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Sinngedichte.

Neuntes Buch.

(1)
Von meinen Reimen.

                   

Jch weiß wohl, daß man glaubt, daß einer gerne thu,
Das was er gerne sagt; allein es trifft nicht zu.
Die Welt ist umgewandt: ich kenne manchen Mann,
Jn Worten ist er Mönch, an Thaten ist er Hahn.
Mein Reim ist manchmal frech, die Sinnen sind es nicht:
Der eine Zeug ist Gott, der andre das Gerücht.
Jch höhne Laster aus, ich schimpfe böse Zeit,
Denn die macht großes Werk von großer Ueppigkeit.

(2)
Bilder.

                   

Bey Bildern niederknien, das gelte wo es gilt,
So gilt es da und dort doch vor ein Frauenbild.

(3)
Edelstein und Perlen.

                   

Was macht die edlen Stein und klaren Perlen werth?
Jhr Werth nicht, sondern das, daß man sie so begehrt.

(4)
Schönheit.

                   

Die Schönheit ist der Schirm, dahinter Falschheit steckt;
Jst Liebe gar zu blind, wird Falschheit nicht entdeckt.

(5)
Urtheil des Mopsus.

                   

Egla war von blöden Augen, Phyllis war von stumpfen Ohren,
Nisa war von schwerer Zunge, jede war also geboren.
Sonsten hatte Zier und Zucht unter ihnen gleichen Krieg,
Sonsten hatte Zier und Zucht unter ihnen gleichen Sieg,
Mopsus sollt' ein Urtheil fällen ihrer drey Gebrechen wegen,
Sprach: ist Fühlen nur bey allen, ist am andern nichts gelegen.

(6)
Fische sind nicht Fleisch.

                   

Seinen Weg hat alles Fleisch in der ersten Welt verderbt:
Drum hat durch den Sündenfluß Gott gar recht das Fleisch gesterbt;
Nur die Fische blieben leben. Müssen also billig schließen,
Wer im Fasten Fische speiset, könne ja nicht Fleisch genießen.

(7)
Hofwerth.

                   

Bey Hof ist mehr ein Pferd,
Als oft ein Diener werth:
Manch Diener kömmt gelaufen;
Die Pferde muß man kaufen.

(8)
Auf den Simon.

                   

Simon ist im Feld ein Mann: wie daß er im Hause nicht
einen Rock bezwingen kann, wie er einen Harnisch bricht?

(9)
Auf die Gallicana.

                   

Du bist der Baum im Paradiese: wer deine Frucht geschmeckt,
Hat nicht allein sich selbst verderbet, hat andre auch befleckt.

(10)
Auf den Pseudo.

                   

Wenn die Wahrheit sonst nur wollte, könnt Pseudo sie wohl freyn;
Denn sie ist ihm zugesippet gar mit keinem Stammesreihn.

(11)
Großer Herren Unrecht.

                   

Das Unrecht pflegen Große mit Unrecht zu ersetzen,
Weil sie dazu noch hassen die, die sie vor verletzen.

(12)
Vermummte Jugend.

                   

Manches Laster thut so viel, als die Jugend manchmal thut.
Wer die Münze nicht recht kennt, dem ist jeder Groschen gut.

(13)
Erinnerungen.

                   

Zu Citronen darf man Zucker; weisen mag man, nicht verweisen;
Und bey Fürsten soll man Böses dulden, aber Gutes preisen.

(14)
Lügen.

                   

Wer sein Kleid mit Lügen flickt, der befindet doch,
Ob er immer flickt und flickt, da und dort ein Loch.

(15)
Auf den Ronchus.

                   

Ronchus ist alleine klug; Klugheit bleibt ihm auch alleine:
Denn es sucht und holt bey ihm nun und nimmer keiner keine.

(16)
Auf die Pudibunda.

                   

Pudibunda, wie sie spricht
Ehret hoch des Tages Licht.
Wer mit ihres Leibes Gaben
Noch vor Nacht sich will erlaben,
Muß sich mühen, daß er macht,
Wenn es Mittag, Mitternacht.
Kann er sonst nicht Rath erfinden,
Muß er ihr das Haupt verbinden.
Manchem kömmt es, ders geneußt,
Dei sie selbst die Augen schleußt

(17)
Auf den Altus.

                   

Altus ist ein tapfrer Mann, dessen Gleichen man kaum fände;
Tapfrer wär er, wenn er nicht, daß er tapfer, selbst gestände.

