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Die Widmung zu dem Lustspiel »Ein idealer Gatte«

Folgenden Brief erhielt ich von Oscar – soviel ich weiß – zu Anfang des Jahres 1899. Er stammt aus dem Frühling, der auf den gemeinsam in La Napoule verbrachten Winter folgte.

Von M. Sebastian Melmoth,

Gland, Kanton Waadt, Schweiz.

Mein lieber Frank!

Ich befinde mich, wie Du aus obenstehender Adresse ersiehst, bei M. in der Schweiz: eine ziemlich abscheuliche Zusammenstellung. Die Villa ist hübsch und liegt, von hübschen Kiefern umgeben, an den Ufern des Sees; auf der anderen Seite liegen die Savoyer Berge und der Montblanc. Mit dem Bummelzug ist's nur eine Stunde bis Genf. Aber M. ist langweilig, und es fehlt ihm an Unterhaltungsstoff. Außerdem setzt er mir Schweizer Wein vor, der ganz schrecklich ist. Er beschäftigt sich mit kleinlichen Wirtschaftsersparnissen und minderwertigen häuslichen Interessen, so daß ich sehr viel zu leiden habe. Mein Feind heißt Ennui.

Ich möchte wissen, ob Du mir erlaubst, Dir mein nächstes Theaterstück »Der ideale Gatte« zu widmen, das Smithers in meinem Auftrage und in derselben Form veröffentlicht wie die anderen, von denen Du hoffentlich Dein Exemplar erhalten hast. Ich würde so gern Deinen Namen mit einigen Worten auf das Widmungsblatt setzen.

Mit Freude und Sehnsucht gedenke ich des herrlichen Sonnenlichtes an der Riviera und des reizenden Winters, den Du mir in so großmütiger und freundlicher Weise bereitet hast: es war sehr gut von Dir. Wie könnte ich das je vergessen!

In der nächsten Woche soll ein Petroleumboot hier eintreffen, und das wird mir ein kleiner Trost sein, denn ich bin mit Vorliebe auf dem Wasser. Und das Savoyer Ufer ist mit hübschen Dörfern und grünen Tälern besät.

Selbstverständlich haben wir unsere Wette gewonnen, – die Bemerkung über Shelley steht in Arnolds Vorwort zu Byron. Aber M. will sie mir nicht bezahlen! Er leidet Todesqualen um einen Franken. Das ist sehr ärgerlich, da ich seit meiner Ankunft hier kein Geld bekommen habe. Immerhin betrachte ich diesen Wohnsitz als eine Schweizer Pension – ohne Wochenrechnung …

Stets der Deinige

Oscar.

Ich glaube, daß ich den Brief beantwortet habe, weiß es aber nicht genau. Natürlich war ich sehr erfreut, daß gerade das Lustspiel »Ein idealer Gatte« mir gewidmet sein sollte, weil ich Oscar die Anregung zu dem Stoff gegeben hatte, – ohne daß der Stoff im eigentlichen Sinne mein Eigentum war. Ich hatte ihn von einem interessanten und gescheiten Amerikaner in Kairo – einem gewissen Cope Whitehouse – übernommen, wie es hier in diesem Buche geschildert worden ist. Die Geschichte, die Whitehouse mir erzählte, ist vielleicht nicht wahr. Aber mein Geist griff mit Freuden den Gedanken an eine Geschichte auf, in der einem englischen Minister eine derartige Jugendsünde vorgehalten wird. Und ich hatte an dem mündlichen Bericht kaum etwas ergänzt, als ich Oscar die Geschichte erzählte, der sie fast unverzüglich in sehr wirksamer Weise verwertet hat. Widmungsworte sind gewöhnlich ebenso schmeichelhaft wie Grabschriften. Die Widmung zum »Idealen Gatten« lautet:

 

Frank Harris
als bescheidene Huldigung
für seine Größe und Bedeutung
als Künstler,
für seine Ritterlichkeit und Vornehmheit
als Freund
zugeeignet.


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