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Sinngedichte.

Siebendes Buch.

(1)
Von meinen Reimen.

                   

Meine Reime riechen nicht
Noch nach Oele, noch nach Wein:
Beides kann gar schwerlich seyn;
Jenes, wegen Amtespflicht,
Dieses wegen schlimmer Gicht.

(2)
Herrengewissen.

                   

Ochsen spannt man nicht an Fäden, denn sie würden stracks zerrissen;
So auch läßt sich schwerlich binden, wer Gewalt hat, ans Gewissen.

(3)
Gerechtigkeit zum Saufen.

                   

Stände soll man unterscheiden; saufen soll nicht jedermann.
Bauern strafe man ums Saufen; Saufen steht den Edeln an.

(4)
Heldentod.

                   

Es ritten ihrer zwey nach Rossen,
Darüber ward der ein' erschossen;
Der andre sagte mit Betrüben:
O welch ein ehrlich Kerl ist blieben!

(5)
Auf den Capito.

                   

Capito hat Kopfs genug; wenig aber hat er Sinn.
Wie ein Mohnkopf, lauter Schlaf, sonsten hat er nichts darinn.

(6)
Täglicher Wunsch.

                   

Von außen guter Fried und gute Ruh von innen,
Jn wohl gesundem Leib auch wohl gesunde Sinnen,
Des Himmels Freude dort, der Erde Segen hier:
Dies ist mein Morgenwunsch, nichts weiter wünsch ich mir.

(7)
Gegenwärtiger und vergangener Zustand.

                   

Glücke kennt man nicht, wenn man drinn geboren;
Glücke kennt man erst, wenn man es verloren.

(8)
Hoffolge.

                   

Sobald der Herr mir lacht, so lacht mir jedermann;
Sieht er mir sauer zu, sieht jeder so mich an.
Die Puppen machens so, die fremde Faust regiert,
Sie stellen sich nach dem, nach dem sie einer führt.

(9)
Schläge.

                   

Eine Glock und eine Nuß, und ein Esel, und ein Knecht
Thun nicht leichtlich ohne Schlag, was sie sollen jemals recht;
Jene schweiget, die bleibt hart, jener steht, und dieser liegt.
Wird das Eisen und das Holz ihnen richtig angefügt:
Klinget jene, diese bricht, jener geht, und dieser eilt.
Drum was jedem zugehört, sey auch jedem zugetheilt.

(10)
Sache nicht Worte.

                   

Wo die Hand vonnöthen ist, schafft man wenig mit der Zunge;
Wo das Herze hingehört, da verrichtet nichts die Lunge.

(11)
Verachtung der Schmach.

                   

Mancher Frevel acht man nicht, manches Unrecht wird verlacht.
Selten rächt man einen Fleck, den uns Ochs und Esel macht.

(12)
Auf die Gellula.

                   

Die Gellula hält viel von Thaten und von Werken;
Jm Glauben suchet sie den Nächsten stets zu stärken;
Von Zeiten hält sie nichts, vom Wesen hält sie mehr;
Jst vielfach eine Frau, und geht im Kranz einher.
Ob Pabst, ob Luther ihr, ob ihr Calvin gefalle,
Jst unklar; ist mir recht, gefallen sie ihr alle.

(13)
Ehrgeiz.

                   

Es ist kein Regiment so gut, das allen Leuten tüget:
Das macht, Regieren selbst, und nicht Regieret seyn, vergnüget.

(14)
Von dem Veit.

                   

Kömmt gleich manches neues Jahr, dennoch klaget Veit, ihm bleibe
Fort und fort manch altes Jahr, — nehmlich bey dem alten Weibe.

(15)
Reichthum.

                   

Eines Ungerechten Erb, oder selbst ein solcher Mann,
Oder beides auch zugleich ist, wer Reichthum sammeln kann.

(16)
Auf den Poscinummus.

                   

Was man guten Freunden schenket, ist verwahret, nicht verschenket:
Also saget Poscinummus, wenn er was zu haben denket.
Aber soll er etwas geben, o so rühmt er hoch das Sparen;
Daß man nicht aufs Alter etwan Noth und Armuth dürf' erfahren.

(17)
Mars von Ohngefähr fromm.

                   

War etwan Mars wo fromm, so kehrt es ihm zu Gute;
Es ist gewiß geschehn aus unbedachtem Muthe.

