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Fünftes Kapitel.
Herr Croftangry läßt sich in Canongate nieder.

Wollt ihr mein Haus bestehen,
Es liegt hier nahe beim Olivenhain.

Wie es Euch gefällt.

Durch eine Revolution meiner Launen, von welcher ich keine Rechenschaft zu geben vermag, änderte ich gänzlich meinen Lebensplan in Folge der Vereitlung meiner Hoffnungen, deren Geschichte ich im letzten Kapitel erzählt habe. Ich begann zu entdecken, daß ein Landleben sich nicht für mich eigne, denn ich hatte alle Vergnügungen der Jagd und dergleichen aufgegeben, und hegte keine Neigung zur Landwirthschaft, dem gewöhnlichen Beruf der Landedelleute; außerdem besaß ich kein Talent, um einen Kandidaten bei einer erwarteten Grafschaftswahl zu unterstützen, und erwartete kein Vergnügen von den Aemtern eines Landstraßen-Aufsehers, oder Proviantmeisters, oder auch nicht einmal von den Verrichtungen eines Friedensrichters. Ich begann einigen Geschmack am Lesen zu finden; eine Niederlassung auf dem Lande mußte mir den Gebrauch der Bücher erschweren, mit Ausnahme der kleinen Subscriptions-Bibliothek, worin das Buch, welches man gerade lesen will, von Anderen immer mit Beschlag belegt ist.

Ich beschloß deßhalb, die schottische Hauptstadt zu meinem regelmäßigen Ruheort zu machen, und behielt mir gelegentliche Ausflüge vor, welche Herr Siper, ungeachtet aller der von mir gegen Postkutschen geschleuderten Vorwürfe, so leicht gemacht hat. Als Freund unseres Lebens und unserer Muße schützt er uns durch Eile vor dem Verlust an Zeit und durch die besten Kutschen und Pferde, sowie durch die geschicktesten Fuhrleute vor jedem Schaden an unseren Gliedern; er bringt uns ebensowohl wie unsere Briefe von Edinburg nach Cape-Wrath, allen Verheißungen seiner Zeitungs-Annoncen gemäß.

Als ich mich entschlossen hatte, die alte Hauptstadt zu meinem Hauptquartier zu machen, und mir das Vorrecht vorbehielt, nach allen Richtungen auf Entdeckungen auszugehen, begann ich in gutem Ernst sie zu erforschen, um eine passende Wohnung aufzufinden. Wo glaubt Ihr, daß ich hinging? Nicht nach Georges-Square, auch nicht nach Charlots-Square, nicht nach der alten Neustadt, auch nicht nach der neuen Neustadt; ich ging nach demselben Theile von Canongate, worin ich früher wie ein irrender Ritter, oder wie ein Gefangener des bezauberten Schlosses, eingemauert gewesen war, – einem Ort, wo Zaubersprüche die Luft für den unglücklichen Gefangenen undurchdringlich machten, obgleich die Gesichtsorgane kein Hinderniß für den freien Durchgang erblicken konnten.

Ich kann nicht sagen, weßhalb ich gerade mein Zelt hier aufschlagen wollte; vielleicht geschah es um das Vergnügen der Freiheit zu genießen, wo ich einst die Bitterkeit meiner Beschränkung derselben erfahren hatte, und zwar nach dem Grundsatze des Offiziers, welcher, nachdem er sich seinen Abschied hatte ertheilen lassen, seinem Diener befahl, ihn zur Zeit der Parade zu wecken, damit er das angenehme Gefühl hegen könne, jedesmal zu sagen, »verflucht sei die Parade,« und alsdann sich auf die andere Seite zu legen, um den Schlummer weiterhin genießen zu können. Vielleicht auch erwartete ich in der Nachbarschaft ein altmodisches Haus zu finden, welches etwas vom Landleben in der Stadt darböte, nach dessen Genuß mein Ehrgeiz strebte. Genug, ich ging wie gesagt, zum Canongate.

Ich stand bei dem früher erwähnten Rinnstein, und da meine Seele sich jetzt in behaglicher Stimmung befand, so waren meine Sinnesorgane um so feinfühlender; ich erkannte mehr wie früher, daß es hier nur in gewisser Art, wie das Gewerbe des Pompejus in Maaß für Maaß, angenehm sei. Eine Unze Moschus, guter Apotheker! Von dort abgewandt, richteten sich meine Schritte zu meinem eigenen demüthigen Gemach, wo meine kleine hochländische Dame, so flink und sauber wie jemals (denn alte Frauen behalten ein zehnmal besseres Aeußere, als die hart mitgenommenen Senioren des männlichen Geschlechtes) an der Thüre stand, und ein hochländisches Lied vor sich her sang, als sie ein Tischtuch über der Haustreppe ausschüttelte und es dann für zukünftigen Gebrauch sorgfältig zusammenlegte

»Wie geht's, Janet?«

»Dank Euch, guter Herr,« erwiederte meine alte Freundin, ohne mich anzusehen, »Ihr könnt aber ebenso gut Frau Evoy sagen, denn ich bin Niemandens Janet.«

