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Es lag kein Segen mehr auf meiner Arbeit. Zu viel bunte Gedanken stürmten tagüber auf mich ein; zu viel schönen und lockenden Dingen wandte ich, meine Kraft zersplitternd, meine Gedanken zu. So lange ich in bitterster Armut, ein erbärmlicher Sklav, ums tägliche Brot frohnen mußte, hatte mich harte Not an die Bücher gepeitscht, und der Hunger, die Sorgen hatten mir keine Zeit gelassen, lieben Träumen nachzuhängen. Jetzt aber, wo immer farbenschöner Hildes Bild sich in meine Seele eingrub, wo ich ganze Stunden damit verbringen konnte, mich in trägem Hindämmern mit ihr, ihren Worten, ihrem Lächeln zu beschäftigen; jetzt erschien mir die trockene, wissenschaftliche Arbeit unsäglich öde und inhaltslos. Was vermochte sie mir denn noch zu geben? War es nicht dumme Heuchelei, daß ich ihr oblag? Für mich hatte alles Theoretisieren und Spintisieren nun ein Ende; ich stand auf der Höhe, zu der früher mein Blick sehnsuchtsvoll schweifte, mein Geist drängte nach neuen, großartigeren Zielen. Und er illuminierte mir mit buntem Feuer eine Zukunft voll Ehre, Liebe und Ruhm. Aber ehe ich den Weg dahin einschlagen konnte, bedurfte es ernsthafterer Anstrengungen noch denn vorher; ich mußte mein dürftiges, volkswirtschaftliches Wissen, diese unentbehrliche Rüstung im Kampfe, vermehren und verbessern. Ich mußte Lehrling sein, ehe ich Meister sein konnte; im engen Verkehr mit den Menschen, die meine Schlachtgefährten sein würden, mußte ich sie, ihre Wünsche und Ideen verstehen lernen. Durch flammende Flugschriften wollte ich dann die öffentliche Aufmerksamkeit auf mich lenken, wollte so festen Fuß fassen, ehe ich die Leiter zur höchsten Ehre erklomm. Hilde würde die Erste sein, der ich meine Gedanken entwickelte, mit der ich sie eingehend besprach; und unerschöpfliche Anregung zu immer neuem Schaffen würde sie mir geben. Ich wurde nicht müde, mir alles das umständlich auszumalen, und es machte mich froh, zu bemerken, daß dies Träumen und Sehnen die Erinnerung an Tilly mehr und mehr auslöschte, daß ich mich nun selber tadelte und verhöhnte, mich, der diese falsche, unwissende und geistlose Dirne wirklich einmal so sehr geliebt hatte ...

War es vor allem, allem andern Hilde, die mein Sinnen und Leben ausfüllte und mich gar nicht daran denken ließ, wie verschwenderisch ich mit meinem besten Gute, meiner Zeit, umging, so tauchte doch auch immer wieder eine düstere Vorstellung daneben auf, unheildrohend, gewitterschwer. Ich war nahe daran gewesen, im Rausche der letzten Tage das blutige Ereignis zu vergessen, das sich doch gleich einer ragenden Grenzscheide in meinem Dasein erhob; ich hatte mich vollkommen in Sicherheit geglaubt, hatte gehofft, dem Bereich der Gefahren entrückt zu sein und ihnen nur noch als bloßer, gleichgiltiger Zuschauer gegenüberzustehen. Die bequeme Täuschung hielt nicht lange vor. Zwar mehrten sich fast stündlich die Verdachtsgründe und die Beweise wider den Ergriffenen; Ercks Aufwartefrau bezeugte mit aller Bestimmtheit, daß sie drei oder vier auffallend geformte Tiegel, die sich in der Behausung des Verhafteten vorfanden, noch, am Morgen des Unglückstages im Besitz ihres Herrn gesehen hätte. Der Verdächtige war seiner leidenschaftlichen Erregbarkeit und seiner Neigung zu Gewaltthätigkeiten wegen übel berüchtigt, sogar mehrfach vorbestraft, alle seine Aussagen erwiesen sich als erlogen, und gewiegte Kriminalisten behaupteten mit gutem Rechte, daß noch kein Indicienbeweis so lückenlos und niederschmetternd gewesen sei wie in diesem Falle. Der Mensch schien rettungslos verloren. Nun stellte sich aber plötzlich ein neues, befremdliches Moment ein. Bei der nochmaligen, gründlichen Durchsuchung der Wohnung Ercks fand sich, in einen Foliant zwischen Deckelrücken und Buch eingepreßt, ein blutbesudeltes Messer vor, das von den Gerichtsärzten sofort als die Mordwaffe bezeichnet wurde. Der Angeschuldigte leugnete standhaft, jemals dies Messer besessen zu haben, und unter den zahllosen Zeugen, die aus seiner Bekanntschaft wider ihn aufgeboten wurden, war kein Einziger, der ihn hätte Lügen strafen können. Es schien, als setze diese Wendung die Behörden in weit größere Verwirrung, als den Fernerstehenden berechtigt dünkte. Nachdem die Zeitungen am Morgen bereits eingehende Beschreibungen des Instrumentes gegeben hatten, erschienen sie abends mit seiner getreuen Abbildung. Es handelte sich um ein ganz gewöhnliches Marktfabrikat, an dem nur der Mangel einer Hornschale und der Umstand auffiel, daß die Spitze der langen Klinge früher einmal abgebrochen sein mußte.

