Joseph Richter
Bildergalerie klösterlicher Misbräuche
Joseph Richter

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Dreizehntes Kapitel.

Ueber Klosterbuchdruckereyen und Apotheken.

Wer reich werden will, sucht so viel als möglich einzunehmen, und so wenig als möglich auszugeben. In der praktischen Anwendung dieses Satzes sind die Mönche, die das Gelübd der Armuth geschworen haben, wahre Meister; denn sie sorgen dafür, daß von den Schätzen, die sie durch verschiedene offene und gedeckte Kanäle in ihre Reservoire zu leiten wissen, ja nicht mehr in die allgemeine Masse wieder zurücklaufe, als die liebe Nothwendigkeit fordert. Das heißt im unfigirlichen Verstande: die Mönche lassen sich ihre Messen, ihr Gebeth, und sogar ihre geistlichen SchnickschnackeUnter diese Schnickschnacke zählen wir ihre Blasiussegen, Hexenrauchwerk, Filianzen, Fieberbrode, Teufelspeitschen, Paulanerwachs u. s. w. von den Layen reichlich bezahlen, wollen aber im Gegentheil von den Layen alles gratis haben.

Daher hat jedes Kloster unter seinen Layenbrüdern einen eignen Schneider, der die Kutten zusammenflickt; einen Schuster, der ihre Schuhe und Sandalien verfertiget; einen eignen Klosterschreiner; einen eignen Küfer; einen eignen Glaser; und in einigen Ländern fabriziren wohl auch die Kapuziner sogar das Tuch zu ihren Kutten.

Sind es endlich Bedürfnisse, die sie unumgänglich von den Weltleuten nehmen müssen, so wenden sie sich an ihre sogenannte geistliche Väter, bey denen sie öfters mit einem Deo gratias, oder wenn es doch baar Geld seyn muß, ungleich wohlfeiler, als bey Fremden durchkommen. 98

Es giebt wenig Mönchs- und schon gar kein Bettelmönchkloster, wo sich nicht der Sohn eines Schmieds, eines Goldarbeiters, oder andrer nothwendiger Handwerker und Künstler befände. Ist nun irgend ein Ornat zu verfertigen, oder sonst etwas im Kloster auszubessern, so läßt man die Arbeit diesen geistlichen Vätern zukommen, die dann, wenn ihnen anders daran gelegen, ihre Söhne heut oder morgen als eine Klosterobrigkeit zu erblicken, kaum ihre eigenen Kosten in Rechnung bringen dürfen; manche sind wohl auch so galant, noch aus ihrem eignen Beutel darauf zu bezahlen.Kurzsichtige Leute glauben, wie viel dem Bürger durch Aufhebung der Klöster entzogen werde. Bey einigen entbehrlichen Klassen z. B. bey Stickern, Vergoldern, Mahlern, u. d. g. mag es wohl zutreffen; aber die übrigen scheinen nur dadurch zu gewinnen. Als eine Wahrheit angenommen, daß man in Kommunität wohlfeiler lebe, ist es ja bewiesen, daß die Individuen nun mehr verzehren, als im Kloster. Es ist nun kein Layenbruder, der ihnen ihr Kleid und ihre Schuhe verfertiget, sondern der Bürgersmann. Die Revenüen, die sie nun vom Staat ziehen, fliessen nun auch wieder dem Staat zurück. Sie haben nun Bedürfnisse, die sie im Kloster nicht kannten, und die ihnen nun kein geistlicher Vater mehr gratis befriediget. Ihre Aufhebung ist also auch von dieser Seite betrachtet, eine Wohlthat für das gemeine Wesen. Das Kloster, das vorhin einen einzigen Fischer oder Metzger ernährte, giebt nun durch seine aufgehobene Glieder, die noch immer Fische und Fleisch essen, mehrern Mitbürgern zu leben: und das ist doch ungleich besser für den Staat, als wenn sich zwey oder drey Bürger bereichern, die andern aber darben müssen.

Doch lassen wir die guten Leute ihre Kutten und Sandalien selbst verfertigen; ihre Fenster, durch die sie in die Welt gucken, selbst einschneiden; unsertwegen mögen sie auch ihre Fische selbst erzielen, und ihre eignen Ochsen schlachten; denn wir wollten ja in gegenwärtigem Kapitel nur von ihren Buchdruckereyen und Apotheken reden.

