Joseph Richter
Bildergalerie klösterlicher Misbräuche
Joseph Richter

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Vierzehntes Kapitel.

Ueber Klosterfasten.

Was eigentlich Fasten sey, und was wir Fasten nennen, haben wir in der Bildergalerie katholischer Misbräuche, so viel wir uns erinnern, deutlich genug aus einander gesetzt. Wenn wir Layen also in diesem Punkte schon so weit vom Geist der Kirche abgewichen, so haben ihn die Mönche, die die geschwornen Antagonisten dieses Geistes sind, gewiß gänzlich aus dem Gesichte verloren.

Sie haben zwar dem Namen nach eine Menge Fasttäge; aber im Grund fasten sie weniger, als wir – und selbst dasjenige, was sie Kollation nennen, wäre für manchen Bauer und Bürgersmann ein prächtiger Schmaus; denn in den meisten Mönchsklöstern bekommen die Patres zur Kollation ihre gute Portion Wein; eine kraftvolle Suppe; ein paar weichgesottene Eyer, oder Karpfeneingeweide in einer stark gewürzten Brühe, und ein Stück Schweizer- oder wohl gar Parmesankäs.

Den armen Novizen wird es freylich schmäler zugeschnitten. Diese müssen sich mit einer elenden Suppe, oft auch mit gesottnen Zwetschen und etwas Brod und Wein begnügen, und also, weil sie im Wachsen sind, und doppelt Hunger haben, im Ernst für das ganze Konvent fasten; aber es ist billig, daß sie ihre Mägen als Novizen aushüngern, damit sie solche als Patres desto mehr anfüllen können.

Wenn aber auch wirklich von dem sämmtlichen Konvent Abends die strenge Diät der Novizen beobachtet würde, so könnten sie doch nicht sagen, daß sie fasten; denn sie 102 giessen zu Mittag so eine Quantität von blähenden in Milch, Schmalz und Butter gekochten Mehlspeisen, von Eyer, Fischen, Krebsen, Schildkröten, Schnecken, Rohrhühnern und dergleichen auf ihre Mühlen, daß sogar ein hungriger Landboth oder Drescher für den ganzen Tag daran zu verdauen hätte.

Und doch giebt es Mönchsmägen, die durch diesen Fastenschmaus nicht ganz ausgefüllet werden. Daher hat man in den Klöstern die feine Distinktion erfunden: daß man sich nie proprie satt esse, wenn man nicht die Tafel förmlich beschlossen, das ist, nach dem Tisch gebethet habe.

Wer also noch so eine leere Falte in seinem Magen entdecket, erbittet sich vom Prior die Erlaubniß, ohne Gebeth vom Tisch weggehn zu dürfen, um in der Welt bey seinem geistlichen Vater, oder Vetter, oder Muhme, oder auch seinem gutherzigen Beichtkinde die leere Falte auszufüllen.

Viele laden einige gute Freunde zu sich auf die Zelle, und dehnen so den Nachtisch bis zum Nachtessen aus, ohne im geringsten wider das Wesentliche des Sattessens zu sündigen; denn die Tafel ist nicht beschlossen, wenn man nicht gebethet hat.

Die Art, wie in Prälaturen gefastet wird, verdiente wohl ein eignes Kapitel; weil aber im Wesentlichen zwischen einer Prälaturabstinenz, oder Fasttag und einem Prälaturschmaus so ein unmerklicher Unterschied ist, haben wir beydes im folgenden Kapitel zusammen gefaßt, um die Anzahl der Kapitel nicht unnützerweise zu vermehren.

Wir mögen also von der spitzigen Kapuze bis zum goldenen oder mit Brillianten besetzten Pecktorale hinaufsteigen, so finden wir in Ansehung der Fasten nicht eine Spur vom ächten Geist der Kirche. Wer nun dann erst 103 auf die Qualität der Speisen, die die Mönche bey ihrem Fasten so häufig zu sich nehmen, einen nur halb philosophischen Blick wirft, und überlegt, welche Rebellion die blähenden Mehl- und Eyerspeisen, Fische, Schildkröten u. s. w. in den Säften der vollblütigen müssigen Mönche anrichten müssen, kann sich unmöglich eines andern bereden, als daß die Mönche dem Teufel förmlich den Krieg ankünden, und ihn muthwillig herausfordern wollen. Wenn sie aber dann von dem alten FuchseGerardus Belga sagt in c. 24. Reg. apud Buzel »Kein Mensch würde sich wundern, daß ein Mönch oft tiefer falle, als selbst die Weltleute, wenn jedermann wüßte, daß der Teufel oft feinere Künste anwende, einen einzigen Mönch zu stürzen, als die ganze Welt zu überwältigen, und daß oft die ganze Hölle sich zum Untergang eines einzigen solchen verschwöre; daß es also gleichsam ein immerwährendes Wunder, wenn der Mönch unter so viel Fallstricken sich erhalten kann.
    Wenn er uns Weltleuten nicht so sehr im Nacken ist, setzt der Verfasser der Briefe a. d. Nov. dazu, so kömmt es daher, weil wir ihm ohnehin gewiß sind.
trotz der errungenen Lorberreiser endlich auf das Haupt geschlagen werden, so ist es ihre eigene Schuld; denn das Sprichwort sagt:

Wer sich in die Gefahr begiebt, kömmt in der Gefahr um. 104

 


 


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