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Achtes Kapitel.

Am Abend vorher, als er aus den Downs absegeln sollte, wo der Middlesex bereit lag, um die Anker zu lichten, wurde der neue Lieutenant durch Winter aufgefordert, ihn zur Wohnung des Generals zu geleiten, um bei seinem Beschützer eingeführt zu werden.

Unterwegs nahm sich der alte Mann die Freiheit, seinen Gefährten, hinsichtlich der Achtung einzuschulen, die er seinem Herrn erweisen müsse. »Derselbe sei zwar ein so gütiger und großmüthiger Mann, als je einer von Northumberland gekommen, halte aber mit pünktlicher Strenge auf die Beobachtung desjenigen Grades von Ehrenbezeugung, welcher ihm und seinem Range gebühre.«

Während die Beiden sich nach dem Hause begaben, erwarteten der General und seine Frau ihre Ankunft in athemloser Angst. Sie saßen in einem prächtigen Besuchzimmer, der General hinter einem großen Leuchter, welcher, seinem Gesicht gegenüber mit einem Schirm versehen, alles Licht auf die andere Seite des Tisches warf, so daß er jede dort befindliche Person beobachten konnte, ohne seinerseits der Gegenstand der Beobachtung zu werden. Auf einem Haufen von Kissen, welche mit einer glänzenden Draperie von Gold- und Silbermousselin überzogen und mit Shawl's vermischt waren (letztere waren damals ein für Europa noch neuer Luxus), saß oder lehnte sich vielmehr seine Gemahlin – eine Dame, welche die volle Mittagslinie der Schönheit schon überschritten hatte, aber noch genug Reize behielt, so daß man sie als ein früher sehr schönes Weib erkannte, obgleich ihre Seele von der tiefsten Regung erfüllt zu sein schien.

»Zilia!« sagte ihr Gemahl, »Ihr seid unfähig für dasjenige, was Ihr übernommen habt – hört auf meinen Rath, entfernt Euch, – Ihr sollt alles erfahren, was vorkommt, aber entfernt Euch. Weßhalb haltet Ihr so hartnäckig an dem eitlen Wunsch, einen Augenblick lang ein Wesen zu sehen, welches Ihr doch niemals wieder sehen könnt?«

»Ach!« erwiderte die Dame, »ist nicht Eure Erklärung, daß ich ihn niemals wieder sehen werde, ein genügender Grund für meinen Wunsch, ihn jetzt zu sehen? – Darf ich den Wunsch nicht hegen, meinem Gedächtniß die Züge und die Gestalt einzuprägen, die ich niemals wiedersehen werde, so lange wir leben? Theurer Richard, sei nicht grausamer als mein armer Vater, sogar als sein Grimm in höchster Bitterkeit war. Er ließ mich mein Kind erblicken; sein Cherub-Antlitz weilte in meinem Gedächtniß und war mein Trost in den Jahren unaussprechlichen Kummers, der meine Jugend verzehrte.«

»Genug, Zilia, – Ihr habt es von mir erbeten – ich habe es gewährt – und was auch erfolgen mag, mein Versprechen soll gehalten werden. Bedenkt jedoch, wie viel von diesem verhängnißvollen Geheimniß abhängt – Euer Rang und Eure Achtung in der Gesellschaft – meine Ehre, die dabei betheiligt ist, daß diese Achtung unverletzt bleibt. Zilia, der Augenblick der Bekanntmachung eines solchen Geheimnisses gibt alten Jungfern und Klatschweibern ein Recht, Euch mit Hohn zu behandeln; unaussprechliches Elend und Blutvergießen ist die Folge, im Fall ein Mann das Gerücht aufgreifen sollte.«

»Ich werde Euch gehorchen, mein Gemahl,« erwiderte Zilia, »soweit die Schwäche der Natur mir es erlaubt. Aber, o Gott meiner Väter, von welchem Thon hast du uns arme Sterbliche gebildet, die so sehr die Schande fürchten, welche der Sünde folgt und dennoch die Sünde so wenig bereuen!« Eine Minute später wurden Schritte vernommen – es öffnete sich die Thüre – Winter kündigte den Lieutenant Middlemas an, und der Sohn stand, ohne es zu wissen, vor seinen Eltern.

