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Zweites Kapitel.
Worin Herr Croftangry seine Geschichte fortsetzt.

Jener Acker, der jetzt nach Umbrenus Namen benannt ist,
Kürzlich das Land des Ofellus, wird Keinem als eigen gehören.
Bald wohl ist er mir eigen, doch bald auch dir.

Horaz, Sat. II. 2.

»Croftangry – Croftandrew – Croftanridge – Croftandgrey – denn in so verschiedener Weise wurde der Name geschrieben – ist ein wohlbekanntes Haus von hohem Alterthum; man sagt, daß König Malcolm, der erste schottische Fürst, welcher über den Firth of Forth zog, und einen Palast in Edinburg bewohnte, dort einen tapferen Mann in Diensten hatte, welcher das Kornland oder das Croft des Königs, das zur Unterhaltung seines Hofes diente, bepflügte und deßhalb Croft-an-ri, d. h. des Königs Croft genannt wurde; dieser Ort ist zwar jetzt mit Gebäuden bedeckt, heißt aber immer noch Croftangry und liegt in der Nähe des königlichen Palastes. Da nun einige derjenigen, welche diesen alten und ehrwürdigen Namen führen, denselben vielleicht weniger achten, weil er von dem Pflügen des Bodens herstammt, was man für eine sklavische Beschäftigung hält, so müssen wir dennoch den Pflug und den Spaten ehren, da wir Alle unser Leben vom Vater Adam ableiten, dessen Loos es wurde, den Boden zu pflügen, in Betracht seines Falles und seiner Uebertretungen.

»Auch haben wir ja Zeugniß sowohl in der heiligen Schrift, wie in der Profangeschichte, daß der Ackerbau vor Alters in großen Ehren gehalten wurde; kamen doch Propheten vom Pfluge her, und große Hauptleute, z. B. Cincinnatus, wurden von demselben hergeholt, um ihr Vaterland zu vertheidigen: sie kämpften alsdann gegen den gemeinsamen Feind nicht deßhalb mit geringerer Tapferkeit, weil sie die Handhabe des Pfluges gehalten, und Pferde so wie Ochsen getrieben hatten.

»Gleicherweise sind unter dem schottischen Adel mehrere ehrenwerthe Familien, welche höher emporgeklommen sind auf der Leiter der Auszeichnung, als dies Haus Croftangry, und welche nicht auf ihren kriegerischen Schilden und Wappen die Werkzeuge zu tragen sich schämen, womit ihre Ahnen das Land umpflügten, oder wie der Dichter Virgilius es passend nennt, den Boden unterwarfen. Ohne Zweifel erzeugte dies alte Haus Croftangry, so lange es also genannt wurde, viele würdige und berühmte Patrioten, deren Namen ich übergehe; denn es ist mein Zweck, wenn Gott mir für eine solche fromme Verrichtung das Leben schenkt, daß ich den ersten Theil meiner Erzählung über das Haus Croftangry wieder aufnehme, wenn ich weitläufig die Zeugnisse und geschichtlichen Thatsachen über die von mir zu berichtenden Ereignisse zusammenstellen kann; dieweil ich erkenne, daß Worte ohne Beweise wie Samen auf nacktem Felsen, oder wie Häuser sind, die man auf treulosen Triebsand erbaut.«

Hier hielt ich an, um Athem zu holen; denn der Styl meines Ahnen, des Erzählers dieser guten Dinge, war etwas langweilig. Die Mittheilung des Uebrigen verschiebe ich, bis ich in eine antiquarische Gesellschaft aufgenommen bin, und will dann eine Ausgabe nach den Regeln der gelehrten Gesellschaften mit einem Facsimile des Manuscriptes und dem Familienwappen drucken lassen, dessen Inschrift den Familienstolz mit den Worten zurückweist: Haec nos novimus esse nihil Wir wissen, daß dies Nichts ist – Kaum nenne ich dies unser Eigenthum., oder Vix ea nostra voco.

Mittlerweile beargwohne ich, daß mein würdiger Vorfahr, obgleich er sich so viele Mühe gab, die Würde seiner Familie anzuschwellen, über den Rang eines mittleren Grundbesitzers so wenig als seine Nachkommen hinausgekommen war. Das Gut Glentanner fiel auf uns durch die Verheirathung meines Ahnes mit einer Dame aus dem alten und edlen englisch-normännischen Geschlecht Somerville, wovon ein Zweig in Schottland ansäßig ist. Auf diese Verbindung folgte Familienunglück, denn der Gemahl der Dame fiel in der Schlacht von Floddenfield.

