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Nicht das ganze Land wurde entvölkert, nur die Mannschaft reiste, das junge Volk mitsamt ihren Frauen und was sie sonst noch mitnehmen wollten; zu Hause blieben die Ältesten und Jüngsten, die sich nicht für neue, waghalsige Unternehmungen eigneten. Das Land wurde stiller, nachdem das Heer fortgezogen war, es gab keine Ereignisse mehr, auf den Gehöften war alles erloschen, die Männer schienen die Zeit mitgenommen zu haben.
Vor der Abreise war Streit gewesen, wer das Land räumen sollte. Die Mannschaft war zuerst der Meinung gewesen, daß man der Not abhelfen könnte, indem man die Überzahl verminderte, die Alten konnten sich begraben lassen und die überzähligen Kinder wollte man aussetzen; der Rest konnte dann im Lande leben, auch ohne Götter. Dagegen lehnten sich die Alten und die Kinder auf und wurden von den Müttern unterstützt, die den Jungen den Rat gaben, auszuwandern, und dieser Rat wurde befolgt. Das Heer, das auswanderte und später berühmt wurde, erhielt seinen Namen nach den langschaftigen Äxten, die die Mannschaft führte, sie wurden Langobarden genannt.
Die Art spiegelte ihr Schicksal; ursprünglich war sie eine Waldart gewesen, womit man Bäume fällte und Land rodete, später war sie auch eine Zimmerart geworden, für Schiffbau und Stellmacherarbeit geeignet; vor allem aber war sie eine Waffe und wurde es mehr und mehr.
Sie zogen über Land zur Küste, bauten sich Schiffe und wurden Seefahrer, gingen an anderen Küsten an Land und wurden wieder Bauern, bauten von neuem Schiffe und vertrauten sich dem Meere an, bis sie an der Südküste der Ostsee landeten, wo die großen Binnenlandwege durch Europa führen, und dann drängten sie gen Süden über Land, verloren die seemännischen Gewohnheiten und wurden ein fahrendes Volk, das sich mit rollenden Rädern tröstete. Ein hastig wirbelndes Rad war es just nicht, sondern ein knarrendes, langsam arbeitendes, aber vorwärts kamen sie. Die Reise wurde lang, das junge Geschlecht, das fortgezogen war, um das Ziel am kommenden Tag zu erreichen, hatte es einem neuen übergeben müssen und blieb selbst in Hügeln zurück, die sie unterwegs hinterließen. Die Reise wurde an so viele Glieder vererbt, daß der Ursprung fast vergessen, und die Bestimmung fast eine andere geworden war.
Es geht nicht immer friedlich zu, wenn ein Heer reist, das unterwegs zu einem Volk wird; wo man hinkommt in der Welt, sind andere Völker, mit denen man sich entweder vertragen oder schlagen muß, es ist ein Leben voller Schwierigkeiten; leben will man und muß sich an jedem Ort wenigstens so lange aufhalten, bis eine Ernte gereift ist, falls einem gestattet wurde zu säen; im Winter kann man nicht reisen. Bisweilen bleibt man auch wohnen, so an die hundert Jahre, wenn die Weiden gut und die umwohnenden Völker verträglich sind, und ein Teil bleibt auch für immer, man war ja ausgezogen, um sich Land zu erwerben, vermischt sich mit der Bevölkerung und läßt die Streitaxt wieder ein Gerät zum Roden werden.
Aber nicht lange, und sie sind ihrer wieder zu viele, und von neuem bildet sich eine Mannschaft, die sich Wagen zimmert, die langen, schlanken Beile wenden die scharfe Seite nach Süden, die Hoffnung ist zerschellt, es muß gewandert werden!
Und während sie so von einer Station zur anderen reisen, kreuzen sie die Fährstelle, wo Christophorus wohnt, und lassen sich von ihm über den Fluß setzen.
