Joseph Richter
Bildergalerie klösterlicher Misbräuche
Joseph Richter

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Einleitung.

Das Vaterland der Krokodile ist auch das Vaterland der Mönche. Beyde sind Egyptens Geburten; nur mit dem Unterschied, daß die Krokodile in ihren Sümpfen blieben, die Mönche sich aber über Gottes lieben weiten Erdboden ausbreiteten.

Diese Mönche konnte man in zwey Hauptklassen abtheilen: In Sarabaiten, die in Höhlen und Einöden wohnten, und in Gyrovagen, die durch das ganze Land strichen, und auf Kosten der Weltleute sich den Bauch füllten.

Der heilige Benedikt hat uns von beyden Arten eine Schilderung hinterlassen. Von den Sarabaiten sagt er, daß sie die scheußlichste Gattung von Mönchen seyn, die in ihrem Wandel der Welt nachleben, und mit ihrem geschornen Kopf Gott zum Narrn haben. Sie wohnen nicht in dem Schafstall des Herrn, sondern sind zu zweyen, dreyen, oder auch einzeln in ihre eigene Böckställe eingeschlossen, wo sie sich die 12 schändlichsten Lüste zum einzigen höchsten Gesetze machen, was ihnen behagt, heilig nennen, und was ihnen zu beschwerlich ist, als unerlaubt verschreyen.

Die Gyrovagen, oder Landstreicher, werden von dem Heiligen noch unsanfter beurtheilet. Er nennt sie die letzte Gattung von Mönchen, die ohne festgesetzte Wohnung durch die Provinzen streifen, Sklaven ihrer bösen Lüste und ihres Wanstes sind, und noch abscheulicher als die abscheulichen Sarabaiten leben.

Indessen war der heilige Benedikt selbst ein Schüler von so einem SarabaitenDer Bruder Roman, bey dem der heilige Benedikt einige Zeit in der Einöde wohnte., trug wie diese einen geschornen Kopf, und stiftete endlich zu Anfang des 6ten Jahrhunderts aus diesen Sarabaiten und Gyrovagen seinen heiligen Orden.Es gab zwar schon vor dem heiligen Benedikt einige Klöster in Occident; aber keinen förmlichen Orden, und deswegen kann man immerhin diesen den Stifter des Mönchswesen im Occident nennen.

Es giebt zwar böse Leute, die geradezu behaupten, daß nie ein heiliger Benedikt existirt habe, und daß seine Regel ein Flickwerk von einigen Mönchen des 7ten Jahrhunderts sey.

Sie gründen ihre Behauptung auf den Umstand, daß seine ganze Lebensbeschreibung ohne alle historische Vorbereitung, ohne Chronologie und Datum, und endlich von einem Manne geschrieben sey, der selbst Benediktiner war, und also nie für einen unparteyischen Zeugen gelten könne; da wir aber viel zu billig denken, um das unübersehbare Heer von Benediktinern, die sich alle seine Söhne nennen, 13 für Findlinge zu erklären, und sich über die Existenz oder Nichtexistenz dieses Ordensstifters zu viel pro und contra sagen läßt, so wollen wir lieber annehmen, daß der heilige BenediktDas ganze Leben dieses Heiligen, der nicht existiert haben soll, ist ein Gewebe von Wunderwerken. Im Mutterleib hörte man ihn die Psalmen singen. Wenn er als Kind weinte, kamen die Engel vom Himmel, und schauckelten ihn – bald brachten sie ihm Inful, Stab, Brevier u. s. w. zum spielen – ein andersmal machten sie dem jungen Abbt ein Konzert mit allen den Instrumenten, die erst tausend Jahre nachher auf der Erde erfunden wurden. Als er Abbt war, trieb er den Teufel mit einer Ohrfeige aus einem Mönch – machte das Eisen aus dem Grund des Flusses emporschwimmen, Wasser aus Felsen hervorspringen – erweckte Tode zum Leben – sagte künftige Dinge vor, und starb endlich stehend. nicht nur der Vater der Benediktiner, sondern der wirkliche Großvater des Mönchswesen im Occident war.

Wie uns der heilige Gregor erzählt, soll er allein 13 Klöster in der Gegend von Kassin gestiftet haben.

Im Jahr 1336. war der Benediktinerorden schon in 37 Provinzen eingetheilt – Im Jahr 1500. zählte man 52 000 Benediktinerklöster, und wenn gleich nach der Hand durch Luther, Zwingli und Kalvin sich ein schreckliches Gewitter über die geschornen Köpfe zusammen zog, und die weltlichen Potentaten so gottlos waren, die geweihten Wohnungen der Mönche in profane Stiftungen zu verwandeln, so hat der Hagel diesen Orden doch weniger als andere getroffen; denn man zählt noch itzt 15 000 Abteyen – 14 000 Prioreyen, nebst unzähligen einzelnen Ordenshäusern.