Weiterhin hatten wir unsern Antheil am Nationalunglück. Unsere Güter wurden im großen Bürgerkrieg eingezogen, weil meine Vorfahren vornehmeren Leuten auf das Schlachtfeld von Langfide folgten. In den heftig bewegten Zeiten der letzten Stewarts erlitten wir schwere Geldstrafen, weil wir geächtete reformirte Prediger beherbergt und versteckt hatten; wir entgingen kaum der Gefahr, einen Märtyrer zum Kalender der Covenanters in der Person des Vaters unseres Familienhistorikers hinzuzufügen. Er nahm jedoch dem Pferde das Bündel ab, wie das Manuscript sich hier ausdrückt, fügte sich den Bedingungen der Amnestie, welche die Regierung anbot, und unterschrieb einen Schein, daß er später nicht mehr Anstoß geben werde. Mein Ahn macht über die Schwäche seines Vaters in Aufgebung seiner Partei so milde Bemerkungen, als es ihm nur möglich ist; er tröstet sich dadurch, daß er seinen Mangel an Entschlossenheit seinem Widerstreben zuschreibt, den Untergang einer alten Familie zu veranlassen und zu gestatten, daß seine Landgüter vom Staat eingezogen würden.

»Und wahrlich,« schrieb der ehrwürdige Geschichtschreiber, »treffen wir in Schottland wenig Schlemmer, denen ihr Bauch ein Gott ist, und welche unnatürlich genug sind, das ihnen hinterlassene Erbtheil in Verschwendung und Liederlichkeit zu verschlingen, so daß sie wie der verlorne Sohn die Trebern aus einem Schweinetroge fressen müssen. Sowie ich nun das Dasein solcher unnatürlicher Nero's in meiner eigenen Familie nicht zu fürchten brauche, die das Eigenthum ihres Hauses wie unvernünftige Thiere aus bloßer Gefräßigkeit und Liederlichkeit verschlingen, brauche ich auch nur meine Abkömmlinge davor zu warnen, daß sie sich in Veränderungen des Staates und der Religion nicht zu hastig einlassen, denn dies hat beinahe dies arme Haus Croftangry zum Untergange gebracht, wie wir schon mehr als einmal gezeigt haben. Ich mag aber auch nicht, daß meine Nachkommen gänzlich still sitzen, wenn ihre Pflicht für Kirche und Fürst in Anspruch genommen wird; ich wünsche nur, daß sie warten mögen, bis stärkere und reichere Leute, als sie, aufgestanden sind; dadurch erhalten sie bessere Aussicht, ihre Sache zu gewinnen, oder wenn der Aufstand mißlingt, haben wenigstens die Sieger größere Beute, so daß sie, wie gesättigte Raubvögel, das kleinere Wild verschonen.«

In diesem Schluß lag etwas, was mich zuerst ungemein ärgerte, und ich war so unnatürlich, das Ganze als armseliges, elendes und erbärmliches Geschwätz zu verfluchen, womit der alte Mann sehr Viel über Nichts sagte. Der erste Eindruck ging sogar dahin, das Zeug in's Feuer zu werfen, um so mehr, da es mich auf keine schmeichelhafte Weise an den Verlust meines Familieneigenthumes erinnerte, an welches der Verfasser der Geschichte so große Anhänglichkeit sogar in der Weise zeigte, die er am strengsten getadelt hatte. Ja es schien meinen gekränkten Gefühlen, daß dieser ohne Bewußtsein auf die Zukunft geworfene Blick der Voraussicht, in welcher er doch nicht die Thorheit eines seiner Abkömmlinge erkennen konnte, welcher das ganze Erbtheil in wenig Jahren eitler Verschwendung und Thorheit verschleudern würde – daß dieser auf die Zukunft geworfene Blick eine persönliche Unhöflichkeit gegen mich bezwecke, mochte er auch fünfzig oder sechzig Jahre vor meiner Geburt gethan worden sein.

