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Die Witwe Ihlen hatte ein kleines Haus am Haegdehangen. Sie lebte mit ihrem Sohn und ihren beiden Töchtern von dem Gelde, das sie auf verschiedene Weise verdiente, meist durch feine Handarbeiten; überdies hatte sie noch ihre kleine Pension. Frau Ihlen war eine geschickte und sparsame Frau, die mit ihren Mitteln auszukommen verstand, selbst wenn sie gering waren, und vom Morgen bis zum Abend war sie froh und zufrieden. Hatte sie nicht beim letzten Umzugstermin das Glück gehabt, einen festen Mieter für ihr Eckzimmer zu bekommen, ein Mann, der genau auf die Stunde bar bezahlte und außerdem sehr angenehm war! Gott sei Dank, jetzt war die ärgste Sorge vorüber! Im Anfang, als die Kinder klein waren und der Sohn sein Studium hatte, war es oft mühsam gewesen, sich durchzuschlagen, jetzt war das aber vorüber, Fredrik war Kandidat geworden und die beiden Töchter konfirmiert.
Witwe Ihlen ging hastig aus und ein, ordnete, wischte Staub, kochte und verwandte jeden freien Augenblick, um ein paar Stiche an einer Stickerei zu machen. Heute war auch eine ungewohnte Ruhelosigkeit über sie gekommen; sie wußte, daß Friedrich den ersten Versuch nach seinem Examen machte, Geld zu verdienen, und nun kam es darauf an, wie es ihm erging. Wenn Friedrich erst allein für sich sorgen konnte, war das ganze Haus obenauf; sie konnte sich's nicht verhehlen, daß in ihrer Wohnung alles anfing, einen gewissermaßen ausgehöhlten Wohlstand zu verraten; neue Stickereien auf altem Holzwerk, und gesprungene und ramponierte Ofen und Betten. Aber das würde mit der Zeit wohl besser werden.
Übrigens blieb Fredrik merkwürdig lange fort. Gegen elf war er mit Bondesen fortgegangen, aber noch war er nicht zurückgekommen, und das Essen stand auf dem Herd und verbriet. Es war sechs Uhr; der Zimmerherr war schon zu ihnen ins Zimmer gekommen und plauderte wie gewöhnlich mit den Töchtern. Ja, er war wirklich ein bequemer Zimmerherr, dieser Herr Höjbro. Er war den ganzen Tag in eigenen Geschäften aus dem Hause; vormittags tat er seine Arbeit in der Bank, besuchte die Bibliotheken, ging seine eigenen Wege, und wenn er abends nach Hause kam, setzte er sich oft mit einem Buch oder einigen Papieren, die er durchstudierte, zu der Familie ins Zimmer. Frau Ihlen hatte ihn selbst um seinen Besuch gebeten, und damit hatte sie ihre Absichten gehabt; denn wenn Herr Höjbro bei ihnen war, sparte sie unterdessen Licht und Heizung, und dann war es auch eine Annehmlichkeit für die Mädchen, die er manches lehrte. Außerdem noch die Sache mit dem Rad, das er Charlotte verehrt hatte. Ja, sie konnte wirklich keinen besseren Zimmerherrn bekommen, und sie wollte alles tun, um ihn zu behalten.
Die Töchter saßen jede bei ihrer Arbeit und waren fleißig. Charlotte war groß und üppig, mit rötlichem Haar und voller Büste; ihr Teint war ganz merkwürdig klar, mit winzigen roten Fleckchen und anmutiger, samtartiger Weichheit. Sie hatte bereits einen Namen in Sportskreisen, durch ihre Bekanntschaft mit Endre Bondesen und ihr eigenes schönes Radfahren. Schwester Sofie war um zwei Jahre älter, war aber minder entwickelt und schielte ganz unbedeutend. Von dieser jungen Dame wußte übrigens die ganze Stadt eine Geschichte.