Dieser Orden soll nach der Verheissung des heiligen Benedikts bis an das Ende der Welt dauern, und so muß das Ende der Welt sehr nahe seyn. 14

Zu Anfang des 11ten Jahrhunderts wuchs aus diesem ungeheuren Baum noch ein anderer fruchtbarer Stamm hervor. Der heilige RomualdDer heilige Romuald half in seinen jüngern Jahren seinem Vater einen Blutsverwandten auf offnen Feld umbringen; allein eben dieser Mordthat hat die Welt die Existenz seines heiligen Ordens zu danken; denn die Reue darüber machte ihn zum Mönch, dann zum Bischof, und endlich zum Ordensstifter. Wer mit dem Orden der Kamaldulenser bekannt war, wird bemerkt haben, daß die Söhne ihrem heiligen Vater getreu nachgefolgt sind. Viele waren gleich dem heiligen Romuald in ihrer Jugend lockere Jungen, die entweder unglückliche Liebe, Genußsattheit, oder Verzweiflung in die Klöster führte, wo sie freylich die Sünden der Jugend durch häufige Chöre hinweg zu singen suchten, und es herzlich beweinten, daß sie nichts mehr genießen konnten. ein Benediktiner und Abbt des Classenischen Klosters regierte seine Mitbrüder nach der scharfen Regel; weil diese aber nach der gelinden Regel regiert seyn wollten, und den Kappzaum nicht gewöhnen konnten, machten sie ihrem Regenten so viel Verdruß, daß er endlich des Dings müde wurde, die Regierung niederlegte, und mit einigen seiner Anhänger in die Einöde floh.

Hier traf er einen Mann Namens Maldulus an, der ihm ein grosses Stück Feld auf dem Gebirg als sein Eigenthum anbot, mit der Bedingniß, daß er ein Kloster darauf erbauen, und es Kamaldulum nenne.

Der heilige Romuald gieng den Handel ein, baute das Kloster, schrieb seine strenge Regel vor, und weil er in einem Traum oder Verzuckung, gleich einem zweyten Jakob auf einer Leiter, die vom Himmel bis auf die Erde reichte, weiß gekleidete Mönche auf- und niedersteigen sah, so machte er aus schwarz, weiß, und stiftete den berühmten Kamaldulenserorden, der sich, um besser meditiren und observiren zu können, gleich dem Orden des heiligen Benedikts über die schönsten Hügel der Erde ausbreitete. 15

Aus seinen Lenden gieng noch im nämlichen Jahrhundert der Karthäuserorden hervor. Der Stifter war der heilige Bruno. Aber beyde Absprößlinge des heiligen Benedikts traf in den österreichischen Staaten das Unglück, daß sie vom Sturmwind der Kuttenreformation sammt der Wurzel ausgerissen wurden.

Noch ein andrer Abstämmling des heiligen Benedikts war der Cisterzienserorden, den der heilige Robert errichtet hat, so auch der Bernardiner- und Prämonstratenserorden, wenn sie gleich an Farb und Regel sehr von ihrem Stammbaum abwichen.

Man muß es allen diesen Orden zum Ruhm nachsagen, daß sie vermög ihrem Institut der Menschheit nützlich waren, oder wenigstens nicht zur Last fielen. Sie verdienten ihr Brod durch Handarbeit, besassen kein Eigenthum, machten durch ihren Fleiß manche wüste Gegend urbar, bewahrten uns die kostbarsten Denkmäler aus dem litterarischen Alterthume auf, brachten viele Kenntnisse der vorigen Jahrhunderte, ohne selbst etwas zu verstehen, auf die Nachwelt, und so hatte ihnen Europa in Ansehung der verfeinerten Sitten, und selbst in Ansehung der Wissenschaften manches zu verdanken.

Nichts artet aber leichter aus, als ein Mönch. Alle diese Orden setzten sich bald über die Vorschrift ihres Stifters weg. Sie zogen Reichthümer an sich, mischten sich in alle politische Angelegenheiten, knüpften Kabalen, und waren bey manchen Meutereyen die Anführer.

Die Aebbte tiranisirten ihre Mitbrüder, und machten sich schändlicherer Verbrechen schuldig, als man kaum den ausschweifenden Mönchen des Orients vorwerfen konnte.