Sie melden sich, wie so viele andere vor ihnen sich gemeldet haben, Christophorus erkennt sie schon von weitem an dem Lärm, mit dem sie den stillen Wald erfüllen, das Vieh brüllt, es ist ein Geschrei wie auf Jahrmärkten, Pferdegewieher von Reitern in voller Karriere; und wenn der Zug näherkommt, wird es ein Gebrüll aus vielen tausend Kehlen und Stampfen von vielen tausend Hufen; schon bevor der Schwarm zu sehen ist erhebt sich eine Staubwolke über den Baumwipfeln; da schwingen die ersten Vorposten zu Pferde aus dem Waldsaum auf der anderen Seite des Flusses, machen halt und beginnen gewaltig auf dem Kuhhorn zu blasen, um die Aufmerksamkeit des Fährmannes auf sich zu ziehen.
Danach tauchten die ersten Wagen auf, große, grob gezimmerte Hauskarren, worin Frauen und Kinder, und was der Zug sonst mit sich führt, gefrachtet sind; ringsherum reitet die bewaffnete Mannschaft. Die Wagen sind wie Kastelle; wenn haltgemacht wird, werden sie in einem Kreis zusammengefahren und sind wie eine Burg, hinter der das Heer sein Lager aufschlägt; beim Fahren auf den weglosen Wiesen schwanken sie auf ihren plumpen, knarrenden Rädern, die wie die Sonne geformt sind und sich wie diese majestätisch drehen.
Es blitzt im Walde von Äxten und langen Speeren rings um die Wagen und gehörnten, gebeugten Gespanne herum. Hinterdrein kommen die Herden, gewaltige bunte Scharen von Vieh, die von Sklaven zusammengehalten werden; und um den ganzen Auszug herum schwärmt die Jugend, hochaufgeschossene sommersprossige Lümmel und junge Mädchen, die lieber gehen als im Wagen sitzen, grobgliedrige schlanke Siebzehnjährige mit bloßen Beinen, in Hanfröcken, mit honiggelbem Haar, das ihnen wie Sonnenschein über die Schultern fällt.
Vorn, wo die Hauswagen offen sind, sitzen die Hausfrauen mit der Spindel in der Hand, und große und kleine Kinder, mit lichtem Haar, fast weiß wie bei alten Leuten, lugen neben und hinter ihnen hervor, mit der ganzen Welt in ihren klaren, weit aufgerissenen Kinderaugen. Aus dem hinteren Ende der Wagen ragen die Balken der Häuser, die abgebrochen wurden und am neuen Ziel wieder aufgebaut werden sollen; der Pflug, noch mit der Erde der alten Wohnstätte bedeckt, reckt seinen verbrauchten Handgriff aus dem Wagen. Aus dem hintersten Wagen aber steigt Rauch auf, dort sitzen uralte Frauen mit Runzeln voller Ruß und unterhalten ein Feuer, das niemals ausgehen darf; abends, wenn Rast gemacht wird, bekommt jede Hausfrau eine Fackel davon für ihre Küche im Freien.
Alle Wagen sind mit grünen Zweigen geschmückt, denn es ist Frühling. Der Wald ist erst vor kurzem ausgesprungen, und die Reisenden sind erst kürzlich aufgebrochen; wie grüne Wälder auf Rädern fahren die Wagen durch den grünen Wald, wie singende Wagen, denn ein Gesang geht von ihnen aus, zwitschernde Kinderstimmen, ein ganzer Vogelchor; auch die jungen Mädchen neben den Wagen singen, ihre Seele ist so jung, der Wald ist jung, die Welt, die Sonne; die jungen Grünschnäbel singen, mit rauhen Stimmen, und mancher barsche Krieger auf seinem Pferd legt den Kopf in den Nacken und blickt singend zum Laub hinauf, das Lied, das er als Knabe gesungen, kommt ihm wieder in die Kehle; und die Mütter singen, während die Spindel sich dreht, und wiegen leise den Kopf dazu, ihre Stimme ist fast nicht zu hören, denn derselbe Ton, der die Jungen entzückt zu einer Welt hinauslockt, die sie nicht kennen, kehrt als Erinnerung in die Tiefe ihres Gemüts zurück. Dieser oder jene alte Knecht, der seinen Wagen führt, die Schulter dagegen stemmt, wenn er umkippen will, oder mit den dickköpfigen Ochsen schimpft, singt zwischen Peitschenknall auch einen Ton mit, ein Brummen, das schwarze Zähne zeigt, sein Gesicht aber wird dabei von einem Leuchten erhellt. Es ist das Lied der Völkerwanderung:
Der grüne süße Frühling geht wieder auf Erden. Seht, die Sonne tropft Feuer, und der Wind ist mild. Südwind, Wandersinn!