Ich kannte den Eigentümer dieses Messers. Ich war es selbst.

Auf einmal stand die schreckliche Gefahr, der ich schon für immer entschlüpft zu sein gehofft hatte, mit glühenden Augen und heißem Atem wieder dicht vor mir. Tatsächlich schwebte ich zwischen Tod und Leben. Der kleinste, der unbedeutendste Zufall genügte, mich den Häschern in die Hände zu liefern. Walter, Gertrud, Tilly hatten das Messer bei mir gesehen. Ich durfte hoffen, daß sie ihm nie besondere Aufmerksamkeit geschenkt hatten, dafür war es wirklich nicht hervorstechend genug; aber wie leicht konnte ein unbedachtes Wort meine Fährte der Meute verraten! Ich wurde mir sofort darüber klar, daß selbst in der Stunde des Mordes, in jenen grausigen Minuten, die ich, ein hilfloser Gefangener, hinter der verschlossenen Hausthür zugebracht hatte, meine Lage nicht so schwierig und bedroht gewesen war wie eben jetzt. Und was hatte ich damals zu verlieren gehabt, was heute? Wonach ich inbrünstig mein ganzes Leben gelechzt hatte, nun winkte es mir, nun fiel es mir in den Schoß; ich stieg empor, die Welt war mein, nur die Hand brauchte ich auszustrecken – und da saß ich schon, an die feuchte Mauer geschmiedet, im Untersuchungsgefängnis.

Jetzt war keine Zeit mehr zu verlieren. Und kaum hatte ich mich von der ersten, fürchterlichen Bestürzung, die ein häßlicher Schwindelanfall begleitete, erholt, kaum die nun wieder erwachende, grausame Reue bezwungen, als ich, mich gewaltsam zusammenraffend, meine Maßnahmen traf. Die blutigen Kleidungsstücke, die Tinktur, alles, was mich irgendwie mit dem Morde in Verbindung bringen konnte, schnürte ich in ein Bündel zusammen; ich kramte das Zimmer vollkommen um, ich wollte gewiß sein, daß mir nichts Verdächtiges entgangen war. Nur die Arbeit über Setonius ließ ich in der Schublade liegen; man wußte bereits von ihr, und es konnte später Argwohn erwecken, wenn ich sie übereifrig beiseite geschafft hatte. Mit Genugthuung bemerkte ich bei dieser Überlegung, daß ich bedeutend kälter und ruhiger als in den ersten Tagen war; ich fand mich rascher in das Unvermeidliche. Sollte der Schlag wirklich fallen, sollte das tückische Spiel des Zufalls mich gegen alle Berechnung der Polizei ausliefern, so durfte ich doch gewiß sein, auch dann in kurzer Zeit meine Fassung, meine Überlegenheit wieder zu gewinnen. Sie sollten dann einen Gegner an mir finden, der all ihren Kniffen und Künsten gewachsen war. Aber selbst, wenn ich zuletzt zusammenbrach, wenn man mir das Geständnis entpreßte – ich verstand ja sehr gut, warum schwere Verbrecher sich zuweilen ohne ersichtlichen Grund dem Richter ergeben: sie wollen endlich dem fortgesetzten Verhör, den nervenzerrüttenden Quälereien entgehen, wollen endlich Ruhe und Frieden, um jeden Preis – selbst dann hatte ich ja nur nötig, die ganze, reine Wahrheit zu sagen. Ja, ich wollte die Wahrheit gestehen, sobald man mich verhaftete. Durch Lügen verschlimmerte ich unnötig meine Lage, raubte mir die Sympathien. Ich hatte den alten Schurken in der Notwehr niedergestochen. Ich war in eine Mörderhöhle geraten, aber beide Räuber hatten ihren Lohn dahin: der eine von meiner Hand gefallen, der andere im Gefängnis. Ercks Gehilfe würde meinen Aussagen nicht widersprechen; er mußte ja in mir den Retter begrüßen, der ihn von der schweren Anklage reinigte.