(18)
Feile Gerechtigkeit.

                   

Sind des Richters Ohren zu, mache du die Hand nur auf.
Recht hat itzt, wie alles Ding, eine gleichen hohen Kauf.

(19)
Der Zeiten Schauspiel.

                   

Jch denke noch des Spiels bey meinen jungen Jahren,
Worinn ich König war, wenn andre Knechte waren;
Sobald das Spiel sich schloß, fiel meine Hoheit hin,
Und ich ward wieder der, der ich noch itzo bin.
Der heutige Gebrauch trägt gleichsam ein Ergetzen,
Die Bauern dieser Zeit den Fürsten beyzusetzen.
Schimpf aber ist nicht Ernst, und das Saturnusfest
Jst Einmal nur des Jahrs zu Rom ein Brauch gewest.

(20)
Der enthärte Samson.

                   

Samson schlief bey Delila, und verschlief sich Haar und Stärke.
Solcher Schlaf bringt auch noch heut solche Beut und solch Gemerke.

(21)
Auf den Schwollius.

                   

Der Praler Schwollius will gar nicht wohnen enge,
Geräumig ist sein Haus, gewaschen alle Gänge.
Kein Wunder! Als ein Kind liebt' er schon solch ein Haus;
Drum kam er bald hervor aus Kerker, Nacht und Graus,
Wo er gefangen lag, ans Tageslicht gekrochen,
War seine Mutter gleich erst Frau von dreyzehn Wochen.

(22)
Der Kaiserliche Dienst.

                   

Was ist es für Ding, der kaiserliche Dienst?
Der Bauern ihr Verderb, der Krieger ihr Gewinnst.
Der Bauer thut den Dienst, der Krieger spricht davon;
Doch straft man jenen noch, und diesem giebt man Lohn.

(23)
Auf den Quadratus.

                   

Quadratus ist der Welt viel nütz, er giebt viel Schatten;
Wär übel, wenn er stürb, im Sommer zu entrathen!

(24)
Hofverdienst.

                   

Hast du bey Hofe was gethan,
Was niemand dir verdanken kann;
So geh bey Zeiten selbst davon,
Der Haß ist sonst gewiß dein Lohn.

(25)
Auf den Bullatus.

                   

Bullatus sprach, gefragt; woher er edel wär?
Mein Adel kömmt vom Haupt und nicht vom Bauche her.

(26)
Auf die Glauca.

                   

Es stritten ihrer zwey, ob Glauca schön, ob häßlich? —
Gemalet ist sie schön; natürlich ist sie gräßlich.

(27)
Auf die Claja.

                   

Gott nahm, sagt Claja, meinen Mann,
Der Herr hat alles wohl gethan,
Der einen frischen geben kann!

(28)
Ein verlorner Freund.

                   

Mein Freund ward nächst nach Hof in Ehrendienst erkohren;
Die Ehre gönnt' ich ihm, doch gieng der Freund verloren.

(29)
Weltbeherrscher.

                   

Gott, Fleiß und die Gelegenheit
Beherrschen Menschen, Welt und Zeit.
Gott ist in Nöthen anzustehn;
Gelegenheit nicht zu versehn;
Der Fleiß muß fort und fort geschehn.

(30)
Eine Hure.

                   

Wenn die Hur ins Herze kömmt, wird sie auch in Beutel kommen;
Mag dann zählen, was die Nacht ihm geschenkt, der Tag genommen!

(31)
Redlichkeit.

                   

Die Redlichkeit verlacht, was ihr Verfolger spricht;
Ein Biedermann sieht stets; nicht lang ein Bösewicht.

(32)
Die tausend goldenen Jahre.

                   

Tausend goldne Jahre werden von Propheten itzt versprochen.
Wie es scheinet sind sie nahe; denn dergleichen Gold zu kochen,
Hat der Krieg bereits zu Kohlen Städt und Dörfer abgebrochen.

(33)
Fürstendiener.

                   

Wenn Diener löblich rathen,
So sinds der Herren Thaten;
Wenn Herren gröblich fehlen,
Jsts Dienern zuzuzählen.

(34)
Auf den unverschämten Calvus.

                   

Calvus hat so großen Schedel, und hat dennoch kein Gehirn;
Voller Stirn ist auch sein Schedel, und doch hat er keine Stirn.

(35)
Auf den Pätus.