Die Untergebenen wurden endlich des Drucks müde, und liefen schwarmweise aus den Klöstern, und so sah man Aerzte mit Kapuzen, Advokaten mit Kapuzen, und sogar Kriegsknechte mit Kapuzen in der Welt herumlaufen. 16

Diese schädliche Hummeln wären schon an sich hinlänglich gewesen, den Keim alles Guten von Gottes Erde zu verbannen; allein das zerrüttete Europa sollte noch von einem weit schrecklichern Heere von Insekten gepeiniget werden.

Das 13te Jahrhundert war es, das die Plage des Menschengeschlechtes – die Bettelmönche hervorbrachte, und damit ja gesunder Menschenverstand um so gewisser von dem Erdboden vertilget würde, wurden drey Orden fast zu gleicher Zeit erzeuget.

Rom war von der Höhe, zu der es Gregor der 7te empor gehoben hatte, wieder sehr herabgesunken. Die reichen Benediktinerklöster fiengen an stolz und übermächtig zu werden, nahmen Roms Befehle nicht immer mit der schuldigen Achtung auf, und gaben den Päbsten ihre Unabhängigkeit nur zu deutlich zu erkennen.

Das Projekt einen Orden zu stiften, der vom römischen Hof keinen festgesetzten Sold verlangte, und doch für den römischen Hof mit einer blinden Ergebenheit lebte und webte, konnte also nicht anders als angenehm seyn.

Der heilige Franziskus war der glückliche Mann, der es zwar nicht entwarf, (denn Rom arbeitete schon durch einige Jahrhunderte im Stillen daran) aber doch ausführte, so sehr sich auch das Konzilium zu Latran allen neuen Stiftungen von Orden widersetzte.

Dieser grosse Bettelstamm theilte sich nach der Hand in drey Hauptzweige: in Minoriten, Franziskaner, und Kapuziner. Jeder von diesen drey Orden trägt andere Kapuzen, hält andere Regeln, wenn sie gleich Söhne eines Vaters sind, und im Hauptpunkt, im Betteln, mit einander übereinkommen.

Aus dem Saamen dieses Baums sproßte noch ein anders Bäumchen, die Hyberner, hervor, das aber im Wachsthum nicht sehr gedeyet, weil ihm der Hauptstamm zu viele Säfte entzieht. 17

Wenige Jahre nach Entstehung des Franziskanerorden, stiftete der ebenfalls heilige Dominikus seinen Predigerorden, der zugleich predigte und verbrannte; aber noch bis diese Stunde lieber verbrennt als prediget. Als seine Mutter mit diesem Ordensstifter schwanger gieng, kam es ihr vor, als trüg sie einen Hund mit einer brennenden Fackel unter ihrem Herzen, die einst die ganze Welt erleuchten würde. Hat je ein Traum pünktlicher eingetroffen?

Der dritte Orden, der fast zu gleicher Zeit mit diesen beyden entstand, war jener der Trinitarier. Die Stifter sind ein gewisser Johann von Matha, und Felix von Valois. Dieser Orden sammelte jährlich ungeheure Geldsummen in der Christenheit zusammen, die er den Türken zutrug, welche ihm eine Bande gefangener Christen, die ihnen zur Last fielen, zum Gegenpräsent machten; und so erschöpfte er die Christenheit an Geld, um sie mit Bettlern und Taugenichts zu bereichern. In den österreichischen Staaten ist dieser Orden an einem plötzlichen Schlagfluß dahin gestorben.


Rom fühlte nun bald den wohltätigen Einfluß dieser Bettelorden, und sah sich im Stand ansehnliche Heere ohne Sold und Kosten auf fremden Boden zu erhalten. Die Kongregationen der sämmtlichen Benediktiner hatten ihre unmittelbaren Obern immer ausser dem päbstlichen Staat; die Generäle der Bettelorden aber wohnten in Rom, und waren gleichsam das Unterpfand und Werkzeug der Unterwürfigkeit ihrer Untergebnen. Rom war also der Mittelpunkt; aus welchem die ganze Christenheit regiert wurde, und in welchem nach dem grossen Plan das Geld der ganzen Christenheit nach und nach zusammenfliessen sollte. Man kann es also dem päbstlichen Stuhl nicht verdenken, wenn 18 er bey so günstigen Aussichten auf noch größere Vermehrung seiner Truppen dachte. Welcher Monarch vermehrt nicht gern seine Truppen, besonders wenn sich die Regimenter die Uniforms selbst anschaffen, und ihre Erhaltung nichts kostet, als – Bullen und Patente?

Man sah also bald mehrere streitbare Vertheidiger des römischen Stuhls hervorgehen.