»Ihr müßt aber dennoch meine Janet sein – habt Ihr mich vergessen? Erinnert Ihr Euch an Chrystal Croftangry?«

Das heitere gutmüthige Geschöpf warf ihr Tischtuch in die offene Thüre, schlüpfte die Treppe wie eine Fee, drei Stufen auf einmal hinab, ergriff mich bei beiden Händen, sprang zu mir empor und küßte mich wirklich. Ich war ein wenig beschämt, allein welcher Anbeter des schönen Geschlechts, wenn er den Sechzigerjahren nahe ist, vermag jemals dem Entgegenkommen einer schönen Zeitgenossin zu widerstehen. So überließen wir uns dem vollen Eindruck des Wiedersehens – Hony soit, qui mal y pense – und alsdann ging Janet sogleich an das Geschäft. »Kommt herein Mann und beseht Eure alte Wohnung, sicherlich wird Euch auch Janet die fünfzehn Schillinge bezahlen, ohne welche Ihr fortlieft, wobei Ihr nicht einmal Janet Lebewohl sagtet – aber das schadet nichts (sie nickte gut gelaunt). Janet sah, daß Euch damals der Kopf etwas verdreht war.«

Mittlerweile befanden wir uns in meiner alten Wohnung, und Janet, mit ihrer Flasche voll Herzstärkung in der einen und dem Glase in der andern Hand, hatte mir Branntwein aufgedrungen, der nach einem altmodischen hochländischen Recepte mit Safran und andern Kräutern destillirt war. Alsdann wurde aus mehreren kleinen Papierstücken die zurückgelassene Summe von fünfzehn Schillingen wieder hervorgesucht, welche Janet länger als zwanzig Jahre verwahrt hatte.

»Hier sind sie,« sagte sie mit dem Triumph der Ehrlichkeit, »gerade so als Ihr fortliefet und behext schienet. Janet hat seit der Zeit manches Mal Silber gehabt und Silber gebraucht, und der Accise-Mann ist gekommen, und der Hausbesitzer ist gekommen, und oft genug auch der Schlächter und Bäcker – Gott segne uns – als wollten sie die alte Janet in Stücke zerreißen; sie hat aber Herrn Croftangry's fünfzehn Schillinge sorgfältig aufbewahrt.«

»Wenn ich aber nun nie zurückgekehrt wäre, Janet?«

»Hätte Janet gehört, Ihr wäret todt, so würde ich das Geld den Armen der Kapelle gegeben haben, um für Herrn Croftangry zu beten,« sagte Janet, indem sie sich bekreuzte, denn sie war katholischer Religion; – »Ihr dürft nicht glauben, daß Euch dies keinen Nutzen bringt, denn der Segen der Armen kann niemals schädlich sein.«

Ich gab den Schlußworten Janets meine herzliche Beistimmung, und da ein Wunsch, daß sie das aufbewahrte Geld als ihr Eigenthum betrachten möge, eine unzarte Belohnung der Aufrichtigkeit ihres Verfahrens gewesen wäre, bat ich sie so darüber zu verfügen, wie sie es für den Fall meines Todes beabsichtigte, d. h. es rechtschaffenen armen Leuten zu übergeben, wenn sie dergleichen kenne.

»Mehr als zuviel,« sagte Janet, indem sie den Zipfel ihrer buntgewürfelten Schürze an die Augen hielt, »mehr als zuviel, Herr Croftangry, da sind fünf arme hochländische Geschöpfe aus Glenshee, welche hierher kamen, um bei der Ernte zu helfen, und die am Fieber krank liegen, – fünf Schillinge für sie, und eine halbe Krone für Bessie Mac Evoy, das arme Weib, deren Mann vergangenen Winter an der Kälte gestorben ist, denn er war ein Sänftenträger und erfror ungeachtet des Branntweins, den er trank, um sich die Kälte vom Magen abzuhalten – und –«

Sie unterbrach aber plötzlich die Liste ihrer beabsichtigten Wohlthaten, nahm einen sehr weisen Blick an, spitzte ihren schnatternden Mund und sagte dann in verschiedenem Tone »– aber Herr Croftangry, überlegt, ob Ihr das Silber nicht selbst brauchen könnt, und noch lange nachher bedauern müßt, es hinweg gegeben zu haben, denn es ist eine große Sünde, zuerst an Almosen geben zu denken, wenn man selbst das Geld braucht, und bringt außerdem Unglück, und endlich pflegt auch der Sohn eines Edelmanns wie Ihr nicht an Arme zu denken. Ich sage das, damit Ihr ein wenig überlegt, und ein wenig nachdenkt, denn Eurer Mutter Sohn weiß, daß Ihr mit Eurem Gute nicht so sorgfältig seid, wie Ihr sein solltet; das habe ich Euch schon oft zuvor gesagt.«

Ich gab ihr die Versicherung, daß ich leicht das Geld entbehren könnte, ohne darüber spätere Reue zu empfinden; daraus zog sie den Schluß, daß in solchem Fall Herr Croftangry ein reicher Mann im Auslande geworden sei und mit Gerichtsdienern und Häschern und ähnlichem Abschaum der Erde nichts mehr zu thun habe, und die Tochter von Janet Mac Evoy's Mutter sei ein glückliches Weib, das zu hören; wenn aber Herr Croftangry in Verlegenheit sein sollte, so sei sein Zimmer und sein Bett im Hause, und Janet wird ihm aufwarten, und Bezahlung je nach seiner Bequemlichkeit annehmen.