Einiges Nachdenken erweckte bei mir Scham über dieses Gefühl des Aergers, und als ich auf die deutliche, bestimmte, aber dennoch ein Zittern der Hand bezeugende Schrift blickte, in welcher das Manuscript verfaßt war, konnte ich mich des Gedankens, nach einer ernstlich ausgesprochenen Meinung, nicht erwehren, daß man aus der Handschrift eines Mannes auf dessen Charakter schließen könne. Die niedlichen aber zusammengedrängten kleinen Schriftzüge wiesen auf einen Mann von gutem Gewissen und geregelten Leidenschaften, welcher nach seinem eigenen Ausdruck aufrecht durch das Leben gegangen sei; sie zeigten jedoch auch einen beschränkten Geist, sowie eingewurzelte Vorurtheile an, und eine gewisse Unduldsamkeit, welche in beschränkter Erziehung ihren Grund hatte.

Die Stellen aus der Bibel und aus den Klassikern, die mehr verschwenderisch als glücklich angebracht und mit gesperrter Schrift geschrieben waren, um ihre Wichtigkeit anzudeuten, erläuterten jene eigenthümliche Art Pedanterei, welche den Streitpunkt für gewonnen hält, wenn man ein Citat in Sicherheit gebracht hat. Bezeichnen ferner nicht die mit Schnörkeln verzierten großen Buchstaben, womit er den Anfang jedes Paragraphen, sowie die Namen seiner Familie und seiner Ahnen auszeichnete, so oft dieselben im Manuscript vorkamen, sehr bestimmt den Stolz und das Gefühl der Wichtigkeit, womit der Verfasser seine Arbeit unternahm und ausführte?

Ich überzeugte mich, das Ganze gäbe ein so vollständiges Abbild des Mannes, daß die Entstellung seines Porträts oder sogar die Störung seiner Gebeine im Sarge keine frevelhaftere Handlung gewesen wäre, als die Zerstörung seines Manuscriptes. Einen Augenblick dachte ich daran, dasselbe Herrn Fairscribe zu schenken, allein daran verhinderte mich die verwünschte Stelle über den verschwenderischen Sohn und den Schweinetrog; zuletzt beschloß ich, ich könne es ja in meinem eigenen Schrank mit der Absicht verschließen, in Zukunft niemals mehr hinein zu blicken.

Ich weiß nicht, wie es geschah, allein der Gegenstand begann mir näher am Herzen zu liegen, als ich bisher gedacht hatte; zu wiederholten Malen las ich Beschreibungen von Pachtgütern, welche nicht länger mein Eigenthum waren, und von Grenzmarken, welche jetzt das Eigenthum Anderer bezeichneten. Eine Liebe zum Natale solum, oder zum Familiengute, wenn Swift die zwei Worte richtig übersetzt hat, begann in meinem Busen zu erwachen; die Erinnerungen meiner eigenen Jugend trugen wenig dazu bei, mit Ausnahme derjenigen, die sich auf die Jagd und andere mit körperlicher Geschicklichkeit verbundene Belustigungen bezogen. Eine Laufbahn, die allein im Genuß von Vergnügungen besteht, ist nicht geeignet, einen Geschmack an Naturschönheiten, und noch weniger Gedankenverbindungen empfindsamer Art zu erwecken, die uns mit den leblosen Gegenständen um uns her verknüpfen.

So lange ich mein Gut besaß und es verschwendete, hatte ich nicht weiter daran gedacht, als daß es das rohe Material enthalte, woraus eine gewisse untergeordnete Rasse von Geschöpfen, Pächter genannt, mir gewisse Einkünfte, Pachtzins genannt, zu meinen Ausgaben herbeischaffen müßten, und zwar in größerem Betrage, als es wirklich der Fall war. Dies war meine allgemeine Ansicht von der Sache. Hinsichtlich besonderer Orte erinnerte ich mich, daß Garvalhill ein treffliches Stück Bergweide zur Aufziehung von Füllen sei, durch dessen Beschaffenheit sie ihre Füße im Galopp zu strecken lernten – daß der Bach Minionburn die schönsten gelben Forellen enthalte – daß Seggycleugh hinsichtlich seiner Schnepfen unerreichbar sei – daß Bengibbertmoors eine treffliche Jagd von Wasserhühnern darböten, und daß die klare sprudelnde Quelle Harper'swell den besten Sammelplatz der Fuchsjäger in der Nachbarschaft nach dem harten Ritt eines Morgens abgebe.

