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Sechstes Kapitel.

Das Pachthaus und der Heuboden.

Auf solche Weise verging die Jugend unseres Helden, und dieser erreichte das Alter von fünfzehn Jahren, indem er fortwährend alle Schloßbewohner neckte und ärgerte. Aber er ritt vortrefflich, schlug sich beinahe eben so gut, als sein Lehrer, der bei seinem Schnurrbart schwur, daß ihm sein Zögling Ehre machen werde.

Mit fünfzehn Jahren hatte Heinrich das Aussehen eines Mannes, und die Leidenschaften mußten sich bei ihm eben so frühzeitig, als der Körper entwickeln; er war groß, wohlgebaut, von edlen und angenehmen Gesichtszügen, eben so schnell, sich über einen Fehler zu entschuldigen, als leichtsinnig, ihn zu begehen; er war außerdem brav, menschlich, gefühlvoll, aber aufbrausend, jähzornig, ungestüm in seinen Wünschen, barsch in seinen Handlungen und kannte keine Grenze, keine Mäßigung. Mit einem solchen Charakter und von Müller geleitet, konnte es nicht fehlen, daß er zu guten und schlimmen Bemerkungen über sich Veranlassung gab.

Der Aufenthalt auf Schloß Framberg fing an, unserem Jüngling sehr langweilig zu werden, da Reiselust und das Verlangen, die Welt kennen zu lernen, in ihm aufloderte. Jeden Tag machte ihm Müller Hoffnung, daß der Oberst eintreffen und sich alsdann seine Lebensweise ändern werde; aber die Zeit verstrich und der Oberst kam nicht.

Heinrich, müde, im Schloßraum umherzureiten, dehnte seit einiger Zeit seine Spaziergänge ins Freie aus und kam nicht bälder zurück, als bis Mattigkeit oder Bedürfniß ihn zur Ruhe zwang. Müller, nicht mehr in dem Alter, wo es Vergnügen macht, sich lahm zu rennen, ließ seinen Zögling zuweilen diese fernen Promenaden allein unternehmen, mit dem Beding jedoch, daß er stets vor Einbruch der Nacht wiederkomme.

Eines Tages war er wie gewöhnlich aufgebrochen, aber die Stunde seiner Zurückkunft verstrich, ohne daß er wieder im Schlosse erschien. Müller, im Begriff, mit Bethmann eine Flasche alten Rum zu leeren, gewahrte anfangs Heinrichs Abwesenheit nicht; als indeß die Nacht etwas vorgerückt war, fragte er, ob der Herr Graf zurück sei, und man antwortete ihm mit Nein. Nun fing er an, etwas unruhig zu werden, aber er vermuthete, Heinrich werde sich weiter, als er zu thun pflegte, entfernt und nicht vorausgesehen haben, daß ihn die Nacht, ehe er aufs Schloß gelange, überfallen würde.

Doch die Zeit verstrich: die Mitternachtsstunde schlug und Heinrich kam nicht wieder. Da Müller seiner Ungeduld und der Furcht, es möchte seinem theuern Zögling irgend ein Unglück zugestoßen sein, nicht mehr Herr werden konnte, ließ er ein Pferd satteln, schwang sich hinauf und befahl den übrigen Dienern, sogleich auf verschiedenen Wegen zur Aufsuchung ihres jungen Herrn abzugehen.

Die Nacht war finster: Müller ließ sein Pferd den ersten besten Weg einschlagen, ermangelte jedoch nicht, ihm auf eine Weise zuzusetzen, daß es nicht einschlief. Nachdem er ziemlich lange fortgaloppirt war, ohne auf ein lebendiges Wesen zu stoßen, sah er endlich in der Entfernung einen kleinen Lichtschimmer: alsbald ritt er darauf zu, in der Hoffnung, hier einmal etwas über den Gegenstand seiner Nachforschungen zu erfahren.