Ich legte der Janet meine Lage dar, worüber sie ihr vollkommenes Entzücken aussprach. Ich erkundigte mich dann nach ihren eigenen Umständen und merkte, daß ihre Lage eine sehr ungewisse war, obgleich sie mit Heiterkeit und Zufriedenheit sprach. Ich hatte mehr bezahlt als ich schuldig war; andere Miethsleute fielen jedoch in den entgegengesetzten Irrthum, und vergaßen überhaupt ihre Miethe zu bezahlen. Da nun Janet alle indirekten Verfahrungsweisen, um Geld aus ihren Miethsleuten herauszuschrauben, nicht, kannte, so vermogten Andere in demselben Geschäfte, welche schlauer waren, als die einfache Hochländerin, ihre Zimmer dem Anschein nach wohlfeiler zu vermiethen, obgleich die Miethsleute gewöhnlich auf die Dauer hinaus fanden, daß dieselben noch zweimal so theuer waren.

Da ich meine alte Wirthin zu meiner Haushälterin und Gouvernantin wegen ihrer Ehrlichkeit, Gutmüthigkeit, Reinlichkeit (obgleich sie eine Schottländerin war) und ihrer Heiterkeit bestimmt hatte, (wobei jedoch hinsichtlich der letzteren Eigenschaft die kurzen und hastigen Ausdrucksweisen des Zornes auszunehmen waren) legte ich ihr jetzt den Plan in solcher Weise vor, wie derselbe ihr wahrscheinlich am meisten annehmbar sein konnte. So annehmbar der Vorschlag, wie ich deutlich merken konnte, auch sein mogte, bat sie sich dennoch einen Tag Bedenkzeit aus; ihr Nachdenken aber hatte bis zu unserer nächsten Zusammenkunft ihr nur Einen Einwurf eingegeben, welcher sonderbar genug war.

»Euer Gnaden,« so redete sie mich jetzt an, »mögten wohl in eine der schönen Straßen der Stadt ziehen; Janet will aber nicht an einem Orte wohnen, wo Polizei und Gerichtsdiener nebst Häschern und anderen ähnlichen Dieben und Gesindel, einen Herrn beim Kragen packen können, weil demselben wenige Thaler in der Börse fehlten. Ich habe im schönen Thale Tomanthoulick meine Jugend zugebracht. Hätte sich dort Etwas von dem Gesindel gezeigt, so würde mein Vater darauf geschossen haben, und er konnte einen Rehbock auf so viele gemessene Ellen wie irgend ein Anderer seines Stammes treffen. Hier ist der Ort frei von ihnen, denn sie dürfen nicht ihre Nase über den Rinnstein hinausstecken. Janet ist Niemanden Geld schuldig, mag aber nicht zusehen, wie ehrliche Leute und hübsche Herren in's Gefängniß gebracht werden, sie mögen wollen oder nicht, und wenn Janet einem der Schufte mit der Feuerzange über den Kopf schlüge, so würde das Gesetz einen harten Namen dafür haben.«

Ich habe es durch Lebenserfahrung erlernt, niemals verständige Vorstellungen zu machen, wenn man ebenso wohl mit Unsinn seinen Zweck erreichen kann. Ich hätte nur mit großer Schwierigkeit diese praktische und uneigennützige Bewundererin und Vertreterin der Freiheit überzeugen können, daß Verhaftungen selten oder niemals in den Straßen von Edinburg vorkämen; hätte ich sie von der Gerechtigkeit und Nothwendigkeit derselben überzeugen wollen, so hätte ich eine ebenso schwierige Aufgabe wie ihre Bekehrung zum protestantischen Glauben übernommen. Ich gab ihr deßhalb die Versicherung meiner Absicht, daß ich jetzt in das von ihr bewohnte Stadtviertel ziehen wolle, wenn ich eine passende Wohnung bekommen könne. Janet sprang dreimal vom Fußboden auf, und stieß ebenso viele kurze Freudenrufe aus; ein Zweifel fiel ihr aber sogleich wieder ein, und sie verlangte zu wissen, welchen möglichen Grund ich haben könne, um in einer Gegend zu wohnen, wo nur Wenige, mit Ausnahme Solcher, sich niederließen, welche durch Unglück hieher getrieben waren. Es fiel mir ein, ich könne ihren Einwurf durch Erzählung der Sage über das angebliche Steigen meiner Familie und durch den Umstand beseitigen, daß wir unseren Namen von einem besonderen Platze bei Holyrood Palace ableiteten. Dieser Umstand, welcher den meisten Leuten als ein sehr abgeschmackter Grund für die Wahl eines Wohnsitzes gegolten haben würde, stellte Janet Mac Evoy durchaus zufrieden.