                   

Pätus hat mich jüngst zu Gast; und ich gieng nicht. Jch war satt
Noch von dem, womit er mich längst vorhin kasteyet hat.

(36)
Reisen.

                   

Weiland fürs Vaterland Gut und Blut gelassen;
Gut und Blut wird itzt verthan, Vaterland zu hassen.
Man verreiset großes Geld; was man heimbringt, wendet man
Alte deutsche Redlichkeit hämisch zu beschimpfen an.

(37)
Erdengötter.

                   

Obrigkeiten heißen Götter, sollen Menschen Wohlfahrt geben,
Wollen aber meistens selber von den Menschen Wohlfahrt heben.

(38)
Das Beste der Welt.

                   

Weißt du, was in dieser Welt
Mir am meisten wohlgefällt? —
Daß die Zeit sich selbst verzehret,
Und die Welt nicht ewig währet.

(39)
Waaren der Wollust.

                   

Wer sich um der Wollust Waaren als ein Kaufmann will bemühn,
Wird, wie witzig er gleich handelt, Reue, statt Gewinnes ziehn.

(40)
Sey wer du warest.

                   

Wer eine Tugend einmal übt,
Eh er sie leichtlich übergiebt,
So geb er eher hin sein Leben;
Sonst muß er sich der Ehr' begeben.

(41)
Hofgunst.

                   

Hofgunst brennt wie Stroh, giebt geschwinde Flammen;
fällt geschwind in Asch, wie das Stroh, zusammen.

(42)
Hülfe.

                   

Eigner Fleiß und fremde Hülfe födern einen Mann.
Wenn man einem vor soll spannen, spann er selber an.

(43)
Aemsigkeit.

                   

Man kann im Ruhn
Doch etwas thun.
Man kann im Thun
Doch gleichwohl ruhn.

(44)
Von dem Largus.

                   

Largus wünschet seinem Feinde, daß er ein Ducaten sey
Jn den Händen eines Filzes; denn da würd er nimmer frey.

(45)
Wohlfeiler Frauenstand.

                   

Was man mit Wenigem erlangt, daselbst ist Viel
Nicht nöthig. Eine Magd, die gerne Frau seyn will,
Die wird zur Hure nur, alsdann ist Kirchenfahrt,
Und aller Hochzeitpracht erhalten und erspare.

(46)
Hofmaler.

                   

Bey Hofe hats viel Maler; die wissen abzumalen
Gemeiniglich mit Kohlen; sie fodern kein Bezahlen;
Sie thun es ungeheißen, sie thuns von freyen Stücken;
So darf man auch nicht sitzen, sie könnens hinterm Rücken.

(47)
Müßiggang.

                   

Jedes Haus hat seinen Ort, der gewidmet ist zur Ruh.
Knecht und Mägde haben Lust, Herr und Frau hat Fug dazu.

(48)
Mittel zu verarmen.

                   

Jch möchte wissen, wie es käme,
Daß unser Hab und Gut zunähme?
Was wir aus Pflicht nicht geben müssen,
Soll Höflichkeit zusammen schießen.
Jst für den Mund was übrig blieben,
So bleibt es doch nicht vor den Dieben.
Daselbst die Todten schuldig waren
Das büßen wir mit unsern Haaren.
Was wir gehabt, und nicht mehr haben,
Davon erheischt man Schoß und Gaben.
Jch möchte wissen, wie es käme,
Daß unser Hab und Gut zunähme?

(49)
Von der Clodia.

                   

Clodia taugt nicht zum sieden; ob sie etwa taugt zum braten? —
O, man laß sie roh den Würmern; besser weiß ich nichts zu rathen.

(50)
Krieg und Friede.

                   

Die Welt hat Krieg geführt weit über zwanzig Jahr;
Nunmehr soll Friede seyn, soll werden wie es war.
Sie hat gekriegt um das, o lachenswerthe That!
Was sie, eh sie gekriegt, zuvor besessen hat.

(51)
Geschminkte Weiber willige Weiber.

                   

Wiewohl es noch nicht Brauch, daß Wittwen, daß Jungfrauen
Sich auszubieten gehn, sich suchen anzutrauen:
So fragt, will gleich der Mund sich noch in etwas schämen,
Doch Schmuck und Schminke dreist: Ey will mich niemand nehmen?

(52)
Hirten.

                   

Was ist das für ein Hirt, der durch Gewalt und List
Zum Theil die Schafe schindt, zum Theil die Schafe frißt?

