Rudolph Stratz
Die ewige Burg
Rudolph Stratz

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XIX.

Unten stand der schwarze Jäger und drehte ungeduldig seinen Schnurrbart.

»Dees hat emol e Ewigkeit gedauert!« sagte er. »Was hoscht denn um Gottes wille mit'em Doktor gehabt!«

»Vergesse hat er mich!« Elise spannte ihren Schirm auf. »Einfach dasitze lasse! E halbe Stund' und mehr. Gott weiß, was der Mann im Kopf hat!«

»Ich weiß es!« Der Waldläufer sah sie mißtrauisch von der Seite an, »und du auch. Uns beiden macht die Herrschaft nix mehr vor! Du warst dabei, wie sie mit 'em Kind uff'm Arm weggeloffe is, und ich hab's ihr wieder mit ihm abgenomme und retour getrage. Wir wisse jetzt, wie der Has läuft. Für uns heißt's jetzt norr das Maul halte!«

»Ja – meinst, ich werd's ausschelle lasse!« Das Kinderfräulein schürzte ihr Kleid und ging neben ihm her. »Man muß doch froh sein, wenn man auf die Art sein' sicheren Lohn und Brot hat!«

»Eben! Drum sollst du net so lang beim Doktor schtecke. Der Doktor is jetzt unser Feind. Man kann net zwei Herre diene! Unser Herr is der Graf oowe. Das vergeß du ja net!«

Sie erwiderte nichts und beugte den hübschen Kopf nach vorn, um, so gut es ging, die Wasserlachen und Schmutztümpel der Dorfstraße zu vermeiden. Auf der Gasse begann es sich jetzt, wo die Gendarmen in der Richtung nach dem Bahnhof verschwunden waren, wieder zu regen. Die schrillen Pfiffe der halbwüchsigen Burschen tönten da und dort, dazwischen das selbstgefällige Lallen eines Betrunkenen und ferne Tanzmusik, und wiederum flogen plötzlich ein paar Steine gegen das Bürgermeisterhaus und klapperten gleich darauf die Schuhsohlen der nach vollbrachter Tat flüchtenden Helden um die Ecke.

Es war auch nicht geraten, lange zu verweilen. Die Bauern vom Kriegerverein hielten scharfe Wache. Eben kamen sie wieder singend in einem geschlossenen Trupp das Dorf heraufmarschiert, an ihrer Spitze der Vorsitzende Kaltschmidt, der seinen Sieg inzwischen schon reichlich im Wirtshaus gefeiert und seinen Hut kampflustig weit aus dem geröteten Gesicht in den Nacken zurückgeschoben hatte.

»Und . . . von . . . dem . . . vergossenen . . . Pulverdampfe . . .« sang er, seinen Stock schwingend, und brach plötzlich ab. »Hier wird net mit Schteine nach 'em Bürgermeischter geschmisse, ihr Fawrikler! Dazu is der Bürgermeischter net do! Merkt's euch, ihr Fawrikler! Du do hinne . . . du hoscht aach geschmisse! Du bischt aach einer!«

»O mei'! Losse Sie mich in Ruh'!« sagte der schwarze Jäger finster und faßte seine Braut am Arm, um rascher vorbeizukommen. Er fühlte sich allein dem betrunkenen Haufen gegenüber nicht ganz behaglich. »Dees könnte Sie doch sehe, wer ich bin!«

»Jesses – der Wegmann!« Das Gesicht des jungen Hofbauern färbte sich dunkelrot. Er hatte jetzt erst gehört, daß die Gendarmerie auf seinem Grund und Boden eine Haussuchung nach einem Deserteur gehalten hatte, und empfand das als Vorstand des Kriegervereins als eine böse, von ihm persönlich erlittene Schmach. Mit den Männern des Gesetzes konnte allerdings er, der staatstreu gesinnte Mann, nicht rechten. Die taten ja nur ihre Pflicht, wenn sie auf eine Anzeige hin den verdächtigen Wilderer Bazaine sich einmal näher ansehen wollten. Aber von wo kam die Anzeige? Aus der Ecke, aus der aller Ärger in der Welt den Grenzhof traf, aus dem gräflichen Schloß! Die allgemein ruchbar gewordene Schande, daß er, der Mannheimer Dragoner, dem der Großherzog selbst die Hand gedrückt, einen entflohenen Militärgefangenen als Knecht bei sich im Hause, wenn auch wider Wissen, aufgenommen, diese Schande, die ihn jetzt als Zeugen vor Gericht und wohl gar um seine Stellung an der Spitze des Kriegervereins brachte, die hatten doch wieder aus reiner Rachsucht der Graf und sein Diener dem Herrn Oberamtmann aufgedeckt. Oder vielmehr der Diener allein. Sein Herr war ja eine Null.