Witherington fuhr unwillkürlich auf, zwang sich aber sogleich zur Annahme des leichten Benehmens, womit ein Vorgesetzter einen Untergeordneten empfängt und welches bei ihm gewöhnlich mit einem gewissen Grade von Stolz gemischt war. Die Mutter hatte weniger Selbstbeherrschung. Auch sie sprang auf, jedoch in solcher Weise, als habe sie die Absicht, sich ihrem Sohne, für den sie Unglück und Kummer erlitten hatte, um den Hals zu werfen. Jedoch der warnende Blick ihres Mannes hielt sie wie durch einen Zauberschlag zurück; sie blieb stehen; ihr schöner Kopf und Hals war etwas vorgebeugt, ihre Hände zusammengedrückt und vorwärts gestreckt, in einer Stellung, als wolle sie sich bewegen; sie war dennoch bewegungslos wie eine Marmorstatue, welcher ein Bildhauer den Schein des Lebens ertheilt hat, während er ihr die Lebensbewegung nicht zu geben vermag. Eine so auffallende Bewegung und Stellung hätte die Ueberraschung des jungen Offiziers erregen können; die Dame aber stand im Schatten und er blickte so ausschließlich auf seinen Beschützer, daß er sogar kaum die Gegenwart der Frau Witherington merkte.

»Ich fühle mich bei dieser Gelegenheit glücklich,« sagte Middlemas, indem er bemerkte, daß der General nicht sprach, »dem General Witherington meinen Dank auszudrücken, welchen ich demselben niemals genügend werde abstatten können.«

Der Schall der Stimme, obgleich dieselbe so gleichgültige Worte sprach, schien den Zauber zu lösen, welcher seine Mutter regungslos gehalten hatte. Sie seufzte tief, gab die Starrheit ihrer Stellung auf und sank auf die Kissen zurück, von denen sie emporgefahren war. Middlemas richtete auf sie einen Blick beim Schall ihres Seufzers und dem Rauschen ihrer Draperie. Der General beeilte sich zu reden.

»Meine Frau, Herr Middlemas, ist kürzlich unwohl gewesen – Euer Freund, Herr Hartley, hat es vielleicht erwähnt – es ist ein Nervenleiden.«

Herr Middlemas bezeugte natürlich darüber seinen Kummer und seine Theilnahme.

»Wir hatten ein Unglück in unserer Familie, Herr Middlemas, von dessen äußersten und schmerzhaftesten Folgen wir durch die Geschicklichkeit Eures Freundes, Herrn Hartley, errettet wurden. Wir werden uns sehr glücklich fühlen, wenn es in unserer Macht liegt, einen Theil unserer Verpflichtungen in den Diensten zurückzugeben, den wir seinem Freunde und Schützling, Herrn Middlemas, erweisen.«

»Ich werde also nur als ein Schützling anerkannt,« dachte Richard, er sagte jedoch, »Jedermann muß einen Freund beneiden, welcher das ausgezeichnete Glück hatte, dem General Witherington und seiner Familie von Nutzen zu sein.«

»Ihr habt, wie ich glaube, Euer Patent erhalten. Habt ihr einen besondern Wunsch oder Verlangen hinsichtlich Eurer Bestimmung?«

»Nein, mit Erlaubniß Eurer Excellenz,« erwiderte Middlemas, »ich glaube, Hartley hat Eurer Excellenz meinen unglücklichen Zustand berichtet, daß ich eine Waise und von meinen Eltern verlassen bin, die mich in die weite Welt stießen – ein Verstoßener, den Niemand kennt oder um den sich Niemand kümmert, mit Ausnahme des Wunsches, daß ich weit genug fortwandere, und unbekannt genug lebe, um sie nicht durch ihre Verbindung mit mir zu beschimpfen.«

Zilia rang die Hände bei diesen Worten und zog ihren Mousselinschleier dicht um ihr Haupt, als wolle sie die Töne zurückhalten, welche den heftigsten Schmerz ihrer Seele erregten.

»Herr Hartley hat mir über Eure Angelegenheiten keine genaue Mittheilung gegeben,« sagte der General, »auch wünsche ich nicht, Euch Kummer dadurch zu verursachen, daß Ihr auf deren Darlegung eingeht. Ich wünsche nur zu wissen, ob Euch Eure Bestimmung nach Madras angenehm ist.«

»Vollkommen, wie es Eurer Excellenz gefällt; ich bin gern überall, wo ich keine Aussicht habe, den Schurken Hillary zu treffen.«

»Oh, Hillary's Dienste sind zu nothwendig, im Revier des Pöbelquartiers von London, in den Hafenkneipen von Newcastle und an ähnlichen Orten, wo menschliches Aas aufgegriffen werden kann, als daß man ihm erlauben sollte, nach Indien zu reisen; um Euch jedoch zu zeigen, daß der Schurke einige gute Manieren hat, so sind hier die Banknoten, die er Euch stahl. Ihr werdet darin dieselben Noten erkennen, die Ihr verloren habt, mit Ausnahme einer kleinen Summe, die der Spitzbube ausgegeben und die ein Freund aus Mitleid für Eure Leiden ergänzt hat.«

Richard Middlemas sank auf ein Knie und küßte die Hand, welche ihm seine unabhängige Lage zurückgab.

