Heinrich Smidt
Seeschlachten und Abenteuer berühmter Seehelden
Heinrich Smidt

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Tordenskiold.

Peter Wessel ward am 28. Oktober 1691 zu Drontheim in Norwegen geboren. Sein Vater, ein achtbarer Bürger daselbst, der das Amt eines Ratmannes bekleidete, wollte ihn studieren lassen. Er bezeigte aber durchaus keine Neigung dafür und wurde nun dazu bestimmt, das Barbiergeschäft, nach anderen das Schneiderhandwerk zu erlernen. Aber wie hätte diese wilde, stürmische Natur, die in den indischen Meeren einen würdigen Tummelplatz finden sollte, in der engen Werkstatt aushalten können? Schon als Knabe war er kaum zu bändigen. Unerschrocken fiel er solche Jungen an, die ihm weit überlegen waren, und raufte sich mit ihnen. Einer derselben faßte ihn bei seinen langen Haaren und zerrte ihn daran zu Boden. Schnell eilte Peter nach Hause, schor sich den Kopf kahl, salbte denselben mit Oel, begann den Kampf von neuem und blieb Sieger.

Als der König von Dänemark nach Norwegen kam, ward Peter Wessel mit einigen Leuten aus der untern Dienerschaft bekannt. Auf deren Rat lief er aus der Lehre und ward nach Kopenhagen mitgenommen. Von dort aus machte er ein paar Reisen nach Ostindien und erhielt von seinem Kapitän das Zeugnis, daß er für die See wie geboren sei; niemand sei unerschrockener und zuversichtlicher, als er; mit der Zeit werde der junge Peter Wessel der vorzüglichste Seemann werden. Auf diese Eigenschaft hin ward er als Seekadett für den Dienst der königlichen Flotte eingeschrieben. Man kann also sagen, daß Dänemark diesem nicht namentlich bekannten Kapitän eigentlich einen solchen Admiral verdankte.

Nach der Kriegserklärung Dänemarks an Schweden erhielt Peter Wessel das Kommando eines Kapers, mit welchem er die schwedische Küste beunruhigte. Drei Jahre später, im Monat Mai, wurde ihm das Patent als Lieutenant zu teil und mit demselben das Kommando einer Fregatte. Am Schlusse desselben Jahres ward er wegen seines unerschrockenen Benehmens zum Kapitän ernannt. Am 24. April jagte er mehrere schwedische Schiffe auf den Strand und brachte bei dieser Gelegenheit den schwedischen Admiral-Wachtmeister als Gefangenen ein. Er zog auf einer der eroberten schwedischen Fregatten seine Flagge auf, focht am 7. August unter Rügen in der Schlacht, die für Schweden einen so unglücklichen Ausgang hatte, und machte wertvolle Prisen. Während der Belagerung Stralsunds blockierte er die Meerenge Geelen mit vielem Erfolge; doch konnte er die Flucht König Karls XII. nicht verhindern, der auf einer kleinen Barke nach Schweden entkam. König Friedrich IV. erhob ihn unter dem Namen Tordenskiold (Donnerschild) in den Adelstand, ernannte ihn zum Inspektor der Flotte und wählte ihn zu seinem General-Adjutanten bei dem See-Etat.

Als 1716 der schwedische Karl Friedrichshall belagerte, erschien Tordenskiold am 7. Juli mit einer Flottille von nur vier Fregatten und drei kleineren Fahrzeugen vor dem Hafen von Dynekillen, in welchem die schwedische Transportflotte und die zur Belagerung nötigen Geschütze, sowie anderes Kriegsmaterial sich befand, welches von mehreren Orlogschiffen bewacht wurde. Von einigen Fischern erfuhr er, daß am Lande eine große Hochzeit gefeiert werde und daß der schwedische Admiral den Offizieren seiner Schiffe, sowie den Kapitänen der Transportfahrzeuge ein Fest gebe.

»He, Kapitän Grieb!« sagte Tordenskiold zu diesem Offizier, der neben ihm stand, »wollen wir nicht mit von der Partie sein? Es ist hier draußen so stille!«

»Ich fürchte nur,« entgegnete der Kapitän scherzend, »wir werden nicht willkommen sein.«

»O, was das anbetrifft, so fürchte ich nichts; wir müssen nur tüchtig aufspielen!«

»Das wollen wir!« antwortete Kapitän Grieb, und die dänischen Schiffe lichteten sofort die Anker. Tordenskiold segelte in den Hafen ein. Nach einem siebenstündigen harten Gefechte zwang er die ganze schwedische Flotte, eine Fregatte, elf Galeeren und einundzwanzig Transportschiffe, ihm zu folgen. Durch diese kühne That ward Karl XII. zur Rückkehr nach Schweden gezwungen. Tordenskiold aber wurde für diese Großthat zum Kommodore ernannt und mit dem großen Bande des Elefanten-Ordens geschmückt. Am Schlusse des Jahres ereilte ihn zum erstenmal das Unglück. Er sollte den Hafen von Strömstadt forcieren; aber sein Geschwader scheiterte im heftigen Sturm an der Küste, und Tordenskiold verlor sein ganzes Vermögen. Friedrich IV. entschädigte ihn für diesen Verlust dadurch, daß er ihm eine der früher genommenen Fregatten schenkte. Tordenskiold war der erste, der die Nachricht von dem Tode des schwedischen Königs nach Kopenhagen brachte; er ward für diese Freudenbotschaft zum Vice-Admiral ernannt. Am 23. Juli 1719 drang er mit einer kleinen Flotte in den stark befestigten schwedischen Hafen von Marstrand ein, nahm das darin befindliche, aus siebenundzwanzig Fahrzeugen bestehende Geschwader weg, entwaffnete die Strandbatterien, auf welchen sich nahe an fünfhundert Geschütze befanden, und zwang nach einer dreitägigen Belagerung die Citadelle Karlstein, welche Marstrand beherrschte, zur Uebergabe.

Dieser Sieg, welcher den Friedensschluß zwischen den nordischen Mächten beschleunigte, ward eine Veranlassung zu neuen Gnadenbezeigungen. Tordenskiold wurde Mitglied der Admiralität, und einem neu erbauten Linienschiffe ward der Name »Marstrand« beigelegt. Der König hatte den Admiral zu seinem entschiedenen Liebling gewählt. Er wollte ihn immer um sich haben, und es geschah gegen seinen Willen, daß Tordenskiold eine Reise unternahm. Ueberall, in Hamburg und anderen Orten, ward der Seemann, der trotz seiner Jugend schon so Außerordentliches geleistet hatte, mit den höchsten Ehren empfangen. In Hannover hatte er das Unglück, mit einem Obersten außer Diensten, namens Stahl, in Streit zu geraten. Ein Duell war nicht zu vermeiden, und er fand in demselben am 20. November 1721 seinen Tod.

Tordenskiold war der erste Seeheld seiner Zeit, ebenso kühn und unternehmend, als einsichtsvoll berechnend. Sein Tod war für ganz Dänemark ein bedauernswertes National-Ereignis. Dänische Schiffe tragen an ihrem Spiegel noch gegenwärtig den gefeierten Namen von Meer zu Meer.


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