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Erstes Kapitel.

Meine Geschichte beginnt am Tage nach der Abhaltung des Marktes im schottischen Städtchen Doune. Der Handel war dort lebhaft gewesen; mehrere Käufer hatten sich aus dem nördlichen und mittleren England eingestellt, und englisches Geld war so reichlich in Umlauf gekommen, daß die Herzen der hochländischen Pächter erfreut waren. Viele große Viehheerden sollten nach England unter dem Schutze der Käufer oder der Treiber aufbrechen, welche von Ersteren zu dem mühsamen, langweiligen und mit vieler Verantwortung verknüpften Geschäfte gemiethet waren, das Rindvieh viele hundert Meilen weit vom Markte, wo man dasselbe gekauft hatte, nach den Wiesen oder Pachthöfen zu treiben, wo es zur Abschlachtung gemästet werden sollte.

Die Hochländer sind besonders Meister in dem schwierigen Geschäfte des Viehtreibens, welches für sie eben so geeignet scheint, wie das Gewerbe des Krieges. Es gewährt Gelegenheit zu Ausübung ihrer geduldigen Ausdauer und angestrengten Thätigkeit. Sie müssen genau die Wege der Heerden kennen, welche in den rauhesten Theilen des Landes liegen, und so viel wie möglich die Landstraßen, welche den Füßen der Thiere Schaden thun, und die Orte, wo Weggelder erhoben werden, vermeiden, welche den Aerger der Viehtreiber erregen; auf dem breiten grünen oder grauen Pfade, welcher durch den sonst unzugänglichen Sumpf führt, kann die Heerde sich nicht allein mit Leichtigkeit und ohne Abgaben-Erhebung bewegen, sondern auch, wenn die Viehtreiber ihr Geschäft verstehen, einen Mund voll Nahrung unter Weges auflesen. Zur Nacht schlafen die Treiber gewöhnlich bei dem Vieh, von welcher Art auch das Wetter sein mag; viele dieser harten Männer kommen auf der Fußreise von Lochaber nach Lincolnshire gar nicht unter Dach. Sie erhalten eine sehr hohe Bezahlung, denn der ihnen ertheilte Auftrag ist von höchster Wichtigkeit; von ihrer Klugheit, Wachsamkeit und Ehrlichkeit ist nämlich der Umstand abhängig, daß das Vieh seine Bestimmung in gutem Zustande erreicht, und dem Viehhändler einen vortheilhaften Verkauf gewährt. Da sie sich aber auf eigene Kosten ernähren und erhalten müssen, so sind sie in dieser Hinsicht sehr sparsam. In der Zeit, von welcher ich rede, lebte ein hochländischer Viehtreiber auf seiner langen und mühsamen Reise nur von wenigem Hafermehl und ein oder zwei Zwiebeln, die von Zeit zu Zeit frisch angeschafft wurden, so wie von einem mit Branntwein gefüllten Widderhorn, welches er regelmäßig aber sehr sparsam jeden Morgen und Abend brauchte; sein Dolch oder das sogenannte schwarze Messer, in solcher Weise getragen, daß es unter dem Arme oder in den Falten seines Mantels versteckt blieb, war seine einzige Waffe, mit Ausnahme der Gerte, womit er die Bewegungen seiner Heerde leitete. Ein Hochländer war niemals so glücklich als bei solchen Gelegenheiten. Auf der ganzen Reise fand sich eine Menge von Vorfällen, welche die natürliche Neugier des Celten und seine Liebe zur Bewegung in Uebung erhielt; Ort und Scene wurden stets gewechselt; kleine, dem Gewerbe eigenthümliche Abenteuer traten ein; und der Verkehr mit den verschiedenen Viehmästern, Pächtern und Händlern war mit gelegentlichen Gelagen untermischt, welche dem hochländischen Donald nicht weniger angenehm waren, weil er nichts dabei zu bezahlen brauchte. Hiezu kam noch das Bewußtsein überlegener Geschicklichkeit. Denn der Hochländer, bei Viehzucht aufgezogen, ist wie ein Fürst unter den Heerden, und seine natürlichen Gewohnheiten verleiten ihn, das träge Leben des Schäfers zu verachten, so daß er sich niemals mehr heimisch fühlt, als wenn er einem prächtigen Schwarm seines vaterländischen Rindviehs als dessen Hüter und Beschützer folgt.