(18)
Herrendiener.

                   

Fürsten werden unverhohlen,
Mehr als Niedere, bestohlen.
Großes Brodt giebt große Bissen,
Und von viel ist viel zu missen.
Großes Holz giebt große Späne;
Ochs wetzt mehr als Schaf die Zähne.

(19)
Die Nothwendigkeit.

                   

Noth ist unser sechster Sinn, hat im Augenblick erfunden,
Wo zuvor die andern fünf in Gedanken stille stunden.

(20)
Auf den Claudius.

                   

Claudius ist lauter Maul, Claudius ist lauter Zahn;
Alle Sachen schwatzt er aus, jedem henkt er etwas an.

(21)
Auf die Flora.

                   

Flora hat zwar wohl die Blüth ihrer Jungfernschaft verloren:
Was ists mehr? Wird nicht die Frucht, spricht sie, vor der Blüth erkoren?

(22)
Die Rache.

                   

Zugedachte Rach ist süße, sie erwecket Freud in Leid;
Ausgeübte Rach ist bitter, macht aus Freude Traurigkeit.

(23)
Diebstal.

                   

Daß man Einen Dieb beschenkt,
Daß man einen andern henkt,
Jst gelegen an der Art
Drinn ein jeder Meister ward.

(24)
Auf die Pua.

                   

Pua pflegt von frommen Sinnen, Zucht und Keuschheit viel zu sagen;
Niemand hat um guten Willen sie nur jemals wollen fragen.

(25)
Fliegen.

                   

Einem träumt' er könnte fliegen. Morgens stieg er auf die Bank,
Streckte von sich beide Hände, flog so breit er war und lang.
Wahrlich er wär tief geflogen, hätts der Boden nicht gethan,
Der empfieng aus Maul und Nase sein Geblüt und manchen Zahn.

(26)
Huren.

                   

Wer sich selbsten liebt und acht, lasse Hurenliebe fahren;
Huren geben immerdar für gut Geld gar faule Waaren.

(27)
Vernünftige Unvernunft.

                   

Menschen sind Thiere, vernünftige Thiere;
Aber nicht alle, so viel ich verspühre:
Hohe sind Löwen, und wollen sich füllen,
Machen Gesetze nach Kräften und Willen;
Edle sind Hunde, verpflichtet den Lüsten;
Krieger sind Wölfe, zum rauben und wüsten;
Bürger sind Füchse, zum schmeicheln und schmiegen,
Vortheln, berücken, finanzen und lügen;
Buhler sind Affen, zu tollen Geberden;
Bauern sind Esel, zu lauter Beschwerden.

(28)
Fürstenregiment und Pöbelregiment.

                   

Bey gutem Fürstenregiment ist mehr der Bürger frey,
Als bey des leichten Pöbelvolks verwirrter Policey,
Die stets nach blindem Willen geht, übt freche Tyranney.

(29)
Spielende Würde.

                   

Mancher kann durch Fleiß und Schweiß dennoch nicht zu Ehren kommen;
Mancher wird in Schimpf und Scherz auf die Oberbank genommen.

(30)
Eine Hure zum Weibe nehmen

                   

Vagus nimmt ihm itzt zu eigen, was vor sein und andrer war;
Wer Gemeines Eigen machet stiftet Hader und Gefahr.

(31)
Degen und Feder.

                   

Kühne Faust und blanker Degen
Können Würd und Ruhm erregen;
Ruhm und Würde muß sich legen,
Stützet Feder nicht den Degen.

(32)
Erfahrung.

                   

Wer hinterm Ofen her will von der Kälte schliessen,
Wer aus dem Keller will viel von der Hitze wissen,
Wer eines Dinges Art nie recht erfahren hat,
Will aber ordnen dran, will geben Rath und That,
Dem kömmt die Schande früh, die Reue viel zu spat.

(33)
Auf die Alba.

                   

Du, Alba, bist so zart, so klar, so rein, so weiß;
Doch deine Weiße fleckt, und darf sehr großen Fleiß.

(34)
Lang und kurz.

                   

Langer höhnte Kleinern; diesem sagte Kleiner:
Da ich ward gezeuget war dabey nur Einer.

(35)
Auf den Nothus.

                   

Nothus ist mit Rath gezeugt, ist gezeugt nicht ohngefähr;
Jhrer neune waren da, gaben Rath und Beyschub her.