Das von Müller erblickte Licht kam aus einem inmitten der Felder gelegenen Pachthofe. Müller pochte ungestüm an die Thüre, eine starke Bulldogge läßt sich hören und verbreitet Lärm im ganzen Hause. »Wer klopft so?« fragt eine rauhe Stimme im untern Stocke. – »Nun, mach auf, Lümmel, und man wird's Dir sagen. – Um diese Zeit aufmachen? ... ei doch ! seht einmal den Pfiffikus, der glaubt, man lasse nur so mir nichts Dir nichts die Diebe herein! ... – Wen nennst Du Dieb? Wisse, Hundsfott, daß Dir ein alter Feldwebel, der Lehrer des Sohns des Obersten Framberg, die Ehre eines Besuchs erweist. – Ja! ... geh! ich werde mich durch solche Schnurrpfeifereien anführen lassen! ... – He, willst Du öffnen? oder ich haue mit meinem Säbel das Schloß voneinander. – Ah! er ist bewaffnet! ... Holla, Cäsar! Castor! herbei, zu Hülfe! packt mir diesen Schurken da! ...« Mit diesen Worten öffnet der Pächter die Hofthüre und läßt zwei Bulldoggen los, welche über Müller herfallen; dieser, wüthend darüber, daß der Bauer nicht mehr Respekt vor seinen Titeln und Aemtern hat, sprengt zu Pferd in den Hof, haut dem ersten ihm in den Weg kommenden Hund mit seinem Säbel den Kopf ab, stürzt nach dem Gemach, worin der Pächter war, und sucht Denjenigen auf, an dem er seine Rache nehmen will. Dieser aber, von Furcht ergriffen, wie er sieht, mit welchem Teufel er es zu thun hat, ergreift die Flucht, um seine Hofknechte und das ganze Haus zu wecken. Müllern kann nichts aufhalten, er rennt eine Treppe hinan, dann eine andere und kommt endlich auf den Heuboden. Die Thüre war verriegelt. Vermuthend, daß sich sein Mann hieher geflüchtet habe, sprengt er sie, tritt ein, schließt wieder fest zu und beschäftigt sich durch Umhertasten mit Untersuchung des Orts.

Die tiefste Stille herrschte hier; indeß glaubte Müller beim Umdrehen der Heubündel Jemand athmen zu hören; er geht vorwärts, fühlte sachte ringsumher und bleibt ganz erstaunt, als er unter seiner Hand völlig weibliche Formen fühlt. Er fährt in seinem Betasten fort, man rührt sich nicht; was er befühlt, läßt ihn wohl ahnen, was er nicht sieht; und von der Hitze seines Treibens beseelt, beginnt Müller sich an der Frau des Pächters für den Schimpf zu rächen, den dieser ihm zugefügt.

Wie aber kam die Pächterin hieher, statt ruhig in ihrem Bett zu schlafen? ... Es wird gut sein, dies dem Leser mitzutheilen.

Der Pächter war ein handfester, wohlbeleibter Mann, der seiner Zeit wohl sein Geld werth sein mochte; aber er war nicht mehr jung, und die Pächterin, ein Weib von heiterem Wesen und rüstiger Leibesbeschaffenheit, fand, daß ihr Mann seit einiger Zeit zu nichts mehr gut war, als die Leitung des Pachtguts zu besorgen; deßhalb hatte sie es passend gefunden, ihm seinen Oberknecht zu adjungiren, einen jungen Kerl, der viel versprach und dem Pächter seine eheliche Funktionen erleichterte.

Zu diesem Behuf begab sie sich alle Abende auf den Heuboden, während sich ihr Mann unten mit seinen Tagesrechnungen beschäftigte, und der Oberknecht seinerseits fand sich pünktlich ein. Sie waren also beide hier oben, und im Feuer ihres Zwiesprachs hatten sie den zwischen Müller und dem Pächter stattgehabten Streit nicht gehört. Erst im Augenblick, wo dieser seine Hunde losließ, machte der Knecht seiner Gefährtin bemerklich, daß unten etwas vorgehe. Die Pächterin war der Meinung, man solle wegen solcher Kleinigkeit sich nicht stören lassen; aber der junge Mensch hatte keine Lust, von seinem Vorgesetzten überrascht zu werden, ließ seine Schöne allein, um zu sehen, was es gebe. Es scheint, daß Müller sich nachdrücklich rächte, und die Pächterin Vergnügen daran fand, für ihren Mann zu leiden, denn unser Husar war noch weiter im Begriff, seinen Zorn auszulassen, als das Geräusch mehrerer Männertritte von der Treppe her die Aufmerksamkeit der Pächterin, welche mit ihrer Nacht ziemlich zufrieden sein durfte, erregte. »Da ist er,« sagte der Pächter zu seinen Knechten, »ich weiß gewiß! ... Großhanns, halte Deine Heugabel vor; und Du, Peter, packst ihn mitten um den Leib.«

