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Während in Innsbruck am fünfzehnten August die ganze Bevölkerung Andreas Hofer entgegenjubelte und ihn singend und jauchzend als den Statthalter des Kaisers in das Schloß geleitete, während der Kaiser Napoleon den fünfzehnten August, seinen Geburtstag, in Schönbrunn mit einer großen Parade und mit feierlichen Ordensstiftungen verherrlichte, befand sich der Kaiser Franz einsam und still in der Festung Komorn. Nur wenige seiner Getreuen waren ihm dahin gefolgt, und nur seine Beamten und Diener umgaben ihn hier in seinem traurigen Hoflager. Die Kaiserin Ludovica hatte sich schon mit den Erzherzoginnen nach Totis, einem in Ungarn belegenen Landsitz und Schloß des Fürsten Liechtenstein, begeben, und dahin gedachte der Kaiser ihr in einigen Tagen nachzufolgen.
Ich reiste schon heute ab, sagte er, in seinem Kabinet auf- und abgehend, zu seinem vertrautesten Diener, dem Reichshofrath Hudelist, aber ich möcht' gar gern erst den Bubna sprechen, den ich zum Bonaparte gesandt habe.
Ich hoffe, Majestät, der Herr Graf wird noch heute zurückkehren, erwiderte Hudelist mit seiner demüthigen, schmeichelnden Stimme.
Geb's Gott, seufzte der Kaiser. Es ist gar langweilig hier, und ich hoff', in Totis wird's halt nit voll so traurig sein. Es sind da, wie mir der Fürst Liechtenstein gesagt hat, gar gute Teiche zum Angeln, und auch ein Laboratorium hat er mir bauen lassen zur Siegellackfabrikation. Ich denk', Hudelist, wir wollen da recht fleißig sein und schöne neue Sorten fabriciren.
Ich habe heute ein neues Recept erhalten zu einem Carminsiegellack mit Parfüm à la Rose, sagte Hudelist lächelnd.
Ei, das ist hübsch, rief der Kaiser, geben's her, lassen's mich einmal lesen.
Der Hofrath zog ein Papier aus seinem Busen hervor und reichte es mit einer tiefen Verbeugung dem Kaiser dar. Dieser nahm es lebhaft und heftete mit einem freundlich lächelnden Angesicht seine Blicke auf dasselbe.
Plötzlich aber verfinsterten sich seine Züge und mit einer unwilligen Bewegung warf er das Papier auf den Tisch. Was soll ich mit dem Wisch? fragte er zürnend. Kann ich denn nicht einen Augenblick Ruh' haben? Hatte über dem Recept auf einen Moment die abscheuliche Situation vergessen, aber gleich müssen's kommen, mich daran zu erinnern.
Mein Gott, stotterte Hudelist, was hab' ich denn gethan, um Ew. Majestät Unwillen zu erregen?
Der Kaiser nahm das Papier vom Tisch und reichte es ihm dar. Schauen's, sagte er mit halb schon wieder besänftigtem Ton, ist das ein Recept zum Siegellackmachen?
Mein Gott, ächzte Hudelist entsetzt, ich habe mich vergriffen, statt des Recepts habe ich Ew. Majestät das Concept zu dem Aufruf an die Völker gegeben, das Ew. Majestät mir befohlen, aufzusetzen. Oh, ich bitte Ew. Majestät unterthänigst um Verzeihung wegen dieses furchtbaren Mißgriffs, ich –
Na, lassen's gut sein, unterbrach ihn der Kaiser, es macht halt nichts aus. Sie haben mir ein Recept für ein anderes gegeben und es ist wahr, mit dem Siegellack-Recept hat's Zeit bis Totis. Das andere Recept aber, das brauchen wir sogleich, denn es soll dazu dienen, das Volk zur Ruh' und zur Unterwürfigkeit zu bringen. Na lesen's einmal, was Sie geschrieben haben!
Majestät, ich habe genau die Befehle Ew. Majestät und die Anweisungen Ihres Herrn Ministers, des Grafen Metternich, befolgt und nur Das niedergeschrieben, was Ew. Majestät mit Ihrem Minister verabredet haben.