So begann beim Anblick des Feindes die Wut in dem ohnehin vom Wein erhitzten Bauern zu kochen. »Der Wegmann!« wiederholte er höhnisch. »Guckt norr, ihr Männer! Der Wegmann!«

Der Büchsenspanner musterte ihn mit stechenden Augen von der Seite. »Wann hab' ich mit Ihne zusammen das Vieh gehüt', Herr Kaltschmidt, daß Sie ›Wegmann‹ zu mir sage! Ich sag' ›Herr‹ zu Ihne! Tun Sie's aach, wann Sie schon schwätze müsse!«

Der andere lachte auf. »Jo, Herr! Du bischt mir e schöner Herr! Weischt, Alterle: Ich bin e Herr! Ich erb' Haus un Hof, un Acker un Vieh un Gescherr! Un hab' mei Knechte, für die bin ich Herr! Awwer du – du bischt ja selwer e Knecht! Du läufst jo hinner deinem Grafe her. So viel wie dein Simpel vun Grafe bin ich als noch!«

»So komm doch!« Die hübsche Elise war sehr blaß geworden und drängte ihren Bräutigam weiter. »Fang doch nicht mit den betrunkenen Leuten an!«

Der Jäger stand unschlüssig. Daß man ihn gerade vor seiner Braut höhnte, trieb ihm das heiße Blut zu Kopf. »So e Mischtbauer vergleicht sich mit meinem Grafe!« sprach er endlich laut und verächtlich und ging weiter. »Da soll eines net lache!«

Die Bauern hinter ihm lachten wirklich alle laut auf und am lautesten der Kaltschmidt.

»Jo, dein Graf!« schrie er, »un dees sagt er auch noch ganz frei und offen un tut sich gar noch dick damit!«

Der Jäger drehte, schon in einiger Entfernung, den Kopf.

»Jo, meinst denn, ich sollt' mich schäme!«

»Ich tät' mich freilich schäme!«

». . . daß ich in sei'm Dienst bin? 's kann net a jeder e dummer Protz von Hofbauern sein!«

»Ich schaff' mei' Arbeit so gut wie du! Dees is es net. Dees weißt du selwer! Du weißt schon, was ich mein'! Dees weiß das ganze Dorf . . .«

»Pscht!« klang es aus den Gruppen der Bauern. »Halt's Maul, Kaltschmidt, du Rindvieh!« flüsterte eine unterdrückte rauhe Stimme, und es war, als lege sich ihm eine Hand über den Mund. Dann wurde es still.

»Jetzt komm doch . . . Jesus, Maria und Joseph!« Elise begann vor Angst zu weinen. »Willst du mich hier vor den vollen Bauern stehen lasse?«

»Ja – ich geh' schon!« Er machte ein paar Schritte, ganz verdutzt, weniger von der Andeutung des Hofbauern als von der beklommenen Ruhe, die seitdem drüben herrschte. »Du – was meint denn der?« fragte er endlich.

Sie zerrte ihn atemlos mit sich. »Glaubst denn, ich horch' auch noch zu?« stieß sie hervor. »Wann ihr dasteht und euch schimpft, daß man glauben möcht', 's gibt gleich Mord und Totschlag! Mich soll die Gräfin noch 'mal Sonntags 'runner schicke!«

»Ach – wer tut denn dir was?« sagte der Jäger ärgerlich, »von dir hat doch keiner geredd'!«

Er blickte sie an und sah mit Schrecken, daß sie vollkommen weiß im Gesicht war. Ihre Zähne schlugen aufeinander. Sie atmete hastig und regellos. Das konnte nicht die Angst wegen des Zusammenstoßes sein. An derlei war man hier gewöhnt. Das mußte einen anderen Grund haben!

In seinen Augen leuchtete es auf. Er drehte sich um. »Horch emol, Kaltschmidt!« schrie er in die Weite hinein, »für was soll ich mich denn schäme, was das ganze Dorf weiß?«

»Wer lang fragt, kriegt kei' Antwort!« klang es zurück.

»Ich will's aber wisse!«

»Ha – dann frag' die, die's angeht, und net mich!«

Die Stimmen verloren sich in der Ferne. Die Bauern schienen in das Wirtshaus zurückzukehren. Man hörte ihr unbestimmtes Murmeln. Dann wurde es ganz still.

