Adam Karrillon
Die Mühle zu Husterloh
Adam Karrillon

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30. Kapitel

Vater Höhrle hatte keine gute Nacht. Aus den weichen Armen seiner Kinder war er in die eisernen Kneipzangen der Dame Reue gefallen. In allen Verlusten des Niederganges hatte er sich seither ein gutes Gewissen bewahrt, nun war auch das dahin. Stunden, die von der Ewigkeit bereits verschlungen waren, wurden wieder hervorgewürgt und führten aus dem Acheron Gestalten mit sich, die drohend vor Vater Höhrle hintraten. Des Wachsens und Vergehens der Hydraköpfe war kein Ende. So erlebte er die jüngst entschwundenen Tage immer und immer wieder mit dem gleichen qualvollen Frage- und Antwortspiel.

Welcher Dämon konnte ihn verleiten, mit dem plumpen Fabrikat eines Odenwälder Dorfschusters das schlüpfrige Parquett eines Spielsaales zu betreten? Wo hatte er nur den Mut hergenommen, unter dem verlogenen Reichtum eines überladenen Plafonds dieser Lasterhöhle zu weilen? Warum war er nicht geflohen, als ihm das Spiegelglas der Wände mitten unter dem Pomp der aufgeputzten Halbwelt die mitleiderregende Karikatur eines Menschen, das Bild eines armen verschrumpften Bäuerleins, sein Bild, zeigte? 319 Sich selber, sein gutes Gewissen, sein Geld und mit ihm die Möglichkeit, seinem Sohne eine Existenz zu gründen, hätte er da noch retten können. Nun war's zu spät. Der Erlös für seinen schönen Wald war aus kleinen goldenen Rädern über das grüne Tuch des Spieltisches gerollt und verschwunden in einem Abgrund, aus dem er wenigstens ihn nicht mehr herausholen konnte. Als kleiner Mann war er vor die rollenden Kugeln des Zufalls getreten, als Bettler mußte er ihrem falschen Spiel den Rücken kehren. O, welch' ein himmelweiter Unterschied zwischen dem Bettler und dem, der sich mit Selbstbewußtsein noch einen kleinen Mann nennen kann. Vater Höhrle war vor sich selber zu einem Nichts herabgesunken. Die Glut der Reue, die ihm den Busen entflammte, ließ sich nicht mit dem Bächlein feuchter Trostgründe löschen, sie verlangte einen Strom, der sie erstickte, und den Herd, auf dem sie brannte. Diesen Strom hatte er vorgestern gesucht, er war dem Rhein zugelaufen, wie ein Trunkener, und die Leute, die ihm begegneten, blieben stehen und schüttelten die Köpfe. Er achtete dessen nicht. Er lief nur immer zu. Einmal mußte doch der Fluß kommen, der es übernahm, seine Leiche fortzutragen, weit fort an ein Gestade, wo niemand den toten Höhrle kannte und seine Schuld. Er lief und lief, aber der Strom kam nicht. Er lief in ein Gewühl von Menschen hinein, über deren unsinniges Rennen die Gaslaternen mit breiten Gesichtern lachten. Dann kam eine ruhige, finstere Straße, wo niemand sein Begleiter war, als die nagenden, bohrenden Gewissensbisse, denen er durch rasches Laufen zu entfliehen 320 suchte. Da, mit einem Male lief er mit der Stirne wider einen dunklen Gegenstand. Es war ein Totenwagen, der die Leiche eines Juden nach einem fernen Kirchhof brachte, wo der Sohn Abrahams seinesgleichen fand und mit ihnen dem großen Auferstehungstage entgegenschlummern konnte.

In Vater Höhrle erwachte die Vision, daß er der sei, der im Kasten liege, und daß ein anderer dahinter hergehe, wo er jetzt schritt.