Unter denen, welche Doune am Morgen und in der beschriebenen Absicht verließen, fand sich kein hochländischer Bursch, welcher kecker seine Mütze aufsetzte, oder seine gewürfelten Strümpfe unter dem Knie über einem paar schönerer Beine mit den Strumpfbändern umschlang, als Robin Oig Mac Combich, gewöhnlich Robin Oig, d. h. junger oder kleiner Robin, genannt. Obgleich klein von Gestalt, wie das Beiwort Oig bezeugt, und mit nicht sehr starken Gliedern begabt, war er leicht und flink wie der Hirsch seiner Berge. Er besaß eine Elastizität des Schrittes, wegen welcher mancher stärkere Bursch auf einem langen Marsche ihn beneidete. Die Weise, wie er seinen Mantel in Falten warf und seine Mütze aufsetzte, bezeugte das Bewußtsein, daß ein so hübscher Hochländer, wie er, nicht unbemerkt unter den Mädchen des Niederlandes erscheinen würde. Die gefärbte Wange, die rothen Lippen und weißen Zähne schmückten ein Antlitz, welches dem Wetter häufig ausgesetzt, dadurch eher eine gesunde und männliche als rauhe Gesichtsfarbe erlangt hatte. Wenn Robin Oig nicht häufig lachte oder nicht einmal lächelte, wie dieß bei seinen Landsleuten auch ungewöhnlich ist, so strahlte dagegen sein helles Auge unter seiner Mütze von dem gewöhnlichen Ausdruck der Heiterkeit, welche leicht in Munterkeit übergehen konnte.

Die Abreise Robins war ein Ereigniß in der kleinen Stadt, in welcher und in deren Nähe er sehr viele männliche und weibliche Freunde hatte. Er war in seiner Art ein vornehmer Mann, machte beträchtliche Geschäfte auf eigene Rechnung und wurde als Viehtreiber von den hochländischen Pächtern jedem Andern der Gegend vorgezogen. Er hätte sein Geschäft bedeutend ausdehnen können, wenn er sich zur Annahme eines Gehülfen würde herabgelassen haben. Robin jedoch wies den Gedanken, Beistand anzunehmen, mit Ausnahme desjenigen einiger Geschwisterkinder, vielleicht wegen des Bewußtseins zurück, daß sein Ruf von seiner persönlichen Ausführung des ihm ertheilten Auftrages abhängig sei. Er begnügte sich deßhalb mit der höchsten Bezahlung, welche Personen seines Gewerbes ertheilt wird, und tröstete sich mit der Hoffnung, daß einige Reisen nach England ihn befähigen würden, sein Geschäft auf eigene Rechnung in einer seiner Familie geziemenden Weise zu führen. Robin Oigs Vater, Lachlan Mac Combich oder »Sohn meines Freundes« genannt, während sein wirklicher Stammesname Mac Gregor war, hatte diese Benennung von dem berühmten Robin dem Rothen erhalten, weil eine besondere Freundschaft zwischen dem Großvater Robins mit jenem berühmten Freibeuter bestanden hatte. Einige sagen sogar, Robin Oig habe seinen Taufnamen von einem Manne erhalten, der in den Wildnissen von Loch Lomond eben so berühmt war, wie sein Namensvetter Robin Hood in dem Walde von Sherwood. Wer sollte auf solche Ahnen nicht stolz sein? Dieß war auch bei Robin Oig der Fall; allein seine häufigen Reisen nach England und den Niederlanden hatten ihm Erfahrung genug erworben, als daß er nicht hätte wissen sollen, dergleichen Ansprüche, die ihm einiges Recht auf Auszeichnung in seinem einsamen Thale ertheilten, würden eben so lächerlich als schädlich für ihn sein, wenn er sich einfallen ließe, dieselben anderswo geltend zu machen. Der Stolz auf Geburt war deßhalb auch bei ihm wie der Schatz eines Geizhalses; er war der geheime Gegenstand seiner Betrachtung, womit aber niemals vor Fremden geprunkt wurde.

Robin Oig erhielt zahlreiche Beglückwünschungen mit auf den Weg. Die Kenner priesen seine Thiere, besonders seine eigenen, welche unzweifelhaft die besten waren. Einige reichten ihre Schnupftabaksdosen, damit er eine Priese zum Abschied nehme; Andere boten ihm den Becher zum Scheidetrunk, Alle riefen, »das Glück begleite Euch auf der Reise und kehre mit Euch heim – habt Glück auf dem sächsischen Markt, bringt Banknoten in Eurem Taschenbuch und Gold in Eurem Beutel zurück!«

Die hübschen Mädchen sagten ihm bescheidener Lebewohl, und mehr als Eine hätte ihren besten Schmuck für die Ueberzeugung gegeben, daß sein Auge zuletzt auf ihr ruhte, als er nach der Heerstraße einbog.