Zieht den Wagen aus dem Haus, nehmt den Stock aus der Ecke! Folgt mit, folgt mit im Frühlingszug, mit Räderknirschen und Deichselknarren, – weit in die Welt hinaus!
Die alte Wintermähre war zwischen Spinneweb und Motten im Stalle eingeschneit – jetzt hat sie ein Füllen! Huflattich, fliegender Huf!
Spring auf den Pferderücken, flinker Bursch! Galopp, Galopp, im Reitertrupp, mit Auf und Ab und Auf und Ab – weit in die Welt hinaus!
Und willst du mit mir gehen? Bis in den Tod, du und ich! Mein schönes junges Leben, mein Wanderweib! Liebe, Herrlichkeit!
Zwei zu sein, bei Nacht und Tag, zwei Atemzüge, ein Wohlbehagen! Vor uns Licht und hinter uns Nacht – weit in die Welt hinaus!
Der grüne freie Wald hat uns Freistatt gegeben. Wir kennen nicht das Ziel – doch die Schwalbe ist mit uns. Schwalbensinn, Frühlingswind!
Folg dem vogelfreien Frühling! Nach Süden, nach Süden, wo die Sonne steht, gehn wir und gehen – weit in die Welt hinaus!
Der Chor füllt den Wald wie ein einziger beglückter Menschenruf. Und die Kinder recken die Hälse aus den Wagen, wie Blumen, die die Krone zur Sonne strecken, die junge Haut fängt Frühling und Waldesbrausen auf, wie den ersten Morgenatem der Welt. Nie früher und nie später war der Tag solch großes Wunder. Während sie noch staunen, öffnet der Wald sich, und wie ein neues allmächtiges Wunder schwingt der Fluß sich in den Gesichtskreis, ein gewaltiges ausschreitendes Wesen, das sich in einem Bogen um die Allwelt legt, fließend und Sonnen auf seinem Spiegel tragend, während es sich mit dem Himmel in der Ferne vermengt. Gerade gegenüber aber steht wieder Wald und brüstet sich, schwillt wie ein neuer Eingang zu noch einer Welt. Das ist die Fährstelle.
Und nun gibt's harte Arbeit für den Fährmann und für die Erwachsenen während vieler Tage. Die Wagen müssen Stück für Stück hinüber, darauf Pferde und Volk und schließlich das Vieh, so viel, wie die Fähre nur tragen kann.
Wenn aber der Stamm nach vielem Beschwer endlich übergesetzt ist und der Führer, der Mann mit dem Schicksal des ganzen Stammes in seinen starken blauen Augen, mit der Wagschale und dem Streifen Silber kommt, um dem Fährmann seine Bezahlung zuzumessen, dann schüttelt Christophorus den Kopf, will keine Bezahlung annehmen.
Der Häuptling läßt die Wagschale sinken. Wie soll er das verstehen?
Christophorus erklärt ihm, daß er nicht Fährmann auf eigene Rechnung, sondern im Namen Gottes dazu angestellt ist, den Menschen ohne Vergütung über den Fluß zu helfen.
Hm. Welchem Gott man dann das Fährgeld schuldig ist?
Christophorus zeigt mit dem Daumen auf das Kreuz, das er auf seiner Hütte aufgepflanzt hat, und erklärt den Fremden, daß es der große König Christus ist, in dessen Namen er den Menschen einen Dienst erweist; aber auch dieser wünscht keine Vergütung, aus Freundschaft für die Menschheit hat er Leute angestellt, die so für ihn handeln.