Aber Peter, der in Frage stehende Knecht, befürchtete, man möchte die Pächterin auf dem Boden finden; er versicherte daher seinen Herrn, der Dieb sei nicht da, er habe ihn in den Keller springen sehen. »Einerlei,« entgegnete der Pächter, der den Tod seines Hundes auf dem Herzen hatte, »laßt uns immerhin eintreten, und wenn er nicht da ist, können wir nachher noch ebenso gut anderswo suchen.« Damit hob er an, mit Heugabel und Besen an der Thüre zu wettern. Die Pächterin, die Stimme ihres Mannes erkennend, forderte Müller, für welchen sie die zärtlichste Theilnahme hegte, auf, er solle sich unverzüglich retten, wenn er nicht von ihrem Manne erwürgt werden wolle. Müller, dessen Sinne durch die genommene Rache etwas abgekühlt waren, wünschte nichts weiter, als zu entkommen, da er mit Recht dachte, daß er mit all seiner Tapferkeit nichts gegen die zu bekämpfende Ueberzahl vermöge; aber wo hinaus? Der Heuboden hatte keinen andern Ausgang, als die bereits besagte Thüre und ein auf den Hof gehendes Fenster: hinausspringen, hieß einer Gefahr ausweichen, um in eine andere zu fallen; sich unter den Heubündeln verbergen, ebenso; man würde nicht ermangeln, sie zu durchsuchen : was also thun? ... Sich aus dieser Sache zu ziehen, brauchte man Geistesgegenwart: die Pächterin fand das Mittel.

»Ei wie! ...« rief sie aus, »Mann, Du bist da! ... – Schaut, beim Teufel! das ist Catharine! Was machst denn Du hier? – Potz Henker, das ist ganz einfach, als ich den Spektakel drunten hörte, hab' ich mich aus Furcht vor den Dieben auf den Heuboden geflüchtet ... – Der Schurke, den wir suchen, ist also nicht da? – Potz Velten, wäre ich so ruhig geblieben, wenn er hier wäre, ja freilich! ... Aber warte, ich will Dir aufmachen, dann siehst Du selbst ...«

Hiemit ließ sie Müller sich verstecken und öffnete die Thüre. »Meiner Seel, es ist ganz unnöthig, daß ich herumsehe, weil Du da warst! ... – Wenn ich Euch sage, Herr, daß ich ihn habe nach dem Keller springen sehen,« fiel Peter ein. – »Nun gut! meine Kinder, wir wollen Alle hinab, ich nehme meinen Stutzer und, beim Teufel! er soll eine schlechte Viertelstunde haben!« Nach diesen Worten ging der ganze Troß die Treppe hinab, um den Keller zu durchsuchen; und Müller, der hinter ihnen her schlich, gewann den Hof, fand dort sein Pferd, schwang sich hinauf und sprengte in sausendem Galopp davon.

Da der Tag zu grauen begann, dachte Müller, er werde wohl daran thun, wenn er aufs Schloß zurückreite, um nachzusehen, ob Heinrich während seiner Abwesenheit nicht zurückgekehrt sei. Bereits erkannte er in der Entfernung die Thürme des Schlosses Framberg, als er Pferdegetrappel vernahm; er stand still, blickte um sich und sah Heinrich ganz ruhig auf seinen Lehrer zutraben.

»Ah: da seid Ihr doch einmal, mein Herr! ... endlich finde ich Euch wieder ... Das ist meiner Treu eine saubere Stunde zum Nachhausekommen! Und Du selbst, lieber Müller, woher kommst denn Du? ... Ha! ha! ha! ... wie Du aussiehst! ... Wohin bist Du gerathen, Freund, daß man Dich in solchen Zustand versetzte?« Müller, der noch keine Zeit gehabt hatte, sich wieder in Ordnung zu bringen, war wirklich vom Kopf bis zu Fuß mit Heu überzogen.