Honorius der 3te bestättigte den Karmeliterorden. So zahlreich auch die Geschichtschreiber dieses Ordens sind, so ist sein Ursprung doch bis itzt noch sehr dunkel. Sie geben den Propheten Elias als ihren Stifter an – andere machen schon den Altvater Noa zu einem Karmelitermönch; ja einige Karmeliter behaupten mit aller Unverschämtheit, daß Christus selbst ein Karmelit gewesen sey.

Das wahrscheinlichste nach der Geschichte ist, daß sie ein Haufen von Gyrovagen waren, die zu Anfang des 13ten Jahrhunderts durch einen gewissen Albert, Patriarchen von Jerusalem, in Gemeinden versammelt wurden, und sich um die nämliche Zeit auch im Occident einfanden; denn sie mußten ja existirt haben, bevor sie Honorius, der im Jahr 1216. Pabst wurde, bestättigen konnte.

Dieser Orden zerfällt in zween Hauptäste: in beschuhte und unbeschuhte Karmeliter. In Oesterreichs Staaten prophezeyen sie sich ein nahes Ende.

Gegen Mitte des 13ten Jahrhundertes wurde unter Regierung Celestin des 4ten der Servitenorden zur Welt gebohren. Er soll sieben reiche Kaufleute in Italien zu Vätern gehabt haben; daher bemerket man noch itzt einen grossen Handlungsgeist an ihm. Sein Geburtsort ist Florenz – aber sein Hauptglück machte er nach Art der meisten Italiener in Deutschland. Dieser Orden dienet vorzüglich Marien; denn seine Glieder nennen sich Diener Mariä. 19

Zehn Jahre später sah man den Orden des heiligen Augustin empor steigen. Dieser Heilige war anfänglich ein Ketzer, der sich allen Lastern ergab; allein durch das himmlische tolle, lege, wurde er zum Kirchenlehrer, und zum Stifter eines Ordens, aus dem Luther hervorgieng.

Der unbeschuhte Augustinerorden entstand erst gegen Ende des 15ten Jahrhunderts unter Sixtus dem 4ten.

Unter dem nämlichen Pabst stiftete Franz von Paula ein Kalabrier den Paulanerorden. Er befahl seinen Untergebnen, alle Speisen mit Oel zuzubereiten. Wenn nun gleich viele von ihnen in Deutschland leben, wo das Oel theuer ist, so bleiben sie doch der Vorschrift ihres heiligen Stifters getreu, und schicken jährlich grosse Summen für Oel nach Italien. Der heilige Franz von Paula war ein grosser Wundersmann – Er fuhr auf seinem Mantel von Kalabrien nach Sizilien, kochte Speisen ohne Feuer, persuadirte den König Ludwig, daß er in seiner Gegenwart sich öfters bis auf das Blut disziplinirte – erhielt sehr oft Besuche von Engeln, die ihm himmlische Musik machten, u. s. w.


Man vergleicht mit Recht die Bettelmönche mit den Janitscharen des türkischen Hofes. Sie vertheidigen den Thron, und sind ihm zugleich gefährlich. Rom, das durch die Bettelmönche so mächtig wurde, wäre bald durch eben diese Bettelmönche seines ganzen Ansehens beraubet worden.

Der Eifer für Roms Interesse führte sie über die Gränzen der Klugheit hinaus. Sie legten die Maske ab, und zeigten sich in ihrer häßlichen Gestalt. Sie giengen gänzlich von den Regeln ihrer Ordensstifter ab, rissen das Priesteramt und die Seelsorge an sich, griffen dem Klerus und selbst den Bischöfen in ihre Rechte, bereicherten durch selbst erfundene Mirakel ihre Schatzkammern, wucherten mit Ablässen, und predigten die verderblichen Religionskriege. 20

Endlich fühlte sich die gekränkte Menschheit wieder. Das Blut der Waldenser und Hussens Asche forderten Rache. Man öffnete die Augen über Roms verderblichen Plan. Die durch den Bannstral herabgewürdigten Fürsten sannen auf Ableiter, und so arbeitete im Stillen der Geist der Reforme fort, bis sie endlich im Jahr 1517. durch Luther zu Stand kam.

England, Schweden, Dänemark, Holland, Schweiz, Preussen, und noch ein grosser Theil von Deutschland entzogen sich Roms despotischen Zepter, und es hätte nur Karl der 5te, wie es sehr leicht hätte seyn können, die Reforme annehmen dürfen, so wäre es um Rom geschehen gewesen.