Hielt ich an diesem vernünftigen Gedanken ganz fest, welchen Grund hatte ich dann, mich der Tinktur zu entledigen und sie in den grauen Fluß dort unten zu werfen? Daß sie aus Ercks Besitz stammte, konnte und würde mir der scharfsinnigste Kopf nicht nachweisen. Und selbst dies Tuchbündel, das ich als meinen schlimmsten Feind so über die Maßen fürchtete, was schadete es mir noch, wenn ich die Wahrheit sagte? Es würde mir sogar mildernde Umstände verschaffen. Es zeigte dann, daß ich im Gefühle meiner Unschuld darauf Verzicht geleistet hatte, dies Beweismittel zu vernichten, was mir anderenfalls ein Leichtes gewesen wäre.

Ich erwog sogar, ob es nicht ratsam sei, der Staatsanwaltschaft mit verstellter Handschrift eine genaue Schilderung der Ereignisse jener Nacht zu senden. Dadurch baute ich vor, hatte mir, falls es doch zum Äußersten kam, einen festen Untergrund verschafft, das Vertrauen in meine Wahrhaftigkeit erhöht. Indessen lenkte ich dadurch andererseits die Verfolger ohne Not auf den richtigen Weg und beschleunigte eine Katastrophe, deren Eintritt noch nicht unbedingt sicher war und die ich dazu ohne Furcht erwarten durfte.

Im ersten Schrecken hatte ich mir vorgenommen, alles Geld, das ich besaß und über dessen redlichen Erwerb ich mich nicht auszuweisen vermochte, den Männern zu schenken, in deren Reihen ich hatte eintreten wollen, den Arbeitern Hellers für ihren beabsichtigten Streik. Nun aber kam ich auch von diesem Gedanken zurück. Wozu mich der Mittel entblößen, die es mir ermöglichten, wenigstens ohne materielle Sorgen zu leben, in tapferem Widerstand zu verharren und den Kampf vielleicht doch siegreich zu Ende zu führen? Für die Bewegung waren meine zweitausend Mark weniger als ein Regentropfen im Saharabrande, ihr würde ich später, wenn diese Hatz vorüber war, ganz andere, märchenhafte Summen zur Verfügung stellen können, ihr mußte ich mich also zu erhalten suchen.

Ich steckte das Zeitungsblatt zu mir, legte das Bündel wieder in seinen Winkel und machte mich auf den Weg zu Wethorn. Kutzners Andeutungen gingen mir durch den Sinn; ich brachte sie mit der anderen Frage, die mich bewegte, in engen Zusammenhang, ich durfte nicht zulassen, daß sich gerade in diesen Tagen irgend eine Angelegenheit, die mich betraf, meinen Blicken entzog.