»Gut, daß er tot ist,« sagte der letztere, und der wirklich Tote lachte heimlich und sagte: »Mit dir tausche ich noch lange nicht. Lauf dir nur die Füße wund, mir tut sicher kein Knochen mehr weh.«

So genoß der geängstete Mann die süße Wonne des Totseins, die bei uns Glücklichen kaum einer versteht, bis der Tag kam, und eine Schar schwarz gekleideter Menschen brachte, die mit zerrissenen Rockkragen den Totenwagen erwarteten. Jetzt merkte Vater Höhrle, daß es nichts sei mit seiner Vorstellung von einem Schweben hoch über dem Guten und Bösen. Die Leute sahen ihn verwundert, fast vorwurfsvoll an, und er drückte sich seitwärts in einen Feldweg hinein, lief und lief, bis er ermüdet bei einer Brücke niedersank und in des Schlafes Armen seinen süßen Traum vom Totsein weiter spann, bis ihn der Postphilipp fand und aufrüttelte in die schier unerträgliche Wirklichkeit der Dinge.

Während derart die schlaflosen Stunden der Nacht ein Schreckbild nach dem anderen vor Vater Höhrles Seele führten, stand der Mühlbaschel mit verhaltenem Atem vor 321 der Kammertür und lauschte auf jedes Geräusch, das von des Alten Lager kam.

»Da drinnen in der Kammer könnte ein Gedanke zur Tat reifen, die ich verhindern muß.« Das sagte sich Sebastian Stallmann, und deshalb stand er auf seinem Posten, bis er Susens Pantoffel in der Küche schlürfen hörte. Dann schlich er davon und setzte sich vorm Hause auf die Schnitzelbank. Er hatte vor, ein paar Stück Hölzer zu schärfen, weil er die zerbrochene Riegelwand der Mühle flicken wollte.

Da kam Mordche Rimbach vorüber und fragte: »Bist du im Dienst des Kaspar Rauschkolb, daß du diese Wände auszubessern versuchst?«

»Ist's so weit?« fragte Sebastian Stallmann.

Jener nickte bedeutungsvoll und ging. Bastian legte das Schnitzmesser über die Flicklappen seiner Kniee und überdachte sein geringes armes Erdenwallen. In einem Stalle hatte man ein Kind gefunden am Tage des heiligen Sebastians. Mit diesen zwei Tatsachen war Vor- und Zuname des armen Erdenpilgers gegeben. Der Knieriemen eines Schusters und der Haselstock des Dorfschulmeisters besorgten die ethische und ästhetische Erziehung bis zur Konfirmation. Dann ward Sebastian Eseltreiber in der Mühle und avancierte späterhin zum Müllerburschen. Damit hatte er die höchste Stufe seiner Lebenskarriere erreicht. Nun war er alt und sollte sich in neue Verhältnisse schicken, das ging nicht. Seinem Herrn konnte er noch einen guten Dienst leisten, dem Rauschkolb einen Possen spielen, beides wollte er tun und damit das Werk seines Lebens abschließen.

322 Er stieg hinauf in seine Kammer und zog seinen Mutzen an, den mit den großen Stahlknöpfen und den geschweiften Taschenklappen, von dunkelblauem Tuch, dort aber, wo der Stoff sich umlegte, hellblau gescheuert. Einst war dies Kleid die Modetracht des Tales, nun gingen außer dem seinen nur noch zwei solcher Überröcke zur Kirche, und unserer hier tat es heute zum letztenmal.

Sebastian Stallmann hörte mit großer Andacht die Messe und nach derselben meldete er sich vor der Sakristei zur Beichte. Ohne Beichtspiegel ging's, und er war bald fertig. So reine Gewissen brauchten kein langes Putzen. Man hätte die Sünden seines ganzen Lebens auf einen Fingernagel schreiben können, und doch kam er nicht vom Beichtstuhl los.

Er hatte ein kleines Anliegen, womit er nicht so recht herausrücken wollte. Nach einer geraumen Weile verlegenen Hustens und Räusperns platzte er endlich los: »Das war zum letzten Male heut, Herr Pfarrer, die Rockärmel halten nicht mehr, und auch gar so zerrissen mag ich nicht zum Tisch des Herrn kommen.«

»Gott sieht das Herz, Baschel, und nicht das Kleid,« sagte der Pfarrer.