In Oesterreichs Provinzen gehören nun zwar die eignen Klosterdruckereyen unter die bereits aufgehobene Misbräuche; indessen existirt noch manch anders katholisches Land, wo die Klöster bis diese Stunde ihre Kathalogen, Direktorien, Breviere, Antiphonarien, Musikalien, Psalm-, 99 Gebeth und Meßbücher drucken. Wer aber dergleichen Bücher drucket, kann ja auch in diesen Winkeldruckereyen dem Staat schädliche und aufrührische Broschüren verfertigen, wodurch die allgemeine Sicherheit untergraben wird?

Es geräth also nicht nur der nöthige Geldumlauf ins Stocken, sondern es werden auch die Rechte des Landesfürsten dadurch gekränkt, und unsre Nachkömmlinge werden abermal ein verwunderungsvolles Gesicht machen, daß noch im 18ten Jahrhundert die weltlichen Fürsten unahndend zusehen konnten, wie die Mönche ihnen, den Bischöfen, und ihren aufgestellten Büchercensoren mit ihren Winkelbuchdruckereyen alle diese feine Streiche spielten.

Die Klosterapotheken würden wir nicht so ganz unter die Bilder dieser Galerie zählen, wenn sich uns nicht zwey schädliche Seiten an ihnen entdeckten.

Es ist doch eine Unmöglichkeit, daß ein Kloster, das die Medizinen nur für ihre eigene Bewohner verfertigt, ihre Apotheke im guten Stand erhalten könne. Sehr viele Arzneyen fodern eine vorläufige Zubereitung, und doch sind sie zugleich von einer Natur, daß sie sich nur wenige Täge aufbewahren lassen. Ereignet sich also der Fall, daß der Pazient plötzlich so eines Mittels bedarf, so muß er desselben entweder gänzlich entbehren, oder er muß veraltete unbrauchbare Arzneyen zu sich nehmen; wodurch aber im ersten Fall das Uebel nicht gehoben, und im zweyten noch ärger werden kann.

Die Mönche sehen dieß wohl ein, daher treiben sie, um frische Ware zu haben, wider alle landesfürstliche Befehle ein öffentliches Gewerbe mit ihren Arzneyen, und das zum wahren Nachtheil der übrigen weltlichen Apotheker.

Diese Herren haben noch den Vortheil voraus, daß einmal der gemeine Mann in allem, was aus Klöstern kömmt, eine geheime Wunderkraft zu finden glaubt, und 100 daß sie ihre Arzneyen auch wirklich wohlfeiler geben können, weil sie dem Staat keine Abgabe davon entrichten dürfen.

Das Schlimmste bey der Sache ist endlich, daß man das eine Loch nicht zumachen könne, ohne das andere zu öffnen. Schränkt man den Klöstern den Privatverkauf ein, so bleibt ihre Apotheke im schlechten Zustand, und der kranke Mönch bekömmt Gift statt Arzney: erlaubt man ihn aber, so leidet nicht nur der arbeitsame Bürger des Staats, sondern wohl selbst die allgemeine Sicherheit darunter, weil Klosterapotheken, so viel uns bewußt ist, keiner medizinischen Untersuchung unterliegen, und also auch hier mancher den Tod in der Arzney kaufen könnte.

Anstatt also den Klöstern, wie es bis itzt geschah, den Verkauf zu verbieten, sollte man unsers Erachtens lieber ihre Apotheken gänzlich zuschliessen.

Das Volk, der Adel, und selbst der Monarch bedient sich bey Krankheiten der öffentlichen approbirten Apotheken, und die Mönche wollen sich derselben nicht bedienen; wollen sogar im Purgiren Sonderlinge seyn?

Die Mönche, und auch die Bettelmönche, die Geld führen, können sich die Medizin so gut als die Weltleute kaufen; Kapuziner und ihre Konsorten aber sollten sie auf das Attestat des Klostermedikus in der Armenleutapotheke gratis bekommen.

Krebsaugen oder andere die Weinsäure verschluckende Mittel mögen sie immer zur guten Vorsicht im Kloster haben; auch dürfte sie ihr itziger Frater Apotheker im Nothfall mit Klistieren bedienen; aber alle übrigen Arzneyen müßten sie uns aus den öffentlichen Stadtapotheken holen; denn wir sehen nicht, warum die Mönche bey ihrer angelobten Mäßigkeit und Enthaltsamkeit Bedenken tragen sollten, die Gebrechen ihrer Körper in den weltlichen Apotheken bekannt zu machen. 101

 


 


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