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Sinngedichte.

Drittes Buch.

(1)
Von meinen Lesern.

                   

So mirs gehet, wie ich will,
Wünsch ich Leser nicht zu viel:
Denn viel Leser sind viel Richter,
Vielen aber taugt kein Dichter.

(2)
Gott und Krieg.

                   

Was nicht ist, dem ruft Gott zum Seyn und zum Bestehn;
Was ist, dem ruft der Krieg zum Nichtseyn, zum Vergehn.

(3)
Sparsamkeit.

                   

Wenn die Jugend eigen wüßte,
Was das Alter haben müßte;
Sparte sie die meisten Lüste.

(4)
Der Tod.

                   

Jch fürchte nicht den Tod, der mich zu nehmen kömmt;
Jch fürchte mehr den Tod, der mir die Meinen nimmt.

(5)
Auf den Celer.

                   

Celer lief jüngst aus der Schlacht,
Denn es kam ihm schnell zu Sinne,
Daß er, würd er umgebracht,
Nachmals nicht mehr fechten könne.

(6)
Wassersucht.

                   

Wassersucht ist schwer zu heilen. Manchmal kömmt sie Jungfern an;
Diese trägt man auf den Armen, bis sie selber laufen kann.

(7)
Mittel zum Reichthum.

                   

Wer reich zu werden sucht, muß Zeit und Ort betrachten,
Und lernen Geld und Gut bald viel, bald wenig achten.

(8)
Verleumder.

                   

Jch kenn ein höllisch Volk, die Brüder der Erinnen,
Ein Volk von süßer Zung und von vergiften Sinnen,
Das zwischen Mund und Herz, das zwischen Wort und That
Solch einen engen Raum, wie Ost von Westen, hat.
Es lobt mich ins Gesicht, es schändet mich im Rücken,
Es will durch meine Schmach sein eigen Laster schmücken,
Es sehnet sich empor, verachtet alle Welt,
Und hat genug an dem, daß es ihm selbst gefällt.
Was ist mit dem zu thun? Sonst will ich nichts ihm fluchen,
Als daß sein falsches Maul mag einen Stand sich suchen,
Wo sonst aus hohler Tief ein fauler Athem zeucht,
Der auf die Fersen zielt und in die Nase kreucht.

(9)
Vereinigung zwischen Jupiter und Mars.

                   

Es that mir jüngst ein Freund vom Helikon zu wissen,
Daß Jupiter mit Mars wollt' einen Frieden schließen,
Wenn Mars hinfort nicht mehr bey seinen Lebenstagen,
Nach Himmel und nach dem, was himmlisch ist, will fragen:
Will Jupiter dahin sich bindlich dann erklären,
Dem Mars, noch nebst der Welt, die Hölle zu gewähren.

(10)
Regimentswetter.

                   

Principes sunt Dii, non quidem altitonantes,
sed imitonantes.

                   

Wer nicht glaubt, daß Obrigkeiten
Billig sind und heißen Götter,
Der hab Acht bey diesen Zeiten,
Was sie machen für ein Wetter.

(11)
Kreuz.

                   

So bös' ist schwerlich was, es ist zu etwas gut:
Das Kreuze plagt den Leib, und bessert doch den Muth.

(12)
Geduld.

                   

Leichter träget, was er träget,
Wer Geduld zur Bürde leget.

(13)
Von dem Canus.

                   

Canus baut ein neues Haus; baut ihm auch ein Grab. Mich deucht,
Daß er an das Weichen denkt, aber doch nicht gerne weicht.

(14)
Liebesarzeney.

                   

Mäßig und geschäftig leben,
Heißt der Liebe Gift eingeben.

(15)
Die hoffärtige und übersichtige Welt.

                   

Die Welt acht unsrer nichts; wir achten ihrer viel.
Ein Narr liebt den, der ihn nicht wieder lieben will.

(16)
Der Spiegel.

                   

Der Spiegel ist ein Maler, im Malen ganz vollkommen;
Der aber sein Gemälde stets mit sich weggenommen.