Der Agitator war zu Hause. Er empfing mich mit großer Lebhaftigkeit und holte sogleich Cognac und Cigarren herbei. »Das ist sehr nett von Ihnen! Sie halten also wirklich an Ihrer Idee fest? Sehen Sie, neulich versuchte ich sie Ihnen nur zum Schein auszureden; das muß man thun, um zu sehen, wie weit es den jungen Leuten Ernst um die Sache ist. Man muß ihnen die Unannehmlichkeiten und Enttäuschungen zeigen, die ihrer warten. Principiis obsta. Nun, Sie scheinen mir ein entschlossener Mann, und ich persönlich habe für Akademiker viel übrig – Sie wissen, man denkt nicht allerorten so.«

»Ich komme heute eigentlich nicht wegen der Politik zu Ihnen. Was die anbelangt, so ist mein Plan bereits gefaßt. Es handelt sich heute um eine mehr persönliche Angelegenheit. Herr Kutzner gefiel sich nämlich mir gegenüber in sehr geheimnisvollen Redensarten, aus denen ich entnahm, daß etwas passiert ist, was mich sehr nahe angeht. Er wollte aber nicht mit der Sprache heraus und schickt mich zu Ihnen.«

Herr Wethorn sah, von meiner Frage offenbar sehr unangenehm berührt, nach der Uhr. »Das ist doch eigentlich ein sehr umständliches Verfahren, nehmen Sie's mir nicht krumm, Herr Doktor. Es wäre Ihnen gewiß ein Leichtes gewesen, den Kutzner zum Sprechen zu bringen, die alte, elende Plaudertasche. Was ich damit zu thun haben soll, ist mir unklar.« Er stürzte ein großes Glas Cognac hinunter.

»Pardon. Sie sind der Urheber. Sie leugnen's ja gar nicht.« Ich blickte ihn sehr bestimmt an. »Ich muß Sie um Auskunft bitten.«

»Hören Sie, wenn Sie grob werden – damit imponieren Sie mir nicht.«

»Herrn Kutzner konnte ich nicht eingehend zur Rede stellen, weil ich eine Dame bei mir hatte,« fuhr ich unerschütterlich fort. »Da ich aber Sie für einen anständigen Menschen halte, und da ich annehme, daß Sie wenigstens so viel freundschaftliche Gesinnung für mich empfinden, um wahr gegen mich zu sein –«

»So – Sie hatten eine Dame bei sich ... na ja!« sagte Herr Wethorn sehr gemütlich. »Nur nicht gleich so tragisch; in Güte erreicht man alles von mir. Rund herausgesagt, es betrifft das Fräulein, mit dem Sie neulich bei Heller waren. Ich Dummkopf dachte wirklich, es wäre Ihre Braut – na ja! Sie werden ihr kaum besonders nachtrauern, was?«

Es überraschte mich doch, zu erkennen, wie weit ich bereits in der Kunst der Verstellung vorgeschritten war. Ich erwiderte sein cynisches Lächeln, um ihn gesprächiger zu machen; mit keiner Miene verriet ich, was in mir tobte und gährte.

Er steckte seine Cigarre wieder in Brand. »Ich wünschte, ich hätte mich auch so leicht drüber hinwegsetzen können, damals! Aber die Temperamente sind verschieden. Amüsant ist's nur, daß grade Heller Ihr Nachfolger sein muß.«

»Heller?« Ich begriff noch nicht ganz, was er meinte. Um ihn aber in seinem Berichte nicht zu stören und ihn bei guter Laune zu erhalten, nippte ich von dem Cognac. »Vorzüglich. Na und?«

»Weiter nichts. Ich sah das Fräulein und Herrn Heller vorgestern in der Friedrichstraße, so nach elf, wie sie im offenen Wagen um die Ecke sausten; es ging zu Mühling. Natürlich! Diese Leute mit dem Geldsack lassen das Schlemmen nicht, wenn der Sack auch schon bis zum Grunde leer ist. Und wenn ich bedenke, daß diesen faulen Müßiggängern und Verschwendern das werkthätige Volk den Zins zahlen muß; wenn ich bedenke, daß des Arbeiters saurer Schweiß solche Orgien erst ermöglicht –«

»In der That, in der That!« unterbrach ich ihn, meiner kaum noch mächtig vor Haß und Scham und Wut. »Und sind Sie ganz sicher, daß Sie sich nicht geirrt haben – daß Ihnen wirklich Heller und meine – Heller und das Fräulein begegneten?«