»Ja, aber mich geniert's, wenn ich so lumpig vor ihm steh'. Könnt' ich nicht so einen kleinen Vorschuß von Absolution mitnehmen, so viel etwa, daß es noch für eine oder die andere Sünde ausreichen würde?«

»Baschel, dir ist der Himmel noch manches schuldig. Geh' und vertraue, daß Gott gütig ist. Dir wird er gerne 323 durch die Finger sehn, weil er seinerseits dich seither nicht allzu gerecht behandelt hat.«

Sebastian ging getrost nach Hause und zog vor der Schnitzelbank seinen Mutzen aus. Er trug ihn nicht hinauf in seinen Kleiderkasten, sondern hängte ihn an den Türpfosten der Mühlstube. »So,« sagte er, »wenn sie allenfalls noch ein paar Brocken finden sollten, können sie dieselben da hineinwickeln.« Dann arbeitete er, als ob er in seinen alten Tagen noch Millionär werden wolle.

* * *

Nur der Chausseewart erinnerte sich einer gleichen Hitze, wie sie heute herrschte. Die Sonne kannte keine Schonung. Der Schnitter in den Erntefeldern warf die Sense über die Schulter und ging heim, ihm folgte der Binder mit den Strohseilen. Die Ähren brachen vom gerösteten Halme ab und fielen zur Erde nieder. Sollte man sich schinden, um den Mäusen einen bequemen Tisch zu decken? Vielleicht, daß die Taufrische der Nacht den Halmen wieder etwas Zähigkeit verlieh. Man konnte ja in der Frühe des nächsten Tages wiederkommen. So dachte Husterlohs männliche Bevölkerung, war am Abend nicht übermüdet, und die Wirte hatten Vorteil davon.

Im »Weltschirm« saß die Stube voller Gäste, und auf der Kegelbahn arbeitete man in Hemdsärmeln bei Lampenlicht und »machte Holz« an einem König und acht Bauern. Es konnte nichts Friedlicheres geben.

324 »Feuer!« erschallte es durch die mondbeschienenen Gassen hin, »Feuer!« rief es zu den Haustüren herein, »Feuer!« erklang es schauerlich von einem Stockwerk zum anderen hinauf bis unter die Sparren des Speichers. Alle Hunde bellten das Wort in ihrer Sprache nach, Menschen rannten kopflos widereinander und schrieen sich an: »Es brennt!« Das Vieh in den Ställen wurde unruhig und zerrte an den Ketten. Der Türmer verlor in der Eile seine Schlappen, aber nun hing er doch ohne sie am Seile, und die Glocke mit ihrem unheimlichen Bim-Bim vermehrte noch die allgemeine Bestürzung.

Endlich, wie von einem Windstoß aus seinem Hause geworfen, erschien der Feuerwehrkommandant in glänzendem Messinghelm mit dem wallenden Pferdeschweif auf der Straße, zunächst ausschließlich damit beschäftigt, die Schnalle seines schwarz und rot gestreiften Bauchgurts zu schließen. Dann rannte er nach einem, zwei, drei Häusern hin, klopfte ein-, zwei-, dreimal an die Läden, überzeugte sich jedesmal, daß er sich geirrt, und daß hier der Mann nicht wohne, der mit der Trompete das Feuersignal zu geben habe. Und ohne Feuersignal kein ordonanzmäßiger Brand.

Indessen erschienen andere Blechhauben mit Beilen und Stricken an der Seite vor dem Spritzenhause und suchten nach dem Schlüsselloch. Fäuste griffen nach der Klinke, Schultern stemmten sich gegen die Eichenbohlen der Tür, Äxte versuchten die Scharnierbänder zu lösen. Ein Schlüssel hätte all diese zwecklosen Versuche, Eingang zu finden, aus der Welt geräumt, aber das war's gerade, was man nicht 325 hatte. Schrecklich klangen die drohenden Kommandoworte des Feuerwehrhauptmanns in den Menschenknäuel hinein. Sie besserten nichts an der verfahrenen Situation und den Schlüssel schafften sie auch nicht herbei. Es kam eine brennende Fackel gewackelt, noch eine, noch eine. Jetzt drängte einer, der Haken und Dietriche an einem Stahlreif trug, in den Haufen hinein. Das war der richtige, der konnte helfen, aber die stürmende Menge der Blechhauben ließ ihn nicht ans Schlüsselloch heran.