(36)
Auf den Adamus.

                   

Erster Adam konnte nennen jedes Ding nach Eigenschaft;
Dieser nennet seine Söhne, Söhne die von Andrer Kraft.

(37)
Menschliche Thorheit.

                   

Jedem klebet Thorheit an;
Dieser ist am besten dran,
Der fein kurz sie fassen kann.

(38)
Der Poetenbrunnen.

                   

Poeten sagen viel von ihrem Brunngewässer:
Das Wasser ist der Wein, der Brunnen sind die Fässer.

(39)
Auf den Pätus.

                   

Pätus ließ ihm neulich taufen einen lieben jungen Erben;
Diesen wollt' er in der Kindheit handeln lernen und erwerben:
Aufzubringen erste Schanze, (heitig Geld muß wohl gerathen!)
Bat er funfzig, ihm Gevattern, seinem Kinde, treue Pathen.

(40)
Streithändel.

                   

Händel sind wie Fischerreusen: leichtlich kömmt man drein,
Leichtlich sich heraus zu wickeln kann so bald nicht seyn.

(41)
Verleumder.

                   

Mein Urtheil, das mir fällt
Das kostet nimmer Geld;
Weil solches, unbehellt,
Mein Richter mir bestellt.

(42)
Gesundheit.

                   

Wird ein kranker Mensch gesund, ist Gesundheit Gottes Gabe,
Und dem Arzte kömmt nur zu, daß er für die Müh was habe.

(43)
Ein frommer Edelmann.

                   

Mag denn auch ein Rittersmann
Redlich, fromm und ehrbar seyn?
Dünkt mich doch, er steht schlecht an,
Giebt auch einen feigen Schein.
Ein Bericht ist noth, ob der,
Der zum Rittersmann gemacht,
Bloß gehört ins Teufels Heer?
Dann ist alles ausgemacht.

(44)
Auf den Pravus.

                   

Was Pravus lehrt, das lernt er nicht, lebt arg, und lehret gut;
Ruft hin, wohin er selbst nicht kömmt, thut was die Glocke thut.

(45)
Meine Herren.

                   

Zu dienen zweyen Herren ist schwer; ich diene dreyen,
Und darf mich doch bey keinem der Redlichkeit verzeyhen.
Gott dien ich mit dem Herzen nach meinem besten Können,
Dem Fürsten mit dem Kopfe nach meinen besten Sinnen,
Dem Nächsten mit den Händen durch Hülf aus gutem Willen.
Kann hoffentlich allen so meine Pflicht erfüllen.

(46)
Tugend und Laster.

                   

Wenn gar kein Laster wär, wär keine Tugend nicht;
Denn tugendhaft ist der, der wider Laster ficht.

(47)
Verachtung der Welt.

                   

Hin über das Gewölke steiget der Reiger, daß er nicht beregne:
Wer Dunst der Eitelkeit nicht liebet, macht, daß kein Unfall ihm begegne.

(48)
Rathschläge.

                   

Einem Fürsten ist gut rathen, der des Rathes Schluß und Rath
Für sich selbsten kann ermessen, ob er Grund und Glauben hat.

(49)
Das Hausleben.

                   

Jst Glücke was und wo, so halte ich mir für Glücke,
Daß ich mein eigen bin; daß ich kein dienstbar Ohr
Um wegverkaufte Pflicht darf recken hoch empor
und horchen auf Befehl. Daß mich der Neid berücke,
Deß bin ich sorgenlos; Die schmale Stürzebrücke,
Worauf man zeucht nach Gunst, die bringt mir nicht Gefahr.
Jch stehe wo ich steh, und bleibe wo ich war.
Der Ehre scheinlich Gift, des Hofes Meisterstücke
Was gehen die mich an? Gut, daß mir das Vergnügen
Für große Würde gilt. Mir ist mehr sanft und wohl,
Als dem der Wanst zerschwillt, dieweil er Hoffartvoll.
Wer sich nicht biegen kann, bleibt, wann er fället, liegen.
Nach Purpur tracht ich nicht; ich nehme gern dafür,
Wenn ich Gott leben kann, dem Nächsten, und auch mir.

(50)
Ein böses Weib.

                   

Ein böses Weib ist eine Waar, die sagen wird und sagte,
Was für ein Narr der Käufer war, der sie zu nehmen wagte.

(51)
Religion.

