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Sechzehntes Kapitel.

Wiederfinden.

In dem bezeichneten Gasthof fand Heinrich den vorausgeschickten Diener, seiner harrend. Frank war in Unruhe über das Ausbleiben seines Herrn am gestrigen Abend, und dieser erzählte ihm sein gehabtes Abenteuer.

»Sie werden zugeben, gnädiger Herr, daß Sie auf einen solchen Vorfall nicht gefaßt waren! ... Ich bin überzeugt, der, den Sie gerettet, hegt reges Dankgefühl für Sie ... Aber gleichviel, will sein Verhängniß, daß er ermordet werde, so wird er ihm früher oder später nicht entgehen.«

Heinrich verließ Frank und sein Verhängniß, um in der Stadt umherzustreifen. Seit dem gestrigen Abenteuer waren seine düstern Gedanken völlig verflogen, und es blieb ihm von der Erinnerung an seine Reisen und tollen Streiche nur noch der feste Entschluß übrig, sich in Zukunft besser aufzuführen.

Während er so seine Tugendplane schmiedete, war er, anfangs ohne es zu gewahren, aus der Stadt gekommen; im Begriff aber, den Rückweg einzuschlagen, hört er hinter sich um Hülfe rufen; er dreht sich um und erblickt ein junges Frauenzimmer, sich gegen einen Soldaten sträubend, der sie wider ihren Willen mit fortziehen wollte. Er springt auf den Kriegsknecht zu, der in seiner Trunkenheit, beim Anrücken von Hülfe, seine Beute los läßt; Heinrich will nun der jungen Dame seine Dienste anbieten: aber wie soll ich seine Ueberraschung, sein Entzücken malen, als er in der Befreiten seine geliebte Pauline erkennt!

»Wie? Sie sind's mein Fräulein? ... – Sie, mein Herr? ...« war Alles, was sie sagen konnten, so sehr waren beide ergriffen. Heinrich bewunderte die Reize der Geliebten, welche sich seit ihrer Trennung noch mehr entfaltet hatten; auch Paulinen konnte nicht umhin, Heinrichs Freude und Verwirrung zu theilen.

»Ach, mein Herr,« sagte sie endlich, »wie sehr danke ich dem Himmel, daß er Sie zu so gelegener Zeit hersandte, um mich von der drohenden Gefahr zu befreien!« – » Mein Herr, mein Herr!« wiederholte Heinrich seufzend ... »ich bin also nicht mehr Heinrich für Sie? ... Sonst nannten Sie mich so; die Zeit hat Sie jene glücklichen Tage vergessen lassen, die ich an Ihrer Seite verlebte! Ach, Pauline! ... ach, mein Fräulein! ich habe also allein über eine so lange Trennung geseufzt, und somit hätte ich wohl Sie, nicht aber das Glück wiedergefunden? ... – Wie ungerecht sind Sie, Heinrich! ... Aber man hatte mir so oft wiederholt, daß Sie mich nicht liebten, mich vergessen hätten! ... Ihre lange Abwesenheit ... Ihr geringer Eifer, meinen Aufenthalt zu erfahren ... – Was sagen Sie, Pauline? Der Himmel ist mein Zeuge, daß ich seit unserer Trennung alles Ersinnliche that, Ihren Wohnort zu erforschen! – Ist's wirklich wahr, Heinrich? ... Ach! dieser Glaube ist mir Bedürfniß! Ihre Worte machen mir zu viel Freude, als daß ich daran zweifeln möchte.«

Unsere beiden Liebenden vergaßen über dem Wiedersehen, daß es noch etwas Anderes auf der Welt gebe als ihre Liebe. Pauline gewahrte zuerst, daß man sich trennen müsse.

»Jetzt müssen wir uns trennen, Heinrich: bei Ihnen vergesse ich, daß die gute Madame Reinhard meiner wartet und vielleicht besorgt ist wegen meiner langen Abwesenheit. – Wo wohnen Sie, Pauline? – In dem Hause dort unten am Stadtthore. Ich war allein ausgegangen, einige Einkäufe zu machen, denn Madame Reinhard ist krank, und unsere alte Dienerin konnte nicht von ihr weichen. – Und Ihr Vater? – Ist in diesem Augenblicke nicht in Straßburg; doch wird seine Abwesenheit nicht von langer Dauer sein. – Nun, wohlan! was steht im Wege, mich in Ihrem Hause vorzustellen? – Diesen Abend nicht, mein Freund; es ist zu spät, meine gute Mutter zu sehen: kommen Sie morgen, da haben wir Zeit, mit ihr zu reden.«

Nur mit Mühe willigte Heinrich in die Trennung von seiner theuern Pauline; aber die Hoffnung auf den andern Tag flößte ihm wieder Muth ein. Er begleitete seine Angebetete bis vor die Thüre ihrer Wohnung und schied nur mit dem Versprechen baldigen Wiedersehens.

