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III

Saint-Simon erhält eine Kavallerieschwadron. Der Tod der Herzogin von Montpensier. Der Herzog von Lauzun. Zwischenfall bei der Leichenwacht.

 

Mein Dienstjahr bei den Musketieren neigte sich seinem Ende zu, und mein Vater fragte den König, was er über meine Zukunft zu bestimmen geruhe. Da der König ihm die Entscheidung überließ, bestimmte er mich zur Kavallerie, weil er sie öfter auf besonderen Auftrag kommandiert hatte, und der König war so gnädig, mir eine Kompagnie Kavallerie in einem seiner Regimenter zu verleihen, ohne daß ich sie zu kaufen brauchte. Es mußte aber erst eine frei werden. Vier oder fünf Monate gingen auf diese Weise hin, und ich tat beständig mit Eifer und Pünktlichkeit meinen Dienst bei den Musketieren. Endlich, gegen Mitte April, ließ Saint-Pouenge bei mir anfragen, ob ich wohl eine Kompagnie im Regiment Royal-Roussillon annehmen wollte, die eben frei geworden, aber in sehr schlechtem Stande war und zu Mons in Garnison lag. Ich hatte eine Todesangst, ich könnte um den bevorstehenden Feldzug kommen und bewog daher meinen Vater, sie anzunehmen. Ich bedankte mich beim König, der mir sehr freundlich antwortete. Die Kompagnie war innerhalb von vierzehn Tagen wieder vollständig auf den alten Stand gebracht.

 

Mademoiselle, die große Mademoiselle, wie man sie nannte, um sie von der Tochter des Herzogs von Das Verhalten der Prinzen von Geblüt. Eine Anspielung auf das Verhalten des Hauses Condé gegen die Saint-Simons. – Die » fettesten Brocken« des Besitzes der Herzogin von Montpensier hatte der Herzog von Maine erhalten – Der Druck der Mémoires de Mademoiselle de Montpensier hatte 1718 begonnen, war aber unterdrückt worden. Sie erschienen erst 1735 wieder, doch stark überarbeitet und kastriert. – Lauzun, damals noch Marquis von Puyguilhem, hatte 1688 die Erlaubnis erhalten, eine Vergnügungsreise nach England zu machen und befand sich dort gerade, als die Revolution ausbrach. Jakob II. beauftragte ihn, die Königin und den Prinzen von Wales nach Calais zu bringen, eine Aufgabe, deren er sich auf sehr geschickte Weise entledigte und dadurch die Gunst Ludwigs XIV. wieder gewann.Orléans zu unterscheiden, oder, um sie mit ihrem Namen zu nennen, Mademoiselle de Montpensier, die älteste Tochter Gastons, Herzogs von Orléans, und die einzige aus seiner ersten Ehe, starb im Luxembourg, ihrem Palaste, Sonntag den 5. April, nach langer Krankheit an Harnverhaltung mit 63 Jahren. Sie war die reichste Prinzessin von Europa. Der König hatte sie besucht, und sie hatte ihm sehr ans Herz gelegt, Herrn von Joyeuse als ihren Verwandten zum Marschall von Frankreich zu machen. Sie interessierte sich für alle, die die Ehre hatten, ihr anzugehören, zeichnete sie aus und nannte sie Vetter und Base. Obwohl sie sonst sehr stolz war, unterschied sich ihr Verhalten in diesem Punkte gar sehr von demjenigen, das die Prinzen von Geblüt später zeigten. Selbst um sehr unbedeutende und entfernte Verwandte legte sie pünktlich Trauer an und erklärte, wieso sie mit ihr zusammenhingen. Der Herzog und die Herzogin von Orléans wichen während ihrer Krankheit nicht von ihrem Lager. Abgesehen von den engen Beziehungen, die stets zwischen ihr und dem Herzog geherrscht hatten, buhlte er um ihre reiche Verlassenschaft und wurde in der Tat ihr Universalerbe; doch waren ihm die fettesten Brocken entgangen.

Die veröffentlichten Memoiren dieser Prinzessin zeigen offen die Schwäche, die sie für Herrn von Lauzun hatte, und wie töricht es von diesem war, sie nicht gleich zu heiraten, als er die Erlaubnis des Königs dazu hatte, sondern damit warten zu wollen, bis er es mit mehr Glanz und Gepränge tun konnte. Als der König seine Erlaubnis zurückzog, war die Verzweiflung der beiden über die Maßen groß; aber die Schenkungen, die der Heiratskontrakt vorsah, waren gemacht und blieben durch andere Dokumente rechtsgültig. Der Herzog von Orléans war auf Veranlassung des Prinzen von Condé in den König gedrungen, seine Erlaubnis zu widerrufen; aber Frau von Montespan und Herr von Louvois hatten noch mehr teil daran, und gegen sie kehrte sich nun der ganze Zorn der Prinzessin und die Wut des Günstlings – denn das war Herr von Lauzun. Allerdings war er es nicht für lange: er vergaß sich mehrmals gegenüber dem Könige und noch öfter vor der Maitresse und machte es so dem Minister leicht, ihn zu verderben. Dieser brachte es endlich dahin, daß er ihn verhaften und nach Pignerol bringen lassen konnte, wo er auf seinen Befehl außerordentlich schlecht behandelt wurde und zehn Jahre verblieb. Seine Abwesenheit brachte die Liebe der Herzogin von Montpensier nicht zum Erkalten. Das wußte man zu benutzen, um den Herzog von Maine auf ihre und Lauzuns Kosten, der damit seine Freiheit erkaufte, glänzend zu versorgen. Die Prinzessin mußte zu ihrem großen Schmerz Eu, Aumale, Dombes und noch andere Herrschaften dem Herzog von Maine abtreten; und es geschah unter dem Vorwande der Dankbarkeit, in Wirklichkeit aber, um die unehelichen Kinder immer mehr zu erhöhen, daß der König sie die Livree der Prinzessin annehmen ließ, die keine andere war als die des Herzogs Gaston von Orléans.