                   

Was geht es Menschen an, was mein Gewissen gläubet,
Wenn sonst nur christlich Ding mein Lauf mit ihnen treibet?
Gott gläub ich, was ich gläub; ich gläub es Menschen nicht.
Was richtet denn der Mensch, was Gott alleine richt?

(52)
Verleumdung.

                   

Wenn man eine Wunde haut, sieht man eher Blut als Wunde:
Ungunst merkt man bald bey Hof, aber nicht aus was für Grunde.

(53)
Plauderey.

                   

Wo kein Brunn, da kanns nicht fließen:
Wer viel redet, muß viel wissen.
Veit sagt viel, weiß nichts; er flicke
Dünkt mich, Lügen vor die Lücke.

(54)
Auf den Siccus.

                   

Siccus ist ein Todtengräber, der das Geld mit Erde deckt,
Und sein Sohn ein Tausendkünstler, der die Todten auferweckt.

(55)
Weibsvolk.

                   

Daß ein ganzes Meer der Lust von den Weibern auf uns rinnt,
Glaub ich gern; doch glaub ich auch, daß viel Wunder drinnen sind.

(56)
Gelehrte Schriften.

                   

Wer verlachet dich, Papier?
Paart sich kluge Hand mit dir,
Wird der Marmor nicht bestehn,
Werden Zedern eh vergehn,
Hat das Eisen nicht Bestand,
Dauert nicht der Diamant;
Eher wirst du nicht gefällt,
Bis mit dir verbrennt die Welt.

(57)
Mäßigkeit.

                   

Wer mäßig leben kann und wer ihm läßt genügen,
Wird leichtlich, wird man sehn, zu keinem Schmeichler tügen.

(58)
Jungfrauen.

                   

Venus war gefährlich krank: schickte hin den kleinen Schützen,
Daß er sollte Jungfernhaut mit dem goldnen Pfeile ritzen,
Weil sie Jungfernblut bedurfte. Zwar der Knabe schoß gewiß,
Gleichwohl merkt er, wo er hintraf, daß kein Blut sich sehen ließ;
Flog betrübt zur Mutter hin, wollte drüber sich beschweren;
Bis er hörte, daß durch Krieg auch die Jungfern feste wären.

(59)
Auf die Florida.

                   

Florida, dieweil sie schön, meynet sie, ein einzler Mann
Sey nicht ihrer Schönheit werth; beut der ganzen Welt sich an.

(60)
Auf den Crispus.

                   

Crispus meynt, wer in der Jugend ausgenarrt, sey klug bey Jahren;
Crispus, meyn ich, sey noch immer jung an Witz und alt an Haaren.

(61)
Lustfreunde.

                   

Den beweinen wir am meisten, wenn er sich von dannen macht,
Der am meisten, weil er lebte, mitgescherzt und mitgelacht.

(62)
Auf die Thais.

                   

Thais wünscht gestreckt zu seyn unter Erde von drey Ellen. —
Was für Erd? Ein Mensch, ein Mann läßt sich auch für Erde zählen.

(63)
Bücher.

                   

Böse Bücher tügen auch, guten zu der Gegenprobe:
Finstres macht, daß Jedermann desto mehr das Lichte lobe.

(64)
Des Frauenzimmers Vogelfang.

                   

Der Herd, drauf Frauenvolk ihr Vogelwildbret fangen,
Jst ihr gerader Leib, Stirn, Augen, Mund und Wangen;
Die Locker sind die Wort'; und Küssen, süßes Blicken,
Sind Körnung; Arme sind das Netze zum Berücken.

(65)
Allgemeine Arzeney.

                   

Moses gab so viel Gesetze niemals als die Aerzte geben
Dem der gern gesund will bleiben und auch gern will lange leben.
Schweiß und Maaß in deinem Thun, und die Gottesfurcht dabey,
Die erhalten lange frisch; halte dich an diese drey.

(66)
Das Glück.

                   

Das Glück erhebt und stürzt die Bürger dieser Welt. —
O Glücke thut es nicht! Nach dem sich jeder stellt,
Nach dem stellt sich das Glück. Ein Sinn dem stets gefällt,
Was Gott gefällt, steht stets; weil Zuversicht ihn hält.

(67)
Die Liebe.

                   

Wer in der Liebe lebt, ist bey Vernunft doch toll;
Wer in der Liebe lebt, ist nüchtern dennoch voll.