(17)
Listige Anschläge.

                   

Weißt du, was ein Anschlag heißt?—
»Wenn man weidlich sich befleißt,
»Seinem Feind, eh ers wird innen,
»Schand und Schaden anzuspinnen —
Nein; es ist was bessers noch,
Gilt auch noch einmal so hoch:
Stehlen heißt es Küh und Pferde,
Daß es niemand innen werde.

(18)
Lingua Præcurrit mentem.

                   

Wenn für den Mann das Weib in einer Handlung spricht,
Sagt, übereilet da den Sinn die Zunge nicht?

(19)
Redlicher Leute Schelten gilt vor loser Leute Loben.

                   

Wenn mir ein Böser gut, ein Guter böse will,
So acht ich Gutes nicht, hingegen Böses viel.

(20)
Redlichkeit.

                   

Weil die Ehr und Redlichkeit
Weicht und fleucht aus unsrer Zeit,
Weiß ich nicht, was drinnen sehr
Frommer Mann mehr nütze wär.

(21)
Schlaf.

                   

Es sitzt der Schlaf am Zoll, hat einen guten Handel,
Sein ist der halbe Theil von unserm ganzen Wandel.

(22)
Träume.

                   

Aus Nichts hat der ihm was gemacht,
Der Träume, welche Nichts sind, acht.

(23)
Glückseligkeit.

                   

Was macht die Menschen arg? Was hat viel Volk empöret?
Was hat manch Land geschwächt? Was hat manch Reich zerstöret?
Das, was die ganze Welt doch itzt und alle Zeit
Von Herzen wünscht und sucht: Des Glückes Seligkeit.

(24)
Ehestand des Herzens und der Zunge.

                   

Das Herz und Zung ist wie vermählt,
Die zeugen Kinder ungezählt;
Wenn beide nun nicht eines sind,
Wird jedes Wort ein Hurenkind.

(25)
Der gesegnete Krieg.

                   

Mars ist nicht ganz verflucht; Mars ist nicht ganz zu ächten,
Wie manchem dünkt. Er ist der Same der Gerechten;
Nach Brodte geht er nicht. Er kann nach Brodte reiten,
Und muß wohl noch dazu das Fleisch das Brodt begleiten.

(26)
Allengefallenheit.

                   

Daß er gefalle jedermann
Geht schwerlich, glaub ich, jedem an,
Als dem, bey dem hat gleichen Preis
Gott, Teufel, Recht, Krumm, Schwarz und Weiß.

(27)
Weiber.

                   

Wer ohne Weiber könnte seyn, wär' frey von vielerley Beschwerden;
Wer ohne Weiber wollte seyn, wär' aber nicht viel nütz auf Erden.

(28)
Regimentsverständige.

                   

Es ist ein Volk, das heißt Statisten,
Jst von Verstand und scharfen Listen,
Doch meynen viel, es seyn nicht Christen.

(29)
Fremdes Gut.

                   

So ists mit uns bewandt:
Was in der fremden Hand,
Das will uns mehr vergnügen;
Und unsers will nicht tügen.
Was uns das Glücke giebt,
Hat andern auch beliebt.

(30)
Anzahl der Freunde.

                   

Wer viel Freunde rühmt zu haben, muß gar wenig Sinnen zählen;
Einen Freund zu finden, pflegen alle Sinnen oft zu fehlen.

(31)
Auf die Elsa.

                   

Dieß und jenes schneidt man auf von der Hochzeit ersten Nacht;
Mich, sagt Elsa, schreckt es nicht, werde brünstig nur gemacht,
Unter Augen dem zu gehn, was zuletzt mir kommen soll;
Wer, was ihm verordnet ist, fliehen will, der thut nicht wohl.

(32)
Lügen und Lügen sagen.

                   

Ein Frommer hütet sich, daß er nicht leichtlich lüge;
Ein Weiser, daß er sich mit Lügen nicht betriege.

(33)
Des Mars Treue.