Doch auch in diesem kritischen Zeitpunkte verkannte das stolze Rom sein wahres Interesse. Anstatt durch eine bescheidene Nachgiebigkeit die Gemüther der Reformatoren und beleidigten Fürsten zu versöhnen, und die verhaßten Bettelmönche aufzuheben, oder wenigstens ad interim einzuschränken, dachte es noch immer auf die Vermehrung seiner Truppen; und so sah man unter Paul dem 3ten den Theatiner- oder Kajetanerorden entstehen, der von der Vorsicht Gottes lebte, von der Vorsicht Gottes Häuser baute, aber endlich in den kaiserlichen Staaten durch die Vorsicht Gottes aufgehoben wurde.

Ihm folgte unter dem nämlichen Pabst der Kapuziner- und Barnabitenorden, und endlich das vormalige päbstliche Leibregiment – der Orden der Jesuiten.

Der Stifter dieses Ordens war ein tapfrer Krieger, und solche Leute brauchte das erschütterte Rom gegen seine Feinde. Sie schlugen sich auch muthig mit den Ketzern herum, stritten wider die Irrlehre, und führten selbst Irrlehren in der katholischen Gemeinde ein. Die Geschichte dieses Ordens ist zu bekannt, als daß wir uns weiter darüber ausdehnen sollten; dann handeln wir in dieser Einleitung ja nur von Mönchen 21 und Bettelmönchen, und die Jesuiten wollten ja nie weder das eine noch das andre seyn.

Ganganelli hob im Jahr 1773. diesen Orden auf, und so währte seine Existenz zum Wohl der Menschheit nicht länger als 233 Jahre.

Unter Pius dem 5ten wurde der Orden der barmherzigen Brüder bestättiget. Wenn diese Brüder wirklich barmherzige, das soll sagen, mitleidige Brüder sind, wenn sie das so reichliche Almosen an wahrhaft Kranke verwenden, mit ihren Medikamenten nicht schändlichen Wucher treiben, und den ohnehin leidenden Kranken durch schlechte Wartung, und grobe Behandlung nicht noch kränker machen, so sind sie der einzige Bettelorden, der doch wieder in etwas gut macht, was die übrigen Bettelorden auf dieser Welt übles gestiftet haben.

Der letzte gestiftete Orden ist jener der frommen Schulen oder Piaristen. Er entstand zu Anfang des 17ten Jahrhunderts unter Gregor dem 15ten.

Dieser Orden giebt sich mit dem Unterricht der Jugend ab, und war ein starker Nebenbuhler der Jesuiten – und Nebenbuhler haben sehr oft gleiches Schicksal.

Seit hundert sechzig Jahren ungefähr hat also Rom kein neues Regiment errichtet. Wer wird auch auf Vergrößerung seiner Staaten denken wollen, wenn man alle Hände voll zu thun hat, das zu behalten, was man hat? Rom ist gegenwärtig mehr als jemal in einer kritischen Lage. Sein Bannstral ist entkräftet – seine Freykorps werden eines nach dem andern von den Landesfürsten aus eigner Macht aufgehoben – die Bischöfe treten in den Besitz ihrer Rechte – die meisten Quellen seiner Einkünfte versiegen – – – aber wem hat Rom dies Alles zu verdanken, als seinen Bettelmönchen? 22

Mathäus Paris hat uns ein kostbares Dokument aufbewahret, woraus erhellt, daß alles Aergerniß der Bettelmönche schon im Jahre 1243, und also ungefähr nur 30 Jahre nach ihrer Entstehung im Schwung war.

Wir wollen unsre Einleitung damit beschließen, in welcher wir unsre Leser, wie wir hoffen, hinlänglich mit den Verfassern und Meistern der Gemälde in der Bildergalerie katholischer Misbräuche bekannt gemacht haben.

Was noch mangelt, werden wir in der Erklärung des Titelkupfers nachtragen, das wir vorzüglich der Nachkömmlinge wegen in aeternam rei memoriam entwerfen ließen. Hier ist das Dokument. Die Weltgeistlichen reden hier von den Mönchen.

»Seit ihrer Entstehung hat der Haß, welchen sie gegen uns gefaßt haben, sie angetrieben in ihren Predigten öffentlich über unser Leben und Betragen loszuziehen: und sie haben unsere Rechte so sehr geschmälert, daß wir fast zu nichts mehr taugen. Anstatt daß wir ehemals durch das Ansehen unsrer Würden den Fürsten Befehl gabenHier sollte wohl eine kleine Note stehen; allein jeder mag diese Note für sich machen., und uns den Völkern fürchterlich machten, sind wir itzt dem allgemeinen Gespötte, und Hohngelächter Preis gegeben. Diese Brüder, indem sie ihre Sichel an fremde Aerndte setzen, haben uns allmählig aller unsrer Vortheile beraubt, und sich die Bussen, die Taufe, die Oelung der Kranken, und die Kirchhöfe eigen gemacht. Und itzt haben sie sogar, um unsere Rechte noch mehr zu stutzen, und das Vertrauen des Pöbels noch mehr von uns abzuziehen, zwo neue Bruderschaften errichtet, wo sie so häufige Aufnahmen beyderley Geschlechts machen, daß kaum einer mehr ist, der nicht in einer oder der andern dieser Bündnisse einverleibt wäre. 23

