Heinrich Smidt
Seeschlachten und Abenteuer berühmter Seehelden
Heinrich Smidt

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Horatio Nelson.

Der Seeheld, der diesen Namen unsterblich gemacht hat, war der Sohn des Pfarrers Nelson zu Burnham-Tary in der Grafschaft Norfolk. In diesem Orte wurde er am 29. September 1758 geboren. Der Bruder seiner Mutter war Kapitän in der Flotte, und von ihm ging die erste Anregung aus, den jungen Nelson für den königlichen Marinedienst zu bestimmen. Diesem Offizier verdankt also England eigentlich seinen größten Seehelden. Kapitän Suckling brachte den zwölf Jahre alten Knaben an Bord des Linienschiffs »Raisonnable.« Hier begann er nun den Dienst zu erlernen und sich für den künftigen Seeoffizier vorzubereiten, der, wie er später selbst sagte, die praktischen Kenntnisse des Matrosen mit den Manieren eines Gentleman verbinden müsse. Er arbeitete im praktischen Dienste, wie in den nautischen Wissenschaften mit einem solchen Erfolge, daß er bereits 1777 die Prüfung als Lieutenant zur See bestehen konnte. Als solcher that er sich auf der Fregatte »Lowestoffe« während eines Rencontres mit Amerikanern auf der Höhe von Jamaika so hervor, daß er den Befehl über einen zu der Expedition gehörigen Schoner erhielt. Admiral Parker, auf den jungen Mann aufmerksam gemacht, versetzte ihn auf sein Flaggenschiff und gab ihm bald darauf das Kommando einer Brigg, mit welcher er in der Hondurasbai und an der Mosquitoküste kreuzen mußte.

Bei den Angriffen auf die spanischen Kolonieen, welche 1780 stattfanden, bot sich ihm die erste Gelegenheit zur Auszeichnung dar; doch mußte er, da das Klima einen nachteiligen Einfluß auf seine Gesundheit übte, nach Europa zurückkehren. Während des Winters 1781 kreuzte er in der Nordsee, ging aber schon im nächsten Sommer nach Amerika zurück und stellte sich zur Verfügung des Lord Hood. Drei Jahre später war er Kapitän zur See und erhielt das Kommando einer Fregatte.

Einige Jahre lebte er nun in häuslicher Zurückgezogenheit, bis der Krieg, welcher 1793 zwischen England und Frankreich ausbrach, ihn wieder auf den Schauplatz seiner Thaten rief. Im August desselben Jahres segelte er nach Neapel und hatte das Unglück, bei der Einnahme von Calvi auf der Insel Corsica das rechte Auge zu verlieren. In einer der Batterieen, die gegen die Festungswerke dieses Ortes aufgeworfen waren, wurde nämlich das Auge von mehreren Erdstücken getroffen, die durch das Einschlagen einer Kugel in die Brustwehr umhergeschleudert wurden. Die Wunde hielt ihn nur einen Tag im Zimmer, aber er sagte oft, es habe kein Haarbreit gefehlt, so wäre der ganze Kopf weggerissen worden. Sein Vater schrieb ihm bei dieser Gelegenheit: »Du brauchst nicht zu sorgen, lieber Horace, daß ich Dir je eine gefährliche Schmeichelei sagen werde; aber das gestehe ich, eine Freudenthräne tritt mir zuweilen ins Auge, wenn ich Deinen Namen so ruhmvoll nennen höre.«

Als Sir John Jervis (Lord Sanct Vincent) im November 1796 das Kommando antrat, wurde Nelson von diesem zum Kommodore ernannt; er erhielt die Führung eines Linienschiffes von 74 Kanonen. Am 14. Februar 1797 zeichnete er sich in der Schlacht beim Kap Sanct Vincent ruhmvoll aus. Sein Lohn dafür war das Patent als Contre-Admiral und der bald nachher folgende Oberbefehl über das Blockade-Geschwader von Cadix. Auf die Nachricht, daß ein überaus reich beladenes Schiff in dem Hafen von Santa Cruz liege, ging er mit drei Fregatten dahin ab, um die Wegnahme desselben zu versuchen. Allein das Unternehmen mißglückte, und ihm selbst wurde der rechte Arm derart zerschmettert, daß er abgenommen werden mußte.