Lesen's mal, gebot der Kaiser, die Fliegenklappe vom Tisch nehmend und während er, langsam an den Wänden hinschleichend, die Fliegen belauerte und dann und wann einen derben, schallenden Schlag nach ihnen that, las Hudelist:
»An meine Völker und meine Armee! Meine geliebten Unterthanen und selbst meine Feinde wissen, daß ich bei dem gegenwärtigen Kriege weder durch Eroberungssucht, noch durch gereizte leidenschaftliche Empfindungen zur Ergreifung der Waffen bewogen wurde.«
»Selbsterhaltung und Unabhängigkeit, ein Friede, der sich mit der Ehre der Krone verträgt, in dem meine Völker Sicherheit und Ruhe finden, war von jeher der erhabene, der einzige Zweck meines Strebens.«
»Das wandelbare Glück der Waffen entsprach meinen Erwartungen nicht, der Feinde drang in das Innerste meiner Staaten und überzog sie mit allen Verheerungen des unversöhnlichsten Krieges und einer grenzenlosen Erbitterung, aber er lernte dabei den Gemeingeist meiner Völker und die Tapferkeit meiner Armee kennen und schätzen.«
»Diese von ihm blutig erkaufte Erfahrung und meine stets gleiche Sorgfalt für das Glück meiner Staaten führten die gegenwärtige Annäherung zu friedlichen Unterhandlungen herbei. Meine Bevollmächtigten sind mit jenen des französischen Kaisers zusammengetreten.«
»Mein Wunsch ist ein ehrenvoller Friede, in dessen Bestimmungen Möglichkeit und Aussicht seiner Dauer liegen. Die Tapferkeit meiner Kriegsheere, ihr unerschütterlicher Muth, ihre warme Vaterlandsliebe, ihr lauter Wunsch, die Waffen nicht eher als nach Erlangung eines ehrenvollen Friedens niederzulegen, können mir nicht gestatten, Bedingungen, welche die Grundfeste der Monarchie zu erschüttern drohten und uns entehrten, nach so großen und edlen Aufopferungen, nach so reich vergossenem Blut für das Vaterland, einzugehen.«
»Der hohe Geist, der die Armee belebt, ist mir Bürge, daß, sollte der Feind uns dennoch mißkennen, wir den Lohn der Standhaftigkeit einst sicher erlangen werden.« Siehe: von Hormayr: Andreas Hofer II. S. 440.
Pautz, da hast eins! rief der Kaiser eben, als Hudelist zu Ende gelesen, indem er einen mächtigen Schlag an die Wand that; jetzt wirst endlich Dein Gebrumm und Dein bös Wesen, mit dem Du mir halt 'ne Viertelstunde um die Ohren gefahren bist, bleiben lassen und fein still schweigen. Kommen's mal hieher, Hudelist, sehen's sich mal die Brummfliege an. Die ganze Zeit über, daß Sie lasen, hab' ich auf sie Jagd gemacht und erst jetzt hab' ich sie bekommen. Haben's in Ihrem Leben ein so unverschämtes, großes Viecherl gesehen?
Es ist wahr, sagte Hudelist mit seinem grinsenden Lächeln, es ist ein merkwürdig großes Thier.
Ich glaub' halt gar nicht, daß es eine Brummfliege ist, rief der Kaiser, es ist der Bonaparte, der sich in eine Brummfliege verwandelt hat, wie einst der Jupiter in einen Ochsen, und er ist hieher gekommen, um mich zu chicaniren und mir die Ohren voll zu brummen, daß mir ganz krank davon wird. Ja, ja, Hudelist, glauben's mir, der Bonaparte ist 'ne große Brummfliege, die ganz Europa den Kopf verdreht macht. Ach, könnt' ich ihm doch thun, wie ich's dieser abscheulichen Brummfliege thue, könnt ich ihn so unter meinen Füßen zermalmen!
Und der Kaiser zerrieb das am Boden liegende, noch zappelnde Thier unter dem Absatz seines Stiefels.
Ew. Majestät werden sicher einst noch die Freude haben, die große Brummfliege Bonaparte unter Ihren Füßen zu zertreten, sagte Hudelist. Nur müssen Ew. Majestät gnädigst Geduld haben, und nicht jetzt versuchen, was Sie später mit Gewißheit erreichen werden. In diesem Augenblick ist der Bonaparte stark und überlegen, aber wenn man wartet, wird sich auch ein Moment zeigen, wo er schwach ist, und den werden Ew. Majestät benutzen, um ihn zu zerschmettern.
Schaun's, wie gefällig Sie sind, rief der Kaiser mit einem ironischen Lächeln, geben mir zuvorkommend Rath, ohne daß ich ihn gefordert habe. Ich dank' Ihnen, Herr Hofrath, werd' aber doch am besten thun, meiner eigenen Einsicht zu folgen. Da der allmächtige Gott mich einmal an die Spitze gestellt und mich zum Kaiser gemacht hat, so muß er's mir doch zutrauen, daß ich das Amt zu verwalten und meinen Kaiserposten auszufüllen versteh'. Na, sehen's nicht so bestürzt aus, ich weiß, daß Sie guten Willen haben und ich vertraue Ihnen.
Ew. Majestät wissen, daß ich zu jeder Stunde bereit wäre, für Sie in den Tod zu gehen, daß ich in jedem Augenblick freudig und jauchzend mein Blut für Ew. Majestät vergießen würde, rief Hudelist begeistert. Nur meine grenzenlose Liebe und Anbetung war es daher, die mich wagen ließ, Ew. Majestät frei und offen meine Meinung auszusprechen, aber niemals wieder werde ich das thun, denn ich bin so unglücklich gewesen, Ew. Majestät dadurch zu mißfallen.
Im Gegenteil, immer sollen's das thun, immer sollen's mir ehrlich und offen Ihre Meinung sagen, rief der Kaiser lebhaft. Sollen mir Alles sagen, was Sie glauben, was Sie wissen, und auch, was Sie von Andern hören und erfahren. Ihre Ohren, Ihre Zunge und Ihre Augen sollen mir gehören.