(68)
Braut und Bräutigam.

                   

Unter andern ist auch dieß, das von Gottes Zorn uns lehret,
Wenn man etwan nicht gar viel Braut und Bräutgams Stimme höret!
An Personen mangelts nicht, an der Stimme mangelts itzt,
Weil das Brautvolk unsrer Zeit gerne still im Winkel sitzt.

(69)
Samson.

                   

Der sich des Löwen konnt' erwehren,
Läßt durch ein Weib sich kahl bescheeren?

(70)
Auf ein Zweifelkind.

                   

Du seyst dem Vater gleich? Der Vater saget: nein! —
Die Mutter saget: ja! Der Mutter stimm ich ein.

(71)
Galgenstrafen.

                   

Am Galgen und am Strang erworgen, ist nicht ehrlich. —
O ehrlich oder nicht; allein es ist gefährlich!

(72)
Der Plautinische Tellerlecker.

                   

Meine Mutter war der Hunger; seit sie mich aus sich geboren,
Hat sie sich bey keinem Tage noch zur Zeit aus mir verloren.
Zwar zehn Monath trug sie mich und zehn Jahre trag ich sie,
Keines hat für diese Last anderm noch gedanket ie.
Jch war klein, da sie mich trug; sie ist mächtig groß zu tragen;
Drum entstunden ihr gar kleine, mir gar große Kindesplagen.
Jch auch fühle fort und fort große Schmerzen, große Wehn,
Auch vermerk ich, sie wird nicht so geschwinde von mir gehn.

(73)
Versuchen.

                   

Wer hoch zu steigen denket, gesetzt er kömmt nicht auf die Spitze,
kömmt doch durch Steigen weiter, als blieb er still auf seinem Sitze.

(74)
Glauben.

                   

Luthrisch, päbstisch, und calvinisch, diese Glauben alle drey,
Sind vorhanden; doch ist Zweifel wo das Christenthum denn sey?

(75)
Beruf.

                   

Die Person, die ich itzt führe auf dem Schauplatz dieser Welt,
Will ich nach Vermögen führen, weil sie mir so zugestellt,
Denn ich hab sie nie gesucht; wird was anders mir gegeben,
Will ich nach des Schöpfers Ruf, nicht nach meinen Lüsten, leben.

(76)
Bleichheit.

                   

Der ist nicht alleine bleich,
Wer nicht satt ist und nicht reich;
Großes Gut und stetes Prassen
Macht vielmehr die Leute blassen.

(77)
Freund und Feind.

                   

Ein Freund, der nie mir hilft, ein Feind, der nichts mir thut,
Sind beid' aus einer Zunft; sie sind gleich schlimm, gleich gut.

(78)
Gnädig und gestrenge.

                   

Fürsten nennet man genädig, Räthe nennet man gestrenge;
jene meynen, daß nur diese, ihrer keiner, Leute dränge.

(79)
Jungfernmord.

                   

Gestern war ein Freudenfest; drauf ward in der späten Nacht,
Eh es jemand hat gesehn, eine Jungfer umgebracht.
Einer ist, der sie vermuthlich (alle sagens) hat ertödtet,
Denn so oft er sie berühret, hat die Leiche sich erröthet.

(80)
Eine Graskrone.

                   

Der sein Vaterland errettet diesen krönte Rom mit Gras.
Blieb' uns doch so viel von Grünem, daß man wo zum Kranze was
Nur für die zusammenläse, die das deutsche Vaterland
(Ließen sie gleich nichts darinnen) dennoch ließen, daß es stand.

(81)
Hofdiener.

                   

Treue Diener sind bey Hofe nach dem Tode bald vergessen. —
O sie werden schlecht geachtet, wenn sie gleich noch da gesessen.

(82)
Auf den Cacus.

                   

Cacus war ein junger Schelm, ist ein alter frommer Mann;
Daß er anders ist, als war, macht, daß er itzt nimmer kann.

(83)
Meßkunst.

                   

Länge, Breite, Höhe, Tiefe vieler Dinge kann man messen:
Andre forschen, ist zu wichtig; selbst sich prüfen, bleibt vergessen.

(84)
Blutsverwandte.

                   

Jst Gold das andre Blut: hat manchen Blutsfreund der,
Dem nur der Beutel voll, und keinen, dem er leer.

(85)
Auf den Canus.