An einem dunklen Abend war ein Herr vor dem Skulpturenmuseum auf und ab gegangen mit dem festen Entschluß, eine Dame nach Hause zu begleiten; der Herr war Ole Brede, Leporello, aber er hatte den Rockkragen aufgeschlagen, so daß keiner ihn kannte. Er begegnet auch einer Dame und grüßt, und die Dame dankt.
Ob er sie begleiten dürfe?
Ja, das dürfe er.
Und die Dame führt den Mann durch Gassen und Gäßchen, zu einer Freundin, die gerade Gäste hatte.
Hier wohne sie, sagte die Dame, nun gelte es, vorsichtig nach oben zu kommen.
Und der Mann zieht die Stiefel aus und geht auf den Zehen die Treppen hinauf.
Im dritten Stock halten sie an, die Entreetür ist offen, und sie treten ein.
Plötzlich öffnet die Dame die Zimmertür, reißt sie weit auf und stößt den Herrn vor sich hinein. Das Zimmer ist hell erleuchtet und voller Gäste.
Und die Dame zeigt auf den armen Mann, der mit den Stiefeln in der Hand dasteht und verwirrt die Gesellschaft ansieht. Sie sagt:
»Dieser Mann hat mich auf der Straße angesprochen.«
Das war genug; ihre Freundinnen schrien: Gott, hat er dich wirklich auf der Straße angesprochen! Als sie sich aber ein wenig erholt hatten, sahen sie, wen sie vor sich hatten, und eine nach der andern stieß verblüfft Leporellos Namen hervor.
Nun sah der Herr ein, daß er nichts Besseres tun könne als verschwinden, und er verschwand.
Die Dame aber, an die er geraten, war Sofie Ihlen.
Da sah man nun, mit was für Leuten Lynge, dieser freisinnige Redakteur, Umgang hatte! Wie würde er sich aus dieser Affäre ziehen? Natürlich über das Ganze schweigen! –
Tags darauf stand der Vorfall diskret in den Nachrichten unter der Überschrift: Mutige, junge Dame. Es sei ausgezeichnet gehandelt gewesen, sagten die Nachrichten, eine nachahmungswürdige Tat. Möchte sie »unsere jungen Damen zu höheren Zielen anspornen!«
Ja, zu höheren Zielen.
Diese kleine sympathische Notiz übte mit einemmal größere Wirkung in der Ihlenschen Familie als sämtliche freisinnigen Argumente Endre Bondesens zusammen genommen; von diesem Tage an wurde es ihm nicht mehr verboten, die Nachrichten ins Haus zu bringen. Was war dieser Lynge doch für ein Redakteur! Bei diesem charakterfesten Manne galt kein Ansehen der Person, er verleugnete sogar seinen teuren Leporello aufs strengste, wenn es not tat …
Und die beiden Schwestern nähen mit fleißigen Fingern, während die Mutter ab und zu geht, und Herr Höjbro dasitzt und sie beobachtet. Er ist ein Herr von dreißig Jahren, mit beinahe kohlschwarzem Haar und Bart, aber mit blauen Augen, und diese Augen blicken einen eigentümlich und verschleiert an. Dann und wann hebt er in der Zerstreuung bald die eine, bald die andere seiner schweren Schultern. Er sieht imponierend aus und erscheint fremdartig auf Grund seines dunklen Gesichts.
Leo Höjbro war für gewöhnlich sehr still und bescheiden; manchmal sagte er nur das allernotwendigste, worauf er wieder in sein Buch niedersah und an irgend etwas zu denken begann. Wenn er aber zwischendurch einmal in Eifer geriet, flammten seine Rede und sein Blick auf, und er zeigte merkwürdig tiefe Kräfte. Dieser Mann war übrigens seit zwölf Jahren Student und borgte seinen Freunden hie und da eine Krone, wenn es galt. So war er. Seit fünf Monaten wohnte er bei Ihlens.
Die Damen seien stets gleich fleißig, sagte er.
O ja, man mußte sich ja dazuhalten.
Was es denn sei, wenn er fragen dürfe?