Glück im Herzen, kehrte Heinrich nach seinem Gasthof zurück. Von der Rückkehr zum Vater war keine Rede mehr; seine Pauline beschäftigte all seine Gedanken, seine Liebe. Bei der Nachricht, sein Gebieter habe die Geliebte wiedergefunden, rief Frank: »Nun, da war's wohl der Mühe werth, gnädiger Herr, daß wir so weit herumreisten wegen einem Fräulein, das so nahe bei uns war! Aber es stand da oben geschrieben!«

Kaum graute der folgende Morgen, als Heinrich schon unter den Fenstern seiner Geliebten wartete. Man war im Monat November, wo es kalt zu werden anfing. Er ging vor dem Hause auf und ab, bis seine Schöne wach wäre; bald öffnete Pauline, die wahrscheinlich nicht viel geschlafen hatte, ihre Jalousien. – »Wie! Sie sind's, mein Freund, so früh! ... – Ach, theure Pauline! konnte ich fern von Ihnen schlafen? – Auch ich schlief nicht, wie Sie wohl sehen; doch gleichviel, es ist zu früh, Sie müssen gehen.– Ach, Pauline! Sie lieben mich also nicht? – Aber, lieber Freund, Madame Reinhard schlummert noch. – Und ich sterbe beinahe vor Kälte. – Sie können doch nicht eintreten. – Sie lassen mich lieber unter Ihrem Fenster erfrieren? ... – Böser! ... Wohlan denn! warten Sie, ich komme herab.«

Nicht lange, so öffnete Pauline. Wie reizend erschien sie in Heinrichs Augen! Ein einfaches Morgenkleid bedeckte ihren eleganten Wuchs; ihre nachlässig zurückgeschlagenen Haare beschatteten eine Stirne, den Sitz der Schamhaftigkeit; ihre süßschmachtenden Augen waren zu schüchtern, um auf denen ihres Geliebten zu ruhen: Alles an ihr flößte Liebe ein! Wie hätte Heinrich so viele Reize nicht verehren sollen? Unbeweglich blieb er vor dem Gegenstand seiner Bewunderung stehen; Pauline, die Ursache von Heinrichs Verwirrung wohl ahnend, erröthete vor Vergnügen. Wo ist das Mädchen, dem es entginge, welches Gefühl sie einflößt?

Sie führte ihren Geliebten in ein kleines Gesellschaftszimmer mit der Aussicht auf den Garten; dort erwarteten sie das Erwachen der Madame Reinhard. Die Zeit ward ihnen nicht lange; Liebende haben sich so vieles zu sagen! Heinrich erzählte Paulinen seine Reisen und die ihm aufgestoßenen Abenteuer, wobei er indeß über das hinwegschlüpfte, was für das Ohr seiner Geliebten nicht paßte. Gerne hätte Heinrich wissen mögen, wie es Paulinen während seiner Abwesenheit ergangen ... wo ihr Vater und welches der Grund seiner Reise wäre, so wie tausend andere Dinge, die ihn mit der Geburt seiner Geliebten und ihrer gegenwärtigen Lage bekannt gemacht hätten; aber er wagte nicht, zu fragen, und harrte lieber, bis die Zeit ihm ihr Vertrauen erwerben würde, als daß er neugierig oder mißtrauisch in ihren Augen hätte erscheinen mögen.