»Ohne Zweifel! wenn es das Land Eurer Väter war, so ließ sich nichts mehr darüber sagen, aber es war doch sonderbar, daß Euer Familiengut am Stadtende liegt und mit Häusern bedeckt ist, wo des Königs Kühe, Gott segne sie, mit Haut und Horn zu grasen pflegten; es war ein sonderbarer Wechsel.« Sie besann sich ein wenig, und fuhr dann fort: »aber es ist etwas besser für die Croftangry's, daß der Tausch des Feldes mit dem bewohnten Ort, und nicht vom bewohnten Ort mit der Wüste bei ihnen eintritt, denn Janet selbst kannte ein Thal, wo es Männer gab ebenso wohl wie in Croftangry, und wenn auch deren nicht so viele waren, so waren es ebenso gute Männer mit ihren buntgewürfelten Mänteln, wie die andern in ihren Tuchröcken; und Häuser waren dort auch vorhanden; und waren dieselben nicht von Stein und Kalk erbaut, und so hoch wie die Häuser in Croftangry, so waren sie doch gut genug für diejenigen, so darin wohnten, und manche schöne Mütze und manches seidene Kopfnetz und hübsche reiche Haube ging zur Kirche oder Kapelle am Sonntag, und die kleinen Knaben dahinter her. Und jetzt – ach, ach wehe mir! wehe mir! das Thal ist einsam, und die hübschen Kopfnetze und Mützen sind fort, und das Sachsenhaus steht einsam wie der nackte Fels, worauf der Falke baut, der Falke, der das Birkhuhn aus dem Thale treibt.«

Janet hatte, wie Hochländerinnen im Allgemeinen, eine lebhafte Einbildungskraft, und drückte sich, wenn ein düsterer Stoff sich ihr darbot, beinahe poetisch, dem Geiste der celtischen Sprache gemäß, aus, worin sie dachte und ohne Zweifel auch gesprochen haben würde, wenn ich das Galische verstanden hätte. Nach zwei Minuten war der Schatten der Düsterkeit und des Kummers dem heiteren Ausdruck ihrer Züge gewichen; sie war wieder die kleine, geschäftige, geschwätzige, wichtige alte Frau, die unbezweifelte Besitzerin eines kleinen Hauses in Abbey Yard, welche im Begriff stand, zur Haushälterin eines ältlichen Junggesellen, Chrystal Croftangry, befördert zu werden.

Bald darauf fanden die Nachforschungen Janets den Platz auf, den ich brauchte, und wir ließen uns dort nieder. Janet besorgte, ich würde nicht zufrieden sein, weil derselbe nicht genau zu Croftangry gehörte, allein ich beendete ihre Zweifel durch die Versicherung, derselbe sei ein Theil und Anhängsel davon zur Zeit meiner Vorfahren gewesen.

Ich will Niemand von der genaueren Beschaffenheit meiner Wohnung in Kenntniß setzen, obgleich, wie Bobadil sagt, »ich mich nicht darum bekümmere, ob man sie kennt, wenn nur das Nest mir bequem ist.« Im Allgemeinen kann ich angeben, daß es ein Haus ist, welches vom Grundeigenthum des Besitzers umringt ist; es hat nämlich einen Garten von beinahe einem halben Acker, und vor dem Eingang ein mit Bäumen bepflanztes Stück Land. Es prahlt mit fünf Zimmern und einer Bedientenstube, hat nach vorn die Aussicht auf den Palast, und nach hinten auf den Berg und die Klippen im königlichen Park. Glücklicherweise hatte der Platz einen Namen, welcher, mit einiger Nachhülfe, das Märchen unterstützte, das ich der Janet aufgebunden hatte, und vielleicht nicht ungerne mir selbst aufbinden mögte. Er hieß Little-Croft; wir haben diesen Namen in Little-Croftangry erweitert, und die Herren Postbeamten haben die Veränderung genehmigt, indem sie die dorthin adressirten Briefe abgeben. Somit bin ich denn in jeder Weise Chrystal Croftangry von Little-Croftangry.