                   

Niemand wag es, und verneine,
Daß es Mars nicht treulich meyne,
Weil er niemals Winters halben
Weichet, wie die falschen Schwalben,
Sondern bleibt auf unsrer Erde,
Weil noch währt, Geld, Brodt, Küh, Pferde.

(34)
Thätigkeit.

                   

Wer nimmer nichts versucht, der weiß nicht, was er kann.
Die Uebung wirkt uns aus; Versuch der führt uns an.

(35)
Frommer Herr, schlimme Diener.

                   

Jst gleich ein Herr gerecht,
Jst aber arg sein Knecht;
So wird der Herr doch ungerecht,
Dieweil er hägt den argen Knecht.

(36)
Lobsprecher.

                   

Meistens lobt man alle Fürsten, wie sie leben, weil sie leben.
Sind es dann nicht Heucheleyen? Nein, es ist gar recht und eben,
Daß man ihre Laster theils nicht verhaßter etwan macht,
Daß man sie erinnert theils wo sie sonst nicht drauf gedacht.
Auf die Weise kann man Pillen, die sonst allzubitter schmecken,
Scheinlich machen und vergolden, und die Pflicht ins Lob verstecken.

(37)
Redlichkeit.

                   

Wer gar zu bieder ist, bleibt zwar ein redlich Mann,
Bleibt aber, wo er ist, kömmt selten höher an.

(38)
Beyspiele.

                   

Willst du Fürsten Regeln geben,
Gieb der andern Fürsten Leben.
Heb sie über Bös' empor,
Zeuch nicht ihnen Beßre vor.

(39)
Gewinn und Besitz.

                   

Wer den Beutel hat verloren, mag den Weg zurücke messen:
Schwer ist neuer zu erwerben; alter ist nicht zu vergessen.

(40)
Mann und Weib.

                   

Die Weiber sind die Monden, die Männer sind die Sonne;
Von diesen haben jene Nutz, Ehre, Wärme, Wonne.
Die Sonn beherrscht den Tag, der Mond beherrscht die Nacht;
Bey Nachte hat das Weib, der Mann bey Tage Macht.

(41)
Ein hölzernes Pferd.

                   

Jn der Argiver langem Weiberkriege,
Half letztlich noch ein hölzern Pferd zum Siege.
Was gilts, ob Krieg itzt auch nicht währen werde,
Bis sonst kein Pferd mehr bleibt, als Kinderpferde?

(42)
Vom Lividus.

                   

Lividus ist tödtlich krank. Will er leben, soll er baden —
Aus den Thränen, die er goß über eines andern Schaden.

(43)
Gerechtigkeit des Neides.

                   

Keine Straf ist ausgesetzet
Auf des Neides Gift;
Denn er ist zu aller Zeit,
Selbst so voll Gerechtigkeit,
Daß er glücklich trifft,
Und sich durch sich selbst verletzet.

(44)
Güter des Gemüths.

                   

Wer ihm Güter handeln will, der erhandle solchen Grund,
Den kein Brand, kein Raub verderbt, weil er im Gemüthe stund.

(45)
Auf den Fugipes.

                   

Fugipes sollt itzo treten
Jn die Schlacht; da wollt' er beten,
Sprach: Mein Gott, ach mache mir,
Wie dort David rühmt von dir,
Hirschenfüß: ja führ mich ehe
Weit von hinnen in die Höhe!

(46)
Der Bauch hat nicht Ohren.

                   

Der Bauch hat kein Gehöre? Das ist zu viel gesprochen.
Lucinens Bauch hat Ohren; erwarte nur zehn Wochen.

(47)
Hofedonner.

                   

Der Donner, den der Hofehimmel schickt,
Trifft, ehe man es merkt, daß er geblickt.

(48)
Ein Verleumder.

                   

Felsus ist ein guter Redner, jedes Wort ist eine Blume
Von Verleumdung andrer Leute, und von stolzem Eigenruhme.

(49)
Festemacher.