Nach seiner Wiederherstellung erhielt er den Befehl, Toulon zu bewachen, wo Napoleon die Expedition nach Ägypten vorbereitete. Es war dies der Beginn eines Seezuges, der mit der Schlacht bei Abukir schloß. Da Parlament ernannte ihn für diese That zum Baron vom Nil und bewilligte ihm eine Pension von zweitausend Pfund Sterling. Der Kaiser von Rußland und der König beider Sicilien machten ihm reiche Geschenke. Als darauf die Franzosen in Neapel eindrangen, führte Nelson den König sicher nach Palermo über. Im Jahre 1800 ward er Admiral der blauen Flagge und trat als zweiter Befehlshaber zu der großen Flotte, welche sich unter Admiral Parker in der Nordsee sammelte, um den Bund der nordischen Seemächte zu trennen. Am 2. April 1801 erhielt Nelson den Befehl, mit zwölf Linienschiffen und drei Fregatten Kopenhagen anzugreifen. Das Gefecht führte zu einem Waffenstillstand und bald darauf zu einem Vergleich. Nach seiner Rückkehr von diesem Seezuge wurde er von dem Könige zu dem Range eines Viscount erhoben. Bei dem Wiederausbruch der Feindseligkeiten übernahm Nelson den Befehl der Flotte im Mittelländischen Meere. Im März 1805 verließ die französische Flotte den Hafen von Toulon und vereinigte sich zu Cadix mit dem spanischen Geschwader, um nach Westindien zu segeln. Nelson eilte ihnen nach, fand sie aber nicht, weil sie unterdessen nach Cadix zurückgekehrt waren. Nun übernahm Nelson den Oberbefehl der vor Cadix versammelten siebenundzwanzig Linienschiffe. Mit dieser Macht verfolgte er die dreiunddreißig Linienschiffe starke französisch-spanische Flotte, die am 19. Oktober ausgelaufen war, und traf mit derselben am 21. früh bei dem Vorgebirge Trafalgar zusammen. Diese Schlacht ist ein Triumph und Trauertag für England, denn der Feind wurde glänzend besiegt, aber Nelson zahlte diesen Sieg mit seinem Leben.

Am 8. Januar 1806 langte seine Leiche in London an, woselbst sie in der Paulskirche feierlich beigesetzt wurde.

England hat seinem großen Admirale Denksteine und Ehrensäulen errichtet. Einen der glorreichsten habe ich mit Ehrfurcht angeschaut. Es war das Admiralschiff »Victory,« auf welchem Nelson vor Trafalgar fiel. Ein alter Invalide führte mich herum. Endlich deutete er auf eine mit einem eisernen Gitter umgebene Stelle, nahm die Mütze ab und sprach mit feierlichem Tone:

»Hier soll jeder britische Seemann niederknieen und das Gitter küssen; innerhalb dieses Raumes hat der große Nelson seine Seele ausgehaucht.«

»Weep, Britannia! weep, weep!«

Dies ist der Refrain eines Liedes, das von einem englischen Seemann auf Nelsons Tod gedichtet wurde, und heißt: »Weine, Britannia, weine, weine!«

Inmitten dieses Raumes sieht man eine glänzende Kupferplatte und auf derselben die historisch denkwürdigen Worte: »England expects that every man will do his duty,« das heißt. »England erwartet, daß jedermann seine Schuldigkeit thun wird;« dies sind Nelsons letzte Worte vor der Schlacht bei Trafalgar.


 << zurück weiter >>