»Bah!« sagte der General, »Ihr seid ein alberner Bursch,« er entzog jedoch nicht die Hand seinen Liebkosungen. Dieß war eine der Gelegenheiten, wo Richard Middlemas einen rednerischen Schwung in seinen Worten äußern konnte.

»Ihr seid mir mehr, wie ein Vater,« sagte er, »meine Schuld gegen Euch ist größer, wie diejenige gegen meine unnatürlichen Eltern, welche mich durch Sünde in die Welt setzten und mich durch Grausamkeit verließen!«

Zilia, als sie diese schneidenden Worte vernahm, warf ihren Schleier zurück, indem sie ihn mit beiden Händen erhob, bis er hinter ihr wie ein Nebel schwebte; dann stieß sie einen schwachen Seufzer aus und sank in Ohnmacht. General Witherington stieß Middlemas mit einer heftigen Bewegung zurück, eilte seiner Gemahlin zu Hülfe und trug sie in seinen Armen, als wäre sie ein Kind, in das Vorzimmer, wo ein alter Diener mit den Mitteln zur Wiederherstellung des Bewußtseins wartete, welche der unglückliche Gemahl, jedoch zu seinem Unglück, als wirksam kannte. Die Mittel wurden hastig angewandt und riefen auch die Leidende in's Leben zurück, allein dieselbe befand sich in einem furchtbaren Zustand der Geisteserregung.

Die letzten Worte ihres Sohnes hatten offenbar einen tiefen Eindruck auf ihre Seele gemacht – »hörtet Ihr ihn, Richard!« rief sie mit furchtbar lauter Stimme in Betracht ihrer erschöpften Kräfte – »hörtet Ihr die Worte? Der Himmel sprach unsere Verdammung durch die Stimme unseres eigenen Kindes aus; fürchte dich aber nicht, mein Richard, weine nicht! ich werde den Donner des Himmels mit seiner eigenen Musik beantworten.«

Sie stürzte auf ein Clavier, welches im Zimmer stand, und während der Diener und der Herr einander anblickten, als wären sie im Zweifel, ob ihr Verstand sie gänzlich verlassen werde, flogen ihre Finger über die Tasten und erzeugten eine wilde Harmonie; diese bestand entweder aus gelernten Stellen, welche ihr ins Gedächtniß kamen, oder aus Ergüssen ihres eigenen Talents; zuletzt vereinigte sich ihre Stimme mit den Tönen des Instrumentes in einen jener prächtigen Psalmen, worin ihre Jugend mit Stimme und Harfe den Schöpfer, wie der königliche Hebräer, gepriesen hatte, welcher der Dichter jener Loblieder war. Die Thräne versiegte allmälig in ihren aufwärts gewandten Augen – ihr Gesang mit den Tönen des Instruments vereint, erhob sich auf eine Höhe der Musik, welche die ausgezeichnetsten Künstler nur selten erreichen; dann sanken beide in einen Schluß des Musikstückes, welches ausging, um nie wieder begonnen zu werden – die Sängerin war mit dem Liede gestorben.

Man kann sich den Schrecken des unglücklichen Gatten denken, als alle Bemühungen, das Leben zurückzurufen, unwirksam waren. Diener wurden nach Aerzten geschickt, nach Hartley, und jedem Andern, den man finden konnte. Der General stürzte sich in das Zimmer, das sie so eben verlassen hatten, und lief in seiner Hast auf Middlemas zu, welcher beim Schall der Musik aus dem nahen Zimmer der Thüre sich natürlich genähert hatte und durch die Art des Geschreis, die hastigen Schritte und die verwirrten Stimmen überrascht und erschreckt, dort stehen geblieben war, um die Ursache solcher Unordnung zu erkennen.

Der Anblick des unglücklichen jungen Mannes trieb die stürmischen Leidenschaften des Generals bis zum Wahnsinn. Er schien seinen Sohn als die alleinige Ursache des Todes seiner Frau zu betrachten; er griff ihn beim Halskragen und schüttelte ihn heftig, als er ihn in das Gemach schleppte, wo die Todte lag.