                   

Canus hat ein junges Menschlein voller Glut und Geist genommen:
Zu der Hochzeit wird manch Schwager, drauf der Tod zu Gaste kommen.

(86)
Theure Ruh.

                   

Deutschland gab fünf Millionen,
Schweden reichlich zu belohnen,
Daß sie uns zu Bettlern machten;
Weil sie hoch solch Mühen achten.
Nun sie sich zur Ruh begeben,
Und von unserm Gute leben,
Muß man doch bey vielenmalen
Höher noch die Ruh bezahlen.

(87)
Lügen.

                   

Ob Lügen sind der Wahrheit gleich, sind sie darum ihr Kind? —
Die Kinder sind oft einem gleich, von dem sie doch nicht sind.

(88)
Vom Bardus.

                   

Wenn Bardus spricht: Glück zu! so ist er nicht geliebt;
Spricht er: Gehab dich wohl! so ist kein Mensch betrübt.

(89)
Auf den Trullus.

                   

Daß die Seele seines Weibes einen Widerhaken habe,
Meynet Trullus, denn sie wäre, glaubt er, sonst vorlängst im Grabe.

(90)
Die christliche Liebe.

                   

Weiland war die Lieb ein Feuer, Wärmen war ihr nützer Brauch;
Nun sie überall erloschen, heißt sie nur, als wie der Rauch.

(91)
Spielkarten.

                   

Karten, die bey Tage streiten, liegen Nachts beysammen stille;
Weiber, die mit Männern zanken, stillt bey Nacht Ein guter Wille.

(92)
Auf den Gumpertus.

                   

Gumpertus nimmt ein schönes Mensch, und ist gewaltig froh.
O lieber Gümpel, freu dich sacht! Es ist gedroschen Stroh.

(93)
Ein Hofmann.

                   

Wer bey Hofe lange will
Stehen ohne Wanken,
Muß des Unrechts leiden viel,
Und sich stets bedanken.

(94)
Erde und Wasser.

                   

Wassers ist mehr als des Landes, wie die Künstler ausgemessen;
Und man merkts auch an den Deutschen, die mehr trinken als sie essen.

(95)
Gesundheit.

                   

Gesundheit kehrt bey Armen mehr als bey Reichen ein.
Wie so? Sie hasset Prassen und kann nicht müßig seyn.

(96)
Schönheit.

                   

Wenn schöne Weiber bitten, so heißt es doch befehlen;
Dann bitten schöne Weiber, wenn sie das Schweigen wählen.

(97)
Von dem Magnus.

                   

Magnus hat mehr Herz im Leibe, als er Geld im Beutel hat:
Gar genug! Ein kühner Muth findt zu Reichthum leichtlich Rath.

(98)
Vernunft und Begierden.

                   

Die Besatzung in dem Haupte, die Besetzung in dem Bauche,
(Die Vernunft und die Begierden) haben immer Krieg im Brauche.

(99)
Auf die Blasca.

                   

Blasca ist zwar nicht mehr Jungfer, träget gleichwohl einen Kranz;
Ey sie pralet: brach die Jungfer, ist die Frau hingegen ganz.

(100)
Auf die Caja.

                   

Caja, du berühmtes Wunder, bist du doch wie Alabaster!
Schade, daß du jenem dienest, wie ein schlechter Stein im Pflaster!

(101)
Ein Umstand, oder eine Magd.

                   

Ein Umstand macht, daß Veit sein Weib nicht völlig liebt,
Und daß er was der Frau gehört, der Magd vergiebt.

(102)
Ein Gebrauch.

                   

An manchen Orten ists so Brauch, die Weiber müssen jährlich kindern;
Sind gleich die Männer nicht daheim, so muß doch dieses gar nichts hindern.

(103)
Schönheit.

                   

Die Schönheit ist der Schönen Feind
Wo frommer Sinn sie nicht vereint.

(104)
Auf den Mutius.

                   

Mutius ist eine Biene, fleucht herum auf allem Süßen,
Jst nicht stolz was nur begegnet, zu beherzen, zu beküssen.

(105)
Auf den Astutus.

                   

Daß Astutus weiter sey, glaub ich gern, als ich;
Daß ich frömmer sey als er, drauf befleiß ich mich.

(106)
Von meinem Buche.

                   

Sind in meinem Buche Possen,
Die dich, Leser, wo verdrossen?
Ey, vergönne mir zu schreiben,
Was du dir vergönnst zu treiben!

*


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