Der Häuptling, ein noch junger Mann mit wilden Augen und bereits grau gesprengtem rotem Haar, versteht ihn nicht. Er, der mit seinem Volk in beständigem Kriegsaufstand herumzieht und gewöhnt ist, entweder zu nehmen oder zu bezahlen, was er braucht, ist bisher nur Widrigkeiten auf seinem Weg begegnet, Mord, Blut und Verräterei, wo immer er hinkam. Zum erstenmal begegnet er hier sanfteren Sitten und stutzt, spart sein Silber und reist weiter, aber er faßt es nicht. Und dennoch war er hier an der Grenze der Welt, die er verließ, und der, in die er hineinzieht. König Christus wird er nicht vergessen.
Christophorus hört den Zug, die knarrenden Räder, die hohen, heftigen Stimmen der Reiter und des Viehs im Walde verschwinden; er hat ihnen auf den Weg verholfen, jetzt werden sie von den Alpen erwartet und mögen sehen, wie sie hinüberkommen und was sie auf der anderen Seite erwartet!
Christophorus schüttelt den Kopf und murmelt etwas in seinen Bart: reiselustig sind sie und gehen auf Erden, als wären sie die ersten und einzigen Menschen; die Schwierigkeiten, die zum Aufbruch zwangen, sind vergessen, die Zukunft sehen sie nur im Sonnenschein. Wenn aber die jungen, strotzenden Weiber, nachdem die Männer, die unüberwindlichen, eine Schlacht verloren haben, sich gegenseitig und ihren Kindern die Kehle durchschneiden müssen, dann hat das Lied einen anderen Klang. Niemand, der es je gehört, vergißt solch ein heulendes Lager, wo ein Volk untergeht, nein, nein, der Alte schüttelt mehrfach den Kopf. Wenn sie aber Glück haben, die jungen Krieger, denen Blutvergießen und Raub aus den Augen leuchtet, dann sollen sie Fürsten werden, der Führer König und seine Nachkömmlinge der Adel des Landes, aber auch sie müssen bezahlen, was es kostet, Brudermord, Verrat und Gewalt durch Jahrhunderte, Macht ist teuer und frißt die Seelen, wie sie die Geschlechter frißt, wer aber hat Macht jemals zurückgewiesen? Christophorus spricht zu sich selbst wie zu einer ganzen Versammlung und gibt sich recht, nickt und nickt: ja, ja, ja, ihr Schicksal wollen sie haben. Reisen und reich werden, Menschen beherrschen, vernichten und sich vermehren! Frauen! Noch liegt es wie Augenverblendung und holder Duft über der Fährstelle, wo so viel Weibertum vorbeigereist ist, der Alte schneuzt seine Nase, mißtrauisch – pfui – diese Langobarden sind jungverheiratete Leute! Gepaart und Hand in Hand allesamt! Noch klingt ihr Gesang wie ein einziger großer Hochzeitschor aus der Ferne – vor uns Licht und hinter uns Nacht! Ja, ja, die Verrücktheit leuchtet jungen Leuten wie Lichtkränze um den Kopf, solange sie einander begehren, später rufen sie die ganze Welt mit lautem, gekränktem Wöchnerinnengeschrei zu Zeugen auf und winden sich in Qualen, ja, ja, ja, so will das Leben gelebt sein und sich vermehren und sterben, denkt kopfschüttelnd und junggesellenklug der alte, steifgewordene, vom vielen Wasser abgekühlte Fährmann und Heilige, Christophorus; über den Fluß aber setzt er sie alle.
Seine Arbeit ist nie beendet, andere Schwärme kommen und wollen über den Fluß, Christophorus setzt immer mehr Leute über, auf der Reise von Norden nach Süden, bis er meint, daß er alle Länder dort oben, von wo er selbst stammt, entleert und die Bewohner zu Sonne und Wärme hinuntergeschickt hat. Und allen gibt er die Lehre mit auf den Weg, die seine uneigennützige Tat zum Besten aller in sich birgt. Doch keines der frischen, lebenskräftigen Völker, die er übersetzte, sah er jemals zurückkehren.