(53)
Auf den Pralin.

                   

Wie dein Kopf, Gelegenheit,
Jst, Pralin, dein Ehrenkleid.

(54)
Gesinde.

                   

Sein Gesinde soll man speisen, darf es aber doch nicht mästen,
Soll es brauchen uns zu helfen, soll es brauchen nicht zu Gästen.

(55)
Gewalt ist nicht Tapferkeit.

                   

Wenn ihrer Drey gleich Einen schlagen,
So hat Geschlagener nichts zu klagen;
Denn ungeschlagen bleibt itzt keiner,
Und Dreye schlagen mehr als Einer.

(56)
Sichere Armuth; elender Reichthum.

                   

Ein Armer hat es gut; er fürchtet selten sehr,
(Dieweil er nichts mehr hat) daß er verliere mehr.
Ein Reicher hat es arg; ist keine Zeit nicht frey,
Daß er nicht morgen schon der allerärmste sey.

(57)
Loben.

                   

Thorheit ist es, alles loben; Bosheit ist es, gar nichts preisen:
Mich wird Thorheit schwerlich treffen; Bosheit wird sich eher weisen.

(58)
Die Steuer.

                   

Daß mein Buch die theure Gabe
Allen zu gefallen habe,
Glaub ich nicht. Doch glaub ich, allen
Werde folgendes gefallen:
»O es müsse höllisch Feuer
»Fressen die verfluchte Steuer!

(59)
Ein Jndianischer Brauch.

                   

Wenn ein Jndianer freyet, schenket er die erste Nacht
Einem Priester, der zum Segen einen guten Anfang macht.
Blondus freyet eine Jungfer: ob er nun gleich dort nicht wohnt,
Hat sie dennoch ihm ein Pfaffe eingeweihet unbelohnt.

(60)
Von der Hulda.

                   

Was man liebt, das braucht man wenig, daß mans lange brauch':
Hulda schonet man zum Nehmen, liebt man sie gleich auch.

(61)
Zunder der Hoffart.

                   

Was reizet uns zur Hoffart an? — der Leute Heucheley,
Die alles preisen, was wir thun, es sey gleich wie es sey.

(62)
Büchermenge.

                   

Des Bücherschreibens ist kein Ende, ein jeder schreibt mit Haufen! —
Kein Mensch wird weiter Bücher schreiben, wenn nur kein Mensch wird kaufen.

(63)
Ein redlicher Mann.

                   

Für einen guten Mann sind alle Zeiten gut,
Weil niemals Böses er und Böses ihm nichts thut;
Er führt durch beides Glück nur immer Einen Muth.

(64)
Menschensinnen.

                   

Köpfe haben Dünkel,
Herzen haben Winkel:
Prüfe, was du siehest,
Merke, was du fliehest!

(65)
Auf den Thraso.

                   

Thraso geht, wie Herkules, mit der Löwenhaut bedeckt;
Sags nur nicht, ein Hasenbalg ist zum Futter untersteckt.

(66)
Wunderwerk der Welt.

                   

Man sagt, und hat gesagt von großen Wunderwerken,
Die wohl zu merken sind, und waren wohl zu merken;
Noch ist ein größers kaum, als daß ein frommer Mann
Bey dieser bösen Zeit, fromm seyn und bleiben kann.

(67)
Hofdiener.

                   

Jeder will bey Hofe dienen; dienen will er immer,
Nicht beym Sorgen, nicht beym Dulden; nur im Tafelzimmer.

(68)
Lob.

                   

Eines Narren Probe,
Die besteht im Lobe.
Seine Kunst zu weisen,
Schleußt ihn auf das Preisen.

(69)
Auf den Stichus.

                   

Stichus hat ein böses Weib, will sich gern vertragen,
Meynt, ihr Grimm werd endlich sich müden von den Plagen;
Da ihn sonst ein neues Weib werd' aufs neue nagen.

(70)
Das Herz auf der Zunge.

                   

Wers Herz auf seiner Zunge führt,
Der muß, wenn er die Zunge rührt,
Sich der Bedachtsamkeit befleißen,
Sonst möcht er ihm das Herz abbeißen.

(71)
Kriegesschäden.

                   

Hat Land durch diesen Krieg, hat Stadt mehr ausgestanden?
Schau wo der beste Tisch und größte Schmuck vorhanden.

