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Enzio stand jetzt im letzten Jahre seiner Schulzeit. Die Frage, ob er sich ganz der Musik widmen solle, wurde oft zwischen ihm und seiner Mutter besprochen. Manchmal schien es ihm, als bedürfe sie gar keiner Entscheidung. So war es, wenn er sich in einer schöpferisch-glücklichen Stimmung befand. Dann deuchte ihm das Leben eines Musikers das einzig beglückende. Manchmal aber, wenn ihn Kleinmut überkam, zweifelte er wieder an allem, und in solchen Momenten sagte er: wenn ich denken sollte, daß es so das ganze Leben fortgeht – dann lieber gar nicht anfangen. Mit solchen Reden machte er Caecilie tief unglücklich. Sie hatte sich im Lauf der Jahre daran gewöhnt, in ihm ein heimliches Genie zu sehen, das einmal das kleine Talent seines Vaters weit überflügeln würde, in ihm zu Ende zu träumen, was in ihrem Mann gescheitert war. Jener Vorsatz, den sie in früheren Jahren faßte: Nur dann zuzugeben, daß Enzio Musiker würde, wenn sie klar sah: es gab keinen andern Weg für ihn – hatte sich leise gewandelt in den glühenden Wunsch: Er soll Musiker werden. So suchte sie ihm über alles Schwanken hinwegzuhelfen mit der Versicherung: Auch der talentierteste Mensch hat Zweifel an seinem Talent, ja, grade das ist die Bürgschaft dafür, daß er etwas Rechtes wird, daß er nie die größten Anforderungen an sich selbst verliert! Mit solchen und ähnlichen Reden wußte sie ihm immer wieder aufzuhelfen und den Glauben an sich zu befestigen. Es war nun bestimmt, daß er auf einem auswärtigen Konservatorium studieren würde. Die sichere Sprache seiner Mutter gab ihm sein Selbstgefühl zurück, und nun dachte er oft: Wenn es doch erst soweit wäre! Dann schwebten ihm unbestimmte schöne Bilder vor: Man würde ihn mit offenen Armen empfangen, ja, er würde vielleicht sogar als ein aufgehender Stern gefeiert werden. Dort würde er auch geniale, junge Menschen finden, die auf demselben Gebiete mit ihm strebten, die er anerkannte und die ihn anerkennen würden. Hier zu Hause fühlte er sich einsam.

Am späten Nachmittag, nach seiner Arbeit, lief er jetzt immer stundenlang vor die Stadt, um frische Luft zu schöpfen, all seinen Zukunftsgedanken nachzuhängen und alle andern Zwitterstimmungen zu verbannen.


Heut habe ich einen Menschen gesehn, sagte er eines Tages zu Caecilie, den ich gern kennen lernen möchte! Er ist mir schon ein paarmal draußen begegnet, und ich mochte ihn gleich beim ersten Male gern. Immer geht er allein und hat die Hände auf dem Rücken. – Wie sieht er denn aus? – Mager, blond und häßlich; das heißt, ich finde ihn wunderschön! Er sieht so fanatisch aus! Und trägt seinen Kopf so herrlich! Ich denke mir, das muß ein ganz bedeutender Mensch sein! Aber er ist älter als ich; um vier Jahre mindestens. Heute hat er mich zum ersten Male angesehn. Ich pfiff extra für ihn, das Thema aus meinem letzten Adagiosatz. Da sah er mich so sonderbar an, ganz still, und so als ob er dächte: Kenne ich das oder kenne ich es nicht? Ich glaube beinah, er ist auch Musiker. – Sprich ihn doch einmal an. – Ich denke mir, das nimmt er übel. – Ach was, wenn man immer Bedenken haben will, kann man niemals schöne Bekanntschaften machen, wenn es ein Mädchen wäre, würdest du wahrscheinlich weniger Skrupeln haben.

