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Zweiter Teil
Der Gatte

Erstes Kapitel

Auf den Höhen des »Grünen Hügels«, zwischen dem See und dem Sihltal, prangte die stattliche Villa des aus Westfalen eingewanderten Handelsherrn Otto Wesendonk, ein schloßähnlicher Renaissancebau, inmitten eines gepflegten Parks. Wenige Wegminuten weiter bewohnte Richard Wagner mit seiner Frau Minna, geborene Planer, ein Häuschen, das ihm Freund Wesendonk gegen niedrigen Mietzins zur Verfügung gestellt hatte, sein »Verbannungsasyl«, behaglich eingerichtet, mit dem gleichen Ausblick auf den See und die schneebedeckten Berge wie die Villa.

Beide waren erst vor einigen Wochen bezogen worden. Die in Zürich angeknüpften Beziehungen zwischen Wagner und Wesendonk bestanden aber schon seit Jahren. Erster Anlaß dazu war ein von Wagner dirigiertes Konzert gewesen, und die Verehrung für den Meister, der so schwer um seine Geltung ringen mußte, wuchs noch immer. Otto Wesendonk rechnete es sich zur Ehre an, ihn bei jeder Gelegenheit zu unterstützen, die Fehlbeträge seiner Konzerte auszugleichen, seine Partituren zu erwerben, ihm jeden erdenklichen Komfort zu verschaffen.

Der Verkehr von Haus zu Haus gestaltete sich, seit sie Nachbarn geworden, nur noch herzlicher. Frau Mathilde Wesendonk und Frau Minna Wagner, obwohl Gegensätze in jeder Hinsicht, vertrugen sich gut um ihrer Männer willen, hatten sich aber im übrigen wenig zu sagen.

Mathilde, wie ihr Gatte einer reichen, feingebildeten Familie entstammend, zart, schlank und brünett, pflegte literarische und musikalische Interessen, hing mit Liebe und Achtung an ihrem vortrefflichen Gatten, mit mütterlicher Fürsorge an ihren drei wohlgeratenen Kindern und spielte mit Anmut ihre Rolle in der Züricher Gesellschaft. Richard Wagner hatte ihr von Anbeginn gehuldigt. Da er zu den Künstlern gehörte, die sich ihren Anhängern, besonders aber Frauen gegenüber, gern über ihre Ideen und Pläne aussprechen, leidenschaftlich zu belehren und sich in willigen Zuhörern zu bestätigen suchen, war Frau Mathilde über seine Werke, zumal über den »Ring der Nibelungen«, dessen zweiten Teil, »Die Walküre«, er jüngst beendet hatte, aufs genaueste unterrichtet. Ihr feines Gefühl, ihr empfängliches, schwärmerisches Gemüt vermochten ihm für sein Schaffen mancherlei Anregung zu geben; der Gatte freute sich dessen und war stolz auf seine kleine Frau. –

Als Bülows in einem Mietwagen vor dem Asyl vorfuhren, kauerte Frau Minna Wagner gerade in ihrem Gemüsegärtchen und grub Salatpflanzen für das Mittagessen aus. Die erdigen Hände an der blauen Schürze abwischend, kam sie zögernd näher.

»Ach, die Herrschaften ... grüß Gott! Wir haben Sie schon heute früh erwartet. Entschuldigen Sie nur, ich bin so schmutzig und noch gar nicht angezogen.«

Cosima schüttelte ihr freundlich lächelnd das Handgelenk. Sie wußte, daß der Meister sie schon in jungen Jahren geheiratet hatte; daß Minna Schauspielerin gewesen, war ihr nicht mehr anzusehen. Das kleine, dickliche Frauchen gab sich ungezwungen, wenn auch etwas befangen. Aus dem frühverblühten, ausdrucksleeren Gesicht musterten die grauen, runden Augen von unten herauf die Ankömmlinge. Bülow kannte sie schon, er machte ihr das Kompliment, daß sie jünger geworden wäre.