(72)
Hoffnung.

                   

Wer nichts hat, dem ist noch Rath,
Wenn er nur noch Hoffnung hat.

(73)
Erkenntniß Seiner.

                   

Der Schatten pflegt zu stehen nach dem die Sonne steht;
Sobald sie scheint, ist niemand der ohne Schatten geht.
Auch ist auf Erden niemand von aller Thorheit frey;
Ein Mensch von klaren Sinnen, der merkt wie groß sie sey.

(74)
Durch Mühen, nicht durch Schmeicheln.

                   

Redlich will ich lieber schwitzen,
Als die Heuchlerbank besitzen.
Besser harte Fäuste strecken,
Als von fremdem Schweiße lecken.
Besser was mit Noth erwerben,
Als gut leben, furchtsam sterben.

(75)
Auf den Piger.

                   

Piger kann nicht müßig gehen; —
Müßig aber kann er stehen.

(76)
Neuerung gefährlich.

                   

Das Böse, wohl gestellt, laß stehen, wie es steht;
Es ist noch ungewiß, obs gut mit Neuem geht.

(77)
Freygebige Herrendiener.

                   

Wenn Diener Herren schenken,
So mögen Herren denken,
Daß sich, was auf sie fleußt,
Von ihnen vor ergeußt.

(78)
Augen, Ohren, Mund.

                   

Ohr und Auge sind die Fenster, und der Mund die Thür ins Haus:
Sind sie alle wohl verwahret, geht nichts Böses ein und aus.

(79)
Verdächtige Sachen.

                   

Ein versöhnter Feind,
Ein erkaufter Freund
Sind zu einer Brücke
Ungeschickte Stücke.

(80)
Seelenwanderung.

                   

Daß eine fremde Seel in fremden Körper krieche,
Das glaube wer es will; es sind nicht Bibelsprüche.
Dieß aber ist gewiß, daß itzt ein fremder Leib
Oft fähret auf und in ein fremdes Pferd, Kleid, Weib.

(81)
Auf die Prisca.

                   

Deine Schönheit liegt am Laden, gar nicht, Prisca, in der Kiste;
Was man sieht, das ist das Beste, mit dem Jnnern steht es wüste.

(82)
Gewandelte Freundschaft.

                   

Wer die Freundschaft brechen kann,
Fieng sie nie von Herzen an:
Der ward falsch ein Freund genennt,
Wer sich von dem Freunde trennt.

(83)
Das Glück ein gemein Weib.

                   

Das Glück ist wie ein Weib, die keinen völlig liebet,
Jndem sie sich itzt dem, itzt jenem übergiebet.

(84)
Bücher.

                   

Es ist mir meine Lust, bey Todten stets zu leben;
Zu seyn mit denen, die nicht sind, rund um umgeben,
Zu fragen, die ganz taub; zu hören, die nichts sagen;
Und die nichts haben, doch viel pflegen aufzutragen,
Vor andern vorzuziehn. Jch bin auf die beflissen,
Die mir viel Gutes thun, und doch von mir nichts wissen.
Jch halte diese hoch, die nie mich angesehn;
Die manchmal mich im Ernst verhöhnen, schelten, schmähn,
Sind meine besten Freund'; anstatt sie hinzugeben,
So gäb ich alle Welt dahin, und auch das Leben.

(85)
Auf den Curvus.

                   

Curvus ist den Lastern gram, nicht aus Tugend, nur aus Neid;
Daß er ihnen nicht mehr dient, schafft nicht Wille, sondern Zeit.

(86)
Hoffarth.

                   

Jch nehm ein Quintlein Glück, und kaufe Hofegunst:
Ob dir es so beliebt, nimm einen Centner Kunst:
Die leichte Münze gilt, die schwer ist hier umsonst.

(87)
Verliebte.

                   

So viel Händel, so viel Wunder, als verliebte Leute machen,
Wozu dient es? wohin zielt es? — Denke nach, so wirst du lachen.

(88)
Austritt der Zunge.

                   

Die Zunge wohnt mit Fleiß in weißem Beingehäge,
Denn dieß ist ihre Gränz, in der sie sich bewege.
Wächst aber wo die Zung, und steiget übern Zaun,
Derselben traue du, ich will ihr nimmer traun.

(89)
Der Liebe Blindheit.