Und auch mein Herz, Majestät, das vor allen Dingen gehört meinem angebeteten Kaiser.
Na, haben's denn ein Herz, Sie? fragte der Kaiser lächelnd. Ich glaub's nicht, Hudelist, Sie sind ein kluger und brauchbarer Mann, aber von Ihrem Herzen schweigen's lieber still, denn ich denk', das haben's verbraucht, und es ist bei Ihren vielen Liebschaften in Rauch aufgegangen. Es liegt mir auch nichts d'ran. Halt' nit viel von den Leuten, die gar so viel Herz haben und bei allen Dingen immer auch ihr vorschnelles Herz mitsprechen lassen. Mein Herr Bruder, der Erzherzog Johann zum Beispiel, der hat diesen Fehler, und darum läuft auch manchmal sein Herz mit seinem Kopf davon, und dann laufen zuletzt die Beine hinterher.
Er ist indessen ein sehr tapferer General, sagte Hudelist sanft, ein muthiger Anführer und ein gar trotziger, ja fast verwegener Feind Frankreichs. Mit welcher unerschütterlichen Tollkühnheit er überall dem Vicekönig von Italien entgegengetreten ist, und ihn angegriffen hat, selbst wenn er zuvor wissen mußte, daß er den überlegenen Feind nicht besiegen konnte! Mit welcher Großsinnigkeit er Alles auf's Spiel setzte, und das Leben Tausender nicht achtete, wenn es galt, auch nur einen kleinen Coup gegen den Feind auszuführen, und mit welcher wahren Heldengröße er sogar oft wagte, den Befehlen des Oberfeldherrn zu trotzen, ihm den Gehorsam zu verweigern und seinen eigenen Weg zu gehen, wenn er fand, daß diese Befehle seiner Armee verderblich wären!
Ja, rief der Kaiser mit einem lauten Hohnlachen, und über diesem Trotz und diesem Ungehorsam haben wir die Schlacht von Wagram verloren! Wär' der Erzherzog Johann gehorsamer und zur rechten Zeit mit seinen Truppen zur Stelle gewesen, so würden wir die Schlacht gewonnen haben, und ich wär' nit hier in diesem elenden Nest, und hätt' nit nöthig mit dem Bonaparte fein demüthig und bescheiden um den Frieden zu unterhandeln. Das hat mir das gute Herz meines Herrn Bruders zu Stande gebracht, und bei Gott, ich werd mich auch ihm eines Tages dafür dankbar bezeigen.
Oh, Majestät, sagte Hudelist mit seiner einschmeichelndsten Stimme, wenn vielleicht wirklich der Erzherzog bei dieser Gelegenheit ein unwillkührliches Versehen begangen haben sollte, so hat er es doch tausend Mal wieder gut gemacht. Erinnern Sich Ew. Majestät nur, was Alles der edle Erzherzog Johann in Tyrol zu Stande gebracht hat. Daß Tyrol aufgestanden ist wie Ein Mann, daß es mit Heldenmuth gekämpft hat und noch kämpft, das verdanken Ew. Majestät nur dem Herrn Erzherzog. Er hat Alles angeordnet, er hat in Tyrol eine Verschwörung organisirt, hat, während Tyrol noch unter fremder Herrschaft stand, eine förmliche großartige Conspiration im ganzen Land vorbereitet; auf seinen geheimen Ruf und Willen brach die Revolution an allen Ecken und Enden von Tyrol zu gleicher Zeit aus, und der Name des Erzherzogs Johann ist es, der dieses Volk von Helden zur Schlacht und zum mörderischen Kampf begeistert.
Schlimm genug, daß es so ist, rief der Kaiser, mit weiten, unruhigen Schritten im Gemach auf und ab gehend. Böses Unkraut hat er mir da ausgesäet der Herr Erzherzog, und ein gefährlich Spiel hat er gespielt.
Ja freilich, gefährlich ist's, einem Volk den Aufstand zu predigen, und es zu lehren, wie man Revolutionen macht, sagte Hudelist gedankenvoll. Leugnen läßt sich's auch nicht, daß der Tyroler Aufstand in gewissem Betracht ein gar böses Beispiel ist. Freilich, der Erzherzog hat die Verschwörung nur angezettelt zum Besten Oesterreichs und für den Kaiser, aber was die Tyroler heut für den Kaiser thun, können sie ein anderes Mal gegen ihn thun, und wäre der Herr Erzherzog nicht so überaus loyal und über jeden Verdacht erhaben, so könnte man meinen, er habe die Revolution zu seinem eigenen Zweck und Nutzen hervorgerufen. Jedenfalls hängt es nur von ihm ab, sich selbst zum König von Tyrol erklären zu lassen, denn seine Kräfte und sein Einfluß ist dort allmächtig.