                   

Fürs Vaterland sein Blut vergießen,
Hat man sich sonst mit Ruhm beflissen.
Das Blut dem Vaterlande sparen,
Jst itzt ein Ruhm in unsern Jahren.

(50)
Lob.

                   

Ein sonders Lob ist dieß, daß einer Lobens werth,
Auf bloßes Lob nicht sieht, und Lobens nicht begehrt.

(51)
Auf die Virnula.

                   

Es achtet Virnula nichts in der Welt so sehr,
Wie billig, als die Zucht und angeborne Ehr:
Damit sie nicht mit Macht ihr etwan werd entnommen,
So hat sie nächst ein Freund von ihr geschenkt bekommen.

(52)
Auf den Veit.

                   

Veit, man nennt dich einen Ochsen; dieß gefällt dir schwerlich halb.
Ochse kennst du künftig heißen; bleib nur itzo noch ein Kalb.

(53)
Die englische Tracht.

                   

Die Jungfern, die das geile Rund,
Das zu der Wollust legt den Grund,
Ans Licht so schamlos stellen aus,
Die sind ein rechtes Ballenhaus,
Wo stets der Ballen liegen viel,
Und warten, ob man spielen will.

(54)
Sich hüten.

                   

Soll der Mensch ihm selbst verhüten, was ihm kann Gefahr erregen,
Muß er sich bloß auf das Hüten, sonst auf kein Geschäffte legen.

(55)
Der Weg zu Gunsten.

                   

Willst du, daß man dich bey uns wohl verehr, und dein gedenke?
Stelle Gastereyen an, sprich stets ja, und gieb Geschenke.

(56)
Vorwitz.

                   

Du, der du um mich dich kümmerst, säumst zu kümmern dich um mich,
Kümmre dich um dich zum ersten; bleibt dir Zeit, alsdann um mich.

(57)
Auf den Morus.

                   

Morus kam nach Hofe schmausen.
Ohne Wissen, ohne Grausen
Fraß er viel von einem Raben,
Den sie ihm zum Possen gaben.
Besser, daß ich dich verzehre,
Als daß ich dein Grabmahl wäre:
Sprach er. Daß es was bedeute,
Sagen aber alle Leute.

(58)
Auf die Pigritta.

                   

Pigritta brauchet gerne Ruh; wie so? Sie hat vernommen,
Der Mensch sey nur in diese Welt wie in ein Gasthaus kommen.

(59)
Der Argwohn.

                   

Dieses kann man zwar wohl thun, daß man leichtlich niemand traue:
Nur daß nicht, daß man nicht trau, leichtlich jemand an uns schaue.

(60)
Auf den Veit.

                   

Einem andern abgeliebet,
Einem andern abgediebet,
Einem andern abgelogen,
Einem andern abbetrogen,
Einem andern abgeeidet,
Einem andern abgekreidet,
Weib, Geld, Gut, Vieh, Hülle, Fülle,
Und was sonst erwarb sein Wille,
Diese seine schöne Habe
Nennet Veit des Herren Gabe,
Will von solchem Gottbescheren,
Sich mit Gott und Ehren nähren.

(61)
Der alten Deutschen Schrift.

                   

Der Deutschen ihr Papier
War ihres Feindes Leder;
Der Degen war die Feder,
Mit Blute schrieb man hier.

(62)
Von einem Spiegel.

                   

Heimlichkeiten großer Leute soll man, wie sichs ziemt, verschweigen:
Deiner Schönheit schön Geheimniß will der Spiegel auch nicht zeigen;
Daß er sey bey Hof gewesen, Formiruta, dünkt mich eigen.

(63)
Soldatenfreyheit.

                   

Läßt man euch denn, ihr Soldaten,
Frey dahingehn alle Thaten?
Sündern, die da sterben sollen,
Thut man, was sie haben wollen.

(64)
Auf den Möchus.

                   

Möchus ist ein milder Mann außer Haus', und karg im Bette:
Seine Frau lernt diese Kunst, treibt sie mit ihm in die Wette.

(65)
Der Sacer Gewohnheit.