Diese Vorstellungen riefen allmälig andere Bilder zurück, deren Werth ich seitdem zu schätzen gelernt hatte – manchen Schauplatz schweigender Einsamkeit, wo ausgedehnte Moore, die sich wellenförmig bis zu wilden Hügeln erheben, nur vom Pfeifen des Regenvogels oder von dem Krähen des Birkhahnes gestört werden, wo wilde Schluchten sich unter Bergen mit Wäldern hinziehen, welche allmälig, wenn man den Pfaden der Schäfer und Einsammler von Waldfrüchten folgt, sich erweitern und vertiefen, während eine jede den Kanal eines Baches bildet, bisweilen mit steilen Erdwänden, oft aber auch mit der mehr romantischen Einfassung nackter Felsen oder Klippen, auf deren Kamm sich Eichen, Bergeschen und Haselgebüsche erheben – eine Gegend, welche dem Auge um so mehr Genuß gewährt, da man sie nach der nackten Beschaffenheit des umgebenden Landes durchaus nicht erwartet hatte.

Ich erinnerte mich auch der schönen und fruchtbaren Flächen zwischen den bewaldeten Höhen und dem reißenden Strome des Clyde, welcher, wie reiner Bernstein gefärbt, durch Felsen in einem Kiesbette rauscht, und eine Art Ehrfurcht durch die wenigen und treulosen Furthen, die er darbietet, so wie durch die Häufigkeit der Unglücksfälle einflößt, welche jetzt durch die Zahl der Brücken vermindert sind. Diese angeschwemmten Flächen waren durch dreifache oder vierfache Reihen großer Bäume häufig begrenzt, welche deren Rand anmuthig umgaben und ihre langen Arme in den schäumenden Strom des Flusses tauchten. Ich erinnerte mich anderer Gegenden, die ein alter Jäger als den Aufenthaltsort furchtbarer wilder Katzen, oder als Plätze beschrieb, wo ein gewaltiger Hirsch sich gestellt hatte, oder wo Häuptlinge, deren Macht jetzt vergessen ist, durch Ueberfall oder im offenen Kampfe gefallen sein sollten.

Man kann sich denken, daß diese Landschaften den Blicken meiner Einbildungskraft nicht wie eine Gegend auf der Bühne enthüllt wurden, wenn sich der Vorhang erhoben hat. Ich sagte schon, daß ich während der verschwenderischen Periode meines Lebens auf das mich umgebende Land mit den Augen meines Körpers, aber nicht mit denen meines Verstandes blickte. Stück für Stück, wie ein Kind seine Aufgabe erlernet, erinnerte ich mich der Naturschönheiten, welche mich im Hause meiner Ahnen umringt hatten. Ein natürliches Wohlgefallen an denselben muß in meinem Herzen gelauert haben, welches erwachte, als ich in fremdem Lande war; es wurde stufenweise zu meiner Lieblingsleidenschaft, so daß ich allmälig meine Blicke einwärts kehrte, und die vernachlässigten Vorräthe durchwühlte, welche mein Gedächtniß unwillkürlich mir wieder vorführte, und, einmal angeregt, zu sammeln und zu vervollständigen sich bestrebte.

Ich begann jetzt bitterer als jemals die thörichte Verschwendung meines Familiengutes zu bedauern, und erkannte, daß die auf dessen Verbesserung verwandte Sorgfalt mir eine angenehme Beschäftigung bei meiner Muße gewährt haben würde, in welcher ich jetzt nur über vergangenem Unglück brütete, und meine nutzlose Reue steigerte. »Wäre nur ein einziges Pachtgut, wenn auch noch so klein, zurückbehalten worden,« sagte ich eines Tages zu Herrn Fairscribe, so würde ich einen Platz, den ich mein Haus nennen könnte, und eine Thätigkeit behalten haben, das sich als Geschäft bezeichnen ließe.«

»Das hätte sich einrichten lassen,« erwiderte Fairscribe, »ich war meines Theils geneigt, das Wohnhaus, das Zubehör und einige alte Familienäcker zusammen zu halten, allein Herr S. und Ihr waret der Meinung, daß Geld nützlicher sein würde.«

»Allerdings, mein guter Freund,« sagte ich, »ich konnte es damals nicht über das Herz bringen, ein Glentanner mit 200 oder 300 Pfd. jährlicher Einkünfte, statt ein Glentanner mit eben so viel Tausend zu sein; ich war damals ein hochmüthiger, alberner, unwissender, verschwenderischer und gedemüthigter schottischer Gutsherr; da ich meine eingebildete Wichtigkeit für gänzlich zu Grunde gerichtet hielt, bekümmerte ich mich nicht weiter, wie bald oder wie gänzlich ich mir Alles vom Halse schaffen könnte, was mich oder Andere daran erinnern würde.«