Der Jäger stand eine Weile in Gedanken da.

»Jetzt – was meint er dann norr?« murmelte er. »Geht jetzt dees gar auf dich und den Herrn Grafe?«

»O – was du dir denkst . . . Wann du auf alles hörst, was so e betrunkener Bauer vor sich hinbawwelt! Der schwätzt noch viel, wann der Abend lang is!«

»Ich hab' genug gehört!« sagte der Bursche finster. »Warum bischt dann so geel im Gesicht, Elis'?«

Sie zupfte ihn zitternd am Ärmel. »So komm doch!« Und da er sie immer weiter unverwandt anstarrte, brach sie plötzlich in Tränen aus. »Ängst' hab' ich!« schluchzte sie, ihr Gesicht unter dem Taschentuch bergend. »Da soll eins nicht Ängst' kriege, wenn man mitten in eure Händel 'neingerät! Was gehen die mich an?«

»Ja – was gehe die dich an?« wiederholte Wegmann und setzte sich langsam wieder in Marsch. Eine Weile schritten sie schweigend nebeneinander her. »Jetzt schlag's dir aus dem Kopf!« sagte sie endlich mit lauterer Stimme als bisher. »Man muß sich ja schäme . . . daß du auf so was nur hinhorchst . . .«

Er lachte auf. »Ich glaub's doch net! Denn sunscht . . . weißt . . . mit mir is net zu spaße. Dees wisse die da unne wohl! Und der da oowe aach!«

»O mei'! Jetzt sei aber emol still!« Sie wurde heftig. »Der da obe – der Graf, der hat . . .«

»Der hot mir hunnert Mark uff'n Monat versproche . . .« ergänzte der Büchsenspanner nachdenklich. »Un frei' Wohnung! Dees is mehr, als irgend e herrschaftlicher Jäger hier 'rum bekomme tut. Jetzt warum?«

»Ha – weil er dich gern hat!«

»Mich?« Der Waldläufer riß einen Grashalm vom Weg und kaute daran. »Na ja! Sell wird's wohl sein!«

»Gott sei gelobt, wann du wieder bei Verstand bist!« Die hübsche Bonne trocknete sich die Tränen.

»Mit euch Männern hat man sei' Kreuz! Als Zank und Ärger!«

Sie näherten sich dem Schloß. Der Jäger pfiff, um einen Angriff der Doggen zu verhindern. Dann traten sie in die Halle. »Jetzt mach, daß du 'naufkommst!« sagte er in gleichgültigem Ton. »Die Frau Gräfin wird schon auf dich warte.«

»Und du – was hast denn du da vor?

»Nix Besonderes!« Er nahm seine Büchse, die noch geladen dahing, von der Wand. »Ich hab' bloß noch was zu tun. Unne im Dorf . . .«

Damit ging er mit langen Schritten wieder in das Tal hinab.

Im Wirtshaus »Zum Baum im Odenwald« saß der Kriegerverein vor vollen Gläsern. Aber es herrschte eine gedrückte Stimmung. Namentlich das Haupt der Runde, der junge Hofbauer, war schweigsam und wieder ziemlich nüchtern geworden. Verdrießlich an seinem Schnurrbart drehend, die Zigarre im Mund, schaute er auf die feuchte Tischplatte und ließ die Vorwürfe eines Freundes über sich ergehen, der in der Uniform der Mannheimer Dragoner neben ihm saß.

»Dees war, weiß Gott, überflüssig, Kaltschmidt!« warnte der Urlauber. »So was sagt m'r doch net! Was geht denn dees dich an! Jetzt hot er sein Floh im Ohr! Jetzt paß uff, Alterle, was draus werd!«

»Nix werd draus!« erwiderte der Hofbauer störrisch. »So was kreischt man emol im Zorn hin, un bis morge is es vergesse!«

Aber da schüttelten die anderen nachdenklich die Köpfe.