Der Kaiser stieß einen Schrei der Wuth aus, seine Augen schossen Blitze, seine Lippen bebten und murmelten einzelne drohende Worte, seine Wangen waren bleich geworden, und in unaussprechlicher Erregung rannte er einige Male im Zimmer auf und ab. Dann, als bedürfe er eines Ableiters für den in ihm tobenden Zorn, nahm er die Fliegenklappe und schlug hier und dort, wo er eine Fliege bemerkte, mit schallender Heftigkeit gegen die Wand.
Hudelist folgte jeder seiner Bewegungen mit einem kalten aufmerksamen Auge, und ein Ausdruck höhnischer Schadenfreude erhellte auf einen Moment sein düsteres Gesicht.
Es hat gewirkt, sagte er leise zu sich selber, der Argwohn hat in seinem Herzen Wurzel gefaßt, und es wird uns gelingen, den Herrn Erzherzog, der immer Krieg predigt und den Krieg um jeden Preis will, unschädlich zu machen.
Plötzlich warf der Kaiser seine Fliegenklappe bei Seite und wandte sich zu Hudelist hin, dessen Angesicht schnell wieder seinen stillen, demüthigen und undurchdringlichen Ausdruck angenommen hatte.
Hören Sie, sagte der Kaiser leise und geheimnißvoll, sagen Sie mir immer Alles, was Sie von dem Herrn Erzherzog wissen, verschweigen Sie mir Nichts. Ich muß Alles wissen, und ich rechne auf Ihre Aufrichtigkeit und Ihre Beobachtungsgabe.
Majestät, rief Hudelist glühend, ich schwöre, daß ich die Befehle meines Kaisers getreulich vollführen will. Kein Wort, kein Schritt, keine Aeußerung der öffentlichen Meinung soll Ew. Majestät verborgen bleiben, denn wie Ew. Majestät vorhin so gnädig bemerkten, mein Ohr, mein Auge und meine Zunge gehört Eurer Majestät!
In diesem Moment ward die Thür des Vorsaals geöffnet und der Lakai meldete den Grafen Bubna.
Eintreten, befahl der Kaiser, und mit einem raschen Wink seiner Hand verabschiedete er Hudelist, der, sich demüthig verneigend, rückwärts gehend, das Kabinet des Kaisers verließ, in demselben Augenblick, als auf der Schwelle der gegenüber liegenden Thür der Graf Bubna erschien.
Der Kaiser ging ihm lebhaft entgegen. Nun sprechen's, Graf, rief er hastig, haben's den Bonaparte gesehen, hat er Sie vorgelassen?
Ja, Majestät, sagte Graf Bubna mit einer düstern Feierlichkeit, ja, der Kaiser Napoleon hat mich vorgelassen, und ich habe lange und ausführlich mit ihm gesprochen.
Der Kaiser nickte lebhaft mit dem Kopf. Hat er Ihnen Friedensbedingungen gemacht?
Ja, Majestät, aber ich darf Ew. Majestät nicht verhehlen, daß es sehr drückende und weitausgreifende Forderungen sind, welche der Kaiser Napoleon als die Bedingungen des Friedens betrachtet. Er ist sehr heftig gereizt, und der heldenmüthige Widerstand, den unsere Armee ihm entgegengesetzt, unser unzweifelhafter Sieg von Aspern, und der Umstand, daß sein Sieg von Wagram doch immer ein sehr zweifelhafter ist, scheinen ihn auf's Aeußerste empört zu haben. Er ist schon deshalb entschlossen, harte Friedensbedingungen zu stellen, weil dadurch, wenn sich Oesterreich denselben unterwirft, der Sieg von Wagram erst constatirt wird.
Nun, es ist mir lieb, daß er gereizt ist, sagte der Kaiser achselzuckend, ich bin es auch, und ich werde keinen Frieden annehmen, der mir keine ehrenvollen Bedingungen gewährt. Das habe ich meinen Völkern erst heute in dem Manifest, das da auf dem Tisch liegt, versprochen, das bin ich außerdem mir selber schuldig. Ein ehrenvoller Friede, oder die Entscheidung durch den Krieg. Ich werde, wenn es sein muß, mein ganzes Volk zu den Waffen rufen, ich werde mich selbst an die Spitze stellen, und entweder den Bonaparte besiegen, oder ehrenvoll untergehen.
Ach, wenn Ihr Volk Ew. Majestät eben sehen könnte in Ihrer edlen Aufregung, mit welcher Begeisterung würde es seinem Kaiser folgen, um mit ihm zu siegen, mit ihm den Feind niederzuschmettern! rief Graf Bubna. Und dennoch, selbst die edelste Begeisterung könnte scheitern, denn die Umstände sind mächtiger, als der kühnste Heldenmuth Ew. Majestät. Der Kaiser Napoleon ist zu dem Aeußersten entschlossen, und er hat für den Augenblick die Macht für sich. Seine Armee ist vollständig ergänzt, kriegsbereit und voll freudigen Muthes. Die unsrige ist lückenhaft, desorganisirt, moralisch niedergedrückt und ohne Anführer, da Ew. Majestät dem Generalissimus den geforderten Abschied bewilligt haben. Den Krieg fortsetzen, heißt Oesterreichs Existenz und das Fortbestehen des Kaiserhauses selber gefährden.