Meine Haushaltung besteht aus Janet, einer untergeordneten Magd und einer hochländischen Aufwärterin bei Janet, damit sie mit derselben sich in ihrer galischen Sprache üben kann, endlich auch aus einem gewandten Burschen, welcher den Tisch zu decken und außerdem einen Klepper zu besorgen versteht, auf welchem ich nach Portobellosands besonders zu Zeiten reite, wenn die Reiterei dort exercirt. Denn als alter Narr bin ich noch nicht gänzlich gleichgültig gegen das Gestampf der Pferde und das Glänzen der Waffen geworden, wovon etwas mehr zu erfahren mein Schicksal in der Jugend war, obgleich ich dem Berufe nach kein eigentlicher Soldat bin. An feuchten Morgen lese ich in einem Buche; bei schönem Wetter mache ich Besuche, oder wandle, je nach meiner Laune, auf den Klippen umher; mein Mittagessen ist allerdings einsam, wenn dieß auch nicht durchaus der Fall sein mag; denn obgleich Andrew aufwartet, so macht sich Janet, oder Frau Mac Evoy, welchen Namen ihr die Welt, mit Ausnahme ihres Herrn und gewisser hochländischer Klatschweiber, ertheilt, mit vielem Lärm bei mir zu schaffen, sieht nach, ob Alles in Ordnung ist und erzählt mir die wunderbaren Tagesneuigkeiten des Palastes. Ist das Tischtuch abgenommen und eine Cigarre angezündet, so genieße ich eine Pinte Portwein oder ein Glas Branntwein und Wasser, wobei sich Janet nach der Hausregel auf einen Stuhl in einiger Entfernung setzt und nickt, oder an ihrem Strumpf strickt, je nach ihrem Belieben; sie ist zum Sprechen bereit, wenn ich in Laune zum Schwatzen bin, oder sitzt ruhig wie eine Maus, wenn ich ein Buch oder die Zeitung zu lesen beabsichtige. Punkt 6 Uhr macht sie Thee und überläßt mich mir selbst; alsdann tritt ein Zeitraum ein, über den hinauszukommen für alte Junggesellen sehr schwierig ist. Das Theater ist gelegentlich ein guter Zufluchtsort, besonders wenn ein hiesiger guter Schauspieler auftritt oder ein heller Stern aus London erscheint, allein dasselbe ist für mich zu entlegen, was auch von den wenigen Clubbs gilt, deren Mitglied ich bin; außerdem sind die Abendspaziergänge unverträglich mit den Bedürfnissen des Lehnstuhls und dem dahin zielenden Gefühle, welches eine Beschäftigung erheischt, wodurch sich die Seele ohne Ermüdung des Körpers zerstreuen kann.

Unter dem Einfluß dieser Eindrücke dachte ich bisweilen an diese literarische Unternehmung. Ich hätte ein Tropf im höchsten Grade sein müssen, wenn ich mich für einen Mann höheren Geistes jemals gehalten hätte, allein ich habe Muße und Gedanken so gut, wie meine Nachbarn. Auch stehe ich auf der Grenze zweier Generationen und kann vielleicht mehr wie Andere auf jene verwelkenden Spuren des Altertums hinweisen, welche täglich mehr verschwinden; ferner bin ich mit manchem neuen Fall und alten Ueberlieferungen bekannt und frage deßhalb:

Was schadets mir, wenn ich so gut wie sie,
Den alten Büchern solche Mähr' entlieh,
Wie sie den Ahnen oft den Schlaf erweckt,
Die zugehört, im Lehnstuhl ausgestreckt?
Wohl Niemand kennt so gut sein eigen Haus
Wie ich des Brutus Fahrt und ersten Strauß,
Von Sanct Georg das Roß und blut'ge Kreuz,
Und Arthur's Tafel und Ysolde's Reiz.

Kein Laden wird so leicht eröffnet, wie der eines Antiquars. Wie bei der niedrigsten Stufe der Pfandverleiher ist ein Gerät von rostigem Eisen, ein Sack Hufnägel, ein paar alte Schuhschnallen, verdorbene Kochtöpfe, einige Feuerroste, die nicht länger gebraucht werden können, genügend, um das Geschäft anzufangen; fügt man noch einige Bündel Pfennig-Balladen und Geschichten von Seeschlachten hinzu, so ist der Antiquar ein großer Mann, und er hat ein ausgedehntes Geschäft; wenn nun der Verfasser, wie der schon erwähnte Pfänderverleiher, etwas Taschenspielerei versteht, kann er durch einiges Einsammeln und Stehlen das Innere seines Ladens weit prächtiger wie das Aeußere ausstatten und euch Dinge zeigen, welche bei denjenigen, die mit den Antiquarskniffen der Eigenthumsübertragung unbekannt sind, das größte Erstaunen erregen, wie man dazu gelangt sein kann.

Man kann sagen, daß antiquarische Artikel nur von wenig Kunden gesucht werden, und daß wir uns ebenso heiser schreien können, als die Waaren unseres Krames rostig sind, ohne daß wir einen Preis für dieselben erlangen. Meine Hoffnungen jedoch beruhen nicht allein auf diesem Theile meiner Arbeiten; ich hege auch die Absicht, einen entsprechenden Laden für Sentimentalität, Unterredungen und Untersuchungen zu halten, welche die Phantasie solcher Leute fangen können, die nach der hergebrachten Phrase nicht den rechten Sinn für das reine Alterthum haben; dieß soll als eine Art Waarenlager von Gemüsehändlern vor meinem Laden mit altem Eisen errichtet werden, und das rostige Material alter Zeiten gleichsam mit einem Kranze von Kresse, Kohl, Lauch und Rettigen umgeben.

