mutter.

Der letzte Gedanke ging mir am meisten zu Herzen. Ich trat nahe an ihn heran und fragte ihn leise:

»Wo wohnt deine Mutter?«

Verwundert über diese Frage, schaute er mich mit seinen unschuldigen Augen an und antwortete langsam und bedächtig:

»Meine Mutter wohnt in Rönne auf der Insel Bornholm.«

Zugleich traten zwei kristallhelle Perlen in seine Augen und tröpfelten von den rußigen Wangen herab.

Wie himmlisch rein waren diese Tränen! Sie kamen unmittelbar aus seinem Herzen, das ebenso schön und rein war wie sein Äußeres schmutzig und vernachlässigt.

Ich fühlte ein solches Mitleid mit dem Kleinen, daß ich seine Hand ergriff, sie herzlich drückte und sagte:

»Aber jetzt fährst du ja heim zu ihr.«

»Ja«, antwortete er zögernd. »Aber das ist eine weite und gefährliche Reise. Das habe ich erfahren. Beinah hätten wir auf der Fahrt hierher Schiffbruch gelitten. Auch fürchte ich immer, ich möchte nicht wieder zur Mutter zurückkommen.«

»Davor sei doch nicht bange«, tröstete ich ihn. »Du wirst sie schon wiedersehen. Ich dagegen werde die meine nicht wiedersehen!«

Als ich dies aussprach, wurde mir nun ganz weich ums Herz. Ich suchte meine Tränen vor dem fremden Knaben zu verbergen; aber es gelang mir nicht.

Er bemerkte meine Gemütsbewegung und sagte mit aufrichtiger Teilnahme:

»Wirst du denn nicht von deiner Reise zurückkommen?«

»Ich glaube nicht«, war meine Antwort, »ich reise so weit fort.«

»Fährst du denn nicht nach Kopenhagen?«

»Ja, aber nur vorläufig. Von da geht es weiter tief nach Süden durch ganz Frankreich zu einer Stadt, die Avignon heißt.«

»So weit? Dann verstehe ich, daß du traurig bist. Es ist wahrlich kein Spaß, seine Mutter zu verlassen, zumal wenn man noch so jung ist wie wir beide. Ich möchte wünschen, ich wäre nie von zu Hause fortgegangen.«

Bei diesen Worten sah er mich mit einem so schmerzvollen Ausdruck an, daß er mich wirklich dauerte.

Ich mußte daraus schließen, daß er auf dem kleinen Schiff viel durchgemacht hatte. Das war, wie mir schien, für mich ein schlimmes Vorzeichen. Da wagte ich nicht, ihn weiter auszufragen.

Die wehmütige Ahnung des Knaben, er werde seine Mutter nie wiedersehen, traf mich gewaltig; doch hatte ich die Überzeugung, sie sei unbegründet.

Während wir so zusammen sprachen, ging die Türe auf. Meine Mutter trat herein und brachte Kaffee und Kuchen für uns beide.

Wir setzten uns an den Tisch. Aber sonderbar: während ich sonst Mutters Kuchen, die es freilich nur selten gab, sehr gern aß, konnte ich jetzt kaum ein Stückchen hinunterbringen; jeder Bissen blieb mir im Halse stecken.

Ich tat, was ich konnte, damit wenigstens der kleine dänische Gast tüchtig zugreife. Die Mutter hatte uns ja so gute Sachen zum Abschied vorgesetzt.

Aber der Kleine war sehr bescheiden. Da er sah, daß ich so wenig aß, glaubte er meinem Beispiele folgen zu müssen. Wir waren deshalb schnell fertig.

Meine letzte Mahlzeit im Hause meiner Mutter! –

Der kleine Bornholmer stand auf und sagte zunächst der Mutter den gewöhnlichen dänischen Dank: »Tak for Mad«; dann gab er mir die Hand mit den Worten: »Auf Wiedersehen an Bord!«

Beim Abschied sagte die Mutter: »Gruß an Herrn Kapitän Foß; melde ihm, wir würden gleich kommen.«

Als der Knabe fort war, gab sie mir die liebevolle Ermahnung:

»Nonni, sei auf der ganzen Reise gut gegen den Knaben!«

»Das würde ich sein, Mutter, auch wenn du es mir nicht gesagt hättest. Ich habe ihn so liebgewonnen.« –

Darauf lief ich zum Nachbarshause, um meinen Kameraden Stebbi zu holen. Es war nämlich vorher abgemacht, daß er uns zum Schiff hinausrudern sollte.

Stebbi kam sofort, und wir beide brachten meinen Koffer zum Strande.

Unterdessen machte die Mutter sich fertig, und einige Augenblicke später saß ich neben ihr in dem kleinen Boote.

Stebbi stieß vom Lande ab und ruderte hinaus zum »Valdemar« von Rönne.

Er war ein geweckter und liebenswürdiger Knabe. Den Ernst des Augenblicks erkennend, sprach er kein Wort, um uns nicht zu stören.

