Karl Söhle
Schummerstunde
Karl Söhle

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Der erste Kauf ist der beste.

»Weg mit der Liese, auf den Ülzener Marcht!« trompetet Gutspächter Drenkmann seinem tauben Knecht Heinrich ins Ohr.

»Herr, wer will de Kracke köpen. 'n Hahnentritt hat se, Spatt hat se, Freten-Fewer (Freßfieber) hat se, och un einspännig gahn will se nich; och un obsternatsch is de Satan, hei bitt und slaht, och un dat Allerleegste – na, Sei weit, wat ick mein: – de Sprütt – –?«

»I, kommt woll sacht 'n Dummkopp, der anbeißt, die Dummen werden ja nich alle! Das Diert is von Ansehen ja nich so übel. Man schieren Haber fuddern, Heinrich, hörste, und 'n büschen Kalk mit einmengen, die Zähne zurechtfeilen – na überhaupt den ganzen ollen Kadaver ornlich aufwichsen, hinten und vorn, hörste!« Und damit dreht mein Drenkmann sich um, proppt die Hände in die Hosentaschen, flötjet sich was und trampelt zu Felde. Heinrich aber blickt ihm gottergeben nach. Er muß sich fügen, und nach einigen Wochen steht er mit der Liese in Ülzen auf dem Markt, und der Drenkmann neben ihm, in Krempstiefeln, ein richtiger Roßkamm.

Nicht lange und der Drenkmann hat sich einen Käufer herangeholt. So 'n unschuldig Gottesblut von 167 Haussohn aus dem hintersten Heidewinkel, und der fühlt sich und tut gewaltig dicke, er handelt hin und her mit dem Drenkmann, 's ist eine Freude. Sein Gefährte aber, um etliche Hirsekörner gescheiter, der wittert Unheil, der faßt zu endlich und zieht den Freund mit aller Macht am Rockschoß: »Jehann, lat dick nich besnacken, kumm, widd weg!« Der Drenkmann aber packt schleunig auch zu, nach dem Rockkragen, und hin- und hergezerrt wird der arme Junge, denn beide halten fest, keiner will loslassen. Und mein Drenkmann: Rein verschenken tät er den Gaul, englisch Blut hätt' er in den Adern fließen und zu jeder Arbeit wär' er zu brauchen, na und überhaupt Handel hin und Handel her, die Hauptsache bliebe, was der alte Spruch sagt und alte Bauernsprüche lögen nicht: der erste Kauf wär' der beste, das sollt' er bedenken.

»Da, hast se weg, is verkofft,« schmettert endlich der Drenkmann, und »klatsch!« wird »ingeklappt« (Handschlag). Abgemacht. Der erste Kauf ist der beste!

»So, nu mal 'rann, Jungs, Jehann, Willem, furns (sofort) beide mit, Wienkop jetzt!« (Weinkauf – alte Sitte, daß der Verkäufer eine Flasche Wein zum besten gibt, was übrigens beim Handel gleich vorsichtigermaßen geregelt zu werden pflegt.) Und ins nächste Gasthaus geht's. Auf den Tisch haut hier der Drenkmann: 168 »Holla, Wirtschaft, her mit 'n Buddel! Rotspohn! Wat Feines, 'n ornlichen Droppen spendiert der Drenkmann!«

Prosit! Großartig! Und noch mal tüchtig gefrühstückt wird dazu, Schinken und Preßwurst und Köhm, jawohl, jawohl, der erste Kauf ist der beste!

»Na nu Adjüs ok, Glück mit dat Pärd!«

»Glück mit dat Geld!«

»Ja so« – mein Drenkmann wird plötzlich nachdenklich: »verflixt, das hätt' ich ja beinah vergessen.« Und zu Heinrichen sich wendend, geheimnisvoll: »Heinrich, giww öm de Sprütt.«

Heinrich tut, wie ihm geheißen, er langt sie heraus, die große blecherne Spritze, aus der Rocktasche, er betrachtet sie, seufzt, zögert – endlich hält er sie dem Käufer hin.

»Nanu? Wat sall dat? Mine Stute will ick –«

»Düsse Sprütt hürt dabi,« erklärt ihm der ehrliche Heinrich, achselzuckend – sein windiger Herr aber macht sich davon –: »dine Stute, hm, se hat alle acht Dage de Kulik!« 169

 


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