Ach, Sie meinen, es würd' dem Herrn Bonaparte belieben, von meinem Hause zu sagen, was er von Neapel und Spanien sagte: Die Bourbons haben aufgehört zu regieren?
Majestät, wenn auch der Kaiser Napoleon nicht wagte, sich so maßlos auszudrücken, so hat er doch in ähnlichem Sinne gesprochen! Als er mich nach langem Verweigern vorließ, und ich damit begann, zu sagen: »mein gnädigster Herr, der Kaiser von Oesterreich«, unterbrach mich der Kaiser Napoleon und rief mit heftiger Stimme: »es giebt keinen Kaiser von Oesterreich mehr, sondern nur noch Prinzen von Lothringen.« v. Hormayr: Lebensbilder III. 333.
Ach wirklich, als Prinzen von Lothringen erlaubt er mir wenigstens noch zu existiren und mir das Leben zu fristen. Und was sagte er ferner? Verschweigen Sie mir Nichts, Graf Bubna, bedenken Sie, daß ich Alles hören muß, um darnach meine Entscheidungen und Entschlüsse bestimmen zu können.
Majestät, wenn ich das nicht bedächte, würde ich nimmermehr wagen, das zu wiederholen, was der Kaiser Napoleon zu sagen sich erlaubte. Er schien sich in meiner Gegenwart ganz rückhaltslos zu äußern; indem er dabei entweder auf der Erde neben seinen Landkarten lag, oder auf dem Tische saß und die Füße auf einen Stuhl stellte, oder auch mit gekreuzten Armen vor mir stand, sprach er zu mir mit einer Offenheit, die mich fast erschreckte und die mir zuweilen als eine ganz unwillkürliche erschien.
Da haben's sich jedenfalls geirrt, sagte Franz achselzuckend. Der Bonaparte thut niemals Etwas unwillkührlich, und kein Wort entschlüpft ihm, das er nit hat sagen wollen. Ich kenn' ihn besser, als Ihr Alle, obwohl ich ihn nur einmal in meinem Leben gesehen hab', und Gott weiß, daß als ich ihn damals nach der Schlacht von Austerlitz sah, mein Herz einen glühenden Haß gegen ihn faßte. Mein Herz ist aber treuer im Haß, als in der Liebe, und wenn man sagt, daß die Liebe blind macht, so macht der Haß hingegen hellsehend, und darum kann ich dem Bonaparte bis in seine Nieren hineinsehen und kenn' ihn besser als Ihr Alle. Sagen Sie mir also, was er zu Ihnen so Offenherziges gesprochen hat, und ich werd' wissen, was ich von seinen Aeußerungen, die Ihnen als unwillkürlicher Ausfluß seiner Gesinnungen erschienen, zu halten habe. Was denkt er von dem Waffenstillstand? Will er durchaus wieder zum Schwert greifen, oder ist er zum Frieden geneigt?
Geneigt, Majestät, ist nicht das richtige Wort, er gedenkt Ew. Majestät für große Opfer den Frieden zu bewilligen. Ew. Majestät werden ihm viel Land, viele Festungen und endlich viel Geld opfern müssen, um dafür den Frieden zu erhalten.
Und wenn ich das nicht thue? rief Franz ungestüm, wenn ich es vorziehe, lieber den Krieg zu erneuern und ehrenvoll auf den Trümmern meines Reichs zu sterben, als mir einen ehrlosen Frieden zu erkaufen, was wird er dann sagen?
Dann wird er mit seinem starken, siegesmuthigen Heer den Krieg auf's Neue beginnen, dann wird er, wie er mir mehr als einmal mit Donnerstimme entgegenschrie, dann wird er unerbittlich sein, und keine Rücksicht, keine Großmuth wird ihn mehr hindern, sich zu rächen an seinem persönlichen Feind, denn als solchen wird er alsdann Ew. Majestät betrachten.
Aber in Nürnberg hängt man halt Keinen, man habe ihn denn zuvor, sagte der Kaiser ruhig. Noch hat der Bonaparte mich nicht, und ich denk', er wird mich auch sobald nicht haben. Er wird doch, trotz aller Prahlereien, den Thron von Oesterreich müssen bestehen lassen; ganz Europa würde wider ihn aufstehen, selbst Rußland würde sein Feind werden und gegen ihn das Schwert ziehen, wenn er's sich einfallen ließe, sich selber das Kaiserreich Oesterreich anzueignen, und es zu verschlingen, wie er Italien verschlungen hat.
Majestät, ich glaube auch nicht, daß er Oesterreich im Fall des wieder erneuerten Krieges bedroht, sondern er bedroht nur den Kaiser von Oesterreich.
Was wollen's damit sagen, Bubna? fragte der Kaiser heftig.