Am nächsten Tage begegnete Enzio ihm wieder. Soll ich? dachte er, dann pfiff er seine Melodie vom letztenmal. Der andere heftete wieder einen stillen Blick auf ihn, es hatte den Anschein, als unterdrücke er ein Lächeln. – Ich bleibe jetzt stehen! dachte Enzio, tat es und sah ihn an. – Nun? fragte der andere und blieb ein wenig überrascht ebenfalls stehn. Und da Enzio gar nichts sagte, fragte er nach einer Pause: War das eine Melodie von Ihnen? – Enzio nickte. Dann setzte er hinzu: Weshalb denken Sie das? – Weil ich sie nicht kannte, und es außerdem an Ihrem Gesicht bemerkte. – Enzio fühlte sich irgendwie beschämt. – Sind Sie auch Musiker? fragte er. – Sein neuer Bekannter sah ihn an, als fühle er sich durch die Direktheit dieser Frage etwas überrascht, dann sagte er aber: Wenigstens habe ich bis vor kurzem lange an einem Konservatorium studiert. – Wirklich? das freut mich aber! – So? weshalb denn? – Weil ich Sie schon lange gerne kennen möchte. Oder mögen Sie das nicht? Enzio war errötet, als befinde er sich einem Mädchen gegenüber. – Er bekam einen halb prüfenden, halb lächelnden Blick, und dann die Antwort: O ja, ich freue mich sogar. – Weshalb denn? fragte er verwundert und gespannt. – weil Sie der Sohn Ihres Vaters sind und es mich interessieren würde zu erfahren, welche Bahnen Sie nun einschlagen. – Sie kennen mich? Ich kenne Sie aber gar nicht! – Ach so, Sie wollen wissen wie ich heiße. Er sagte es; sein Vorname war Richard. – Enzio ging zögernd neben ihm her. Wollen Sie mich einmal besuchen? fragte er endlich, und fand, daß seine Frage etwas kühn sei. – O ja, ganz gern, das heißt: lieber wäre es mir schon, Sie kämen zu mir, wenn es Ihnen einmal paßt. – Aber ja! Morgen? – Nein, lieber übermorgen. – Sie verabredeten noch die Stunde, dann wußte Enzio nicht recht, ob er nun adieu sagen solle, tat es aber schließlich doch, indem er ihm warm die Hand entgegenstreckte.

Ich habe ihn wiedergesehn, ich habe ihn gar nicht angesprochen, er hat mich angesprochen, und übermorgen darf ich ihn besuchen! rief er Caecilie entgegen, als er nach Hause kam.


Richard bewohnte mit seiner Mutter zusammen eine ganz kleine Halbetage in einem vierten Stock. Die Familie war bis vor kurzem ziemlich wohlhabend gewesen, bis sie plötzlich alles Geld verlor; Richards Vater, der Maler war, starb ein paar Monate vorher, er selbst mußte seine Studien am Konservatorium der Hauptstadt abbrechen und war mit seiner Mutter nach Enzios Heimatsort übergesiedelt, wo er durch Vermittlung von Bekannten ein kleines Amt bekommen hatte.

Eine einfach und dunkel gekleidete Frau öffnete Enzio die Tür. Was wünschen Sie? fragte sie mit einer ernsten Stimme und ließ ihre tiefliegenden, großen Augen flüchtig über ihn hingehn. – Ich möchte Ihren Sohn Richard besuchen. – Er arbeitet; es darf ihn niemand stören. – Sie wollte die Tür wieder schließen. – Aber er hat mich bestellt für heute, für diese Stunde! – Da durfte er eintreten. – Die Türe rechts, sagte sie und wandte sich zur Küche.

Richard saß beim Scheine einer kleinen Lampe, ohne Hemdkragen, in einer Art Arbeiterjacke. Seine Augen, noch vom Licht geblendet, starrten auf die Tür, mit einem halb abwesenden, halb beunruhigten Ausdruck. Dann erkannte er Enzio. Sein Gesicht sah noch magerer und interessanter aus, als es Enzio gestern erschienen war.

Schön, daß Sie kommen! sagte er. Haben Sie etwas mitgebracht? – Ich spiele auswendig. – Um so besser, dann brauchen wir die Lampen nicht. Mama! – Seine Mutter trat ein. – Hast du in der Küche noch zu tun oder bist du fertig? – Ich bin fertig, Richard. – Dann bitte, bleib gleich hier, es wird gespielt. Ich möchte nicht gern, daß eine Störung eintritt. Sie schloß geräuschlos die Zimmertür, dann machte sie eine langsame Bewegung mit dem Kopfe zu Enzio hin, als er ihr vorgestellt ward, und ließ sich in das Sofa nieder. Enzio hatte sich vorgenommen, seine allerletzte Komposition zu spielen, die er erst heute nachmittag vollendete. Richard erhob sich nach den ersten Takten und sah aufmerksam aufs Klavier, als wolle er vorerraten wie es weiter gehe. Mehrmals schüttelte er erstaunt den Kopf. Es standen Enzio, als er endete, dicke Schweißtropfen auf der Stirn. Er schloß nicht ganz so, wie es eigentlich geschehen mußte. Die unmittelbare Nähe seines neuen Freundes wirkte wie ein starker Wein, der jeder Bewegung noch mehr Energie und Ausdruck gibt. – Jetzt blickte er ein paar Sekunden aufs Klavier, dann wendete er sich um und sah fragend auf Richard: Wie finden Sie es? – Merkwürdig! antwortete der, höchst merkwürdig! Alles toll und ungebunden, aber doch – – ich hätte Ihnen das nicht zugetraut! Nicht wahr, Mama? – O ja, sagte sie zögernd, und Enzio dachte: versteht die denn was davon?