Da ich mir die Vorstellung mache, ich könne zu gut schreiben, als daß ich verstanden würde, so erniedrige ich mich zur gewöhnlichen Sprache und gestehe mit geziemender Bescheidenheit, daß ich mich für fähig achte zur Herausgabe einer Unterhaltungsschrift, z. B. eines Zuschauers, eines Wächters u. s. w., so weit meine armen Talente dieß leisten können. Nicht will ich jedoch Johnson nachahmen, dessen allgemeine Gelehrsamkeit und Kraft des Ausdruckes ich durchaus mit der Behauptung nicht abläugnen will, daß viele seiner Herumstreicher Rambler, Herumstreicher, eine Wochenschrift von Johnson. nicht viel besser sind, als eine Art Gepränge, worin abgetretene und alltägliche Gedanken in hoher und mystischer Sprache sich blähen, und nur deßhalb einiges Ansehen erlangen, weil man sie nicht leicht versteht. Einige Aufsätze des großen Moralisten kann ich niemals durchlesen, ohne an eine Maskerade von nicht gerade anständigen Leuten zu denken, auf welcher die am meisten bekannten und am wenigsten geachteten Charaktere Londons als Helden, Sultane u. s. w. auftreten und einige Beachtung erlangen, bis man sie erkennt – es ist jedoch nicht klug, daß ich damit beginne, Steine zu werfen, gerade wenn ich selbst meine eigenen Fenster einsetze.

Ich glaube sogar, daß die Lage von Little Croftangry meinem Unternehmen günstig ist. Ein edlerer Gegensatz kann schwerlich vorhanden sein, als derjenige einer vom Rauch der Zeiten geschwärzten Stadt, welche von den verschiedenen Tönen thätigen Fleißes und mäßiger Vergnügungen erschallt, unter hohen felsigen Höhen, die schweigend und einsam wie das Grab find; die Eine zeigt die volle Gluth des Lebens, welche mit der Kraft einer Ueberschwemmung weiter stürzt; die Andere gleicht einem ergrauten Einsiedler, dessen Leben so still und unbemerkt wie der leichte Bach vorüber fließt, welcher ungehört und kaum erblickt aus dem Brunnen des Schutzheiligen sich ergießt. Die Stadt gleicht dem geschäftigen Tempel, wo der Comus und Mammon der neueren Zeiten ihren Hof halten, und wo Tausende Bequemlichkeit, Unabhängigkeit und sogar die Tugend vor den Altären derselben opfern; der mit Nebel umhüllte und einsame Berg erscheint dagegen als der majestätische aber furchtbare Geist der Feudalzeiten, als dieselben Gottheiten Adelskronen und Güter unter diejenigen vertheilten, welche Köpfe hatten, um kühne Unternehmungen zu entwerfen, und Arme, um dieselben auszuführen.

Ich habe gleichsam die zwei äußersten Punkte der moralischen Welt an meiner Thürschwelle. Vor meiner vorderen Thüre führt mich ein Spaziergang von wenigen Minuten in das Herz einer reichen und stark bevölkerten Stadt; wenige Schritte aus dem entgegengesetzten Eingänge bringen mich in eine so vollständige Einsamkeit, wie der deutsche Philosoph Zimmermann sie nur hätte wünschen können. Sicherlich kann ich mit solcher Unterstützung meiner Einbildungskraft besser schreiben, als besäße ich eine Wohnung in der neuen Stadt, oder eine Dachstube in der alten. Wie der Spanier sagt – Viamos – Corage!

In einer Zeitschrift wollte ich meine Geistesprodukte wegen zweier Gründe nicht herausgeben. Erstens mag ich nicht eilen, und habe an Mahnern in meiner Jugend genug gehabt, so daß ich dergleichen nicht sehen und nicht mehr davon hören mag, sogar in der am wenigsten furchtbaren Gestalt eines Buchdruckerjungen. Zweitens wird eine Zeitschrift nicht leicht außerhalb der Gegend, wo sie herauskömmt, in Umlauf gesetzt. Würde dies Werk in fliegenden Bogen herausgegeben, so würde es kaum ohne Anstrengung von Seiten des Buchhändlers über die nächsten Straßen hinauskommen und kaum in das vornehme Quartier gelangen. Nun hege ich aber den Ehrgeiz, daß meine Schriften, obgleich sie in diesem Thale von Holy Rood entsprungen sind, sich nicht allein in jenen erwähnten hohen Regionen ausdehnen, sondern auch, daß sie über den Forth gelangen, die Stadt Kirkaldy in Erstaunen setzen, die Schiffseigenthümer und Kohlenhändler im Osten des Fife entzücken, sich sogar in die klassischen Säulengänge von St. Andrew wagen, und noch weiter nördlich reisen, wohin der Wind des Beifalls ihre Segel führt. Was die Richtung nach Süden betrifft, so hegte ich darüber in meinen schmeichelhaftesten Träumen keine Hoffnung. Man hat mir gesagt, daß schottische Literatur wie schottischer Branntwein doch mit sehr hohen Zöllen belegt werden wird. Doch genug davon, wenn der Leser einfältig genug ist, um die Vortheile nicht zu begreifen, welche ein dickes Buch vor einer Sammlung fliegender Blätter voraus hat, so mag er die Schußweite einer mit Hagelschrot geladenen Flinte gegen diejenige desselben Gewehrs vergleichen, wenn es die Ladung desselben Gewichtes Blei in einer einzigen Kugel zusammengedrängt enthält.