Endlich bemerkte Pauline, daß die Stunde gekommen sei, wo Diejenige, die Mutterstelle bei ihr vertrat, zum Frühstück aufzustehen pflegte. Sie flog zu Madame Reinhard, mit dem Versprechen, Heinrich bald zu holen. Während ihrer Abwesenheit beschäftigte sich dieser mit genauer Betrachtung der Wohnung seiner Freundin; Alles war so einfach als möglich ausgestattet und zeigte mehr guten Geschmack, als Reichthum an. »Ha! sie ist nicht glücklich,« sprach Heinrich bei sich selbst, »dessen bin ich gewiß, und sie hat nicht genug Vertrauen zu mir, um mir ihren Kummer mitzutheilen! ... Aber ich werde sie zum Vertrauen zu nöthigen wissen, ihre Leiden versüßen, und ohne ihren Stolz zu verletzen, das Mittel finden, den Reichthum mit ihr zu theilen, der nur darum einigen Werth in meinen Augen bat, weil er mir zur Bereitung einer sorgenfreieren Lage für sie förderlich sein kann!«

Was Heinrich seinen Reichthum nannte, war nichts Anderes, als das in Paris im Spiel gewonnene Geld, welches er, wie man sich erinnert, durchzubringen keine Zeit mehr gehabt hatte, weil er den zweitfolgenden Tag abgereist war.

Pauline zog ihn aus seinen Betrachtungen durch die Anzeige, daß ihn Madame Reinhard zum Frühstück erwarte. Er folgte seiner Freundin und fand die gute Dame beim Feuer sitzen. Heinrich ward durch die Veränderung, welche die Krankheit bei ihr hervorgebracht, sehr betroffen; die Blässe ihres Gesichts und ihre beinahe erloschene Stimme ließen ihn fürchten, sie möchte nicht mehr lange zu leben haben; allein er hütete sich wohl, seiner Pauline Gedanken mitzutheilen, welche ihren Kummer nur verdoppeln konnten.

Madame Reinhard empfing Heinrich aufs Schmeichelhafteste und voll Freude, ihn wiederzusehen. Das Frühstück war ziemlich heiter; Heinrich war bei seiner Pauline; was bedurfte er weiter zu seinem Glück? Wenn zufällig sein Fuß den ihrigen berührte, seine Hand auf der ihrigen ruhte, und er in ihren Augen die Verwirrung lesen konnte, die sie empfand, o! dann hätte er gegen alle Schätze der Welt die Wonne, bei seiner Geliebten zu sein, nicht vertauscht! Leicht erlangte er von Madame Reinhard die Erlaubniß, zuweilen ihre Einsamkeit zu theilen; zuweilen! das hieß täglich, unsere Liebenden wenigstens verstanden es so. Pauline gestand Heinrich, daß sie seit seiner Abwesenheit die Musik sehr vernachlässigt habe, er versprach ihr, noch am Abend eine Sammlung der neuesten und schönsten Stücke zu überbringen; Pauline drückte ihm sanft die Hand; Madame Reinhard dankte ihm zum Voraus für die Freude, die er ihrer geliebten Tochter bereiten wollte, und Heinrich ging, um sein Versprechen zu erfüllen.

Ein Monat verfloß, wahrend dessen unser Held jeden Morgen und jeden Abend bei seiner Geliebten zubrachte. Man hatte sich so sehr daran gewöhnt, daß, wenn er zu seiner gewöhnlichen Stunde bei Madame Reinhard nicht erschien, er seine Pauline in Unruhe fand, wie sie, traurig durch das Fenster blickend, seiner harrte. Heinrich schwamm in Seligkeit; von seiner Freundin war er geliebt, Pauline versuchte nicht mehr, ihm ihre Liebe zu verbergen, und wenn sie es auch gewollt hätte, würde nicht jedes Wort, jede Bewegung verrathen haben, was in ihrem Herzen vorging? Madame Reinhard selbst behandelte Heinrich wie ihren Sohn und fühlte die zärtlichste Freundschaft für ihn. Aber auch er war nicht mehr jener ungestüme, aufbrausende Jüngling, jener Leichtsinn, Spieler und Sausewind; seine Liebe für Pauline hatte alle seine Gefühle verändert, denn eine tugendhafte Leidenschaft allein vermag alle anderen Leidenschaften zu bezähmen.

Doch nicht lange, so gewahrte er, daß seine Pauline an irgend einem geheimen Grame leide; Madame Reinhard selbst schien oft traurig und nachdenklich. Heinrich sah mit Schmerz, wie die Gesundheit dieser guten Dame von Tag zu Tag mehr dahinschwand. Er erblickte für seine Pauline tausend Gefahren, tausend Verlegenheiten, wenn ihre Pflegemutter starb. Vergebens drang er in seine Geliebte, ihm ihren Kummer zu gestehen, ihre Sorgen und Unruhe anzuvertrauen; stets vermied sie es, eine Frage zu berühren, welche ihren Schmerz zu vermehren schien.