Meinen Sie, daß ich Musiker werden soll? fragte er sogleich. Richard lachte: wenn Sie mich danach fragen, dann werden Sie es lieber nicht! Worauf Enzio verlegen antwortete: Ich meinte nur so, ich weiß ja ganz bestimmt, daß ich Musiker werde. Also hat Ihnen das Werk wirklichen Eindruck gemacht! Nur an der Form fehlt's noch etwas, das weiß ich, in der Beziehung muß ich noch viel lernen, auf dem Konservatorium. – Eigentliche Form ist freilich wenig darin, ein »Kunstwerk« ist es nicht, was Sie mir da vorgespielt haben, als Ganzes ist es unmöglich, aber es steckt etwas drin, das fühle ich deutlich! Wenn Sie sich glücklich entwickeln, so kann einmal etwas Besonderes aus Ihnen werden, das ist ganz sicher, wie sollen Sie jetzt auch schon die Form beherrschen – das lernt sich langsam und beinah unbewußt, nur an den Beispielen größter Meister, allerdings nicht, wie es auf den Konservatorien gelehrt wird. – So? wie lernt man es denn da? – Da lernen Sie Regeln, Regeln, und immer wieder Regeln. Die sind alle ebenfalls von den größten Beispielen hergenommen, aber man lernt sie so wie Tricks. Es gehört schon viel dazu, sich von dieser Art zu komponieren wieder freizumachen. – Wieso? Es muß doch überall Regeln geben. – Natürlich, schon. Aber die größten musikalischen Schöpfungen werden einem da vorgelegt, als wenn sie Spiele wären, die man auseinandernehmen und wieder zusammensetzen kann, wenn man in die technischen Geheimnisse eingeweiht ist. Sie nehmen die Seele heraus und lassen nur das Handwerkliche übrig. Man »lernt« schon viel an den Konservatorien; aber auf Kosten von andern Dingen: Beethoven schreibt an einem Höhepunkte seines Lebens eine Symphonie, – und was lehrt man Sie daran? Nicht etwa Respekt haben, sich zu beugen vor der Größe der Inspiration, die sich da auftut, sondern auch eine Symphonie zu machen. Das heißt: von dem ganzen großen Werk bleiben Kunstgriffe und Regeln übrig. Die lernen Sie anfangs widerstrebend, dann langsam und allmählich als das Wesen der Musik erkennen, wirkliche Form ist etwas, das man nicht eindrillen kann, was sich den großen Werken nicht abschröpfen und dann einem andern einimpfen läßt. Sie läßt sich nicht »lernen«, man kann sie nur fühlen, wenn sie schon in einem selber unbewußt vorhanden ist, im Keim. Und daran scheitern die meisten, wie viele junge Menschen gibt es, die haben wirklich herrliche Ideen in ihrer ersten Zeit! Alles lose, locker nebeneinander; und wenn sie später ein »Werk« schaffen sollen, versagt alles. – Enzio machte ein klägliches Gesicht. – Das geht doch nicht auf Sie! wenn Sie das Zeug dazu haben, werden Sie es schon weiter bringen. Aber Sie sollen nur nicht glauben, daß das »Form lernen«, wie Sie vorhin sagten, etwas Einfaches ist, das man gleichsam durchmachen kann in einem kürzern oder längern Kursus, um es dann zu beherrschen. Ich will Ihnen nicht die Lust zum Konservatorium nehmen, aber für unsere Ziele kommt es wenig in Betracht. – Das kannst du doch nicht sagen! bemerkte seine Mutter, du hast da eine Masse gelernt. – Das meiste aber, antwortete Richard, verdanke ich mir selbst. – Wollen Sie uns nicht einmal besuchen? fragte Enzio; meine Mutter würde sich so sehr freuen, Sie kennen zu lernen! Und mein Vater wahrscheinlich auch! – Richard zögerte, dann sagte er: O ja, sehr gern. – Morgen? Enzio blickte ihn mit solcher naiver Wärme und Kameradschaftlichkeit an, daß Richard ihm die Hand auf die Schulter legte: Morgen kann ich nicht, ich bin in einer Arbeit drin, die ich erst abschließen muß; ich habe ja immer nur des Abends freie Zeit für mich; – aber nächste Woche vielleicht! – Also darf ich wohl auch nicht wiederkommen? – Doch, aber ich möchte dann gern etwas anderes von Ihnen hören.

Enzio sah ihn sehr bald wieder; er hatte eine starke Zuneigung zu diesem neuen Freund gefaßt und fühlte etwas Ähnliches auf Richards Seite. Und er war so sehr gewohnt, mit Menschen, die ihm nahstanden, in intimen Umgangsformen zu verkehren, daß er ihn sehr bald fragte, ob sie sich nicht du nennen wollten, worauf Richard überrascht, aber nicht unerfreut einging.

