Alfons Petzold
Der stählerne Schrei
Alfons Petzold

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Bußpredigt.

                  Tage, mühsam und geringe,
Ohne Kraft, wie eine tote Schwinge
Liegen sie dahin;
Über sie erheben sich die Dinge,
Keiner kündet stolz: ich bin!

Wo ist ein blühendes Erstaunen,
Starker Wünsche Ungeduld in ihrer Zeit?
Ach, sie kennen nur ein Armeleuteraunen
Oder ein Ausruhn in weichen Daunen
Hirn- und herzbefreit.

Sind Blinde und Taube,
Lahme, kriechend im Staube,
Sind erfüllt vom Haß der Gedrückten,
Dort, wo ihre Körper sich bückten,
Liegt ein Schatten breit,
Der trennt sie vor jeglicher Ewigkeit.
Sie haben den bösen, giftzeugenden Blick
Getretener Schlangen,
Und allenthalben würgt sie das Bangen
Vor ihrem eigenen Geschick.
Sie bergen keiner reinen Sehnsucht Glut,
Glosen nur in stinkender Schwele,
Haben ein dunkles Rauchen im Blut,
Im Blut, das, eine schmutzige Flut,
Umtrübt die spähende Seele.
Glauben Sonne zu schaun,
Wenn sie Gold betrachten,
Wühlen in Fraun
Wie in käuflichen Frachten,
Bauen sich Kirchen, behängt mit lügender Pracht
Und sitzen unter der Sonne in lauter Nacht,
Sie kennen die Demut nicht, die im jubelnden Wissen
Gefäß Gottes zu sein, sich niederkniet,
Sie kennen den Stolz nicht, der alles kann missen,
Weil die Seele aus leidender Tiefe emporgerissen,
Einem Sterne gleich, einsam fröhliche Kreise zieht.
Sie gehen die Wege der steinern Vergrollten
Oder der leichtfertig Lächelnden blind dahin,
Sie sind wie der Schutt auf dem vor Urzeiten verrollten
Hang der Gebirge, sie bergen nicht einen Gewinn.
Sie schlagen dein Kreuz an alle Ecken und Enden
Mit liebeleeren, den Nächsten erwürgenden Händen
Und beten die Verse der Selbstsucht zu Dir empor,
Du aber tust Dich zürnend von ihnen abwenden
Und weinst an der Brust Marias hinter dem strahlenden Tor.


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