Der aufgezwungene Erbe war ihr stets sehr wenig angenehm, und sie befand sich beständig in Verteidigungsstellung, um den Rest ihrer Besitzungen zu schützen, den der König ihr für diesen geliebten Sohn entreißen wollte.

Die unglaublichen Abenteuer Lauzuns, der die Königin von England und den Fürsten von Wales gerettet hatte, führten ihn wieder an den Hof zurück. Er hatte Das Schloß von Choisy-le-Roi, 10 km von Paris am linken Seineufer, war 1682 von François Mansart erbaut worden und hatte 800 000 Livres gekostet. – Der Kampf in der Vorstadt Saint-Antoine fand am 2. Juli 1652 zwischen Turenne, der die königliche Armee befehligte, und dem Großen Condé statt. Die Prinzessin sagt in ihren Memoiren: »L'on tira de la Bastille deux ou trois volées de canon, comme je l'avois ordonné lorsque j'en sortis.«sich mit der Prinzessin von Montpensier überworfen, die stets auf ihn eifersüchtig war und ihn selbst in ihrer Todesstunde nicht sehen wollte. Von ihren Schenkungen hatte er noch Thiers und Saint Fargeau im Besitz. Er ließ immer durchblicken, daß er Mademoiselle geheiratet habe und erschien vor dem König im großen Mantel, was dieser sehr unpassend fand. Nach der Trauer wollte er seine Livree nicht wieder aufnehmen und legte sich eine schwarzbraune mit blauen und weißen Borten zu, um seiner Betrübnis über den Verlust der Prinzessin beständig Ausdruck zu geben, auch hatte er überall Bildnisse von ihr.

Ihr schönes Haus in Choisy vermachte die Prinzessin dem Dauphin, der entzückt war, damit ein Lustschloß zu besitzen, in dem er mit Gästen seiner Wahl manchmal allein sein konnte. Den Fräulein de Breval und du Cambout, ihren Ehrendamen, hinterließ sie 20 000 Livres. Die frommen Stiftungen und die Legate an ihre Dienerschaft standen in keinem rechten Verhältnis zu ihren großen Reichtümern.

All die Memoiren über die Bürgerkriege und ihre eigenen haben sie so bekannt gemacht, daß hier nichts hinzugefügt zu werden braucht. Der König hatte ihr den Tag von Saint-Antoine nie ganz vergessen, und ich habe einmal gehört, wie er ihr bei der Abendtafel im Scherz, aber doch recht deutlich, Vorwürfe darüber machte, daß sie die Kanonen der Bastille auf seine Truppen habe schießen lassen. Sie wurde ein wenig verlegen, wußte sich aber ganz gut aus der Affäre zu ziehen.

Ihre Leichenfeier wurde mit allem einer königlichen Prinzessin zukommenden Glanze begangen. Die Leichenwache wurde mehrere Tage abwechselnd zwei Stunden lang von einer Herzogin oder einer Prinzessin und von zwei Damen von Rang in großen Kreppschleiern gehalten, die vom Oberzeremonienmeister im Namen des Königs dazu aufgefordert wurden. Die Gräfin von Soissons weigerte sich, dieser Aufforderung nachzukommen: der König geriet in Zorn, drohte ihr, sie vom Hofe zu jagen und zwang sie dadurch zum Gehorsam.

Die Herzogin von Montpensier

Bei der Leichenwacht ereignete sich ein sehr lächerlicher Vorfall. Mitten am Tage, in Gegenwart der ganzen feierlichen Versammlung, zerbarst die Urne, die auf einem Tische stand und die Eingeweide enthielt, mit furchtbarem Krachen, und es verbreitete sich plötzlich ein unerträglicher Gestank. Von den Damen fielen die einen vor Entsetzen in Ohnmacht, die anderen ergriffen die Flucht. Die Waffenherolde und die psalmodierenden Feuillantinermönche zwängten sich durch die ausreißende Menge, die sich an den Türen drängte. Die Verwirrung war unbeschreiblich. Die meisten stürzten in den Garten und die Höfe. Schuld an diesem Getümmel war die schlechte Einbalsamierung der Eingeweide, die in Gärung geraten waren. Alles wurde ausgeräuchert und wieder in Ordnung gebracht, und der Schrecken gab Anlaß zu großem Gelächter. Die Eingeweide wurden in das Cölestinerkloster gebracht, das Herz nach dem Val-de-Grace, und die Leiche ward von der Herzogin von Chartres, der die Herzogin de la Ferté, die Prinzessin von Harcourt und Damen von Rang folgten, nach Saint-Denis geleitet. Die Damen der Herzogin von Orléans folgten in der Karosse dieser Prinzessin. Die offiziellen Körperschaften wohnten einige Tage später dem Trauergottesdienst in Saint-Denis bei, wo der Erzbischof von Auch die Messe zelebrierte. Der Abt Anselmus, ein großer Prediger, hielt die Leichenrede. Bontemps war der erste Kammerdiener des Königs und Gouverneur von Versailles. (Siehe Namenregister.)


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