Wagner eilte von seinem Zimmer im ersten Stock unter freudigen Zurufen die Treppe herab:

»Da seid ihr ja endlich! Willkommen, meine Gnädigste! Wie geht es Ihnen, mein guter Hans? Vollkommen hergestellt?«

Frau Minna zog sich zurück, um sich hübsch zu machen. Man hörte sie mit gellender Stimme durch das Haus nach dem Knechte rufen, der einzigen Bedienung, die sie sich leisten konnte.

Das nette, kleine Anwesen wurde von Hans und Cosima – sie waren jetzt die einzigen Gäste – gebührend bewundert. Stolz und heiter führte Wagner sie herum, verfehlte auch nicht, sie auf die Stattlichkeit seines Arbeitszimmers und seine reichhaltige Büchersammlung hinzuweisen.

Auf dem Schreibtisch bemerkte Cosima lose, mit Versen bedeckte Blätter.

»Ah – eine neue Dichtung?« fragte sie respektvoll.

»Tristan und Isolde«, antwortete Wagner kurz, »erlebt, erleidend«, und wandte sich ab. Sie stutzte, erschrak. Welch abweisender Ton! Hatte sie eine Ungeschicklichkeit begangen? Irgend etwas wie schwerer Nebel oder ein Alpdruck legte sich ihr auf die Brust.

Bei Tisch waren sie alle vier frohgestimmt. Wagner sprach nicht von seiner Arbeit, sondern ließ sich von Bülows aus Berlin und von ihrer Hochzeitsreise erzählen. Auch seines Freundes Liszt gedachte er mit herzlicher Dankbarkeit: »Ohne ihn und Otto Wesendonk wäre ich längst unter die Räder geraten. Daß es noch Männer von solcher Hochherzigkeit gibt, läßt einen trotz allem immer wieder an die Menschheit glauben.«

Später, auf einem Gang durch den Garten, fand sich Cosima mit Frau Minna für eine halbe Stunde allein. Sie betrachtete die Gattin des Meisters eher mit weiblicher Neugier als mit Wohlgefallen. Das Ehepaar als solches kam ihr unwahrscheinlich vor. Sonderbar, daß er sich jemals an dieses Durchschnittsweibchen hatte binden können!

»Eine Frau mag es nicht immer leicht haben mit solch einem Geistesriesen«, bemerkte Cosima tastend.

»Gott, wie man's nimmt«, war die Antwort. »Ich hab' mich mit der Zeit an seine Mucken gewöhnt. Schlimmer als alles andere ist, daß er es nie zu Gelde bringt. Mit Ach und Krach müssen wir uns durchschlagen, weil er sich auf seine hohen Opern kapriziert. Ich kenne doch den Theaterbetrieb und weiß, was die Leute verlangen. Bloß kein verstiegenes Zeug! Er könnte doch wenigstens zwischendurch mal was für die Unterhaltung des Publikums bieten, da wären wir die schlimmsten Sorgen los!«

»Ein Richard Wagner kann wohl nicht anders, als nur sein Bestes geben. Jeder große Künstler lädt ein Martyrium auf sich.«

»Für den Anfang mag das hingehen. Wird er aber fünfundvierzig Jahre alt, ohne etwas zu erreichen, hat die Frau nichts zu lachen. Dazu das übrige – na, überhaupt ...!« Sie stand, die runden, roten Fäustchen in die Seite gestemmt, zwischen den Gemüsepflanzen, vor ihr schimmerten durch die Wipfel des Parks die weißen Giebel der Wesendonkschen Villa; fast schien es, als gälte der ihr verdrießlicher Ausruf.