»Sie ziehen die Leute so sehr in ihre Kirchen, daß wir kaum in den vornehmsten Festtägen unsere Pfarrkinder zur Hälfte in unsern Kirchen erblicken. Und was das ärgste ist, so glaubt das Volk übel zu thun, wenn es anders wo, als bey diesen Brüdern das Wort Gottes anhören sollte. Daher kömmt es nun, daß wir unsrer Zehende und Opfer verlustiget werden, und nicht mehr leben können, wenn wir uns nicht auf eine Handarbeit, auf eine mechanische Kunst, oder auf einen unerlaubten Gewinnst begeben.

»Wir werden fortan von den Laien wenig Unterschied mehr haben, und unser Zustand ist um so ärger, weil wir weder mit gutem Gewissen Laien, noch mit Ehren Geistliche seyn können. Was ist also noch übrig, als daß man unsre Kirchen grundaus zerstört, wo man ohnehin mehr nicht, als eine Glocke, und etliche alte überräucherte Bildnisse sieht? Viele Orte, welche einst durch unzähliche Wunderwerke berühmt waren, sind itzt leider mit Geräthschaften einzelner Privatleute angefüllet. Die Altäre, die ehmals voll Zierrath und Pracht waren, sind itzt kaum mit einem einzigen durchlöcherten Leintuche bedecket: das Pflaster der Kirchen, welche man sonst so fleißig bohnte, und wusch, und mit Blumen und wohlriechenden Kräutern übersäete, ist itzt wüste, und mit Staub überzogen.

»Indessen haben die Predigermönche und Mündernbrüder sich zur Oberherrschaft aufgeschwungen, und Paläste mit hohen Säulen aufgeführt, und verschiedene Wohnzimmer darinn angelegt, derer Kösten zur Hilfe der Armen hätten verwendet werden sollen.

»Diese Weltverläugner, welche mit Hütten und Bauerwohnungen den Anfang gemacht hatten; diese Brüder, welche beym Anbeginn ihrer Orden alles Irdische mit Füssen zu treten schienen, ergeben sich nun wieder dem Hochmuth, den sie verachtet hatten. Obwohl sie nichts haben, besitzen sie 24 doch alles, und sind reicher, als selbst die, welche Reichthum besitzen; da im Gegentheil wir, die man für vermöglich hält, beynahe zu betteln gezwungen werden.

Wir werfen uns demnach Eurer Majestät zu Füssen, flehentlich bittend, Höchstdieselben möchten gnädigst geruhen, unserm Uebel schleunige Hilfe zu leisten, auf daß durch anwachsenden Haß zwischen uns und diesen Brüdern der Glaube nicht Gefahr leide, und durch das nämliche Mittel in Abnahme gerathe, wodurch man dessen Aufnahme zu befördern glaubte«.

Sollte man nicht glauben, daß die Weltpriester des 13ten Jahrhunderts auf unsre noch itzt lebende Bettelmönche in ihrer Vorstellung angespielt hätten? 25

 


 

Erklärung des allegorischen Titelkupfers.

Ein grosser Bildersaal. An der Wand hangen verschiedene Bilder von klösterlichen Misbräuchen, die sich aber ohne Lorgnette nicht ausnehmen lassen. Einige Mönchsköpfe stehen nach der Ordnung ihrer Entstehung als Büsten auf Piedestalen in der Runde im Saal herum.

N. 1. Die Büste eines Benediktiners.

Dieser Orden wohnet gleich den Gemsen auf Bergen; aber nicht in Höhlen, sondern in prächtigen Pallästen. Seine Aebte und Prälaten sind Landesstände, und sogar Fürsten des heiligen römischen Reichs, und haben (trotz dem Befehl ihres heiligen Ordensstifters: kein Eigenthum zu besitzen) ganze Ländereyen, Unterthanen, und Sklaven.

Sie hängen übrigens viel weniger als die Bettelmönche am päbstlichen Stuhl, und wissen sich überhaupt besser nach den Umständen der Zeit zu schmiegen.