Weshalb spielst du mir niemals etwas von dir vor? fragte er einmal. Richards schmale, ausdrucksvolle Lippen nahmen einen säuerlichen Zug an: Weil nichts fertig ist, und was ich von früher fertig habe, ist nicht gut genug. – Das glaube ich nicht! Das ist nicht wahr! Genierst du dich etwa? Ich habe mich doch auch nicht vor dir geniert! – Genieren? fragte Richard erstaunt; ich habe nichts! Er sah Enzio mit undurchdringlichem Gesichte an. Enzio wandte sich fragend an seine Mutter: Wenn Richard das sagt, sprach sie, so wird er wohl seine Gründe haben! und sah ihn ebenfalls undurchdringlich an. Befangen blickte Enzio fort von ihr. Er konnte den Ausdruck ihrer Augen niemals lange ertragen. Diese Frau hatte etwas an sich, dem er instinktiv auswich, was das war, wußte er nicht, aber in ihrer Gegenwart fühlte er sich stets beengt. In der ersten Zeit, wenn sie zu dritt beisammen waren, dachte er mitunter: wann geht sie wohl nun weg? bis er eines Tages erfuhr, wie sehr beschränkt die ganze Häuslichkeit dort war. Neben der Küche und einer kleinen Kammer, die als Schlafraum für sie eingerichtet war, gab es nur dieses eine einzige Zimmer, in dem abends das Sofa in eine Lagerstatt für ihren Sohn umgewandelt wurde.

Enzios Freundschaft für Richard war in der ersten Zeit sehr viel Scheu beigemischt. Es kam ihm vor, als sei er gar kein Mensch mit körperlichen Bedürfnissen. Dieses Gefühl verschwand, wie er nach und nach kleine Züge an ihm entdeckte, die ihm komisch erschienen, und mit denen er ihn sogar in späterer Zeit zu necken liebte.

Morgen mittag gibt es bei uns einen Gänsebraten! sagte er einmal zu Enzio; ich habe meine Mutter so lange gequält, bis sie sich endlich entschlossen hat. Du mußt auch dabei sein! – Schon die Tatsache, daß Richard gerne Gänsebraten aß, und die weitere, daß er nun seine Mutter darum quälte, rückte ihn seinem menschlichen Empfinden näher. Als sie dann den Braten auf den Tisch setzte, begrüßte er ihn mit einem andächtigen Ah! ließ sich ein Stück vorlegen, vergaß aber alsbald seine ganze Freude und aß nur noch mechanisch weiter, wie er ins Sprechen kam. Enzio brachte die Rede auf eine moderne Riesensymphonie, die kürzlich aufgeführt ward. – Sie ist ein typisches Beispiel, sagte Richard, für alles beinah, was heutzutage in Musik gemacht wird: Hohl, leer, bei anscheinender Gedankentiefe, in Wirklichkeit Verworrenheit ohne Sinn, in einer verblüffenden »Aufmachung«. Das Publikum hört sie an, halb in Ratlosigkeit und halb in stupider Selbsttäuschung. Jeder denkt, das muß was sein, weil der Komponist heute einen Namen hat; und da die Musik als »kompliziert« gilt, so muß man tun, als ob man sie begriffe. Unsere gesamte moderne Musik – mit ganz wenigen Ausnahmen – ist eine Tortur und nichts weiter. Entweder ist sie langweilig, dem Alten nachgemacht ohne den Geist des Alten, oder sie ist verrückt geworden. Sprechen kann sie kaum mehr, nur stammeln, und sie will auch nichts anderes als stammeln. Trotzdem tritt sie mit dem Anspruch auf, als ob sie ungeheuerstes zu sagen hätte. Sie kann nicht überzeugen, und deshalb will sie überrumpeln. Sie fühlt genau, daß sie nichts zu sagen hat, und daher dieses äußere Prahlen und Wichtigtun, dem man doch die innere Angst anmerkt. – Mein Vater meint, sagte Enzio, es würde heute zuviel geschaffen, und darum wäre das einzelne schlechter als früher. Jeder hätte immer Angst, der andere könne mehr als er selber, jeder wolle immer mehr vorstellen als er kann und wäre, nur um gehört zu werden. – Natürlich, rief Richard, so ist es auch, dein Vater hat da vollkommen recht! Früher hatte man's nicht nötig, dem Laien seine Ware durch den Namen der Firma akzeptabel zu machen, da machte man das durch die Güte der Ware selbst. Heute muß der arme Laie blind mittun, wenn er nicht für »rückschrittlich« gelten will, und das ist in unseren Tagen über alles gefürchtet. Sieh dir unsere Zeit an: dieselbe Jagd nach dem Erfolg, dieselbe Konkurrenz, dieselbe Überfülltheit wie in allen andern Fächern findest du auch in der Musik. Ich glaube gern, daß ein Mediziner, der wahnsinnig studiert, schneller zum Ziele kommt als andere, und wenn er ein Werk über irgendeine Fachfrage schreiben soll, daß Ehrgeiz und geistige Emsigkeit dem Werke nur zugute kommen. Aber beim Musiker doch nicht! Ich begreife überhaupt nicht, wie in unseren Tagen die Musik noch ihr Dasein fristen kann als wirklich lebende und sich erneuende Kunst. Aber sie ist ja auch danach! wahnsinnig gearbeitet wird heutzutage, jeder schafft drauf los mit Unruhe und Zittern um den Erfolg, nicht um der Sache selbst willen, sondern um sich persönlich durchzusetzen. So kann kein Kunstwerk entstehen! Um ein gutes Werk zu machen – dazu gehört eine gesammelte, ruhige und glückliche Seelenverfassung. Der Gedanke, wie es sich ausnehmen wird, ob seine Wirkung dem eigenen Ehrgeiz genügt, darf während der Zeit in der Seele nicht Raum fassen. Alles und jedes fühlt man dem Werke an, was nicht rein empfangen ist. Das kennen die Heutigen nicht mehr. In aller Stille muß man arbeiten, ohne jeden Wunsch über das Werk hinaus. Es ist ein klägliches und abscheuliches Bild: Feinde sind sie alle untereinander, unsere heutigen Musiker, sobald der Erfolg und die Öffentlichkeit in Frage kommen, und sofort werden aus den Feinden Freunde, und alle halten fest zueinander, sobald es sich um ihre negativen Eigenschaften handelt, die sie unter sich selber und vom Publikum als Vorzüge angesehn wissen wollen: Um ihre Unklarheit, die technischen Manieren, die Tricks, und besonders die Instrumentation, die mit der Musik als Kunst nachgerade nichts mehr zu tun hat. – Enzio schwieg. Dann sagte er: Mir wird angst und bange, wenn ich dich so reden höre! Unwillkürlich denke ich: wenn alle so sind, sind wir dann anders? wir leben doch auch in unserer Zeit, und es ist ganz unmöglich, daß wir nicht etwas von ihr abbekommen haben! – Das ist ja unser Fluch! Man wird nicht umsonst in seiner Zeit geboren! Du wirst noch Kämpfe genug durchmachen müssen! Solche Erkenntnisse, wie ich sie da aussprach, kann man sich nicht durch Mitteilung zu eigen machen, sondern man muß sie an sich durcherleben! Nur langsam und allmählich kann man sich losmachen von den Bleigewichten, die an einem hängen, bis man reif für sich selber geworden ist.