*

Von dem Besuch bei Wesendonks kehrte Cosima mit zwiespältigen Gefühlen zurück. Die feine, sanfte, leicht sentimentale Frau hatte ihr gut gefallen und war ihr liebenswürdig entgegengekommen. In der Unterhaltung ward ihr der Altersunterschied kaum bewußt; geistig und gesellschaftlich kam sie sich der Elberfelder Bürgerstochter fast überlegen vor: eine sorgfältig erzogene, aber keineswegs weltläufige, geschweige denn große Dame, nur eine deutsche Frau! Doch Cosima sprach das »nur« achtungsvoll und mit Selbstironie gegen die eigene Wurzellosigkeit aus. Sehnlichst wünschte sie sich, ganz deutsch zu werden, und bekannte sich stolz zur deutschen Abkunft ihres Vaters, der ihr eingeprägt hatte, daß das schwäbische Burgenland in Ungarn seine Heimat war und der Name seiner Familie ursprünglich »List« geschrieben wurde. Was sie an Mathilde peinlich berührt hatte, das war der hingebungsvolle Augenaufschlag, der sich am Meister förmlich festsog, ein gewisser Unterton geheimen Einverständnisses, wenn sie mit ihm sprach, dazu die Gleichgültigkeit gegen Wesendonk.

Der war ein schlanker, vornübergebeugter Riese, im Schmuck eines dunkelblonden Vollbarts, den er mit langer, schlanker Hand zu streichen pflegte, sehr aufmerksam gegen die Damen, eifrig beflissen, Wagner jeden Wunsch an den Augen abzulesen, für Bülows witziges Geplauder gleich ganz Ohr – ein solid gebildeter und offenbar seelensguter Mensch. Cosima begriff nicht, daß das offenkundige Geliebel seiner Frau ihm nicht die Laune verdarb. Jetzt erst ging ihr der Sinn einiger spöttischer Bemerkungen auf, die neulich in der Weinstube über ihn gefallen waren. Also hatte sich bereits der Stadtklatsch der Freundschaft Wagner-Wesendonk bemächtigt, und Frau Minnas verdrießliches »Na – überhaupt!« konnte nur hierauf sich beziehen.

Cosima teilte Hans ihren Eindruck mit.

»Soll man glauben, daß Frau Wesendonk dem Meister Avancen macht?«

»Natürlich soll man«, lachte er, »man muß sogar unbedingt. Nur dürften diese Avancen von seiner Seite ausgegangen sein. Er ist bekanntlich kein Kostverächter.«

»Ach, Hans, wie kannst du nur darüber scherzen!« rief sie verstimmt. »Dann ist die Sache doch bedenklich für alle Beteiligten.«

»Du siehst, daß sie in glattem Geleise fährt. Nicht zu vergessen das Verdienst der hübschen kleinen Mathilde um die Entstehung des neuen Werkes ›Tristan und Isolde‹, zu dem es ohne sie kaum gekommen wäre. Das allein rechtfertigt Ottos und Minnas eheliches Mißgeschick. Der Kunstfreund kann es nur dankbar begrüßen, sonst geht es niemand etwas an.«

Zum erstenmal in ihren Flitterwochen war Cosima mit Hans nicht einverstanden.

