Alfons Petzold
Der stählerne Schrei
Alfons Petzold

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Tirol 1915.

                        Berge mächtig steil
Himmelzugereckt,
Gletscher, glänzend, wie ein Holzknechtbeil,
Das zu einem Teil
Tief in einer Riesenföhre steckt;
Schrunde höllentief,
Klüfte brückenlos, verderbnisstumm,
Was darinnen hundert Jahre schlief:
Zorn der Ahnen steigt heraus und blickt sich drohend um.

Höhenschnee wird Feuer, überbraust
Das vom Feind bestürmte Land.
Seht, o seht, aus jedem Funken Brand
Hebt sich eine braune, harte Faust;
Brüchiges Gerölle
Splittert abwärts: Feind, sag', was ist dein?
Die Lawinen stäuben in die Hölle
Ihren weißen Haß hinein.

Schuß auf Schuß und dann im Sensensturm
Stürzt es sich aufjauchzend in den Graus,
Selbst der höchste Dolomitenturm
Schleudert Männer in die Schlacht hinaus.
Männer? Nein auch Buben, Weiber, Dirnen
Brechen vor und tragen ihre Stirnen
In die Glut des grausigen Gefechtes,
Eingedenk des schlummernden Geschlechtes,
Dessen Stimme aber mahnend kündet
Über jedem Heimathalm und Stein,
Ob dem Donner der Geschütze,
Ob dem Strahl der Sensenblitze,
Herz mit Herz und Hand mit Hand verbündet:
»Feind Tirols, sag', was ist dein?«


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