Als Christophorus sich lange genug am Flusse aufgehalten hatte, wurde es ihm zuteil, daß er das Christuskind übersetzen durfte, doch in die entgegengesetzte Richtung, zum Norden.
Lange, lange hatte er dem stärksten aller Herren gedient, ohne ihn je zu Gesicht zu bekommen. Die Hoffnung aber wuchs in ihm und wollte sich verewigen, und wenn seine Fährarbeit ihm Zeit ließ, begann er zu bauen; ein Haus sollte es sein, in das König Christus einkehren konnte, wenn er ihn eines Besuches würdigen würde. In sein eigenes konnte Christophorus ihn nicht einladen, das war halb Erdhöhle, halb Schilfhütte, nein, es gehörte mehr dazu. Ans Tragen gewöhnt, schleppte Christophorus so viele Steine herbei, wie er konnte, und begann sie zu einem Gebäude übereinander zu stapeln. Der Grundriß war ein Kreuz, wie es sich gehörte, und die Mauern nahmen fast mehr Platz ein als der innere Raum, denn haltbar sollten sie sein; Sonne und Mond schienen herein, ein Mauermeister war der Riese nicht, doch die Schwere hielt den ganzen Bau gut zusammen, der wie ein Berg anzuschauen war. Wie er unter Dach kommen sollte, darüber machte Christophorus sich noch kein Kopfzerbrechen, vorläufig war er noch lange nicht hoch genug, der Riese trug sich mit dem Gedanken, ihn bis an die Sterne zu bauen. Nachts, wenn sein zyklopisches Mauerwerk über den Wald ragte, meinte er, daß die höchste Spitze dem Mond bereits recht nah sei.
Der Bau wurde nie beendet, denn inzwischen bekam Christophorus wirklich Besuch von seinem Herrn. Er kam ganz anders, als er sich gedacht hatte, wie ein jeder weiß, der die Legende kennt. Eines Abends hörte er ein Kind am Flusse weinen und bitten, daß man es übersetzen möge, als er aber ans Ufer ging, konnte er es nirgends sehen; und dies wiederholte sich dreimal. Das dritte Mal wurde er eines kleinen Knaben gewahr, der am Ufer stand und ihn inständig bat, er möge ihn über das Wasser tragen.
Christophorus trug ihn hinüber und bekam zum erstenmal eine Bürde, die seine Kraft fast überstieg. Es war ein wunderliches Kind, das immer schwerer wurde, während der Fluß unter ihm schwoll, Dunkelheit legte sich auf ihn, es war, als ob die Elemente ihn verschlingen wollten. Das Kind lastete auf ihm, so schwer war ihm noch nichts geworden. So schwerwiegend ist der Keim, des Lebens Anfang, und die Zukunft, die wir nicht kennen. Und dennoch war es, als ob die Last ihn aufrechthielt, ohne sich zu überheben, wäre er nie hinübergekommen. Als er endlich das gegenüberliegende Ufer erreicht hatte, war es ihm, als ob er die ganze Welt auf seinen Schultern getragen habe.
Das Kind betrachtete Christophorus mit seltsamem Ernst: »Wundere dich nicht,« sagte es, »daß ich so schwer war. Denn wisse, du hast nicht nur die Welt auf deinen Schultern getragen, sondern auch ihn, der sie erschaffen hat. Sieh, ich bin Christus, dein König, dem du bisher mit deinem guten Werk gedient hast. Und dies soll dir ein Zeichen sein: Stoße deinen Stab in die Erde, morgen soll er blühen und Frucht tragen.« Und als Christophorus zeitig am nächsten Morgen erwachte, hatte sein Wander- und Fährstab sich zu einer Palme verwandelt. So war der Süden zu ihm gekommen.
Und er trug ihn in den Norden hinein. Das aber gehört zu einer anderen Erzählung, von dem Reich Gottes, das zum Norden kam, und wie es von den barschen, kümmerlichen Ländern empfangen wurde, die ihre junge Mannschaft ausgestoßen hatten, den Stamm, so daß nur Wurzeln und Schößlinge übriggeblieben waren.