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Tausend und eine Nacht. Band VII
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Der Chalife El-Mutawakkil und seine Geliebte Mahbûbe.

Ferner erzählt man, daß sich in dem Palaste des Fürsten der Gläubigen El-Mutawakkil alá-llāhTraugott. viertausend Konkubinen befanden, von denen zweihundert Griechinnen und zweihundert Einheimische von unfreien Eltern und Abessynierinnen waren; und Ubeid, der Sohn des Tâhir, hatte El-Mutawakkil vierhundert Sklavinnen, zweihundert weiße und zweihundert abessynische und einheimische, geschenkt. Unter diesen einheimischen Sklavinnen befand sich ein Mädchen aus Basra, Namens MahbûbeDie Geliebte., welches alle andern an Schönheit, Anmut, Eleganz und verführerischen Reizen übertraf. 154 Außerdem spielte sie die Laute und sang entzückend, machte Verse und schrieb eine schöne Hand, so daß sich El-Mutawakkil sterblich in sie verliebte und keine Stunde getrennt von ihr zu leben vermochte. Als sie aber sah, wie sehr er sie liebte, wurde sie übermütig durch diese Huld und behandelte ihn anmaßend, so daß er bitterböse auf sie wurde und sie mied und allen Palastbewohnern verbot mit ihr zu reden. In dieser Weise hatte sie schon mehrere Tage zugebracht, während El-Mutawakkil ihr immer noch zugethan war, als er eines Tages aufstand und zu seiner Umgebung sagte: »Mir träumte heute Nacht, ich hätte mich mit Mahbûbe ausgesöhnt.« Und die Höflinge erwiderten ihm: »Wir beten zu Gott, dem Erhabenen, daß dies Wirklichkeit sei.« Während sie noch miteinander redeten, kam eine Dienerin herein und flüsterte El-Mutawakkil eine Neuigkeit zu, worauf er sich von seinem Sitz erhob und in den Harem begab. Die Dienerin hatte ihm nämlich zugeflüstert: »Wir haben aus Mahbûbes Gemach Gesang und Lautenspiel gehört und wissen nicht den Grund hiervon.« Als er nun zu ihrem Gemach kam hörte er sie auf der Laute eine süße Weise spielen und ihr Spiel mit dem Gesang folgender Verse begleiten:

Ich wandre durchs Schloß und schaue keinen,
Dem ich mein Leid klagte und der mit mir spräche.
Mir kommt es vor, als hätte ich eine Sünde verbrochen,
So groß, daß es keine Reue giebt, durch die ich sie sühnen könnte.
Ist keiner ein Fürsprecher für uns beim König,
Der mich im Schlaf besuchte und mir verzieh?
Doch als der Morgen graute, verließ er mich,
Und zürnte mir wieder und trennte sich von mir.

Als El-Mutawakkil ihre Worte vernahm, trat er, verwundert über ihre Verse und dieses merkwürdige Zusammentreffen ihres Traumes mit dem seinigen, in ihr Gemach ein. Sobald er aber eingetreten war und sie es bemerkte, erhob sie sich eilends, warf sich mit Küssen über seine Füße und rief: »Bei Gott, mein Herr, mir träumte dieses heute Nacht, und als ich erwachte, machte ich diese Verse.« Da erwiderte 155 er ihr: »Bei Gott, ich träumte den gleichen Traum.« Alsdann umarmten sie einander und söhnten sich wieder aus, und El-Mutawakkil blieb sieben Tage und Nächte bei ihr. Mahbûbe hatte aber El-Mutawakkils Vornamen, welcher Dschaafar lautete, mit Moschus auf ihre Wange geschrieben; und als er dieses sah, improvisierte er die Verse:

Mit Moschus schrieb sie den Namen Dschaafar auf ihre Wange,
Mein Leben für sie, die ihre Wange mit diesem Namen beschrieb!
Haben ihre Finger auf ihre Wange nur eine Zeile geschrieben,
So gruben sie viele Zeilen tief in mein Herz.
O du, die Dschaafar allein von allen Geschöpfen besitzt,
Gott tränke Dschaafar mit einem Bach von deinem WeinHier liegt ein Wortspiel zu Grunde, indem Dschaafar auch der Bach heißt. Ihr Wein ist das Glück der Liebe, das sie gewährt.! –

Als El-Mutawakkil starb, vergaßen ihn alle seine Sklavinnen, bis auf Mahbûbe, –

Dreihundertunddreiundfünfzigste Nacht.

welche die einzige war, die ihn betrauerte, bis sie starb und an seiner Seite bestattet wurde. Gottes Barmherzigkeit auf beide.

 


 


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