Robin Oig hatte gerade den gewöhnlichen, dem Aufbruch vorhergehenden Ruf erschallen lassen, um die noch zurückgebliebenen Thiere der Heerde anzutreiben, als er hinter sich die Worte hörte: »Bleibt, Robin, wartet ein wenig, hier ist Janet von Tomahourich – die alte Janet, Eures Vaters Schwester.«

»Der Henker hole sie, die alte hochländische Hexe und Wahrsagerin,« sagte ein Pächter aus der Gegend von Stirling, »sie wird das Vieh bezaubern.«

»Das kann sie nicht,« sagte ein anderer Weiser desselben Gewerbes. »Robin Oig ist nicht der Mann, der es bei einem seiner Thiere vergessen hätte, den Knoten von St. Mungo an dessen Schwanze anzubringen, und der verjagt die beste Hexe, welche je auf einem Besenstiel ritt.«

Der Leser hört vielleicht nicht ungern, daß das hochländische Vieh durch Zauberformeln und Hexenkünste sehr leicht heimgesucht werden kann; verständige Leute schützen sich dagegen, indem sie aus dem Haarbüschel, womit der Schwanz des Thieres endet, Knoten von besonderer Verwicklung schlingen.

Die alte Frau aber, welche den Verdacht des Pächters erregt hatte, schien sich nur um den Viehtreiber zu bekümmern, ohne auf die Heerde Acht zu geben; Robin dagegen zeigte sich über ihre Gegenwart etwas verdrießlich.

»Welch' altväterischer Einfall,« sagte er, »hat Euch, Muhme, heute Morgen so früh von Eurem Feuer vertrieben, ich habe Euch ja gestern Abend gute Nacht und Lebewohl gesagt.«

»Und mir mehr Silber zurückgelassen, als die alte Frau bis zu Eurer Rückkehr brauchen wird, Vogel meines Herzens,« sagte die Sibylle. »Aber ich würde mich wenig um die Speisen, die mich ernähren, oder das Feuer, welches mich erwärmt, oder Gottes gesegnete Sonne selbst bekümmern, wenn irgend etwas Anderes als Glück dem Enkel meines Vaters begegnete. Drum laßt mich den Zauberring um Euch ziehen, damit Ihr gesund in's fremde Land gelangt und unversehrt nach Hause kommt.«

Robin hielt halb verlegen halb lachend an, und gab den Nahestehenden ein Zeichen, daß er allein der alten Frau nachgebe, um sie bei guter Laune zu erhalten. Mittlerweile zog sie mit wankenden Schritten den Zauberkreis, von welchem Einige glauben, daß er aus der Mythologie der Druiden herstamme; derselbe besteht bekanntermaßen darin, daß die Person, welche ihn zieht, dreimal um diejenige herumgeht, welche der Gegenstand der Ceremonie ist, und daß sie sich dabei dem Laufe der Sonne gemäß bewegt. Einmal jedoch hielt sie an, und rief mit einer Stimme des Schreckens und Schauders: »Enkel meines Vaters, Blut klebt an Eurer Hand.«

»Still, um Gottes willen, Muhme,« sagte Robin Oig, »Ihr werdet Euch selbst nur mit diesem zweiten Gesicht quälen, weil Ihr es Tage lang nicht aus dem Kopfe bringen könnt.«

Die alte Frau wiederholte nur mit grausigen Blicken: »Blut klebt an Eurer Hand, und englisches Blut. Das Blut des Galen ist schöner und röther. Laßt uns sehen – laßt uns –«

Ehe Robin Oig sie verhindern konnte, was nur durch offene Gewaltthat bei der Schnelle und Entschiedenheit ihrer Bewegungen möglich war, hatte sie ihm den in den Falten seines Mantels geborgenen Dolch entrissen, hielt ihn empor und rief, obgleich die Waffe hell in der Sonne glänzte, »Blut, Blut, sächsisches Blut. Robin Oig Mac Combich gehe heute nicht nach England.«

»Still, still,« erwiderte Robin Oig, »das geht nicht, das nächste Mal würdet Ihr verlangen, daß ich aus dem Lande hinaus soll; schämt Euch, Muhme, gebt mir den Dolch. An der Farbe könnt Ihr nicht das Blut eines schwarzen Stiers von dem eines weißen unterscheiden, und Ihr wollt das bei sächsischem und gälischem Blute! Alle Menschen haben ihr Blut von Adam, Muhme; gebt mir meinen Dolch und laßt mich gehen, ich könnte jetzt schon auf dem halben Wege nach Stirling sein.«