Als sich Heinrich eines Tages, nach seiner Gewohnheit zu der Geliebten begab, erschrak er, wie er beim Oeffnen sie alte Dienerin bitterlich weinen sah. »Was ist denn geschehen?« rief er alsbald aus. – »Ach, Herr! meine gute Gebieterin ist sehr übel auf und hat, wie ich glaube, nur noch wenige Augenblicke zu leben.«

Heinrich fliegt ungesäumt nach dem Krankenzimmer, wo er seine theure Pauline am Bette der Madame Reinhard, in Thränen gebadet, fand. Diese letztere, obgleich schwach und am Rande des Grabes, empfängt Heinrich mit sanftem Lächeln und richtet mit beinahe erloschener Stimme folgende Worte an ihn:

»Ich erwartete Sie mit Ungeduld, mein lieber Heinrich; Ihnen übergebe ich meine geliebte Tochter, Ihnen trage ich auf, ihr Trost zu sein. Ich las in Ihrer Seele, welches Gefühl Sie für dieselbe hegen; Pauline erwidert es: seiet daher vereint und verlasset einander nie!«

Heinrich drückte Pauline in seine Arme, gelobend, sich nie von ihr zu trennen; seine Freundin hatte keine Kraft, zu antworten, so sehr war sie vom Schmerz niedergebeugt. Madame Reinhard überwand ihre Schwäche und fuhr folgendermaßen fort: »Sie waren gewiß über das geheimnißvolle Wesen verwundert, lieber Heinrich, welches alle Handlungen von Paulinens Vater zu umhüllen scheint; Sie kennen diesen tugendhaften Mann nicht! ... Wenn Sie seine Unglücksfälle vernehmen, werden Sie sein Betragen nicht mehr verdammen. Ich habe meine Pauline beauftragt, Sie von Allem zu unterrichten: die Zeit ist nicht mehr, Ihnen irgend etwas zu verbergen, und in Sie allein soll sie ihre ganze Hoffnung setzen.«

Hier verfiel Madame Reinhard nach solcher Anstrengung in eine Schwäche, den Vorboten ihres nahen Todes. Heinrich und Pauline umfingen sie mit ihren Armen; sie schlug die Augen noch einmal auf, ergriff die Hand ihrer Pflegetochter, legte sie in die Heinrichs und entschlief zum ewigen Frieden.

Heinrich beeilte sich, seine Freundin dieser Schmerzenscene zu entreißen; in seinen Armen trug er sie nach ihrem Zimmer. Dort suchte er nicht, ihren Schmerz zu mäßigen, sondern er beweinte mit ihr die achtungswerthe Verblichene – der beste Trost, den er ihr bieten konnte.

Als nach einigen Tagen Paulinens Schmerz in etwas gestillt war, wagte Heinrich die Bitte um die versprochene Mittheilung. Pauline kam seinen Wünschen nach: sie unterrichtete ihn von der Ursache der Abwesenheit ihres Vaters und den Beweggründen seiner häufigen Reisen.

Da Heinrich hieraus entnahm, daß das lange Ausbleiben desselben an ihrer Unruhe Schuld sei, entschloß er sich, nach Paris zu reisen, um Denjenigen dort auszukundschaften, für den er sich so lebhaft interessirte. Er reiste daher ab, mit Zurücklassung Frank's, als Wächter für die Sicherheit seiner Freundin, und begleitet von den heißesten Wünschen Paulinens für den glücklichen Erfolg seiner Reise.

Wir wissen, daß um diese, Zeit der Oberst Framberg und Müller mit der Hoffnung in Straßburg eintrafen, Heinrich dort aufzufinden; dieser war eben nach Paris abgereist, wohin sie ihm folgten. Aber unser junger Mann war nicht glücklich in seinen Nachforschungen; er durchstreifte die Hauptstadt nach allen Richtungen, ohne eine Spur von dem Gesuchten entdecken zu können. Des vielen vergeblichen Umherrennens endlich müde und von dem Wunsche getrieben, seine Pauline wiederzusehen, kehrte er nach Straßburg zurück, stets verfolgt vom Oberst und Müller, welche ihn, ohne den ihnen im Walde zugestoßenen Unfall unfehlbar eingeholt hätten.