Seine Mutter hatte diese Unterhaltung stillschweigend mit angehört; bei dem letzten Satze sah sie ihren Sohn durchdringend an, mit einem glühenden Schimmer in den Augen.

Richard redete noch eine weile weiter, endlich erhob sie sich langsam und räumte die Schüsseln ab. – Halt! rief er und hielt die Platte mit dem Gänsebraten fest, ich habe ja noch gar nichts gegessen! – Aber Richard! du hast drei große Stücke gegessen! – Richard sah sie verwundert an, dann sagte er trocken: Ist ja nicht wahr. Enzio machte ein belustigtes Gesicht. – Doch, Richard, es ist wahr! Der Rest soll für morgen Mittag sein. Iß noch Gemüse, wenn du Hunger hast; es ist Verschwendung, wenn du jetzt noch Fleisch essen willst! – Also – dann verschwenden wir einmal. – Sie schien diese Antwort nicht zu hören und wollte sich mit dem Braten entfernen. Da sprang er auf, hielt die Schüssel mit beiden Händen fest, trug sie wieder zum Tisch, aß von neuem, kam wieder ins Reden, verwechselte seinen Braten schließlich mit der süßen Speise, die aufgetragen wurde und merkte es erst, als Enzio schallend lachte, wie er ein Stück Fleisch an der Gabel in die Puddingsauce getaucht und in den Mund geschoben hatte.

Höre, sagte Enzio, als er ging, es ist wirklich nicht nett von dir, daß du niemals zu uns kommst. Meine Mutter hat dich nun so oft bitten lassen, und du hast es doch so oft versprochen! – Gut, ich komme. – Sie machten einen bestimmten Tag aus, und Enzio umarmte Richard, der dies liebenswürdig-verwundert hinnahm. Er war dergleichen Zärtlichkeiten nicht gewohnt.

Nun muß ich also doch hin! sagte er, wie Enzio fort war, zu seiner Mutter. So gern wie ich ihn habe, so ablehnend fühle ich gegen seinen Vater. Es reizt mich jedesmal, wenn ich ihn nur irgendwo zu Gesicht bekomme! Er hat so etwas »Wandelndes«, das ich nicht vertragen kann. Merkwürdig, wie Söhne das in sich verfeinern und veredeln, was sie doch irgendwie ererbt haben! Es könnte aus Enzio einmal etwas ganz Bedeutendes werden. Glaubst du nicht? – Vielleicht! sagte seine Mutter gleichgültig. – Magst du ihn nicht? Er ist doch reizend! – Mir ist er zu reizend. Ein Mensch mit so verwöhnten Augen! Den müßte einmal das Leben tüchtig packen! wir werden ja sehen, wer von euch beiden mehr erreicht!