»Seien Sie ganz unbesorgt. Vielleicht haben Sie auch sehr bald 'mal das Vergnügen. Denn zu genieren scheinen sich die beiden wahrhaftig nicht. – Aber zum Donnerwetter, was ist Ihnen denn, Liebster?« Herr Wethorn sprang erschreckt auf und rüttelte mich derb an den Schultern. »Sie sind ja leichenblaß geworden und zittern am ganzen Leibe – Sie werden mir doch nicht krank werden hier auf der Bude? Trinken Sie doch, in Dreiteufelsnamen!«

Ich blickte schwach lächelnd zu ihm auf, der sich mit sichtbarer Angst um mich bemühte; der Anfall ging vorüber, ich wurde wieder Herr meiner Sinne. »Es kommt jetzt manchmal so über mich; ich habe eine Zeit lang allzuscharf gearbeitet, und das rächt sich nun ... Mich wundert nur, daß Heller noch Lust verspürt, auf galante Abenteuer auszugehen, jetzt, wo er doch jeden Tag mit seiner Kunst zu Ende sein kann, wo der Streik vor der Thür steht.«

»Sie sind also auch eingeweiht?« fragte Wethorn, der bereits wieder vergessen hatte, daß ich meine Wissenschaft nur ihm verdankte. »Ja, es geht los. Vielleicht schon nächsten Sonnabend. Wir haben heute wieder Comitésitzung; die Mehrheit ist ganz entschieden dafür. Es müssen höllische Zustände auf dem Werke herrschen. Aber sie werden's ihm eintränken, dem Bluthund.«

Heller und Tilly verbündet! Sie die Freundin, die Geliebte des Mannes, den ich haßte wie niemanden sonst auf der Welt, den ich, ohne mit den Wimpern zu zucken, lachend hätte erwürgen können! Alle Seligkeiten, damit sie mich beschenkt hatte, streute sie nun nicht minder verschwenderisch über ihn aus. In seinen Armen spottete sie meiner, des Betrogenen. O wie gemein das war, wie grenzenlos gemein! Und ich Narr hatte selbst die Hand dazu geboten, hatte sie ihm selbst zugeführt! Aber nein, es konnte ja nicht sein. Sie war kein Engel, sie belog und hinterging mich, hielt wohl auch sehr wenig von mir, und im Zorn über unsere Trennung hatte sie sich vielleicht zu sehr thörichten Schritten hinreißen lassen; daß sie sich aber an diesen wegwerfen konnte, an diesen häßlichen, boshaften Affen – nein, das glaubte ich nicht. Nun und nimmer. Solch einer Teufelei war sie nicht fähig, und so schnell konnten sie nicht handelseinig geworden sein.

»Sie sind gut organisiert, die Kerle,« fuhr Herr Wethorn fort, »und an Geld mangelt's alleweile auch nicht. So zwei Wöchelchen oder drei halten sie's aus, wenn es nicht zu kalt wird. Ein Streik mitten im Winter ist ja immer dumm, der Weiber wegen – aber na, wenn's mal so weit ist, muß Mutter doch den Mund halten.«

»Und Sie werden den Streik selbst leiten?«

»Ich?« Herr Wethorn schien etwas betroffen. »Na, das geht doch wohl nicht gut. Wenn man so intim mit jemandem war ... Das heißt, ich würde ja keine Rücksicht nehmen, selbstverständlich nicht, die Sache geht immer vor, und da müssen persönliche Empfindungen schweigen ... aber na, hier hätt' es einen zu gehässigen Anstrich. Meinen Sie nicht auch?«

Der Brave hielt es augenscheinlich noch immer für sehr möglich, daß Heller unbeschädigt aus der schweren Krisis hervorging, und er wollte es mit dem freigiebigen Manne nicht verderben, ehe sein Untergang endgültig besiegelt war. »Aber sehen Sie, Doktor, für Sie wäre das so etwas, dieser Streik. Sie kennen die Verhältnisse genau, Sie haben das jugendliche Feuer, reden thun Sie wohl auch ganz nett – potz tausend, hier könnten Sie sich Ihre Sporen verdienen!«

* * *


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