                   

Eh Jungfer mocht und Junggeselle sich weiland bey den Sacern paaren,
Mußt' eines vor des andern Stärke durch einen sondern Kampf erfahren;
Wer überwand, war Herr im Hause. Bey uns begehren, nicht aus Stärke,
Die Weiber Vorzug, Herrschaft, Ehre; nein, sondern weil sie schwache Werke.

(66)
Wunderwerk.

                   

Ein Soldat kann durch Verzehren
Sich ernähren!
Und ein Landmann durch Erwerben
Muß verderben!

(67)
Von dem Mummosus und Bibosus.

                   

Da Mummosus sterben sollte, lief er auf den Obersöller;
Da Bibosus sterben sollte, lief er in den tiefen Keller;
Doch den schwarzen Knochenmann hielt nicht auf noch Hoch noch Tief,
Daß er beiden nicht hinnach, bis er sie erhaschte, lief.

(68)
Reime.

                   

Jch pflege viel zu reimen; doch hab ich nie getraut,
Was bessers je zu reimen, als Bräutigam auf Braut,
Als Leichen in das Grab, als guten Wein in Magen,
Als Gold in meinen Sack, als Leben und Behagen,
Als Seligkeit auf Tod; — — Was darf ich mehrers sagen?

(69)
Rath.

                   

Da, wo man Rath nicht hört, wo Rath nicht Folge hat,
Allda ist gar kein Rath der allerbeste Rath.

(70)
Auf den Paul.

                   

Paul ist fleißig, mich zu fragen;
Jch verdrüßig, was zu sagen:
Denn mit allem meinem Sagen
Stillt sich nimmer doch sein Fragen.

(71)
Ehewunsch.

                   

Spanne meinen schwachen Mann, spann ihn aus, o Himmel, doch!
Seufzet Moeries; und ihr Mann: Himmel, ach, zerbrich mein Joch!

(72)
Wer Nützliches mit Lustigem vermengt, der triffts.

                   

Wer Nutz und wer Ergetz recht scheidet und recht mengt,
Verdienet, daß man ihn mit Lob und Ruhm beschenkt.
Lobt Passerillen, lobt! Zum Nutz ist ihr der Mann,
Der Nachbar zum Ergetz, und wer nur immer kann.

(73)
Wein.

                   

Willst du eine Lust dir kaufen, sauf ein Faß voll guten Wein,
Bitt ein Dutzend gute Brüder: Ach, was werden Narren seyn!

(74)
Fürsprecher.

                   

Männer, die durch Reden reich
Werden, sind den Vögeln gleich;
Tragen sich in ihrer Ruh
Ein Gebäud im Munde zu.

(75)
Freundschaft.

                   

Wo Nutz sich nicht erzeigt, wo kein Gewinn sich weist,
Jst Freundschaft nicht daheim, ist über Land gereist.

(76)
Eine ausgeübte Sache.

                   

Von Sachen, die nicht vor sind wo schon ausgeübet,
Nimmt keine Simon an, wie viel man ihm gleich giebet.
Mich dünkt, (es ist nicht weit, bis daß er Hochzeit mache,)
Die Braut die bring ihm auch ein' ausgeübte Sache.

(77)
Höflichkeit.

                   

War Höflichkeit versprochen,
Darauf ist nicht zu pochen;
Sie machet keine Pflicht;
Jhr Band das bindet nicht.

(78)
Schönheit.

                   

Schönheit ist ein Vogelleim, jeder hänget gerne dran,
Wer nur fleuget, wer nur schleicht, wer nur manchmal kriechen kann.

(79)
Der Mittelstand.

                   

Wer ruhig sitzen will, der sitze nicht beym Giebel;
Wo Schwindel folgt und Fall, daselbsten sitzt sichs übel.

(80)
Unterschied zwischen Jungfrau, und junge Frau.

                   

Es wird, was junge Frau und Jungfrau, leicht erkannt;
Denn dieses Wort ist ganz, und jenes ist getrannt.

(81)
Auf die Venerilla.