Majestät, sagte Graf Bubna leise und schüchtern, Majestät, der Kaiser Napoleon hält Sie für seinen persönlichen, unerbittlichen Feind, und er meint, daß wenn Ew. Majestät nicht da wären, sondern ein ihm günstigerer Herrscher auf dem Throne von Oesterreich säße, er sehr bald nicht allein mit Oesterreich Frieden machen, sondern auch für die Zukunft einen treuen Bundesgenossen an ihm haben würde. Wenn es also wieder zum Kriege käme und derselbe dem Kaiser Napoleon günstig wäre, so –
Weiter, weiter, rief der Kaiser ungeduldig, als Graf Bubna zögerte, ich muß Alles wissen, und ich bin nicht so ängstlich, daß mich blos gesprochene Worte schon in Schrecken und Furcht jagen.
Ich aber, Majestät, ich bin ängstlich, Worte auszusprechen, deren Gedanken mich mit Entsetzen und Abscheu erfüllen, Worte, die sich, Gott sei Dank, wohl niemals in Thaten umwandeln werden.
Machen's keine Vorrede, sprechen's gerade heraus, rief der Kaiser ungeduldig. Was möcht' der Bonaparte thun, wenn er uns im erneuerten Kriege abermals besiegte?
Majestät, er möchte einen andern Kaiser auf den österreichischen Thron setzen.
Ach, immer das alte Lied, rief der Kaiser verächtlich. Einer seiner Brüder oder Schwäger soll Kaiser von Oesterreich werden, ist's nicht so? »Das Haus Habsburg hat zu regieren aufgehört«, nicht wahr?
Nein, ein anderer Fürst des Hauses Habsburg soll die Regierung übernehmen, einer der Brüder des regierenden Kaisers Franz.
Ah, ah, er denkt an meine Herren Brüder, murmelte der Kaiser, dessen Wangen erbleichten. Nun, welchen von meinen Brüdern hat er denn zum zukünftigen Kaiser designirt?
Er meinte, der Erzherzog Ferdinand, der Großherzog von Würzburg, wurde ein ihm wohlgeneigter Kaiser von Oesterreich sein. Er habe Zutrauen zu dem Großherzog noch von Toscana her, und er glaube, daß auch der Großherzog ihm nicht abgeneigt sei. Ihn also wünsche er sich zum Kaiser von Oesterreich, und das Großherzogthum Würzburg werde er an Baiern geben.
Und Tyrol? fragte der Kaiser Franz. Will der Bonaparte in seiner Freigebigkeit das auch an Baiern geben, oder will er es meinem Herrn Bruder Ferdinand, dem zukünftigen Kaiser von Oesterreich, lassen?
Nein, Majestät. Der Kaiser Napoleon scheint mit Tyrol ganz neue und eigenthümliche Pläne zu haben. Baiern soll es nach diesen Plänen nicht behalten, denn Baiern habe es, wie Napoleon zürnend meinte, gar nicht verstanden, mit den einfachen, biederen Tyrolern umzugehen. In den Bergen sei tiefe Ruhe nöthig, darum könne er Tyrol nicht bei Baiern lassen, das einmal von den Tyrolern gehaßt werde. Da Tyrol sich aber so bewundernswürdig treu und anhänglich für Oesterreich bewährt habe, so wäre es am besten, Tyrol zu einem selbstständigen Fürstenthum zu erheben, und dasselbe auch einem der Erzherzoge, der Brüder des Kaisers, zu geben. Napoleons eigene Worte. Siehe: Lebensbilder V. S. 217.
Bei Gott, meine Herren Brüder scheinen in großer Gunst bei dem Herrn Kaiser Bonaparte zu stehen, rief der Kaiser. Wem von den Herren Erzherzogen hat er denn das neue Fürstenthum Tyrol als gnädiges Geschenk zuerkannt?
Majestät, er meinte, man müsse Tyrol an denjenigen der Erzherzoge geben, dem es von jeher die größte Liebe und Begeisterung gewidmet, an den Erzherzog Johann.
Johann, rief der Kaiser auffahrend, Johann soll Herr von Tyrol werden! Ach, er hat also ganz richtig speculirt, mein kluger und gelehrter Herr Bruder. Er hat zuerst auf gar geschickte und listige Weise ganz Tyrol zu einer Verschwörung und Revolution aufgestachelt und jetzt will er mit seiner eigenen Person die Revolution dämpfen und das geliebte Tyrol zur Ruhe bringen.
Majestät, rief der Graf erschrocken, es ist nicht der edle Erzherzog Johann, der solche Pläne entworfen hat, sondern der Kaiser Napoleon.
Dieser scheint wenigstens in einem rührenden Einverständniß der Liebe mit meinen Herren Brüdern zu sein. Wär' doch neugierig zu wissen, ob er nicht auch für die anderen Herren Erzherzöge einige Kronen und Länder in seiner Großmuth aufgefunden hat. Und dann haben's mir noch nicht gesagt, was er aus mir machen will, wenn er mich vom Thron gestoßen hat? Will er mich etwa auch gefangen halten, wie den König von Spanien und den Papst Pius, oder will er mir erlauben, mich auf der Flucht umherzutreiben, wie der König von Neapel?