N. 2. Die Büste eines Kamaldulenser.

Seine Hauptbeschäftigung ist Meditiren, und Chorsingen. Bey der Aufnahme ihrer Kandidaten sieht man vorzüglich auf gute Baßstimme.

Er treibt auch verschiedene Handarbeiten; aber nicht, um sein Brod damit zu verdienen, sondern um sich die Zeit zu verkürzen.

Dieser Orden bringt dem Staat wenigstens den negativen Vortheil, daß er sich, wie die übrigen Mönche, mit der Seelsorge nicht abgiebt, und also nicht so viele abergläubische Meynungen unter das Volk bringt. 26

Er geht sehr selten aus seiner Wohnung. Weil er aber in anmuthigen Gegenden wohnt, und zugleich guten Wein schenkt, so erhält er häufige Besuche von Weltleuten, wobey er sich trefflich bene sein läßt.

Bey ihrer Aufhebung in den österreichischen Staaten sollen einige ausserordentliche Freude gezeiget haben.

N. 3. Die Büste eines Franziskanermönchs.

Er berührt weder Gold noch Silber, besitzt aber in seinem Deo gratias einen Talismann, durch den er überall den Tisch gedeckt findet, und der ihn gratis durch die Welt führt.

Die Pflegung seines Bauches ist seine Hauptsorge. Die Wissenschaften haßt er, weil sie den Menschen nur stolz machen: und weil er jede Art von Aufklärung fürchtet, so hat er statt eines Fensters nur ein kleines Guckloch in seiner Zelle, damit ja nicht zu viel Licht hineinfalle.

Er arbeitet auch unberufen im Weingarten des Herrn, soll aber bisher schlechte Arbeit gemacht haben.

Hätte dieser Orden nicht von dem heiligen Franziskus die Versicherung, daß er ewig dauren werde, so müßte er in gegenwärtigen Umständen wegen seiner gänzlichen Aufhebung sehr besorgt seyn.

N. 4. Die Büste eines Dominikanermönchs.

Diesem Orden ist gleich nach seiner Entstehung die heilige Inquisition anvertrauet worden. Er reiniget die römisch-katholische Religion von den Ketzern, und weil er sie für Ungeziefer hält, vertilgt er sie mit dem Feuer.

Sein Haupttribunal ist in Spanien. Ein gewisser Pater Jost wollte auch in Deutschland das Menschenbraten einführen. Weil man aber Holzmangel besorgte, wurde es ihm abgeschlagen. 27

Für den Eifer, die katholische Religion rein und sauber zu erhalten, segnet sie der Himmel mit grossen Schmeerbäuchen, auf die vorzüglich bey ihren Klosterpromotionen gesehen wird.

Der Stifter dieses heiligen Ordens schlief wenig, und lag durch sein ganzes Leben auf Binsen oder Strohmatten; seine Söhne aber liegen auf weichen Pflaumbetten, und schlafen lange.

Der Misbrauch des Rosenkranzes ist eine Geburt dieses Ordens. Er giebt sich auch mit der Seelsorge ab; hat nun einen guten Prediger aufzuweisen, und heißt deswegen der Predigerorden.

N. 5. Die Büste eines Trinitariermönchs.

Seine Kutte steht bey den Türken in grossem Ansehen, so wie bey uns die Kutte eines Derwisches in Ansehen stehen würde, der uns für überlästiges Gesind schönes Geld ins Land brächte.

Die Reise nach Afrika und Asien mußte auch nicht so beschwerlich seyn, als sie vorgaben, weil sie recht eifersüchtig nach dieser beschwerlichen Reise waren.

Wenn er in Städten ist, giebt er sich, gleich den übrigen Bettelmönchen, mit Predigen und Beichthören ab; allein ihr häufiger Umgang mit den Türken macht sie öfters vergessen, daß sie Christen vor sich haben; und so mußte die arme Gemeinde, besonders zur Fastenzeit, manche wahrhaft türkische Predigt von ihnen anhören.

N. 6. Die Büste eines beschuhten Karmelitermönchs.

Ueber die Kutten der Karmeliter ist schon viel gestritten worden. Sie behaupten, ihre ursprüngliche Farbe wäre ganz weiß gewesen, weil in der Schrift verschiedene 28 Stellen von Auserwählten in weissen Kleidern vorkommen. Nach der Hand trugen sie schwarz und weiß, oder braunweiß gestreifte, nun aber schwarzbraune Röcke und weisse Mäntel, weil Elias, als er in einem feurigen Wagen gegen Himmel fuhr, seinen Mantel dem Elisäus herabwarf, welcher Mantel dann von den Flammen des Wagens gesengt wurde, und eine Streifung von weiß und braun oder schwarz erhielt.