Die Mutter hielt meine Hand in der ihrigen und sprach wenig. Mir war das Weinen nahe.

Als wir eine ziemliche Strecke vom Lande entfernt waren, zog meine Mutter ein kleines, zusammengefaltetes Papier hervor und reichte es mir mit den Worten:

»Hier hast du, lieber Nonni, eine Erinnerung an mich. Ich hoffe, daß es dir noch lange ein teures Andenken an deine Mutter sein wird.«

Ich öffnete das Papier und überflog es flüchtig. Es enthielt einige wenige Ratschläge, von der Hand meiner Mutter geschrieben.

Dann faltete ich es wieder zusammen und steckte es in meine Brusttasche.

Jetzt konnte ich meine Tränen nicht länger zurückhalten. Ich schlang meine Arme um den Hals der Mutter und sagte mit zitternder Stimme:

»Mutter, ich verspreche dir nochmals, daß ich diese Ermahnungen beobachten werde. – Liebe, liebe Mutter, ja, ich werde sie beobachten, liebe, gute Mutter!«

Mehr vermochte ich nicht zu sagen.

Die Mutter weinte nicht. Überhaupt erinnere ich mich nicht, sie je weinen gesehen zu haben. Doch gab sie ihre innige Liebe zu erkennen, indem sie mich fest an ihr Herz drückte.

Von den Ermahnungen, die sie mit ihrer eigenen Hand geschrieben und mir auf meinen Lebensweg mitgab, will ich einige anführen; ich habe das Blatt sorgfältig aufbewahrt.

»Sei nicht rachsüchtig. Bedenke, was der Herr sagt: ›Mein ist die Rache.‹

»Unterlaß nie dein Morgen- und Abendgebet. Halte jeden Abend eine kurze Gewissenserforschung über den verflossenen Tag, damit du klar erkennst, auf welchem Wege du wandelst.

»Halte dich immer an Gott; er ist der Beschützer der Witwen und Waisen.«

Sowohl für diese wie für die früheren Ratschläge kann ich meiner Mutter nie genug danken. Sie haben mich unzähligemal vor übereilten Schritten bewahrt.

Besonders habe ich in der täglichen Gewissenserforschung, die ich treu einhielt, ein wirksames Mittel gefunden, meine ungeordneten Neigungen zu bekämpfen. –

Wir waren indessen bis nahe an das Schiff gekommen. Stebbi ruderte bis hart an die pechige Wand, und bald standen wir auf dem Deck.

Der kleine Koch kam gleich zu uns herangelaufen, machte eine Verbeugung vor der Mutter und gab mir freundschaftlich die Hand, die er soeben mit dem Küchentuch abgetrocknet hatte.

Dann half er Stebbi meinen Koffer aus dem Boote holen.

Mittlerweile kam auch der Kapitän, grüßte freundlich und bat uns, in die Kajüte hinabzusteigen.

Wir folgten ihm in den »Salon« des Schiffes, wo ich während der Reise mit dem Kapitän und dem Steuermann zusammen wohnen sollte.

Die Kojen dieser zwei Herren lagen längs der Schiffswand je auf einer Seite; quer zwischen ihnen war mein Bett auf einer breiten, festen Bank eingerichtet. Es füllte den Raum zwischen den beiden Kojen ganz aus.

Mit dem Fuße konnte ich da klopfen, wo der Kopf des Kapitäns war, und mit den Händen konnte ich an die Füße des Steuermanns reichen.

Diese Anordnung gefiel mir sehr gut. Im Notfall konnte ich bei dem einen oder bei dem anderen Hilfe suchen.

Nachdem die Mutter nochmals die Kajüte und meine Lagerstätte besichtigt hatte, bat sie den Kapitän, zu erlauben, daß sie zum letzten Abschied noch einige Augenblicke mit mir allein sei.

»Selbstverständlich«, lautete die liebenswürdige Antwort. »Nehmen Sie sich nur gut Zeit; Sie brauchen sich nicht zu beeilen.«

Der Kapitän verließ uns und ging hinauf.

Der Abschied der Mutter war kurz. Sie umarmte und küßte mich. Dann sprach sie:

»Jetzt müssen wir scheiden, mein lieber Nonni. Es ist möglich, daß wir uns in diesem Leben nicht wiedersehen; aber ich hoffe, Gott wird uns einst im Himmel wieder vereinen.«

Wie es mir in diesem Augenblick ums Herz war, kann ich nicht mit Worten ausdrücken. Ich hatte meine Mutter so lieb. Ich konnte ihr nur durch Tränen antworten, die ununterbrochen von meinen Wangen flossen.

»Laß uns nun ein Ende machen«, sagte sie. »Lebe wohl, Kind! Ich übergebe dich dem Schutze Gottes. Er ist der Beschützer der Waisen; möge er dir Vater und Mutter sein.«

Das waren ihre letzten Worte. Wir stiegen aufs Verdeck.