»Dees werd net vergesse!« Der Dragoner trank bekümmert sein Bier aus und entfernte sorglich mit dem Taschentuch einen Schaumspritzer von seinem gelben Ärmelaufschlag. »Denk' norr, du hätt'st e Braut und no käm' eens daher und tät' sie schlecht mache mit 'm annere! Herrgottdunnerschlagja! Und no gar der Wegmann! E hitziger, hinterlischtiger Mann! E Italiener! So gut wie e Italiener mit seine schwarze Aage und Haare. Guck doch norr mol die Italiener an, wo uff der Bahn arbeite. Die vergesse nix! Sell sin rachsüchtige Leut'! Wann man dene was getan hot – dees hebe sie sich uff und warte, bis die Zeit do is und dann . . . o mei'! – Und der Wegmann is gerad' so!«

»Ihr mit eurem Wegmann!« Der Bauer hieb zornig die Faust auf den Tisch. »Als der Wegmann! Als ob der Gott weiß was wär'! Angst habt ihr vor 'em! 's ganze Dorf! Weil's heißt, er putzt sei' Feind als emol ganz heimlich aus dem Hinterhalt mit 'ner Kugel weg! Gesehn hot's freilich noch keiner!«

»Nein. Bewiese hot's ihm keiner!« sagte der Dragoner. »Dazu hot der Mann zu viel Schick! Aber denk' an den Wilderer aus'em Hessische, den sie vor drei Jahre owwe im Wald gefunne hawwe. Do hot er gelege mit der Kugel im Leib und als noch spreche wolle und net mehr könne. Aber wann er noch hätt' spreche könne, ich weiß, was der für e Name gesagt hätt'!«

»Und der Ölmüller!« rief eine andere Stimme, »dem abends e Kugel durchs Fenster in die Lamp' gefloge is, wie er gerad' den Kopf gedreht hot. Sonst war's aus mit 'em! Der Wegmann fehlt sonst net gern! Dei' Hof liegt aach hart am Wald! Kaltschmidt – mach nächste Zeit die Läde fescht zu. Ich rat' dir gut!«

»Ha – wenn ich doch norr sag', was wahr is!« Der junge Bauer schaute unruhig seine Freunde an, »Was das ganze Dorf weiß. Ihr alle. A jedes bis uff'n Wegmann selwer! Dem sagt's freilich keiner, weil m'r schon weiß, wie los dem e Kugel in der Büchs' sitzt. Jetzt hot's der Mann davon! Jetzt laaft der Mann 'rum wie blind und wird hinner'm Rücken ausgelacht und merkt nix, und wann er mit 'em Kopf dawedder rennt!«

»Was soll ich denn merke?« fragte hinter ihm eine tiefe Stimme. Da stand der schwarze Jäger, der sich während des allgemeinen Lärms unbemerkt mit seinen katzenartig lautlosen Bewegungen herangeschlichen hatte. Er hielt das gespannte Gewehr schußfertig in der Hand.

»Rühr' dich net!« sagte er zu dem bleich werdenden Hofbauern. »Bleib sitze, wo du bischt! Un ihr annern Männer aach! Sonst gibt's e Mord! Da zeig' ich's dem Kaltschmidt, wie m'r die Leut' übern Haufe schießt. Also norr ruhig, ihr Männer!«

Der Gewehrlauf blinkte drohend in dem Dämmerlicht und darüber funkelten die kohlfarbenen Augen aus dem gelblichen Gesicht des Waldläufers. Es ward unheimlich still in dem Herrenstüble. Man hörte nichts mehr als das Ticken der Schwarzwälder Uhr an der Wand.

»Also was is denn?« sprach der Hofbauer endlich mühsam. Große Schweißtropfen traten auf seine Stirne. »Warum fuchtelst du mir mit dei'm Schießprügel so vor de Nas' 'rum? Was willst denn?«

Der Jäger war ganz ruhig. »Du sollst mir sage, was ich net weiß und ihr und die annere Leut' alle wisse, so daß ich 'rumlauf' und zum Gelächter bin! Dees sollst du mir sage! Jetzt uff der Stell'! Und ohne viel Geredd! Auf gut Deutsch. Sonst mach' ich dich kalt!«

Der Kaltschmidt schaute verstört um sich. Nichts regte sich in der Runde.

»Ich mach' dich kalt – verstehst! Do hab' ich den Finger am Hahn! Also 'raus mit der Sprach'!«

Der andere schwankte immer noch. Da ging Wegmann in Anschlag. »Jetzt frag' ich zum letztemol – also was is es? Eins – Zwei . . .«

»Die Elis' hot's doch mit dem Grafe!« sagte der Bauer laut und entschlossen. »Sell weiß jedes Kind im Dorf. Bloß Sie net, Herr Wegmann!«

Der Büchsenspanner zeigte einen Augenblick die weißen Zähne unter dem Schnurrbart. Man erkannte nicht recht, war es Lachen oder eine Drohung.