Majestät, Napoleon träumte ja nur von der Zukunft, und Träume sind niemals logisch und consequent. Ich selber hörte seinen Träumen nur schweigend zu, und sie belustigten mich nur wie die drolligen Mährchen meiner Kinderjahre, die nur erfunden sind, um Lachen zu erregen.
Es ist wahr, lachen wir darüber, rief der Kaiser mit einem lauten Lachen, das indessen zu wenig natürlich klang, um auch Graf Bubna zum Lachen zu reizen. Und jetzt, sagte der Kaiser dann schnell verdüstert, jetzt, da wir genug von diesen lustigen Hirngespinsten Bonapartes gesprochen haben, jetzt lassen Sie uns von ernsthaften Dingen reden! Welches sind die Bedingungen, unter denen der Kaiser von Frankreich mit mir einen Frieden abschließen würde? Was fordert er?
Majestät, seine Forderungen sind so ungeheuer, daß ich sie kaum zu wiederholen wage.
Geniren's sich nicht, sagte der Kaiser trocken. Hab' ich die Geschicht' von meinen Herren Brüdern anhören können, werde ich auch wohl alles Andere ertragen können. Sprechen's also! Was fordert Napoleon, um Frieden zu schließen?
Er fordert, daß alles von den Franzosen besetzte österreichische Land an Frankreich falle, daß ihnen in den jetzt noch von den Oesterreichern besetzten einzelnen Festungen alle darin befindlichen Magazine, Arsenale, Vorräthe von Tuch und Kleidungsstücken bei dem Abzug der Oesterreicher verbleiben sollen, daß ihnen die beiden Festungen Brünn und Gratz ohne Kampf und Widerstand überliefert werden, und daß endlich Oesterreich sich zu großartigen Naturalienlieferungen für die französische Armee verpflichte, deren Eintreibung dem General-Intendanten Daru übertragen werden solle.
Damit er Oesterreich so unbarmherzig aussauge, wie er's früher mit Hamburg und Norddeutschland überhaupt gethan, sagte der Kaiser achselzuckend. Und verlangt denn der Bonaparte dies Mal gar kein Geld? Will er's sich mit Provinzen und Festungen und Lieferungen genügen lassen? Will er uns gar kein Geld erpressen?
Majestät, er verlangt eine ungeheuerliche Summe. Er verlangt als erste Anzahlung die Summe von zweihundert und siebenunddreißig Millionen Francs. Siehe: Schlosser: Geschichte des achtzehnten Jahrhunderts und des neunzehnten bis zum Sturz des französischen Kaiserreichs. Bd. VIIa. S. 550.
Na, na, er wird sich ja auch wohl handeln lasten, rief der Kaiser.
Ew. Majestät wollen also gnädigst über seine Friedensbedingungen mit ihm unterhandeln? fragte Bubna freudig. Sie wollen zum Wohl Ihres Landes seine stolzen Forderungen nicht ganz zurückweisen, und den Waffenstillstand sich nicht in einen Krieg auflösen lassen, der, so wie die Dinge jetzt leider stehen, jedenfalls nur zum Verderben Oesterreichs und Ihrer Monarchie ausschlagen könnte?
Ich werd' nur die Sach' überlegen, sagte der Kaiser, hab' ja auch schon jedenfalls meinen guten Willen gezeigt, indem ich meine Minister, die Grafen Stadion und Metternich, nach Altenburg geschickt habe, um dort mit dem Minister Champagny zu unterhandeln. Ich werd' sie nicht heim berufen, und sie sollen ungestört weiter verhandeln. Sie verstehen sich darauf, und sind beide gar gelehrte Herren und kluge Diplomaten. Aber was die Herren Diplomaten thun, pflegt langsam zu gehen, und darum wird's gut sein, daß wir ihnen ganz im Stillen ein bissel bei ihrer Arbeit helfen. Während die Herren Diplomaten in ungarisch Altenburg öffentlich unterhandeln, will ich ganz im Geheimen auch anfangen, zu unterhandeln, der Kaiser unmittelbar mit dem Kaiser, und Sie, Graf Bubna, sollen mein geheimer Unterhändler und Zwischenträger werden.
Majestät, rief Graf Bubna mehr erstaunt als freudig, Majestät bezeigen mir da ein Vertrauen, das –
Das Sie hoffentlich zu schätzen und dessen Sie Sich würdig zu zeigen wissen werden, unterbrach ihn der Kaiser. Ich zähle auf Ihre Geschicklichkeit, Ihren Eifer und vor allen Dingen auf Ihre Discretion. Sie werden morgen mit neuen Friedensvorschlägen von mir nach Schönbrunn zum Kaiser Napoleon gehen. Aber Niemand darf von Ihrer Sendung erfahren, am allerwenigsten aber meine beiden Herren Minister, die in Altenburg um den Frieden unterhandeln.
Majestät, ich werde verschwiegen sein wie das Grab!