»Woher ich komme, mein Herr? Donnerwetter! Ihr seid Schuld, daß ich, Euch nacheilend, in schöne Geschichten gerathen bin; ich brach in ein Haus ein, tödtete die Hunde, prügelte den Pächter und ... kurz einen Augenblick später wäre ich erwürgt worden ohne das Mitleid einer Frau, die mich allem Anschein nach für zu jung zum Sterben hielt und mir die Mittel zum Entkommen verschaffte. – Ach! mein guter Müller! wie leid thut mir's, daß ich daran Schuld bin! ... Aber warum setztest Du Dir auch in den Kopf, mir nachzurennen? Ich bin kein Kind mehr und groß genug zum Alleingehen. – Ho! ho! welch stolzer Mann! ... ich möchte wohl auch wissen, wie Ihr Euch an meiner Stelle aus der Patsche gezogen hättet! ... doch darum handelt's sich jetzt nicht. Hoffentlich werdet Ihr mir jetzt sagen, junger Herr, was Ihr seit gestern gemacht habt? – Ja, mein Freund, Du sollst Alles erfahren und selbst sehen, daß ich nicht Unrecht hatte. – Daran zweifle ich sehr. Doch gleichviel, sprecht! – Du magst also wissen, daß, nachdem ich lange Zeit im Freien umhergestreift war, ich fern vom Schlosse von der Nacht überfallen wurde; ungewiß des einzuschlagenden Weges, wendete ich mich an einen Bauern, durch den ich erfuhr, daß ich nur noch zwei Stunden von Offenburg entfernt sei. Demnach hatte ich mehr als sechs Stunden zurückgelegt. Kehrte ich um, so konnte ich mich verirren, ich hielt es für klüger, die Nacht in der Stadt zuzubringen. Der Bauer zeigte mir den Weg dahin. Aber noch hatte ich keine Viertelstunde gemacht, als ich ein kleines Haus von einfachem, doch angenehmem Aeußern erblickte: ich komme näher; o Ueberraschung! ... melodische Töne schlugen an mein Ohr; eine Göttermusik läßt sich vernehmen, gegen eine Stunde bleibe ich unbeweglich vor dieser Wohnung, einer Stimme lauschend, die bis in mein Herz drang! – Ah ! Teufel! – Durch Neugier, oder vielmehr ein geheimes, mich beherrschendes Gefühl getrieben, beschloß ich endlich, die Person kennen zu lernen, welche so süße Empfindungen in meinem Herzen erregte! ... Ich klopfe, eine alte Dienerin öffnet mir; ich verlange die Herrin des Hauses zu sprechen; sie führt mich in einen kleinen Salon; eine Dame von reifem Alter war mit Lesen beschäftigt und neben ihr ... ach! mein Freund! ... wie vermöchte ich das Vollkommenste zu schildern, was der Erdkreis umschließt! ... das Schönste, was die Natur hervorgebracht, kurz einen Engel! ... – Und dieser Engel musicirte? – Ja, mein Freund; die Person, die ich gehört, war es. Bei meiner Annäherung schwieg sie; die ältliche Dame stand auf und fragte mich, was ihr die Ehre meines Besuchs verschaffe. Ich nannte meinen Namen und erzählte, wie ich unvermerkt vom Wege abgekommen sei. Beim Namen des Grafen von Framberg sah ich ein wohlwollendes Lächeln ihre Züge beleben. – Beim Henker! das glaub ich wohl! – Sie machte mir das Anerbieten, den Anbruch des Tages in ihrem Hause abzuwarten. Ich drückte ihr meine Befürchtung aus, sie zu beunruhigen. – Und doch bliebt Ihr? – Gewiß! ... Ich nahm neben den Damen Platz; bald war das Gespräch im Gang; die junge Person schien schüchtern und zurückhaltend; aber die ältere, etwas geschwätzige Dame theilte mir mit, daß sie seit etwa zwölf Jahren dieses Häuschen bewohnen, Niemand bei sich sähen, weil der Vater Paulinens (der Name des jungen Frauenzimmers) die Gesellschaft nicht liebe; daß derselbe wichtiger Angelegenheiten halber seit einiger Zeit abwesend sei, und sie mit