Der Verkehr zwischen den beiden Familien konnte nicht enger sein. Wagner und Frau Wesendonk sorgten dafür, daß man täglich zusammen war. Bülows, die drei Wochen blieben, gehörten dazu wie ein unentbehrlicher Bestandteil. Die Vormittage über schrieb Wagner an seinem »Tristan«, da durchwanderten die beiden anderen Ehepaare die herrliche Gegend oder fuhren nach Zürich hinüber; Frau Minna hatte stets in der Wirtschaft zu tun oder behauptete es wenigstens. Nachmittags wurde bei Wesendonks musiziert. Cosima ließ Werke ihres Vaters hören, Wagner mit geringerer Technik alte Lieblingsstücke, worauf Hans aus den Klavierauszügen Abschnitte des »Rheingold«, der »Walküre« und, auf den Bleistiftskizzen des Meisters fußend, die ersten beiden Akte des »Siegfried« zum Leben erweckte. Den dritten Akt hatte Wagner unterbrochen, um dessen große Liebesszene zu einer von neuem, tragischerem Gefühl erfüllten eigenen Tragödie, eben zum »Tristan«, zu erweitern. In den Abendstunden las er sie den Freunden aktweise und zum Schluß noch einmal als Ganzes vor. Der Eindruck war mächtig und aufwühlend, auf jeden der Anwesenden aber ein verschiedener. Hans, nur von der Pracht der Sprache ergriffen, beobachtete und machte sich seine Gedanken: die Erkenntnis, daß hier persönliches Schicksal in Ton und Dichtung sich ausdrückte, war von jedem Antlitz abzulesen. »Sehnender Minne schwellendes Blühen, schmachtender Liebe seliges Glühen« ward sichtbar und vernehmbar in beängstigender Gegenwart. Frau Minna, die nicht mehr verstand, als daß ihr Mann in unerlaubten Hoffnungen schwelgte, blickte verdrossen in den Schoß und verließ zuweilen, als hielte sie es nicht mehr aus, das Zimmer. Otto Wesendonk fand sich in der Gestalt des betrogenen König Marke bloßgestellt, er bewahrte eine unbewegte Miene und strich sich zuweilen nervös den Bart. Mathilde strahlte den Meister an, beseligt von seiner kühnen Huldigung. Mit gespannter Aufmerksamkeit folgte Cosima Vers für Vers, grüblerisch und beunruhigt, als sei sie einem schlimmen Geheimnis auf der Spur. Sie und Hans waren nachher die einzigen, deren Bewunderung für das Werk echt und unbefangen klang. Wesendonk half sich mit einigen nachdrucksvollen Redensarten über »die großartige Konzeption« und den »Schwung der Gedanken«, Mathilde und Minna schwiegen sich völlig aus, die eine aus angeborenem Takt, die andere eine derbe Taktlosigkeit unterdrückend. Wagner aber, berauscht von der Einheit des Geschaffenen mit dem Erlebten, wie erleichtert von dem Bekenntnis, das ihm in so edler Form gelungen war, eilte an den Flügel, die wesentlichsten Stellen der Dichtung in ihren Leitmotiven zu verdeutlichen.

*

An den allgemeinen Gesprächen, bei denen Richard Wagner das Wort führte, beteiligte sich Cosima mit auffallender Zurückhaltung. Gewiß hätte sie mitreden können, denn mit den musikalischen Kenntnissen und namentlich mit der sprachlichen Gewandtheit der Wesendonks nahm sie es noch immer auf; aber in Gegenwart des Meisters befiel sie stets eine ihr sonst fremde, unüberwindliche Schüchternheit. Wie auf den Mund geschlagen saß sie dabei und lauschte begierig seinen Ausführungen. Sprach er sie unerwarteterweise an, gütig und zuweilen ein wenig neckend, stiegen ihr die Tränen auf, sie schluckte und suchte stammelnd nach einer Antwort.

Sie begriff sich selbst nicht. Die Ehrfurcht vor ihm drang ihr bis in die innersten, unerforschlichen Kammern ihres Herzens. Ehrfurcht war es vor der großen künstlerischen Persönlichkeit, vor seiner epochalen Leistung und vor dem gigantischen Kampf mit der Not und einer Welt von Gegnern. Der Mensch als äußere Erscheinung, in seiner ernst pathetischen oder alltäglichen Ausdrucksweise, in seinen nachlässigen Manieren und gelegentlichen Entgleisungen, hätte sie vielleicht sogar abgestoßen, wäre er nicht Gefäß eines Genius gewesen; man vergaß das Menschliche, hielt man sich gegenwärtig, daß ihm der Urquell des Schöpferischen entsprang.

Scheu ging sie ihm aus dem Wege, vermied es, mit dem Meister allein zu sein. Ein einziges Mal nur konnte sie ihm, der ihre Gesellschaft zunächst nur aus Neugier suchte, nicht entwischen. Er kam, die »Siegfried«-Notizen in der Hand, in das Gaststübchen, das sie mit Hans zusammen bewohnte, um sie diesem zur Abschrift zu übergeben. Bülow war ausgegangen, so wandte er sich an Cosima:

»Vielleicht werden auch Sie damit fertig, liebe gnädige Frau? Ihnen traue ich mehr Kontrapunkt zu, als Sie wahrhaben wollen.«

Befangen beugte sie sich über die Bleistiftskizzen.