»Und jetzt habt Ihr wahrscheinlich Eure Ansichten geändert?« meinte Fairscribe; »wohlan, das Glück pflegt uns zwar nur einmal einen Termin zu setzen, vielleicht aber gestattet es Euch, denselben noch einmal zu erneuen.«

»Was wollt Ihr damit sagen, guter Freund?«

»Nun,« sagte Fairscribe, »es bringt schlechtes Glück, will man etwas bekräftigen, bevor man es genau weiß. Ich will eine Reihe von Zeitungen nachschlagen, und morgen sollt Ihr von mir hören; für jetzt aber bedient Euch; wie ich sehe, habt Ihr Euch Euer Glas eingeschenkt.«

»Und ich will mir noch einmal einschenken,« sagte ich, indem ich den Rest in der Weinflasche in mein Glas goß. »Der Wein ist ausgezeichnet, und dies soll auch die Gesundheit sein, die ich jetzt ausbringe. Auf das Wohl Eurer Familie, mein guter Freund! und jetzt werde ich meine kleine Sirene, Miß Katie, ersuchen, mir ein schottisches Lied ohne fremde Verzierungen zu singen.«

Am nächsten Tage erhielt ich von Herrn Fairscribe ein Paket mit dem Einschluß einer Zeitung, unter deren Ankündigungen eine mit einem Kreuz zur Erregung meiner Aufmerksamkeit bezeichnet war. Ich las zu meinem Erstaunen einen gerichtlichen Befehl, welcher die Baronie Glentanner, jetzt Castle Treddles, in der Grafschaft Lanark und im Thale des Clyde gelegen, mit den Fischereien, Wäldern, Mooren, Waiden u. s. w. zum öffentlichen Verkauf ausbot. Die Ankündigung beschrieb weiterhin die Vortheile des Bodens, der Lage, der Naturschönheiten und der günstigen Verhältnisse zur Verbesserung; es war nicht dabei vergessen, daß es ein Freigut sei mit der eigenthümlichen polypenartigen Fähigkeit, in zwei, drei oder selbst mit einiger Nachhülfe in vier Freigüter mit Stimmberechtigung bei Parlamentswahlen zerschnitten zu werden; es war dabei ein Wink gegeben, daß zwei einflußreiche Familien sich mit großem Eifer den Parlamentssitz in der Grafschaft streitig machen würden. Der Preis, um welchen besagte Ländereien und Baronie ausgeboten wurden, war der Betrag der Pachtrenten von dreißig Jahren, ein Viertel mehr, als ich für das Eigenthum bekommen hatte. Dieser Umstand, welcher, wie ich glaube, erwähnt wurde, um den verbesserungsfähigen Charakter des Landes darzuthun, würde jedem Anderen einigen Schmerz verursacht haben; um jedoch die Wahrheit von mir im Guten wie im Bösen zu sagen, erweckte derselbe bei mir nicht den geringsten Kummer. Mich ärgerte nur, daß Fairscribe, welcher über die Ausdehnung meiner Mittel im Allgemeinen unterrichtet war, mich durch die Anzeige vom Verkauf meines Familienguts so hämisch quälen konnte, da ja der geforderte Preis meine Kräfte weit überstieg.

Ein Brief jedoch fiel aus dem Paket auf den Fußboden, zog dadurch meine Blicke auf sich und erklärte alsdann das Räthsel. Ein Client von Herrn Fairscribe, ein Kapitalist, wollte Glentanner kaufen, jedoch nur um dort sein Geld anzulegen – wahrscheinlich wird er das Gut niemals sehen. Der Preis des Ganzen überstieg aber um einige tausend Pfund die Geldmittel, über die er gerade verfügte, und somit wollte dieser gefällige Dives sehr gern einen Theilnehmer am Kauf für einen abgesonderten Pachthof annehmen, und selbst den besten Theil des ganzen Gutes in Bezug auf Schönheit dabei abgeben, vorausgesetzt, es werde ein angemessener Preis gestellt. Herr Fairscribe wollte dafür sorgen, daß ich nicht betrogen würde, und erklärte in seinem Billet, wenn ich wirklich an den Kauf denke, möge ich das Grundstück ansehen, zugleich aber ein strenges Incognito bewahren – ein Rath, der überflüssig genug war, da ich von Charakter zurückhaltend und selbst abstoßend bin.



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