»Komm hieher,« sagte er, »du, welchem ein Leben der niedrigsten Dunkelheit ein so elendes Schicksal war – komm' hieher und blick' auf die Eltern, die du so sehr beneidet – die du so oft verflucht hast. Blick' auf diesen blassen, mageren Leichnam, eher eine Gestalt von Wachs als von Fleisch und Blut – das ist deine Mutter – das ist die unglückliche Zilia Monçada, für welche deine Geburt eine Quelle der Schande und des Elends war, und über welche deine unheilvolle Gegenwart zuletzt den Tod verhängt hat! jetzt aber schaue mich« – er stieß den Burschen vor sich hin und stand aufrecht mit einem Ausdruck in Haltung und Gestalt, welcher dem bösen Geiste gleichkam, den er beschrieb, – »schaue mich,« sagte er, »siehst du nicht, wie mein Haupt von Schwefelflammen strömt, wie meine Stirne vom Blitz versengt ist? ich bin der Erzfeind – ich bin der Vater, den du suchst – ich bin der verruchte Richard Tresham, der Verführer Zilias und der Vater ihres Mörders!«

Hartley trat ein, während dieser furchtbare Auftritt vorging, er erkannte sogleich, daß jede der Verstorbenen erwiesene Aufmerksamkeit vergeblich sei; da er theils aus Winters Mittheilungen, theils aus den wahnsinnigen Reden des Generals die Natur der stattgefundenen Enthüllung begriff, beeilte er sich, wo möglich, den furchtbaren und anstößigen Auftritt zu beendigen. Weil er das Zartgefühl des Generals in Bezug auf den Ruf kannte, versuchte er es zuerst mit Vorstellungen über ein solches Betragen, in Gegenwart so vieler Zeugen, allein die Seele jenes Mannes hatte aufgehört, auf diesen einst so mächtigen Grund zu achten.

»Es kümmert mich nicht, wenn die ganze Welt meine Sünde und meine Strafe erfährt!« sagte Witherington. »Man soll nicht wieder von mir sagen, daß ich die Schande fürchte, ohne die Sünde zu bereuen; ich fürchtete nur Schande wegen Zilia, und Zilia ist todt!«

»Aber die Erinnerung an sie, General – schonet das Gedächtniß Eurer Frau und ebendamit den Ruf Eurer Kinder.«

»Ich habe keine Kinder,« sagte der verzweifelnde und heftige Mann, mein Reuben ist im Himmel, um die Wohnung für den Engel zu bereiten, welcher jetzt der Erde in einer Fluth von Harmonie entwich, die nur dort ihresgleichen findet, wohin sie gegangen ist. Die andern zwei Cherubs werden ihre Mutter nicht überleben; ich werde ein kinderloser Mann sein! ich fühle es schon.«

»Ich aber bin dennoch Euer Sohn,« erwiderte Middlemas in einem zwar traurigen, zugleich aber einen finstern Groll andeutenden Tone – »Euer Sohn von der Euch angetrauten Gemahlin. So blaß wie sie dort liegt, fordere ich euch Beide auf, meine Rechte anzuerkennen und rufe alle Gegenwärtigen als Zeugen an.«

»Elender!« rief der wahnsinnige Vater, »wie kannst du an deine schmutzigen Rechte in Mitte von Tod und Raserei denken? Mein Sohn! du bist der Teufel, welcher mein Elend in dieser Welt veranlaßte, und welcher meine Verdammniß in der nächsten theilen wird! geh' aus meinem Angesicht und mein Fluch sei mit dir.«