Eilig nahm sie Abschied vom Kapitän und den umstehenden Matrosen und stieg ins Boot, das schnell davonfuhr.

Ich lehnte mich an den Schiffsrand und schaute dem Boote nach.

Die Mutter wandte sich einigemal um und nickte liebevoll herüber. Ich erwiderte ihren Gruß.

Das Boot entfernte sich unter den Ruderschlägen Stebbis mehr und mehr, bis es zuletzt am Strande in der Nähe unseres Hauses verschwand.

So schieden meine Mutter und ich voneinander und sahen uns nie wieder.

Ich ging auf dem Deck umher.

Der kleine Koch nickte mehrmals mit kindlicher Teilnahme mir zu. Aber ich war auch für die nächste Umgebung fast wie geistesabwesend.

Meine Gedanken weilten da, wohin mein Herz sich sehnte, bei meiner lieben Mutter. Deshalb schaute ich fortwährend in die Richtung, wo ich das Boot am Strande hatte verschwinden sehen. –

Es verging wohl eine Stunde, bis die Matrosen den Anker gelichtet hatten.

Während sie noch damit beschäftigt waren, sah ich plötzlich das kleine Boot wieder auf dem Wasser.

Stebbi kam zurück, aber allein.

Beim Schiffe angelangt, band er das Boot an ein Tau, das an der Seite herabhing, und stieg aufs Deck.

Wir gaben uns die Hand. Stebbi entledigte sich gleich seines Auftrages, indem er mir ganz leise sagte:

»Deine Mutter sendet mich nochmals zu dir. Sie meinte, wenn du ihr noch etwas mitzuteilen hättest, so möchtest du es durch mich tun.«

Soviel ich auch auf Stebbi hielt, in diesem Augenblick war es mir unmöglich, ihm meine innersten Gedanken und Gefühle zu offenbaren. Deshalb sprach ich zu ihm:

»Nein, Stebbi, ich habe ihr nichts mehr zu sagen. Aber grüße die Mutter, grüße sie tausendmal.«

»Das will ich tun, lieber Nonni. Gott segne dich.«

Anker und Segel waren jetzt in Ordnung, und das Schiff setzte sich schon in Bewegung.

Zum Abschied küßten wir uns, wie es in Island Sitte ist.

Stebbi stieg ins Boot, stieß ab und ruderte fort.

Unser Schiff legte sich auf die Seite und wandte die Spitze vom Lande ab. –

Ich hatte also den Weg zu meiner neuen Heimat angetreten, zum sonnigen Lande des Südens.

Mit erneuter Stärke überfiel mich wieder das frühere Gefühl: ich kam mir vor wie ein Baum, der mit der Wurzel ausgerissen und in ein neues Erdreich gepflanzt wird.

Mein liebes Vaterland, mein teures Island, meine Landsleute, das glückliche Leben, das ich bis jetzt im Schoße der Familie und zwischen munteren Kameraden geführt, alles das war jetzt für mich nur noch eine liebe Erinnerung.

Von nun an sollte ich fremd unter fremden Menschen leben. –

Wie blind und taub ging ich auf dem Schiff umher, ohne zu sehen, was ich sah, ohne zu hören, was ich hörte.

Die Leute sagten mir ab und zu ein freundliches Wort, einen kleinen Spaß.

»So, du kleiner Isländer, jetzt segeln wir hinaus. – Wir fahren nach Dänemark. – Werde nur nicht seekrank! – Jetzt sollst du ein echter Seemann werden. Gleich gibt's eine Schaukelkur, eine ordentliche. Hast du die gern?«

Sie meinten es herzlich gut mit mir, diese freundlichen Dänen, die ersten Fremden, in deren Gesellschaft ich mein neues Leben begann. Aber es war mir nicht möglich, auf ihre Späße einzugehen.

Meine Seelenstimmung war eine ganz andere als die ihrige; mir war alles, was mich umgab, so fremd.

Ich antwortete, ohne recht zu wissen, was ich sagte, oder verzog nur die Miene zu einem gezwungenen Lächeln.

Es deuchte mir, ich hörte in meinem Innern Rufe, die lauter tönten als die Rufe der Matrosen.

Von meines Herzens Grund erscholl die Stimme:

»Lebe wohl, Island! Lebet wohl, Brüder, Schwestern! Lebe wohl, ja zum letztenmal: lebe wohl, gute Mutter, meine innigstgeliebte Mutter!« –

Schließlich wurde ich von dem Schmerz des Abschiedes so überwältigt, daß ich mich nicht mehr beherrschen konnte.

Ich eilte in die Kajüte hinab, warf mich schluchzend auf mein Bett, das ja von der Hand der Mutter bereitet war, und verbarg mein Gesicht tief in das Kopfkissen.

Die seligen Tage meiner Kindheit waren vorbei – mein »hoffnungstrahlendes« Leben hatte begonnen!


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