Also er kommt! sagte Enzio zu Caecilie; heute hat er es versprochen, er kommt übermorgen nachmittag. Aber ich habe ihm die Pistole auf die Brust setzen müssen.

Caecilie war froh und glücklich, seit ihr Enzio erzählt hatte, er habe diesen neuen Freund gewonnen; immer wieder hatte sie gesagt: Bring ihn doch einmal mit! und schließlich hinzugesetzt: ich muß doch auch wissen, mit wem du verkehrst! Und als Enzio immer sagte: er will ja kommen, aber es tritt stets etwas dazwischen, oder er geht vielleicht überhaupt nicht gerne unter Menschen – meinte sie: dann scheint er also scheu zu sein? vielleicht vor deinem Vater? – Nein, absolut nicht; ich glaube, er könnte in der allergrößten Gesellschaft sein und wäre doch nicht scheu. Und vor Papa erst recht nicht! Höchstens wäre Papa scheu vor ihm, das wäre möglich. – Na, na! sagte Caecilie, Enzio, du übertreibst wohl ein bißchen! Aber sie freute sich doch über seine jugendliche Begeisterung.

Über seines Vaters Arbeiten hatte Enzio schon früher mit Richard gesprochen und sein Urteil haben wollen. Richard war darin sehr zurückhaltend, hatte gesagt: durchschnittliche Kapellmeistermusik sei seine Oper auf keinen Fall, und dann nach einem Nachdenken hinzugefügt: wirklichen Eindruck hat mir einmal das Thema einer kleinen Arbeit gemacht, die, wenn ich nicht irre, »Ouvertüre« hieß, wenn mir die Durchführung auch weniger gefiel, was wirst du denn so rot? Enzio lachte voll Genugtuung: Dies Thema war von mir selber, aus einer Sache, die ich dann liegen ließ, weil sie mir zu schwer wurde. Und mein Vater sagte: Du kannst es dir zu hoher Ehre anrechnen, mein Sohn, daß ich eine Erfindung von dir herübernehme in ein eignes Werk und daß ich ihr eine so exponierte Stellung gebe! sie einer gründlichen Durchführung für würdig halte!

Als Richard endlich wirklich im Hause des Kapellmeisters erschien, war Caecilie durch Enzios Beschreibungen auf einen solchen Höhepunkt der Erwartung getrieben, daß ihr nächstes Gefühl fast eine Enttäuschung war. Enzio selbst befand sich in einer heimlichen starken Erregung. Er wünschte, daß Richard sogleich irgend etwas Bedeutendes sagen solle, und warf alle möglichen Fragen auf, die er dann seinem Gefühl nach viel zu zahm beantwortete. Daneben beherrschte ihn der Wunsch, daß Richard seinerseits einen warmen, sympathischen Eindruck von seiner Mutter bekommen möge, daß beide sich sogleich möglichst gerne haben sollten. Der einzige gänzlich Unbefangene war Richard. – Enzio brachte die Rede auf ein Adagio, an dem er arbeitete. – Ist das jenes Adagio, fragte Richard, von dem du das Thema pfiffest, als ich dich kennen lernte? – Ja; weißt du das noch? – Natürlich! Es war schön, und deshalb blieb ich auch das zweitemal stehn, als du zuerst stehn bliebst, sonst wäre ich weitergegangen, weißt du es nicht mehr? – Enzio rückte nervös auf seinem Sessel herum: sprich doch nicht davon, das macht mich ganz verlegen! – weshalb denn? – so was muß man doch nicht sagen, wie man sich kennen gelernt hat! – Enzio ist darin wie ein Mädchen! lachte Caecilie. Richard sah sie und dann Enzio an, ohne recht zu begreifen, und fuhr fort: Nur der vorletzte Takt gefiel mir nicht so recht: du machtest die Wendung nach oben, und ich hätte sie zurückgeführt. Er pfiff leise die ganze Melodie. Du hast sie gut behalten! sagte Enzio. Und ist dir jene Stelle gleich das erstemal nicht recht gewesen? – Ja natürlich. – Das erfahre ich nun jetzt erst! dachte Enzio, und wie ich es damals pfiff, dachte ich, daß ihm das Gott weiß wie sehr imponieren müßte! – Caecilie hatte still auf Richard gesehn, dann ebenso still auf Enzio, und dachte jetzt: Gott sei Dank, daß er diesen Freund gefunden hat. Er wird ihn anregen, ihm helfen und nutzen können. –

Nebenan ertönte der Flügel, der Kapellmeister phantasierte. Unwillkürlich dauerte das Schweigen fort, aber Caecilie mußte beinah hell herauslachen, wie sie zufällig auf Richard sah. Dessen Züge hatten, ohne daß er es ahnte, einen Ausdruck angenommen, als ob er sagen wolle: pfui, wie scheußlich.