Außerdem war es ungeeignet, eine Zeitschrift heraus zu geben, da ich nicht beabsichtige, Freunde um Beiträge zu ersuchen, oder letztere anzunehmen, ebenso wie ich mich um die Beurtheilungen solcher, welche vielleicht nicht so freundschaftlich gestimmt sind, nicht bekümmern will. Ungeachtet der ausgezeichneten Beispiele, auf die ich mich hierin berufen könnte, will ich weder eine Bettelbüchse unter dem Namen eines Löwenhauptes, noch unter demjenigen eines Eselskopfes errichten; was gut oder schlecht ist, soll mein Eigenthum oder der Beitrag von Freunden sein, zu welchen ich besonderen Zutritt habe. Einige meiner freiwilligen Mitarbeiter könnten vielleicht geschickter sein als ich, und dann müßte ein glänzender Artikel unter meinen albernen Geistesergießungen erscheinen, und sähe dann so aus, wie ein Stück goldener Tresse auf einem grauen Hausrock. Einige wären vielleicht schlimmer, und dann müßte ich sie zur Kränkung des Verfassers zurückweisen, oder sie aufnehmen, um meine eigene Dunkelheit auffallend und erkennbar zu machen; »jeder Häring,« sagt unser altmodisches Sprüchwort, »muß an seinem eigenen Kopfe gehängt werden.«

Eine Person jedoch nenne ich besonders, da sie tobt ist, nachdem sie die äußerste Grenze des menschlichen Lebens erreicht hatte. Dieselbe hatte mich mit ihrer Freundschaft beehrt, da wir auch wirklich Blutsverwandte im schottischen Sinn, der Himmel weiß in welchem Grade, und Freunde in englischem Sinn waren, ich meine die ausgezeichnete und beklagte Frau Bethune Baliol. Da ich jedoch dieses bewunderungswürdige Bild der alten Zeit zum Hauptcharakter in meinem Werke bestimme, so will ich hier nur sagen, daß sie meinen gegenwärtigen Zweck kannte und billigte; und obgleich sie während ihres Lebens aus einem Gefühl würdevoller Zurückhaltung, welche nach ihrer Meinung ihrem Alter, Geschlecht und Stand geziemte, dazu beizutragen sich weigerte, hinterließ sie mir einige Materialien zur Ausführung meines Werkes, welche ich zu haben wünschte, als ich aus ihrem Munde davon gehört hatte, uns welche ich jetzt, da ich ihre Handschrift besitze, für etwas Werthvolleres halte, als ich selbst irgend hätte bieten können. Ich hoffe, der Umstand, daß ich ihren Namen zugleich mit dem meinigen erwähne, verletzt keinen ihrer zahlreichen Freunde, da sie den besonderen Wunsch aussprach, ich möchte das Manuskript in der Weise benutzen, wie ich es jetzt gethan habe; ich muß jedoch hinzufügen, daß ich in den meisten Fällen die Namen verkleidet, und bei manchen einige Schattirung und Färbung zur Ausführung der Erzählung hinzugefügt habe.

Viel von meinem Material ist, außer diesem, von noch lebenden oder verstorbenen Freunden entlehnt. Die Genauigkeit einiger Angaben ist vielleicht zweifelhaft, und in dem Fall werde ich sehr gerne von genügenden Autoritäten die Berichtigungen von Irrtümern annehmen, welche bei Ueberlieferungen nicht wohl ausbleiben können. Der Zweck der ganzen Herausgabe besteht nur darin, daß ich die früheren Sitten Schottlands etwas beleuchte und sie gelegentlich mit denen der Gegenwart in Gegensatz stelle. Meine eigene Meinung ist in mancher Hinsicht zu Gunsten der jetzigen Zeit, jedoch nicht in so weit, daß dieselbe ein Mittel die Einbildungkraft zu üben, oder diejenige Theilnahme zu erregen darbietet, welche mit anderen Zeiten verknüpft ist. Es ist mir lieb, daß ich ein Schriftsteller oder Leser im Jahr 1826 bin, und möchte sehr gerne lesen oder erzählen, was zwischen dem vergangenen halben Jahrhundert und dem Jahrhundert vorher sich ereignet hat. Wir sind dabei in vortheilhafter Lage. Auftritte, in denen unsere Vorfahren tief dachten, leidenschaftlich handelten und verzweifelt starben, sind für uns Erzählungen, welche die Langeweile eines Winterabends verscheuchen, wenn wir gerade keine Gesellschaft haben, oder um einen Sommermorgen bequem zuzubringen, wenn es zum Ausreiten oder Spazierengehen zu heiß ist.

Ich will jedoch nicht sagen, daß meine Aufsätze und Erzählungen sich allein auf Schottland beschränken müssen; ich will mich zum Festhalten an keiner besonderen Art von Gegenständen verpflichten, sondern sage im Gegentheil mit Burns:

Vielleicht wird dieß als Liedchen enden,
Vielleicht sich auch zur Predigt wenden.

