Joseph Richter
Bildergalerie klösterlicher Misbräuche
Joseph Richter

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Achtzehntes Kapitel.

Ueber Wirthschafterinnen und Köchinnen in Prälaturen.

Wir haben mit einem besondern Fleiß alle 73 Kapitel sammt den Erklärungen, und also die ganze Regel des heiligen Benedikts durchgelesen, konnten aber nirgends eine Spur von Wirthschafterinnen und Köchinnen finden; wohl aber sagt das 35te Kapitel ausdrücklich, daß kein Bruder von dem Küchendienst soll ausgenommen seyn. Es ist also ziemlich bewiesen, daß man zu Zeiten des heiligen Ordensstifters die Weiber keine Wirthschaft in den Mönchsklöstern treiben ließ.

Man hatte auch dazumal nachtheiligere Begriffe von der schönen Hälfte der Menschen. Der heilige Hieronymus nennet das Weib: die Pforte des Teufels, die Strasse des Lasters, einen Skorpionstich, und ein giftiges Insekt. An einem andern Ort sagt der nämliche Heilige: daß er überall herum suchte, aber auf der ganzen Welt kein braves Weib finden konnte, und der heilige Chrisostomus behauptet wohl gar, daß die wesentliche Leidenschaft der Weiber – Unzucht sey.

Wären beyde Heilige nicht Heilige vom ersten Rang, und zugleich Kirchenväter, so würden wir alles, was sie hier von Weibern Böses sagen, für blosse Verläumdung halten, so aber müssen wir ihnen leider aufs Wort glauben; nur nimmt es uns dann Wunder, wie die Herren Prälaten, die doch auch diese Kirchenväter sollen gelesen haben, fünf bis sechs dergleichen giftige Insekten in ihren Prälaturen behalten können. 116

Sie mögen sich immer mit dem Panzer der Keuschheit umgürten, so ist und bleibt es immer gefährlich, so nahe bey der Pforte des Teufels zu seyn: denn als Feldherren im geistlichen Krieg sollen sie ja die bekannte Regel wissen, daß man gegen den Fleischteufel nie Fronte machen, sondern ihn durch die Flucht ermüden müsse.

Wenn auch sie, als erfahrne Krieger, mit dem Erbfeinde der Mönche es aufnehmen können, so giebt es doch unter den Patern Küchenmeistern, Kämmerern u. s. w. immer einige, die weniger im Streit geübt sind, und durch deren schwächere Panzer leicht der Skorpionstich dringen dürfte.

Aber vielleicht hat sich das ganze Weibsgeschlecht seit Chrysostomus und Hieronymus Zeiten geändert, vielleicht besitzt man auch in Klöstern das Geheimnis, ihnen das Gift zu benehmen? So viel ist wenigstens gewiß, daß man weder die Prälaten noch die Hofpaters über diese Insekten klagen hört; vielmehr scheinen sie sich recht wohl dabey zu befinden.

O Mönche! o Weiber! o Cälibat! 117

 


 


 << zurück weiter >>