Rudolf Huch
Wilhelm Brinkmeyers Abenteuer
Rudolf Huch

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Das vierzehnte Kapitel

Wie meine Verdienste endlich einmal einigermaßen anerkannt wurden

Eine muntere Brise trieb unser Schifflein die Elbe hinab. Als wir nun an dem Leuchtturme von Cuxhaven vorbeifuhren und der Kapitän das Lied anstimmte: »Auf Matrosen, die Anker gelichtet«, fiel es mir auf's Herz, daß dieser Turm das letzte Wahrzeichen des deutschen Vaterlandes war. Ich faßte mich an den Kopf: hatt ich doch in all den Aufregungen wahrhaftig vergessen, daß ich dem Heimatlande noch den Waffendienst schuldete!

Wenn nun auch ganz gewiß die Entwicklung der deutschen Verhältnisse, wie sie die gewalttätige Politik Barbarossas begründet hat, nicht nach meinem Sinne sein konnte, war ich doch eingedenk, daß es süß und ehrenvoll ist, für das Vaterland zu sterben, und eröffnete dem Kapitän in einer feurigen Ansprache, daß mich keine Macht von meinem als richtig erkannten Entschlusse abbringen würde. Der wackere Seemann war tief ergriffen, umarmte mich heftig und bat unter Tränen, ich möchte ihn nicht 184 verlassen. Da er mich nun gar nicht loslassen wollte, riß ich mich los und schwang mich über Bord. Bei dem alten Seebären überwand die Freude über meine Entschlossenheit den Kummer, denn ich hörte ihn rufen: Three cheers for brave Brinkmeyer! In welchen Ruf die Mannschaft auf das heiterste einstimmte.

Nachdem ich schwimmend das Ufer erreicht hatte und meine Kleider infolge eines Dauerlaufes leidlich trocken geworden waren, begab ich mich unverzüglich in die Residenz meines Heimatlandes. Hier suchte ich einen Hauptmann auf, den ich wegen seiner Tapferkeit hochschätzte, und bat um die Gunst, unter seiner Führung fechten zu dürfen.

Der Hauptmann salutierte und redete diese Worte: Nicht zum erstenmal, o Brinkmeyer, ergötzen sich meine Augen an dem Anblicke Ihrer höchst kriegerischen Gestalt. Denn als Sie vorgestern mit zwei ländlichen Frauen als Begleiterinnen in dem Hause jenes in Worten plumpen, aber im Gemüt redlichen und in den Gesetzen erfahrenen Mannes, des Justizrates Wend geweilt hatten, sandte ich meinen Burschen, einen in Listen geübten Jüngling, zu einem Schreiber eben jenes Wend. Der nun nannte Ihren Namen mit der größten Bewunderung, verweigerte aber die Antwort auf alles übrige. Welche Weigerung, obgleich sie mich in die tiefste Betrübnis versetzte, mir dennoch nicht als eine tadelnswerte, sondern als eine des Lobes würdige Handlung erscheint. Daß 185 nun aber auch Sie meine Tugend, wenn ich von einer oder sogar von mehreren geziert erscheinen sollte, weniger wegen der, wie man sagt und wie es Ihre Stirn offenbart, in Ihnen wohnenden Schärfe des Geistes, als wegen der Milde Ihres Herzens loben, erfüllt mich mit einem fast der Trunkenheit sich nähernden Vergnügen. Was indessen die unter meiner Führung, denn sowohl wegen meines höheren Lebensalters wie wegen meiner durch viele Jahre fortgesetzten Uebungen in den Künsten des Krieges bin ich allerdings dem äußeren Range nach höhergestellt, zu leistenden Kriegsdienste betrifft, so wird in dieser Zeit von unserm Staate, was viele Soldaten und Führer höchlichst beklagen, kein Krieg geführt. Wenn Sie aber dieses Umstandes ungeachtet in die Kompagnie, der ich vorgesetzt bin, eintreten wollen, so erkenne ich diesen Entschluß als eine mir von der Gottheit erwiesene Gunst, wenn ich auch unter den heftigsten Schmerzen darauf verzichten muß, Sie als Flügelmann, wozu Sie in Gemäßheit Ihrer Stärke, Ihrer Gewandtheit und Ihres Heldenmutes gleichsam von der Natur bestimmt erscheinen, einzustellen, wegen des von derselben, keineswegs, als beständig zu preisenden Natur Ihnen verliehenen kleinen Wuchses.

Nachdem er mich vielfach umarmt und geküßt hatte, überwies mich der Hauptmann dem Feldwebel zum einkleiden. 186

 


 << zurück weiter >>