»Also richtig dees!« sprach er langsam. »Und woher weiß denn dees jedes Kind?«

»Ha – dees spricht sich doch 'rum!«

»Ja – wann's emol angefange hot? Wer hot's angefange? Wo hot's angefange?«

»Wo werd's angefange hawwe? Oowe uff'm Schloß! Bei euch! Die Gärtner und Kutscher und was es do hot – die sind Ihne net grün, Herr Wegmann, die sind Ihne neidisch, weil Sie so viel Lohn bekomme, und hawwe Angst vor Ihne!«

»Und die hawwe's euch gesagt?«

»Oft. Sonntags im Wertshaus. Seit Woche!«

»Und was hawwe sie gesagt? M'r schwätzt doch net so ins Blaue druff los!«

Aber jetzt wurde der junge Bauer störrisch. »Ich hab' genug geredd'! Ich laß mich net so aushorche. Sie sind ka Schandarm!«

Der schwarze Jäger hob wieder mit funkelnden Augen die Büchse. »Wer net redd, kriegt e Kugel. Was hawwe sie gesagt? Hot eener den Grafe und die Elis' gesehe und gehört, was sie zusamme geredd hawwe?«

»Der Lorey. Sie wisse, der große, starke Mann, wo im Park uff Taglohn geschafft hot. Jetzt is er nüwwer in die Pfalz. Do is er Straßewart geworre!«

»No – und der?«

»Der hot sich des Aawends an dem dicke Turm zu schaffe gemacht, an dem ›Trutzkaiser‹! Ich mein' – er hat was geschtohle und dort verschteckelt – weil doch keines gern do hingeht wegen dem Russ', der do liegt – also kurz und gut – do hot er des Aawends gehockt und hot zwa Leut' kumme sehe und is in die Büsch' gekroche, daß ihn die Brombeere verschtoche hawwe, und hot gemerkt, daß dees der Graf und die Elis' waren, und hot gehört, was der Graf geschproche hot . . .«

»Und was hot der Graf geschproche?«

»Er hot der Elis' gesagt, sie sollt' Ihne heirate! Recht bald! Und er wollt' schon dafür sorge, daß sie ihr gutes Auskommen bekäm' und alles in die Reih' käm'! Und die Elis' hot geheult und am End' gesagt: Ja – dees müßt' sie tun! Sie säh's selwer ein. 's blieb ihr nix mehr übrig! – So, jetzt, wisse Sie's! Sie hawwe's ja höre wolle, Herr Wegmann!«

»Un dees is wahr?«

»Uff Ehr' und Seligkeit: dees hot uns der Lorey selber erzählt – wie er sich aus Zorn betrunke hot, weil er wege Ihne aus 'em Dienst entlasse worre is, und wir ihn geuzt hawwe, daß er jetzt Straßewart bei den Pälzer Krischern werre müßt! Und wenn Sie dem net glaube, so frage Sie doch die Elis' selwer!«

»Sell will ich!« sprach der schwarze Jäger und ging ohne Gruß in die Nacht hinaus.

Als er, in langen Sätzen bergaufwärts geeilt, wieder den Park betrat, sah er zwischen den Bäumen eine dunkle Gestalt. Es war Elise, die da in Todesangst harrte, was er wohl mit der Flinte im Dorfe angefangen habe.

Er trat auf sie zu, ergriff sie bei der Hand und führte sie in den hellen Lichtschein der Laterne am Schloßportal. »Jetzt schau' mir ins Gesicht!« sagte er, ihr Handgelenk festhaltend. »So! Ganz gerad' ins Gesicht und gib mir Antwort: was hoscht damals am Russ' mit dem Grafen geredd' wege mir und unserer Heirat?«

Sie begann am ganzen Leib zu schlottern. »Was meinst? Am Russ'?«

»Do hat euch einer zugehört und mir's jetzt ebe' erzählt!«

Im nächsten Augenblick mußte er sie mit beiden Armen halten. Sie brach vor Schrecken geradezu in sich zusammen. »Tu' mir nix!« stammelte sie. »Jesus, Maria und Joseph – tu mir nix zuleid. Tu dein Gewehr weg!«

Er riß sie wild auflachend in die Höhe. »Steh uff! Weiber schieß ich net tot! Steh uff! sag' ich. Jetzt is net Zeit zum Plärre! Jetzt gehst do bei und erzählst mir alles, wie's gewese is. Was dann kummt, weiß ich! . . .«



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