Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Viertes Kapitel.

Holger Moe war in seine Garnison zurückgekehrt. Er befand sich in einer nervösen, erregten Gemütsstimmung. Astrids merkwürdiges Auftreten war ihm unbegreiflich. Liebte sie ihn wirklich, so hatte sie ja Zeit genug gehabt, um sich über ihre Gefühle ihm gegenüber klar zu werden, und liebte sie ihn nicht, so durfte er auch nicht darauf hoffen, daß sich ihre Liebe noch nachträglich entwickeln würde.

Die Ungewißheit konnte er nicht länger aushalten. Er entschloß sich, ins Ausland zu gehen. Im Verkehr mit anderen Menschen, einer anderen lebhafteren Nation im schönen Süden unter Anstrengungen und Entbehrungen, in einem schweren, arbeitsvollen Leben wollte er den Kummer vergessen, der ihm hier in der alten Umgebung unüberwindlich schien. Sein Plan, in die französische Fremdenlegion einzutreten, stand fest. Doch ließ sich dies nicht anders machen, als daß er, wenn auch einstweilen, aus dem heimatlichen Dienste schied. Die Beziehungen seines Vaters, der ein alter Regimentskamerad des Kriegsministers war, kamen ihm hierbei zu statten. Er erhielt seinen Abschied mit der Zusicherung, daß er nach seiner Rückkehr mit seinem alten Patent wieder im Heere angestellt werde.

Der Oberst war auf einige Tage nach Kopenhagen gekommen, um dem Sohne bei der Durchführung seines Planes behilflich zu sein. Daß zwischen den beiden Jungen nicht alles in Ordnung war, hatte der alte Herr sehr wohl erraten. Doch setzte er sein Vertrauen in die Zukunft und tröstete sich damit, daß Holger ja im Grunde genommen noch zu jung zum Heiraten sei und daß es besser für den Sohn wäre, wenn er jetzt ein Jahr in die Welt hinausging und andere Eindrücke in sich aufnähme.

Damit reiste der alte Herr wieder ab. Holger war noch einige Tage mit den letzten Meldungen und Abschiedsbesuchen beschäftigt, als er einen Brief von Astrid erhielt, der ihm von Anfang bis zu Ende unklar war, ihm trotzdem aber die letzte Hoffnung raubte. So zog er denn seines Weges, und zwar entschloß er sich, die Reise zu Schiff zu machen. Die frische Seeluft würde ihm gut tun und seine Nerven beruhigen.

Als die »Alpha« am vierten Tage nach ihrer Abreise mit dem jungen Offizier an Bord in Havre eintraf, war die ganze Bevölkerung in der fürchterlichsten Aufregung. Wie aus heiterem Himmel war die ganz Frankreich in Bewegung setzende Nachricht von den Vorgängen in Ems eingetroffen, und kurz darauf folgte die Kriegserklärung, die alle Wehrpflichtigen unter die Waffen rief.

Für Holger Moes verzweifelte Stimmung konnte nichts gelegener als der Krieg kommen. Mit dem nächsten Zuge reiste er nach Paris ab. Dort fand er gleichfalls alles in fieberhafter Hast und Unruhe. Nirgends, er mochte anklopfen wo er wollte, war man für den Ausländer zu sprechen. Die einen hielten ihn für einen Abenteurer, die andern seines blonden Haares wegen sogar für einen deutschen Spion. Schließlich gelang es ihm durch seine Empfehlungsbriefe, Gehör zu finden, und auch dann noch erklärte man, daß man für den viel zu eifrigen Fremden keine andere Verwendung als im fernen Westen habe, wo Reserven zusammengezogen wurden. Am liebsten wäre Holger wieder umgekehrt. Was hatte er im Grunde genommen hier im fremden Heere zu suchen, in dem er scheinbar nur geduldet wurde; was ging ihn der Krieg zwischen den beiden ihm fernstehenden Nationen an? Was würde man aber zu Hause sagen, wenn er jetzt plötzlich wieder heimkehrte? Würde man ihn nicht für einen elenden Feigling halten? Es blieb ihm nichts anderes übrig, er mußte sich auf seinen ihm angewiesenen Posten begeben, und in nicht gerade rosiger Laune trat er den Weg nach der fremden Garnison an der spanischen Grenze an.


 << zurück weiter >>