Ein schlechter Vergleich, Bubna, denn aus Ihren verschwiegenen Unterhandlungen soll ja neues Leben für Oesterreich erblühen. Nun gehen's und ruhen's sich aus, später wollen wir weiter sprechen und werde ich Ihnen meine Aufträge ertheilen. Aber sagen Sie, Bubna, glauben Sie wirklich, daß es dem Bonaparte Ernst war mit seinen Träumen, daß er wirklich, wenn er uns auf's Neue besiegte, seine Pläne mit den Erzherzögen Ferdinand und Johann auszuführen beabsichtigte?
Ich fürchte, Majestät, daß das wirklich seine ernstliche Absicht ist.
Er haßt mich also sehr, der Kaiser Napoleon?
Er glaubt, daß Ew. Majestät ihn sehr hassen. Er sagte mir einmal gradezu, daß nur der persönliche Haß Ew. Majestät diesen Krieg herbeigeführt hätte, und daß an diesem Haß, wie er fürchte, auch alle Friedensunterhandlungen scheitern würden. Ich wagte es zu widersprechen, aber er schüttelte lebhaft sein Haupt und rief: der Kaiser Franz haßt mich so sehr, daß er, glaube ich, lieber seine Krone und sein Land verlieren, als einwilligen würde, sich mir auf eine freundschaftliche Weise zu verbinden, selbst wenn ihm das den größten Vortheil gewährte. Glauben Sie zum Beispiel, daß der Kaiser Franz, wenn ich sein Schwiegersohn zu werden wünschte, mir die Hand seiner Tochter erließe, selbst wenn ich ihm dafür die Hälfte der Kriegscontribution erließe und ihm alles eroberte Land zurückgäbe?
Wie, das sagte Napoleon? fragte der Kaiser mit ungewohnter, fast freudiger Lebhaftigkeit. Aber, fuhr er dann düster fort, dies gehört auch nur in das Reich der Märchen und Träume Napoleon's. Er ist ja zur Zeit vermählt, und die Kaiserin Josephine ist jung und lebenslustig genug, um gar nicht an das Sterben zu denken.
Aber der Kaiser Napoleon denkt, wie man sagt, sehr lebhaft an eine Scheidung.
Die wird ihm der Papst, den er gefangen hält, niemals bewilligen, rief der Kaiser.
Er wird das auch wohl gar nicht begehren, Majestät. Der Kaiser Napoleon hat seiner Ehe mit der Kaiserin Josephine niemals die kirchliche Sanction geben lassen, und bei der Scheidung einer Civilehe bedarf es nicht der Genehmigung des Papstes, sondern der Kaiser kann sie lösen aus eigener Machtvollkommenheit.
Das ist halt recht bequem für den Herrn Bonaparte, sagte Franz lächelnd. Na, gehen's jetzt, Graf, und ruhen's sich. Ich bin sehr mit Ihnen zufrieden, und ich denk', ich werds auch ferner mit Ihnen sein können. Adieu! Ich werd' Sie später rufen lassen!
Er nickte dem Grafen freundlich zu, und blieb ruhig und lächelnd neben seinem Schreibtisch, in der Mitte des Gemachs, stehen, bis die Thür des Vorsaals sich hinter dem Grafen Bubna schloß. Dann aber nahm sein Gesicht einen düstern, gehässigen Ausdruck an, und mit einer drohenden Geberde schleuderte er seine zur Faust geballte Rechte empor.
Meine Herren Brüder, rief er mit dumpfer, zorniger Stimme, immer meine Herren Brüder! Ueberall wollen sie mich bei Seite drängen, überall soll ich im Schatten stehen, damit sie in desto hellerem Lichte glänzen. Ach, wir werden ja sehen, wer Kaiser von Oesterreich ist und wem Tyrol gehört, wir werden ja sehen, wer der Herr ist und wer zu gehorchen hat. Noch bin ich der Kaiser, noch habe ich über Krieg und Frieden zu entscheiden, und ich will entscheiden, und ich will sie demüthigen und zum Gehorsam zwingen, diese großprahlerischen Herren Erzherzöge, die immer den Krieg predigen und in jeder Schlacht unterliegen und besiegt werden! Oh, sie zetteln Revolution an und strecken ihre Hand nach meinem Eigenthum aus! Aber mit Einem Federstrich meiner Hand werde ich ihre Kronen zerschmettern, ihre Revolution ersticken und sie zur Unterwürfigkeit zwingen. Ich will Frieden machen mit Napoleon, und das aufrührerische Tyrol soll wieder ruhig werden, auch ohne daß der Herr Erzherzog Johann es zum Geschenk erhält. Lieber noch lasse ich es an Baiern zurückfallen, als daß es mein Herr Bruder erhält. Damit wird dem aufrührerischen Bauernvolk Recht geschehen, es hat böses Beispiel gegeben, und es muß dafür bestraft werden. Ich will keine Verschwörer zu Unterthanen haben! Möge Baiern zusehen, wie es die rebellischen Bauern wieder zur Raison bringt! Ich zieh' meine Hand von ihnen zurück. Ich will Frieden haben! Ich will Kaiser von Oesterreich bleiben, allen meinen Herren Brüdern zum Trotz!