Alfons Petzold
Der stählerne Schrei
Alfons Petzold

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Bauernkrieg.

                      Auf die in sich geduckten Schindeldächer
Hockt sich der Schein des langsam wandernden Mondes.
Kühe und Ochsen brüllen schwächer und schwächer,
Alle schaffenden Hände im Dorfe ruh'n,
Da – erhebt sich auf einmal ein ungewohntes,
Seltsam geheimes Tun.

Die Türen kriechen bedächtig auf
Und werfen die Bauern zu einem Hauf
Unter die Linde, deren Geäst
Hält viele hundert Jahre fest.

Männer mit trotzig gekanteten Stirnen,
Die Hände zu Fäusten verballt;
Ängstliche Weiber, vorwitzige Dirnen,
Das Herz von Sorge und Not umkrallt,
Und Jung und Alt
Mit zorndurchbebten Gehirnen.

Der Jochen ist kommen,
Dem der Amtmann die letzte Kuh genommen.
Der Hannes trägt seinen kranken Schritt
In die Menge, sein Haß hat schweres Gewicht.
Der Domherr, der gestern ihn niederritt,
Warf ihm ein »Bauernvieh« ins Gesicht.

Unzählige Tränen schleppen sie her,
Wohl keiner ist da, dessen Seele leer
Von klagender Qual ist; brennende Wunden
Gebären Flammen,
Die schlagen über die Zukunft zusammen,
Leuchten ins Grab vergangener Stunden.

D'raus steigen viel hundert Jahr',
Wo Ahne und Oheim wie jetzt ihre Kinder
Geknechtet wurden durch diese Schinder
Im Herrenflaus und Pfaffentalar.

Und die Not der Lebendigen
Mischt sich mit tausender Toter Pein
Und wächst zu einem Wutschrei kühn und groß,
Der, nicht mehr zu bändigen,
Saust in das Reich hinein:
»Hütet euch, Herren, der Bauer ist los!«

Einer tritt vor.
Sein Mund ist ein brennendes Tor,
D'raus schreiten Worte glühend rot:
Bauer, dich hungert, wer hat dein Brot?
Bauer, dein Rücken ist krumm.
Wer schändet dein Weib und macht dich stumm?

Da braust's in das Land, über Stein, Feld und Moos:
Hütet euch, Herren, der Bauer ist los!
Und ein Sturm bricht aus dem Dorfe vor –
Schlägt Flammen und Blut zu den Sternen empor.


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