Ungeduld auf seine Rückkehr harrten, welche sie belehren solle, ob der Zweck seiner Reise erfüllt sei. – O! o! welche Geheimnißkrämerei! ... Endlich? – Endlich, mein Freund, verging die Nacht unter solchem Gespräch. So wie ich sah, daß der Tag graute, erhob ich mich, und bat die Damen um Entschuldigung, daß ich sie so lange hingehalten habe ... – Weiter? – Ich bat um die Erlaubniß, sie zuweilen in ihrer Einsamkeit stören zu dürfen; anfangs machte die gute Frau einige Schwierigkeiten ... – Ihr hättet derselben sagen sollen, daß Ihr mein Zögling seid. – Am Ende aber willigte sie ein, mich manchmal zu empfangen, damit ich die Einsamkeit ihrer theuren Pauline etwas erheitere, und weil sie dachte, der Sohn des Obersten Framberg werde dieses Vorzugs würdig sein. Meine Freude war unbeschreiblich! Der jungen Person schien der Entschluß ihrer Pflegemutter nicht unangenehm zu sein, und ich schied mit der Hoffnung, Diejenige bald wieder zu sehen, welche von nun an all meine Gedanken erfüllen wird! ... – Sehr schön, mein Herr; da wäret Ihr also nun verliebt mit sechzehn Jahren! ... – O! für das Leben, Müller! ... – Ihr habt die Weisheitslehren, die ich Euch gab, sauber benützt! ... Glaubt mir, laßt Eure neue Leidenschaft fahren, die Euch vielmehr zu entsetzlichen Dummheiten verleiten wird, wenn ich nicht Acht darauf habe ... – Denke nicht daran, Müller, daß ich dieses anbetungswürdige Fräulein vergesse, für das ich jetzt schon mein Leben hingäbe! ... Du hast also nie geliebt? – Verzeihung, mein Herr; ich liebte den Ruhm, den Wein und die Weiber; die letzteren indeß stets nur mit Mäßigung, und ich war immer bemüht, jenen heftigen Leidenschaften auszuweichen, die uns von unsern Pflichten abziehen, uns das Leben eines Don Quixote führen lassen und das Ansehen eines Dummkopfs geben! ... Glaubt mir, nur auf diese Weise ist man glücklich und nicht, wenn man sich den Kopf mit Trugbildern füllt, die nie zur Wirklichkeit werden! ... – Trotz aller Deiner schönen Reden und Deiner Moral, die mir sonst sehr wichtig ist, werde ich doch nicht von dem Glauben lassen, lieber Müller, daß die wahre Liebe das einzige Glück auf Erden ist, und was liegt mir daran, ob es ein Traumbild? wenn es uns nur glücklich macht! – Nun, ich sehe wohl, ich würde Euch umsonst zurechtweisen und verzichte darauf; doch wünschte ich mindestens, daß der Gegenstand Eures Liebesschwindels desselben würdig wäre und Ihr Euch nicht wie ein Neuling in der Liebe einer Abenteurerin in die Arme würfet! ... – Ha, Müller, hüte Dich, die zu beschimpfen, die ich liebe! – Aber wißt Ihr auch nur den Namen ihres Vaters? – Gewiß; er heißt Christiern. – Christiern! Diesen Namen da hab ich nie auf dem Schlachtfelde gehört! ... – Und doch ist er Soldat. – Soldat! sehr glücklich. – Du siehst also, es sind Damen ... – Ich sehe ... ich sehe, daß wir hier am Schlosse sind und es Zeit ist, sich ins Bett zu legen, wahrlich, mein Herr, Ihr laßt mich da ein hübsches Leben führen! ... Ein Feldwebel sich ins Bett legen, wenn Jedermann aufsteht! ... – Wer hindert Dich, aufzubleiben? – Ich bin kreuzlahm, weil ich die ganze Nacht hindurch umhergaloppirte! – Und vielleicht auch, weil Du so viel auf dem Heu herumgerutscht bist,« setzte Heinrich lächelnd hinzu.

Hier biß sich Müller in die Lippen und ging nach seinem Zimmer, aus Furcht, die Reihe, Lehren zu geben, möchte an seinem Zöglinge sein.


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