                   

Ein Wollsack und ein Kohlensack, da die beysammen stunden,
Da schoß Cupido, und der Pfeil ward in dem schwarzen funden.
Die Lieb ist an die Farbe nicht, dieweil sie blind, gebunden.

(90)
Männermangel.

                   

Daß mehr Weiber sind als Männer, macht des Krieges Raserey;
Doch mich dünket, Weiber stunden durch die Buhlschaft Kriege bey.

(91)
Ein fauler Knecht.

                   

Wenn selten stiehlt ein Dieb, und nie ein Knecht was thut,
So halt ich den für bös', und jenen, mehr für gut.

(92)
Auf den Vagus.

                   

Vagus liebet Weiber, Wittwen, Jungfern, Mägde, was es giebt;
Christenlieb ist so geartet, denkt er, daß sie alles liebt.

(93)
Freunde.

                   

Freunde die das Glücke macht sind kein rechtes Meisterstücke,
Wenn sie nicht zuvor beschaut und bewährt das Ungelücke.

(94)
Auf die Stultina.

                   

Alle sehen ernsthaft aus: dennoch will Stultina lachen? —
Weil sie weiße Zähne hat, sucht sie sich beliebt zu machen.

(95)
Die Freyheit.

                   

Wo dieses Freyheit ist, zu thun nach aller Lust,
So sind ein freyes Volk die Säu in ihrem Wust.

(96)
Fremde Schutzherren.

                   

Der, der uns für Ketzer hält, sollt' uns kriegen für den Glauben?
Freyheit sollten schützen die, die uns Freyheit helfen rauben?
Ausgang wird zu glauben dir Freyheit was du willst erlauben.

(97)
Lust und Unlust.

                   

Jhrer zwey sind, die sich hassen,
Und einander doch nicht lassen:
Wo die Wollust kehret ein,
Wird nicht weit die Unlust seyn.

(98)
Der rasende David. 1 Sam. XXI, 13.

                   

Wer bey Achis denkt zu leben, wer bey Welt denkt fortzukommen,
Muß bald haben Narrenkappe, Doctorshut bald angenommen.

(99)
Der Soldaten gutes Werk.

                   

Buße zeucht dem Kriege nach; wo das Heer nur hingetreten,
Thun die Leute nichts als weinen, nichts als fasten, feyern, beten.

(100)
Auf den Simon.

                   

Simon wünschet, daß sein Weib
Eine Moscovitinn wäre,
Wenn er ihr gleich bläut den Leib,
Daß sie sich doch nicht beschwere;
Aber weil sie deutsch gesinnt,
Schaut sie, wie sie sich erwehret,
Wie sie Oberhand gewinnt,
Und mit ihm die Stube kehret.

(101)
Trunkenheit.

                   

Es säuft sich voll, für sich, kein unvernünftig Thier. —
O, hätten sie Vernunft, sie trinken auch, wie wir.

(102)
Stadtleute und Dorfleute.

                   

Wer sind Bürger? Nur Verzehrer.
Wer sind Bauern? Jhr' Ernährer.
Jene machen Koth aus Brodte,
Diese machen Brodt aus Kothe;
Wie daß denn der Bürger Orden
Höher als der Bauern worden?

(103)
Auf den Faulinus.

                   

Faulinus ist ein Mann, er ist ein rüstig Mann;
Die Arbeit hat er lieb, — wenn andre sie gethan.

(104)
Schnecken.

                   

Bruder, komm und iß mit mir; Haus und Wirth soll vor dir stehen.
Doch iß nur den Wirth, das Haus möchte nicht zu Halse gehen.

(105)
Weintrauben.

                   

Bruder, komm auf einen Trunk; doch im süßen Bacchusnaß
Thu mir nicht allein Bescheid, thu mir auch Bescheid im Faß.

(106)
Friedenshinderniß.

                   

Ey, es wird bald Friede seyn! Freue dich, du deutscher Mann!
Mißvertraun und Eigennutz, ein Paar Wörtlein, stehn nur an.

(107)
Tadler.

                   

Wer mich tadelt lässet merken, daß was Gutes an mir sey;
Sonst wär nichts ihm dran gelegen, dürfte keiner Tadeley.

(108)
Von meinen Reimen.

                   

Nicht einmal in seinem Buche guter Freunde zu gedenken? —.
Weiß ich doch noch selbst nicht eigen, welchen Ruhm man mir wird schenken.

*


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