                   

Venerilla hasset Scherz,
Was sie meynt, das ist ihr Herz.
Wer an ihr was suchen will,
Such und säume nicht zu viel.
Wer nichts sagt und viel doch thut
Jst für Venerilla gut.

(82)
Asche und Kohle.

                   

Asch und Kohle sind Geschwister; Holz ist Mutter; Vater Feuer;
Asch ist Schwester, Kohle Bruder; beide sind es Ungeheuer:
Denn der Vater wie die Mutter ist alsbald durchaus verloren,
Wenn der Sohn und seine Schwester werden zu der Welt geboren.
Doch zur Rache kömmt der Wirbel, treibt die Tochter schnell davon,
Und des Vaters Bruder kömmt und vernichtet auch den Sohn.

(83)
Verstand und Zustand.

                   

Verstand, den jeder hat, hält jeder lieb und werth;
Der Zustand, den er hat, wird anders stets begehrt,
Da jener, wie mich dünkt, doch mehr als der, verkehrt.

(84)
Galgenstrafe.

                   

Jsts recht, daß man die Münze mit Münze wieder zahl',
Stiehlt den mit Recht ein Rabe, der wie ein Rabe stahl.

(85)
An einen Sternfreund.

                   

Sieh nicht am Himmel erst, wie vielen Jammer
Mars stiften wird. Sieh nur — in deiner Kammer.

(86)
Fürstenliebe.

                   

Große Herren lieben die, denen sie viel Wohlthat gaben,
Lieben selten die um sie sich gleich wohl verdienet haben:
Wollen, daß man ihre Güte solle stets mit Pflicht empfinden,
Wollen sich für fremdes Gute selbst hingegen nicht verbinden.

(87)
Hausstand.

                   

Viel erdulden, nichts verfechten;
Schaden leiden, doch nicht rechten;
Andre füllen, sich entleeren;
Lohnen, doch den Dienst entbehren;
Jmmer geben, nimmer nehmen;
Nimmer lachen, immer grämen;
Herrschen, gleichwohl dienen müssen;
Viel verwenden, nichts genießen;
Wenig haben, ofte geben;
Selbsten fallen, andre heben;
Kommt man bey so viel Geschäften
Dann von Gut, Blut, Mark und Kräften,
Wie der alte Hund den Knittel,
Dulden den Rebellentitel;
Das ist unser Hausstand heute.
Lobt ihn doch, ihr lieben Leute!

(88)
Beginnen.

                   

Fang alles an mit Wohlbedacht; führ alles mit Bestand:
Was drüber dir begegnen mag, da nimm Geduld zur Hand.

(89)
Schulden.

                   

Wer Schuld mit Schulden zahlt, thut selten alles gut;
Dem letzten, der ihm leiht, dem zahlt er mit dem Hut.

(90)
Hiobs Weib.

                   

Als der Satan gieng von Hiob, ist sein Anwald dennoch blieben,
Hiobs Weib; er hätte nimmer einen bessern aufgetrieben.

(91)
Auf Jungfer Nacktlieb.

                   

Cupinuda klagt gar schön
Ueber Vater Adams Fall:
»Welch ein Jammer überall!
»Niemand darf mehr nackend gehn!

(92)
Religion.

                   

Daß man mag in Haß und Neid wider seinen Nächsten leben,
Soll uns die Religion einen schönen Mantel geben?
Ehr mir Gott Religion, die zwar rein und heilig gläubet,
Jmmer aber Haß und Neid wider ihren Nächsten treibet!

(93)
Die Kunst.

                   

Wo hat die Kunst ihr Haus? Das Haus der Kunst ist rund;
Steht allenthalben so, daß Sonne drüber stund.

(94)
Von meinem Buche.

                   

Will der mein Buch nicht lieben,
Der Besseres geschrieben;
Will der mein Buch vernichten,
Der Mehrers konnte dichten:
So laß ich es geschehen!
Doch wird man auch wohl sehen,
Daß mancher etwas Aergers
Geschrieben, mancher Kärgers.

*


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