»So nehmt doch Vernunft an, Leute, drückt euch nicht tot wie eine Hammelherde, hier ist der Schlosser. Laßt ihn vor,« schrie eine Stimme, aber niemand achtete ihrer.

Da, unvermutet wie ein Hagelwetter auf ein Glasdach, prasselten wuchtige Schläge mit dem Schlüsselbund auf die Blechhauben nieder. Das half, der Mann kam vor, die Tür ging auf, und hundert Hände griffen in die Radspeichen der Feuerspritze. Im Nu war sie auf die Straße gezogen, vorn und hinten mit uniformierten Männern bestellt, die sich nicht wenig darauf einbildeten, da stehen zu dürfen, wo sie standen. Nun hätte es losgehen können und auch sollen, denn wieder und wieder schrie es: »Es brennt, es brennt in der Mühle,« und die Glocke bimmelte dazu, aber der Knecht, der das Gespann zu stellen hatte, war noch nicht da. Er stand am Brunnen, tränkte seine Pferde und sagte vor sich hin: »Wer langsam reit', kommt grad so weit.« Endlich hatte er unter dem Treiben und Drängen von vielem Volk, das die Straßen mit Geschrei und Nachtgewändern füllte, die Pferde vor die Deichsel gehuft. Wer 326 sich nicht vor den Fußtritten der Tiere fürchtete, griff zu, und in einem Augenblick waren die Stränge und Leitriemen geknüpft und geschnallt. Aber der Knecht ließ sich nicht zum Fortfahren drängen. Er überhörte jede noch so drohende Aufforderung zur Eile, prüfte jeden Riemen und jede Schnalle noch einmal, dann erst schwang er sich auf seinen Kutschersitz, und rollend wie ein Donnerwetter fuhr der Spritzenwagen zum Dorf hinaus. Weiber mit fliegenden Haaren, barfüßige Jungen, Hunde und Kinderwagen gaben ihm eine Zeitlang das Geleite, bis sie überholt und abgetan waren. Aber andere Gruppen, welche die Erde ausgespieen haben mußte, waren da, und zappelnde Beine und wild in die Luft geworfene Arme rechts und links der Spritze nahmen kein Ende. Es war eine schreckliche, rote Glut, die dahinten das Tal abschloß, und über ihr wimmelten in klumpigem Grau Myriaden feuriger Käfer, glühende Wanzen, Heuschrecken, Kakerlaken und leuchtende Fledermäuse. Pferde und Menschen schienen in einen offenen Höllenrachen hineinzurennen.

Näher kam das Ziel. Die Flamme, die über dem Dache raste, war unten noch durch das Mauerwerk des Hauses gebunden. Man sah nur durch die Leere der Fensteröffnungen, daß das Feuer auch da am Werk der Zerstörung war. Aus den Türen stürzten Menschen mit allerlei Hausrat beladen, warfen ab in der Tageshelle, die das Haus umgab, eilten zurück und suchten dem glühenden Rachen zu entreißen, was möglich war. Andere sah man müßig dastehen, unfähig, etwas anderes zu vollbringen, als die Hände zu ringen.

327 Mit lautem Krachen fuhr die Spritze vor. Kommandoworte ertönten und Männer sprangen zur Erde. Die Pferde waren von den Strängen gelöst, man konnte in der Enge ihre nervöse Unruhe nicht brauchen. Menschenkraft führte den Spritzenwagen dem Wasser zu. Die Eimer schöpften im Bach, der Pumpenkolben hob und senkte sich, und bald schoß mit explodierendem Puffen das Wasser aus dem Schlauch. Die Flamme schrie ein wenig, als sie das feindliche Element auf ihrem Rücken spürte, aber triumphierend leckte sie dessen ungeachtet zum Himmel auf. Sie war bereits zu mächtig geworden. Die Männer an der Spritze verdoppelten ihre Anstrengungen. Eine zischende Wasserschlange legte sich über das Ziegeldach, fauchte und spie. Die Traufe weinte ärger als im schlimmsten Gewitterregen.