»Das will ich nicht,« sagte die alte Frau, »auch will ich nicht Euren Mantel fahren lassen, wenn Ihr mir nicht das Versprechen gebt, die unglückliche Waffe nicht zu tragen.«

Die ihn umringenden Weiber drängten ihn ebenfalls mit ihren Bitten, indem sie sagten, daß wenige Worte seiner Muhme nicht erfüllt werden, und da die niederländischen Pächter verdrießlich auf den Auftritt blickten, beschloß Robin Oig, denselben um jeden Preis zu beendigen.

»Wohlan denn,« sagte der junge Viehtreiber, indem er die Waffe dem Hugh Morrison überreichte, »ihr Niederländer bekümmert euch nicht um solchen Aberglauben; verwahrt mir den Dolch; ich kann ihn Euch nicht geben, weil er meinem Vater angehörte, allein Eure Heerde folgt der unsrigen, und ich bin zufrieden, daß Ihr mir ihn aufbewahrt. Ist das genug, Muhme?«

»Das muß genügen,« sagte die alte Frau, »das heißt, wenn der Niederländer verrückt genug ist, das Messer zu tragen.«

Der kräftige Landmann aus dem Westen lachte laut. »Frau,« sagte er, »ich bin Hugh Morrison aus Glenae, und stamme von den tapfern Morrisons alter Zeit, die niemals eine kurze Waffe gegen einen Mann zückten. Sie brauchten das nicht, sie trugen ihre breiten Degen, und ich habe diesen kleinen Spazierstock.« Er zeigte auf einen furchtbaren Knittel. »Den Hochländern überlasse ich es, über den Tisch mit ihren Dolchen zu stechen – Ihr braucht nicht zu schnaufen, Keiner von euch Hochländern, und Ihr besonders nicht, Robin; ich will das kleine Messer bewahren und es Euch zurückgeben, wenn Ihr es haben wollt.«

Robin war nicht ganz mit einem Theile der Rede Morrisons zufrieden, er hatte jedoch auf seinen Reisen mehr Geduld erlernt, als seinem hochländischen Charakter ursprünglich angehörte, und er nahm den Dienst des Abkömmlings der männlichen Morrisons an, ohne daß er an der etwas wegwerfenden Weise Anstoß fand, worin ihm derselbe angeboten wurde.

»Hätte er nicht etwas von seinem Morgentrunk im Kopfe, und wäre er nicht außerdem ein Schwein aus Dumfries, so würde er mehr wie ein Mann von Bildung gesprochen haben. Von einer Sau kann man aber nur ein Grunzen erwarten. Es wäre eine Schande, wenn meines Vaters Messer jemals für einen Mann wie ihn Hammelfleisch zerschneiden sollte.«

Mit diesen Worten, die übrigens in galischer Sprache gesagt wurden, trieb Robin seine Heerde fort, und winkte allen hinter ihm Stehenden ein Lebewohl zu. Er befand sich jetzt in um so größerer Eile, weil er in Falkirk einen Genossen gleichen Gewerbes zu erreichen hoffte, mit welchem er in Gesellschaft zu reisen sich vorgenommen hatte. Robin Oigs Freund war ein junger Engländer, Harry Wakefield mit Namen, welcher bei jedem Viehmarkt im Norden wohl bekannt, und in seiner Art eben so berühmt und geehrt, wie unser hochländischer Ochsentreiber war. Er war ungefähr sechs Fuß hoch, kräftig gebildet, um auf dem Viehmarkte von Smithfield (London) das Feld im Boxen zu behaupten, oder im Ringen den Preis zu erlangen; obgleich er vielleicht von den regelmäßigen Professoren der Kunst des Faustkampfes überwunden worden wäre, so vermochte er dennoch als Bauer oder zufälliger Kämpfer in öffentlichen Auftritten jeden Liebhaber des Boxens mit seinem Theil heimzuschicken. Die Wettrennen von Doncaster sahen ihn in aller seiner Glorie, wie er seine Guinee und meist mit glücklichem Erfolg wettete; auch wurde kein Hahnenkampf in Yorkshire geliefert, bei welchem er nicht gegenwärtig gewesen wäre, wenn es sein Geschäft erlaubte, sobald die Züchter von Kampfhähnen als solche einigen Ruf hatten. Obgleich jedoch ein flinker Bursch und ein Liebhaber von Vergnügungen, so wie ein häufiger Besucher der Orte, wo dieselben sich finden ließen, war Harry Wakefield ein solider Mann, und nicht einmal der vorsichtige Robin Oig selbst achtete mehr auf sein hauptsächlichstes Geschäft. Seine Feiertage waren allerdings Feiertage, die Werktage aber waren einer handfesten und ausdauernden Arbeit gewidmet. Im Ausdruck der Züge wie im Charakter war Wakefield das Muster der altenglischen munteren Miliz-Soldaten, deren Spieße in so vielen hundert Schlachten ihre Ueberlegenheit über Heere anderer Völker erwiesen, und deren gute Säbel zu unserer Zeit den wohlfeilsten und sichersten Schutz unseres Vaterlandes bilden. Seine Heiterkeit war bald erregt, denn kräftig von Gliedern, durchaus gesund und glücklich in seinen Umständen gestellt, war er geneigt, mit Allem, was ihn umgab, zufrieden zu sein; denn Schwierigkeiten, die sich ihm gelegentlich darboten, waren für einen Mann seiner Kraft eher Gegenstände des Vergnügens, als wirklichen Aergers. Bei allen guten Seiten seines lebhaften Gemüthes war unser englischer Viehtreiber nicht ohne Mängel. Er war jähzornig, bisweilen beinahe bis zur Händelsucht; vielleicht war seine Neigung, seine Zänkereien zur Entscheidung des Faustkampfes zu bringen, um so größer, weil nur wenige Gegner im Boxen es mit ihm aufnehmen konnten.