»Lesen kann ich es schon ... glaube es auch zu hören.«

»Na, sehen Sie! Es ist der Schluß des ersten Aufzugs. Siegfried hat gerade das Schwert geschmiedet: ›Notung! Notung! Neidliches Schwert! Zum Leben weckt' ich dich wieder ... ‹ Und hier: ›Zeige den Schächern nun deinen Schein! Schlage den Falschen, fälle den Schelm!‹ Erinnern Sie sich an die Stelle?«

»Oh, gewiß! So gut wie auswendig kenne ich Ihre Texte.«

»Is die Möglichkeit!« rief er in fröhlichem Erstaunen. »Das hat mir noch niemand gesagt. Hören Sie, darauf kann ich mir was einbilden! Geht Ihnen, was ich schreibe, denn auch innerlich nahe? Können Sie meinen Gedankengängen folgen? Ich meine, folgen Sie ihnen gern?«

»Wie meinem Leitstern! Freilich weiß ich nicht, ob ich dabei nicht manchmal in die Irre gerate!«

»Los denn! Folgen Sie mir, oder gehen Sie voran!«

»Ich glaube es zu erleben, wie aus dem Lichtgesang der Liebe das Siegfriedthema und daraus der Siegfriedmensch erwuchs, daß Wotan, der Weltengott und Wanderer, die Erbschaft seiner Himmelsmacht dem Siegfried anvertrauen mußte, um sich und die Welt vom Fluch seiner Schöpfung zu erlösen. Wotan ist es, der Siegfried das Schwert schmieden ließ. Das Schwert wird Siegfried Liebe schenken und verheißt ihm Not. Aus Vaterkraft und Mutterweh, aus Liebesglück und Todesmut schafft Siegfried eine neue Welt. Die Urkraft seines Schmiedeliedes zerstampft des Zwergen Mime niedrige Begierden, es wütet gegen den Hort und alle Tyrannei. Die Sonnenfreude des Allvater Wotan ist es, die aus Siegfried hervorbricht, wenn er sein neuerschaffenes Schwert nun schwingt: ›Notung! Neidliches Schwert! Zum Leben weckt' ich dich wieder!‹ Das Schwertmotiv beherrscht von nun an die Welt.« Sie brachte das erst stockend, mit belegter Stimme vor, sprach sich dann frei und endete wie in verhaltenem Jubel.

Wagner hörte ihr verwundert zu, nickte beifällig.

»Nicht übel! So könnte ich es mir vorgestellt haben. Nein, so ist es! Sie gehen nicht irre, Sie schreiten mir wirklich voran. Oder deuten Sie mir mit Worten, was unbewußtes Gefühl mir eingab?«

»Ich versuche es nur für mich selbst und bin schon froh, wenn Sie nicht widersprechen.«

»Wie sollte ich auch! Sie sind eingedrungen in den tiefsten Sinn des Werkes, das spüre ich sofort. Niemandem ist es bisher gelungen.«

»Wirklich niemandem? Besinnen Sie sich, Meister!« drängte sie gespannt.

»Nein, Frau Cosima. Darin sind Sie bestimmt die einzige.«

»Sie machen mich sehr stolz. Nie ist etwas Ähnliches geschaffen worden wie Ihr Ring des Nibelungen, in keiner Kunst, in keiner Sprache.«

»Hätten Sie recht, dann wäre ich nur der getreuste Diener des Ideals. Alle Welt ist elend praktisch. In mir aber gewinnt das Ideal eine solche Wirklichkeit, daß es mich ganz ausfüllt, keine Ablenkung duldet und selbst meine Schlechtigkeiten in seine Dienste zwingt.«

Bevor Cosima, die auf Fortsetzung des Gesprächs brannte, etwas erwidern konnte, trat Bülow ein und nahm sogleich die Aufzeichnungen Wagners an sich.


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