Sehr bald aber brachen die Töne ab, und der Kapellmeister trat herein: Gibt es denn noch nicht bald Kaffee? – Richard ward ihm vorgestellt. Auch Künstler? fragte er, indem er sich in einen Sessel niederließ und sich die Finger rieb. – Nein! tönte es fest, sicher und fast herausfordernd zurück, so daß er lachte und meinte: Nun, dies ist eine prompte und reinliche Antwort. Enzio runzelte die Stirn.

Höre, sagte der Kapellmeister nach einer Weile weiter, es ist sehr lieb und recht von dir, Enzio, daß du deinen Vater verehrst, aber treibe die Verehrung auch nicht zu weit! Das ist nicht nötig. – Enzio sah ihn fragend an, glaubte zuerst in seinem allgemeinen bösen Gewissen, dies solle Ironie sein, und wartete unbehaglich, was noch folgen würde. – Verehrung, sage ich, ist etwas sehr Schönes, namentlich wenn es sich um die Kunst des Vaters handelt. Aber deshalb brauchst du mich doch nicht höchst wohlwollend zu bestehlen! – wann hätte ich das getan? rief Enzio und sprang auf. – Aber, liebes Kind, es ist gar kein Grund, sich so aufzuregen! Ich spreche von dem Thema mit Variationen, das du gearbeitest hast. Technisch ist alles ganz gut, die Variationen sind solide und tüchtig gemacht, aber im Anfang vom zweiten Teil des Themas sind Takte, die du aus meiner kleinen Nachtmusik genommen hast, die ich vor Jahren schrieb. Ein bißchen verändert, natürlich, aber immerhin noch deutlich genug erkennbar, sogar für Laien. – Enzio verglich sehr schnell im Geist die beiden Themen, dann sagte er: Ach, du großer Gott! in einem Ton, den nur Caecilie richtig deutete, während Richard meinte, es handele sich hier um eine wirklich vorhandene äußere Ähnlichkeit, die wahrscheinlich mit dem inneren Wert gar nichts zu tun hätte, aber immerhin fatal genug sei. Der Kapellmeister hingegen glaubte, Enzio gestehe zerschmettert seine Schuld. So lachte er jovial und sagte: Nun, es bleibt ja unter uns. – Nein, durchaus nicht! rief Enzio, das müssen wir sofort konstatieren, am Klavier! Sein Vater sagte, er habe Appetit auf Kaffee, später sei noch immer Zeit, und fügte hinzu:

Du hast wirklich Ideale. Es freut mich, daß du die Sache über die Person stellst. – Enzio verging die Zeit des Kaffeetrinkens nicht schnell genug, man redete über abgelegene Dinge, Caecilie hoffte schon, die ganze Frage sei vergessen, als er, nachdem sein Vater den letzten Schluck getan hatte, ausrief: So, nun gehen wir hinüber!

Der Kapellmeister spielte zunächst Enzios Thema und dann die einschlägigen Stellen aus seiner kleinen Nachtmusik. Richard saß im Sessel und schwieg. Enzio konnte auch nicht sehn, was er für ein Gesicht machte, denn er hielt von Anfang an die Hände vor die Augen. Caecilie war die erste, die etwas sagte: Man kann das beides nicht vergleichen! – So liebevoll als Gattin wie als Mutter ! rief der Kapellmeister, aber man kann es sehr wohl vergleichen, nun, Enzio, was sagst du? – Ich? gar nichts! – Sein Vater spielte noch einmal die Stellen. Hier wird es bei mir anders, sagte er, indem er sein Spiel verlangsamte und Enzio von unten ansah, in der Meinung, daß ihn an dieser Stelle das Gedächtnis verlassen habe: Elegant und flüssig stieg die Musik langsam in die Höhe, machte eine zierliche Wendung in eine neue Tonart, wo sie sich dann wiederholte und ordnungsgemäß zum Abschluß kam. – Enzio hörte still zu. – Ich sehe jetzt, sagte er etwas resigniert, wo die Ähnlichkeit liegt. Aber wenn du es mir nicht gesagt hättest, so wäre ich nie darauf gekommen. Deins gefällt mir beinah besser, wenigstens ist es abgerundet und in seiner Weise vollendet. – Von Richards Sessel her tönte ein halb mißmutiger Laut, der mitten in sich selbst abbrach. Er trommelte leise mit dem Finger auf dem Lederpolster, als aber der Kapellmeister wieder seine Rede anhub und Enzio väterliche und zugleich lehrhaft-duldsame Ermahnungen gab, erhob er sich plötzlich und ging dann langsam auf ihn zu, indem er ihm aufmerksam in die Augen blickte, wie wenn er den Moment abwarte, wo er selber reden und etwas ganz Gegenteiliges sagen wolle. – Nun? fragte der Kapellmeister, was will dieser blonde junge Kämpe? – Mir gefällt, so sagte Richard, weder das eine noch das andere. Aber eine Ähnlichkeit ist nicht da! Enzios Thema ist etwas ganz in sich Geschlossenes. Man kann unmöglich die zwei Takte herausnehmen und mit irgendwelchen andern, fremden Takten vergleichen. Hauptsache ist, wie etwas drinsitzt! wüßte ich nicht, daß er diese Komposition jetzt erst gemacht hat, so würde ich noch eher glauben, daß die Anleihe auf seiten der kleinen Nachtmusik besteht. – Oho! rief der Kapellmeister und maß ihn von Kopf bis zu den Füßen, das ist eine kühne Sprache!