Man kann nur mit Schwierigkeit angeben, weßhalb Harry Wakefield und Robin Oig miteinander vertraut wurden; eine genaue Bekanntschaft war jedoch zwischen Beiden geschlossen, obgleich sie nur sehr wenige Gegenstände des Gespräches oder Interesses gemein hatten, sobald ihre Unterredung von andern Dingen, als von Ochsen handelte. Robin Oig sprach das Englische nur sehr unvollkommen bei andern Gegenständen als niederländischem und hochländischem Rindvieh; und Wakefield konnte seine an den breiten Dialekt von Yorkshire gewöhnte Zunge nicht dahin bringen, ein einziges galisches Wort auszusprechen. Vergeblich verbrachte Robin einen ganzen Morgen bei einem Spaziergang über den Minchmoor mit dem Versuche, seinem Gefährten die Aussprache des Schiboleth Llhu, des galischen Wortes für Kalb, mit aller Genauigkeit beizubringen. Von Traquair bis Murder Cairn ertönte der Berg von den übelklingenden Lauten, die der Engländer bei der unaussprechbaren Sylbe ausstieß, und dem herzlichen Gelächter, welches jedem mißlungenen Versuche folgte. Beide hatten jedoch noch bessere Weisen, um das Echo zu erwecken, denn Wakefield konnte manches Lied zum Lobe von Molly, Susan oder Cicely singen, und Robin Oig hatte eine eigenthümliche Gabe, unendliche Schlachtlieder mit allen Verwicklungen zu pfeifen; er kannte auch, was dem südlichen Ohre seines Freundes noch angenehmer war, viele, sowohl lebhafte wie ernste schottische Melodien, wozu Wakefield den Baß pfeifen lernte. Obgleich nun Robin die Geschichten seines Gefährten über Wettrennen oder Fuchsjagden kaum hätte begreifen können, und obgleich seine eigenen Geschichten von Kämpfen der Clans oder von Raubzügen, mit dem Geschrei von hochländischen Kobolden oder Feen untermischt, Caviar für seinen Freund gewesen wären, gelang es ihnen dennoch, einen Grad von Vergnügen in gegenseitiger Gesellschaft zu finden, wodurch sie schon drei Jahre lang veranlaßt wurden, sich einander auf ihren Reisen anzuschließen, wenn die Richtung derselben es gestattete. Jeder fand wirklich seinen Vortheil bei der Gesellschaft; wo konnte nämlich der Engländer einen besseren Führer wie Robin Oig Mac Combich in den westlichen Hochlanden finden? und wenn Beide sich in demjenigen Lande befanden, welches Harry die rechte Seite der Grenze nannte, so stand sein Schutz, welcher sehr ausgedehnt war, und seine Börse, welche schwer war, zu jeder Zeit seinem hochländischen Freunde zu Diensten, und bei manchen Gelegenheiten erwies seine Freigebigkeit ihm die Gastfreundschaft des ächt englischen Landmanns.


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