Mordche Rimbach, der in der Menge stand, wurde unruhig.

»Wenn sie Erfolg hätten, wem käm's zu gut? Nur der Versicherungsgesellschaft.« So fragte er sich selber und so antwortete er sich selber. Dann ging er zum Bachufer nieder. »Wo viel Menschen sind, gibt's viel Dummheiten,« murmelte er durch die Zähne und nahm einem Feuerwehrmann den Eimer ab.

»Stell dich aber an wie ein Christ,« sagte dieser.

»Nicht möglich, mit dem Kopf eines Jüd,« entgegnete Mordche Rimbach, und trat in den Bach.

Er nahm den Ledereimer und fuhr damit bis auf den Grund des Bachbettes, gerade so, als ob er baggern 328 wollte. So machte er es nun mit jedem folgenden Eimer, der ihm leer in die Hände kam. Es dauerte nicht lange, und an der Spritze gab es ein greuliches Wettern und Fluchen. Die Seier im Becken waren versandet und verschlammt, die Spritze gab kein Wasser mehr. Mordche Rimbach konnte aus dem Bache heraustreten und sich unter die Zuschauer mischen, die Daumen im Ärmelausschnitt seiner Weste. Sein Gewissen war so ruhig, wie die Feuerspritze, die dastand und von all ihren Gelenken nicht eins mehr bewegte.

Mit dem Verlauf, den die Dinge bis dato genommen hatten, war so ziemlich jedermann zufrieden, mit Ausnahme des Rauschkolb. Was brannte, war eigentlich sein Haus. Kleinigkeiten, die gerettet wurden, schädigten den Vater Höhrle und konnten ihm nützen. So stellte er eine Leiter ans Dach, stieg hinauf und brüllte »Mannschaft!« Einer von den Blechköpfen kam nach, nahm mit vieler Vorsicht einen Ziegel nach dem anderen aus der Hand seines Vordermannes entgegen und ließ ihn zur Erde fallen. Die Leute unten lachten, und mit diesem Lachen hatte die ganze Feuersbrunst ihr tragisches Aussehen verloren und endete als Komödie. Die verwegensten Witze wurden gemacht und reichlich belacht. Aus dem Keller hatte man ein Fäßchen Apfelwein gerettet, und auf dem Baumstück hinterm Hause begann ein wüstes Trinken aus Mützen, alten Stiefeln, aus Feuereimern und überhaupt aus jedem Gegenstand, der sich dazu hergab, das begehrte Naß für einige Augenblicke zu beherbergen.

329 Als die brennende Mühle endlich in sich zusammenfiel, und mächtige Funkengarben in den Nachthimmel hinaufstiegen, erscholl aus hundert Kehlen ein wundervolles »Ah«, wie beim Abbrennen eines Feuerwerkes. Bald gab es einige, die allerlei, was vorher gerettet worden war, wieder in den brennenden Haufen hinein warfen, andere fingen an, zu singen, oder faßten sich gegenseitig und tanzten wie losgelassene Teufel auf dem Teppich des Rasens. Die Helle des anbrechenden Morgens benahm dem Brande den Charakter des schauerlich Großartigen und gab den Leuten die Besinnung wieder. Manche schämten sich, andere hatten sich müde gesehen, fingen an sich zu langweilen, und der und jener drückte sich stillschweigend nach Hause.

Während die Lohe prasselnd nach den Sternen schlug, während die Menge erst bebte, dann jauchzte, war einer, wie weiland Elias, aus brennendem Wagen zum Himmel gefahren und vor einen Richter getreten, dem kein Gesetzesparagraph wie eine Zwangsjacke um die Schultern hängt. Sebastian Stallmann war nicht mehr. Sein Leben war verronnen im Dienste des Hauses Höhrle, sein Tod war das letzte, womit er glaubte, seinem Herrn dienen zu können. Ein Glück für ihn, daß der sein Richter ward, der Herz und Nieren kennt. 330

 


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