Middlemas heftete die Augen auf den Boden, legte die Arme über die Brust zusammen; wie es schien, reizte ihn sein stolzer und hartnäckiger Geist zur Erwiderung auf, und er schien über letztere nachzusinnen; jedoch Hartley, Winter und andere Anwesende schritten ein, und brachten ihn mit Gewalt aus dem Zimmer. Als sie sich bemühten, ihm Vorstellungen zu machen, riß er sich von ihnen los, lief in den Stall, ergriff das erste gesattelte Pferd, das er unter den vielen vorfand, welche man in der Eile, um Hülfe zu suchen, zum Ritt fertig gemacht hatte, warf sich auf dessen Rücken und ritt wüthend davon. Hartley stand im Begriff, ebenfalls ein Pferd zu besteigen, um ihm zu folgen, allein Winter und die andern Bedienten umringten ihn und flehten ihn an, ihren unglücklichen Herrn zu einer Zeit nicht zu verlassen, worin sein über denselben erlangter Einfluß das einzige Mittel war, um die Heftigkeit des Generals zu zügeln. »Er hat einen Sonnenstich in Indien bekommen,« sagte Winter, »und ist in seinen Anfällen zu Allem fähig. Diese Feiglinge können ihn nicht in Ordnung halten, ich aber bin alt und schwach.« Hartley überzeugte sich, daß General Witherington mehr Mitleid wie Middlemas verdiente, welchen einzuholen er ohnedem nicht hoffen durfte, und von welchem er glaubte, daß er selbst für seine Sicherheit sorgen werde, wie heftig auch seine Aufregung sein mochte; er kehrte somit dorthin zurück, wo eine größere Gefahr seine augenblickliche Sorgfalt erheischte.

Er fand den unglücklichen General mit seinen Bedienten ringend, welche zu verhindern suchten, daß derselbe in das Schlafzimmer seiner Kinder drang. »Freut euch, meine Kinder!« rief er wüthend aus, »er ist geflohen, welcher das Verbrechen eures Vater und die Schande eurer Mutter verkünden wollte! – er ist geflohen, um nie wiederzukehren – sein Leben war der Tod der Mutter und der Untergang des Vaters! Muth, meine Kinder, euer Vater ist bei euch – er wird durch hundert Hindernisse zu euch dringen.

Die Bedienten, eingeschüchtert und unentschlossen, standen im Begriff, ihm zu weichen, als Adam Hartley herantrat, sich vor den unglücklichen Mann stellte, seinen Blick fest auf das Auge des Generals heftete und mit leiser, aber fester Stimme sagte: »Wahnsinniger, wollt Ihr Eure Kinder tödten?«

Der General schien in seinem Entschluß zu wanken, versuchte jedoch noch immer an ihm vorüberzustürzen. Hartley jedoch ergriff ihn bei dem Rock-Kragen mit beiden Armen und sagte: »Ihr seid mein Gefangener, ich befehle Euch, mir zu folgen.«

»Ha, Gefangener, ein Hochverrath! Hund, du sollst sterben!« –

Der Wahnsinnige zog einen Dolch aus seinem Busen und Hartley's Kraft und Entschlossenheit würden ihm vielleicht nicht das Leben gerettet haben, wenn nicht Winter des Generals rechte Hand ergriffen und ihn entwaffnet hätte.

»Wohlan, ich bin Euer Gefangener,« sagte er, »behandelt mich höflich und erlaubt mir, meine Frau und Kinder zu sehen.«

»Morgen sollt Ihr sie sehen,« sagte Hartley, »folgt mir sogleich und ohne den geringsten Widerstand!«

General Witherington folgte wie ein Kind mit dem Ausdruck eines Mannes, welcher für eine Sache leidet, deren er sich rühmt.

»Ich schäme mich nicht meiner Grundsätze,« sagte er, »ich bin Willens, für meinen König zu sterben.«

Hartley fuhr fort, auf den Kranken das Uebergewicht, das er so erlangt hatte, zu üben, ohne seine Raserei dadurch zu erwecken, daß er der phantastischen Vorstellung seiner Einbildungskraft widersprach.

Er ließ ihn in sein Zimmer führen und sah, wie er ruhig zu Bett gelegt wurde. Dann gab er ihm eine starke, niederschlagende Arznei, ließ einen Diener im Zimmer schlafen und wartete bei dem Unglücklichen bis zum nächsten Morgen.

General Witherington erwachte bei vollem Bewußtsein und erkannte offenbar seine wirkliche Lage, wie sein leises Gestöhn, sein Schluchzen und seine Thränen bezeugten. Als Hartley an sein Bett trat, erkannte er ihn vollkommen und sagte: »fürchtet mich nicht, – der Anfall ist vorüber! Verlaßt mich und seht nach jenem Unglücklichen; veranlaßt ihn, daß er Großbritannien so bald wie möglich verläßt, und nach dem Lande abreist, wohin ihn sein Schicksal ruft und wo wir uns niemals wieder sehen können. Winter kennt meine Weise und wird Sorge um mich tragen.«

Winter gab denselben Rath; »ich kann,« sagte er, »für die Sicherheit meines Herrn gegenwärtig einstehen, aber in des Himmels Namen verhindert, daß er jemals mit diesem verhärteten jungen Mann wieder zusammentrifft.



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