Ich habe nur als Nachschrift zu dem vorhergehenden Kapitel hinzuzufügen, daß ich meine Zuflucht zu Molière's Recept genommen und mein Manuskript meiner alten Haushälterin, Janet Mac Evoy, vorgelesen habe.

Die neu übertragene Würde einer Rathgeberin setzte Janet in Entzücken, und Wilkie oder Allan würde eine ausgezeichnete Zeichnung von ihr genommen haben, wie sie aufrecht im Lehnstuhl saß und statt ihrer gewöhnlichen nachlässigen Stellung ihren Strumpf systematisch strickte, als wolle sie, daß jede Masche oder jede Neigung ihrer Stricknadeln im Einklänge mit dem Falle meiner Stimme stände. Ich besorge nur, daß ich selbst mehr Entzücken, als sich gebührt, an meiner Dichtung fand, und mit einem zu rednerischen Ausdrucke las, als ich es vor einem Zuhörer gewagt haben würde, von dessen Beifall ich nicht so überzeugt gewesen wäre. Das Ergebniß ermuthigte mich jedoch nicht gänzlich in meinem Plane.

Janet horchte wirklich mit großem Ernst auf die Erzählung meines früheren Lebens, und begleitete mit einigen mehr nachdrücklichen als artigen Flüchen die Aufnahme eines Herrn in Noth von Seite der Christie Steele, um so mehr, da jener Herr zum Hause ihrer früheren Gebieterin gehörte. Aus gewissen Gründen überging ich oder kürzte bedeutend ab Alles, was sich auf sie selbst bezog. Als ich aber ihr von meinen allgemeinen Absichten, mein Buch herauszugeben, vorlas, sah ich, daß die arme Janet gänzlich außer Fassung kam, obgleich sie, wie ein müder Jäger keuchend, schnaufend und mit kurzem Athem sich alle Mühe gab, um mit der Jagd gleichen Schritt zu halten; oder vielmehr, in ihrer Verlegenheit sah sie aus, wie eine taube Person, welche, sich ihrer Körperschwäche schämend, kein Wort das ihr sprecht, versteht, allein bei euch den Glauben zu erwecken wünscht, daß keines eurer Worte ihr entgehe, während sie lebhafte Besorgnisse hegt, daß man ihre Körperschwäche beargwöhne. Als sie sah, daß eine Bemerkung nothwendig war, glich sie in ihrer Kritik vollkommen dem Andächtigen, welcher das süße Wort » Mesopotamien« als die am meisten erbauende Stelle in der Predigt aufgegriffen hatte. Sie beeilte sich, mir ein allgemeines Lob zu ertheilen, indem sie sagte, Alles das sei sehr schön; vorzüglich verweilte sie aber bei demjenigen, was ich über Herrn Timmermann (so nannte sie den deutschen Philosophen) gesagt hatte; sie meinte, er müsse dieselbe Abstammung haben, wie der hochländische Clan Mac Intyre, welches bezeichnet, Sohn des Zimmermanns. »Es ist ein sehr ehrenwerther Mann, meine eigene Mutter war eine Mac Intyre.«

Kurz, es war offenbar, daß der letztere Theil meiner Einleitung für die arme Janet gänzlich verloren gegangen war; hätte ich nach Moliere's System handeln wollen, so mußte ich das Ganze vernichten und wieder von Neuem schreiben.

Ich weiß jedoch nicht, wie es kam; ich glaube, ich behielt eine ziemlich gute Meinung von dem, was ich geschrieben hatte, obgleich Janet es nicht verstand; ich mochte nicht die Delilah's der Einbildungskraft, wie Dryden sagt, nämlich die Bilder und rednerischen Figuren wegschaffen, welche gewissermaßen ein Kaviar für die Menge sind; ohnedem haßte ich das Umarbeiten eben so sehr, wie Falstaff das Schuldenzahlen; es ist eine doppelte Arbeit. Somit beschloß ich, Janet nur bei solchen Dingen in Zukunft um Rath zu fragen, welche über die Grenzen ihres Begriffsvermögens nicht hinausgingen, und meine Darlegung nebst meiner Redekunst dem Publikum ohne das Imprimatur einer Censur darzubieten. Ohnedem bin ich überzeugt, Janet wird ihren Beifall geben, wenn das Ganze fertig ist. Bei solchen Erzählungen, welche in den Bereich ihrer Gedanken und Gefühle gehören, werde ich ihr unverdorbenes Urtheil in Anspruch nehmen, und mit Hochachtung es mir merken – d. h., wenn es meinem eigenen nicht unmittelbar entgegen steht, denn ich sage immer mit Almanzor:

»So wisse, daß nur ich allein mein König bin.«

Der Leser weiß jetzt, wer ich bin, wo ich wohne, was ich mit diesem Werk beabsichtige, und unter welchen Umständen ich es unternommen habe; er hat auch eine Probe von des Verfassers Talent, kann selbst urtheilen, und mag weiter lesen oder das Buch an den Buchhändler zurückschicken, je nachdem sein eigener Geschmack darüber bestimmen wird.



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