Diesen Menschen mag ich nicht! sagte er später, als Richard gegangen war; dann fügte er geringschätzig hinzu: Übrigens bin ich fest überzeugt, daß er selber komponiert, er hat so was im Blick. – Aber ich mag ihn gern! sagte Caecilie lebhaft, und grade die Unbekümmertheit, mit der er seine Meinung dir gegenüber herausgesagt hat, ist mir sympathisch. – Wohl auch sein langer Hals? Der hat doch direkt etwas Säulenartiges! – Jawohl, denn er weiß auch, was er zu tragen hat!

Richard kam nun oft zu Enzio. Der bat ihn noch zuweilen, eigene Kompositionen vorzuspielen, aber immer antwortete er: was ich habe, ist nicht fertig genug. – Aber meine Kompositionen find doch auch nicht »fertig«, warf Enzio ein, und ich spiele sie dir doch vor! – was für den einen paßt, antwortete Richard, paßt nicht für den andern.

Dabei blieb es, und Enzio fand sich damit schließlich ab. In der ersten Zeit ihrer Bekanntschaft meinte er, jene Kompositionen seines Freundes müßten sehr bedeutend sein. Dann aber, als seine Neugier nie befriedigt wurde, dachte er: wahrscheinlich sind sie doch nicht so enorm! da er sich durchaus nicht vorstellen konnte, daß jemand hartnäckig sein Talent verborgen halten könne, wenn es wirklich sehr bedeutend sei. Er sagte das auch zu Caecilie, aber die schüttelte den Kopf und meinte: Das sagt gar nichts.

Auch zwischen ihr und Richard herrschte bald ein freundschaftlicher, warmer Ton. – Er scheint nicht viel mit Frauen umzugehn! rief sie einmal lachend, als er in einem Regenwetter grade gegangen war. Sie hatte die Absicht gehabt, ihn zu begleiten, um Besorgungen zu machen, konnte ihre Gummischuhe nicht finden und sagte: Ohne Gummischuhe gehe ich nicht – worauf Richard mit zögernder Stimme meinte: Wenn ich Ihnen vielleicht meine Gummischuhe anbieten darf? Da hatte sie ihn erst angesehn, als solle dies ein Witz sein, bis er hinzusetzte: Es macht mir gar nichts, ich habe sehr dicke Stiefel an.

Richard sagte einmal zu Enzio: Du hast mir erzählt, deine Mutter sei früher viel frischer gewesen, viel lebhafter und lebensfroher, und du sagtest, es ruhte wie ein Alp auf eurer Familie; davon merke ich nicht das Geringste. – Dir gegenüber, antwortete Enzio, ist sie auch anders, seitdem du in unserm Haus verkehrst, ist eine frischere Luft hineingekommen. Aber du hast sie früher nicht gekannt. Es ist, als habe ihr Leben irgendwie einen Bruch bekommen. Ich weiß genau, wann das anfing. Das war, als sie einmal zu einer todkranken Schwester reiste, die dann wieder gesund geworden ist. Von der Zeit an – so scheint es mir, wenn ich darüber nachdenke, ist sie anders geworden. Ich habe manchmal schon gedacht, ob wohl zu Hause irgend etwas vorgefallen sei. Aber wie ich sie einmal danach fragte, sagte sie: Auf was für blödsinnige Gedanken kommst du, Enzio. Da war ich natürlich beleidigt und habe seit der Zeit nie mehr danach gefragt. Das war sehr bald nach jener Reise, zu der Zeit, wie meines Vaters erste Oper aufgeführt ward. Manchmal ist sie ja auch wieder so vergnügt wie früher, aber im Grunde ist sie doch ganz anders. – vielleicht, sagte Richard, macht sie sich um dich Sorge. Früher hat sie, wie du mir erzählt hast, einen großen Ehrgeiz auf das Schaffen deines Vaters gesetzt, hat dann eine Enttäuschung erlebt und bangt nun vor einer zweiten, die sie viel schmerzlicher treffen würde, denn sie liebt dich, scheint mir, über alles. – Ja, das ist wahr, sagte Enzio nachdenklich, aber ich glaube nicht, daß es das sein kann. Ob es wohl doch irgendwie mit meinem Vater zusammenhängt? Er kommt mir manchmal vor, als wenn ihm seine Familie vollkommen gleichgültig wäre.



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