Die Karmelitermönche nennen sich Brüder der Jungfrau Maria, und sehen alle übrigen Orden ohne Ausnahme, als Auswüchse von dem ihrigen, und als eine Art von Bastarden an.

Dieser Orden hat sein Skapulier für die einverleibten Brüder und Schwestern zur Himmelsleiter gemacht, und sie ausdrücklich berechtiget, sich für leibliche Geschwister des Heilands, und Kinder der Jungfrau Maria zu halten, welche Gott, als seine Blutsverwandte, unmöglich kann zu Grund gehen lassen.

Der beschuhte Karmelitermönch ißt Fleisch; der unbeschuhte nährt sich von Fischen, Eyern, Milchspeisen und dergleichen. Letzterer hat so einen grossen Vorrath an Geist, daß er einen Theil davon in kleinen Fläschchen an die unwissende Weltleute verkauft; und so ist der Karmelitergeist für den Leib, was das Karmeliterskapulier für die Seele ist.

N. 7. Die Büste eines Servitenmönchs.

Ihm hat die katholische Kirche unter andern Misbräuchen, die neuntägige Andacht zum heiligen Peregrin zu verdanken, der alle offene Schäden heilt, und den Wundärzten grossen Eintrag thut.

Der Servit wohnet, wie die Wechsler, nur in grossen Städten. 29

N. 8. Die Büste eines unbeschuhten Augustinermönchs.

Der Gürtel der heiligen Monika, die Lorettohäubchens, und das Tolentinbrod sind von ihrer Erfindung.

Dieser Orden muß bey Marien sehr gut angeschrieben seyn; denn fast jedes Kloster hat sein sogenanntes Gnadenbild, das durch Mirackel berühmt ist.

Der Augustinermönch hat gleich mehr andern Bettelorden Kapitalien, lebt aber vom Betteln.

N. 9. Die Büste eines Paulanermönchs.

Er ist der Erfinder des Schutzengelfestes; und bedarf wirklich eines guten Schutzengels, wenn er sich länger auf Oesterreichs Boden erhalten will.

Er giebt sich auch mit der Seelsorge und dem Predigen ab; ist aber in Verfertigung seiner Paulanerwürste glücklicher, als im Predigen.

N. 10. Die Büste eines Kapuzinermönchs.

Er berührt weder Gold noch Silber, kömmt aber gleich dem Franziskaner mit seinem Deo gratias und Bart durch die ganze Welt.

Er ißt Fleisch, und was ihm vorkömmt. Seine gewöhnliche Leibspeise ist der Stockfisch, durch dessen geschickte Zubereitung sich der Orden einen grossen Ruhm erworben hat.

Dieser Nahrung mag er es zu danken haben, daß er beständig meditirt, und nichts denkt. Es geht freylich der Stockfische wegen viel Geld ausser Land; aber es ist besser Geld ausser Land schicken, als keine Kapuziner haben.

Der Kapuzinermönch mischt sich ungemein gern in die Seelsorge. Viele Pfarrer bedienen sich seiner zum Predigen, und zum Spaßmachen. Es ist ein geschworner Feind der 30 Freygeister, wider die er beständig predigt. Seine besten Argumente liegen in der Faust, mit der er die Kanzel zerschlägt.

Seiner Kapuze wegen hat er blutige Kriege geführt. Gegen seine Mitbrüder ist er unversöhnlich; aber gegen das Ungeziefer beweiset er sich als Christ. Er bringt keines um, so sehr es ihn auch plaget.

Er ist sehr glücklich in Bekehrung verstockter Delinquenten, und in Austreibung der Teufel. Die Kapuziner rühmen sich, daß der Teufel schon bey ihrem blossen Anblick das Feld räume; sie sehen wirklich fürchterlich aus.

Sie haben vor ihren Klöstern ein grosses Kreuz aufgestellt, zum Zeichen, daß sie Christen sind.

N. 10. Die Büste eines Piaristen.

Der Piarist gehört zwar eigentlich nicht unter die Bettelmönche, weil er aber noch immer seinen Wein bettelt, so mag er auch in dieser Galerie seinen Platz nehmen.

Dieser Orden schwört nicht Gott, sondern der Muttergottes die Armuth.

Wenn er gleich noch sehr jung ist, so übersieht er doch die meisten übrigen Orden an Wissenschaften und Klosterpolitik; man sagt aber, daß Kinder, die zu frühzeitig grossen Verstand zeigen, gemeiniglich nicht lange leben.

N. 10. Die Büste eines Jesuiten.

De mortuis, non nisi bene! und also blos zum Beschluß und ewigen Angedenken. 31

 


 


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