Heinrich fand seine Pauline mit der lebhaftesten Ungeduld seiner harrend. Sie eilte ihm entgegen, so wie sie ihn erblickte, »Nun denn, mein Freund! welche Nachricht? – Gar keine, Theuerste! ... – Wie? mein Vater ... – Ich konnte nichts über sein Schicksal erfahren. – Wie unglücklich bin ich! ... Es ist also aus! ich soll ihn nicht wiedersehen! ... Ich habe Niemand mehr auf Erden, der sich einer unglücklichen Waise erbarmte! ... – Was sagst Du?« rief Heinrich mit Heftigkeit; »Du hast Niemand mehr auf Erden? Ha! bin ich nicht Dein Geliebter ... Dein Gatte? ... – Ach, Heinrich! seit Du fort warst, habe ich nachgedacht und gefunden, daß ich auf dieses Glück keinen Anspruch machen darf! ... Ich! ... eine Waise, ohne Namen, ohne Vermögen, sollte die Gemahlin des Grafen von Framberg werden! ... Ach! ich sehe nur zu gut, welche Kluft uns trennt! ... – Bist wirklich Du es, Pauline, die ich so sprechen höre? ... Mit einem einzigen Wort kann ich Dich Deines Irrthums überführen. Sage mir, wenn der Zufall Dich reicher gemacht hätte als mich, würdest Du mich darum verlassen haben? ... – Mein Freund, das ist ein großer Unterschied! ...– Nein, Pauline! ich werde nicht so übermüthig sein, Reichthümer der Tugend und Schönheit vorzuziehen. Du wirst meine Gattin; die gute Madame Reinhard hat unser Gelübde gesegnet, und Du hast kein Recht mehr, Dich meinem Glück zu widersetzen.«

Was konnte Pauline antworten? Sie betete Heinrich an; sie unterließ es, seinen Bitten zu widerstehen und willigte endlich ein, seine Gattin zu werden.

Sobald Heinrich diese Einwilligung erlangt hatte, dachte er auf Beschleunigung seiner Hochzeit. Er brannte vor Verlangen, seine Pauline dem Oberst vorzustellen. »So wie Dich mein Vater sieht,« sprach er zu ihr, »wird er meine Wahl nur billigen können. – Wenn es aber nicht der Fall wäre, mein Freund! Wenn er unsere Bande bräche! ... – Nein, liebe Pauline! ... Du kennst meinen Vater nicht! er ist rauh, aber gut und gefühlvoll. Ueberdies braucht er Dich nur zu sehen, um Dich zu lieben ...« Pauline lächelte und fing an zu hoffen.

Heinrich machte alsbald die Vorbereitungen zu seiner Vermählung. Frank ward aufgegeben, einen Notar und einen Priester zu bestellen, und Heinrich erlangte von Paulinen die Erlaubniß, sie bis dahin nicht mehr verlassen zu dürfen. Er ließ daher sein Gepäcke aus seinem Gasthof abholen und bezog die Gemächer der Madame Reinhard.

Frank vollzog pünktlich die Befehle seines Herrn, und als dieser eines Abends neben seiner Pauline saß, meldete er ihnen, daß der Notar am andern Morgen den Heirathscontract bringen werde. Heinrich hüpfte vor Freude bei dieser Nachricht, Pauline theilte sein Entzücken und Frank war glücklich in dem Glück seines Herrn.

»Wahrlich, gnädiger Herr!« sprach er zu ihm, »ich war so vergnügt, meine Aufgabe gelöst zu haben, daß ich in ein Caféhaus trat, um eine Flasche zur Feier Ihrer bevorstehenden Vermählung zu leeren.«

Heinrich umarmte Frank und die alte Dienerin; er hätte im Ausbruch seines Entzückens die ganze Welt umarmt. Pauline theilte seine Glückseligkeit, und mit Gedanken an den andern Tag trennte man sich.

Arme Kinder! ... Ihr überlasset Euch dem Schlafe, indem Ihr Euch tausend Trugbilder für die Zukunft schafft! und Ihr bedenket nicht mit Frank, wie bizarr das Verhängniß ist, und daß es uns im Augenblick, wo wir es am wenigsten vermuthen, die härtesten Schläge versetzt.


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