Ein Teppich. Hübsch, nicht wahr? Er sollte auf die Ausstellung. Und wenn er fertig, sollte jeder von ihnen ein billiger Wunsch erfüllt werden, das hatte Mama ihnen versprochen. Charlotte wollte ein kurzes, ganz einfaches Sportkleid haben.
»Und Fräulein Sofie?«
»Ein Sparkassenbuch über 10 Kronen,« antwortete Sofie.
Dann las Höjbro wieder in seinem Buche.
Ein blaues Sportkleid, beginnt Charlotte wieder, und Höjbro sieht sie an.
Ja, was?
Ach, gar nichts. Sie würde also endlich mal ein neues Kleid anhaben, wenn sie fuhr.
Höjbro murmelt etwas, daß der Sport ungeheuer um sich greife. Es gab also sozusagen bald gar keine andern Menschen, als solche, die auf irgend etwas herumfahren konnten.
So? Ja, das sei dann wohl die Zeit, die Entwicklung. Was denn übrigens Herrn Höjbros Ideal von einem jungen Mädchen sei; ob er das nicht sagen wolle? Eine Dame, die ging, nur ging, trippelte?
Nein, das könnte er nicht so genau sagen. Aber er sei einmal Hauslehrer in einem Hause gewesen, an das er seitdem immer gedacht habe. Auf dem Lande; man hatte dort keine lauwarmen Bäder und Karl Johannstraßenstaub und aufgeputzte Möpse um sich, aber die jungen Damen waren heiß und feurig, voll Kraft und herzlichen Lachens vom Morgen bis zum Abend. Es wäre ihnen vielleicht schlimm ergangen, wenn man sie in gelehrten Gegenständen examiniert hätte; er sei beinahe sicher, daß sie nichts von den fünf Perioden der Erde oder den acht Arten der Moneren gekannt hätten, – aber, Gott im Himmel, wie ihre Pulse schlugen und ihre Augen strahlten! Ja, wie unkundig sie im Kunstsport waren, die Kleinen! Eines Abends erzählt die Mutter ihnen, daß sie einmal einen Ring mit einem Stein gehabt, den sie jetzt verloren habe; sogar ein blauer Stein, Gott weiß, ob er nicht sogar ganz echt gewesen, und der Ring war ein Geschenk. Da sagt Bolette, die älteste der Töchter: Wenn du den Ring jetzt noch hättest, Mutter, so hätte ich ihn wohl bekommen? Ehe die Mutter aber noch antworten konnte, schmiegt Thora sich zärtlich an sie und sagt, dann hätte sie ihn doch wohl bekommen? Und denken Sie nur, da fangen die beiden Schwestern an zu zanken und zu schmollen und entzweien sich förmlich darüber, wer von ihnen den Ring geerbt hätte, wenn er nicht fortgekommen wäre. Und durchaus nicht, weil die eine der andern den Ring nicht gegönnt hätte, sondern weil jede im Herzen der Mutter am höchsten stehen wollte.
»So?« sagt Charlotte erstaunt; »war es so außerordentlich ideal, daß die beiden Schwestern anfingen, sich zu zanken?«
Herrgott, sie hätte es nur selbst sehen sollen! entgegnet Höjbro. Es ließ sich nicht wiedererzählen, so rührend war es. Schließlich sprach da die Mutter zu beiden: Hört, Kinder, seid ihr närrisch? Bolette und Thora zanken sich? – Wir zanken uns? rufen beide und springen auf und umarmen sich. Da lagen sie Brust an Brust, die erwachsenen Kinder, und außerdem begannen sie einen Ringkampf, so daß sie beide auf den Boden rollten. Nein, sie waren nicht erzürnt, sie lachten vor Freude.
Darauf entsteht eine Pause im Gespräch. Sofiens Nadel geht heftig, plötzlich steckt sie sie fest, schleudert ihre Arbeit auf den Tisch und sagt:
»Solche albernen Mädchen vom Lande!«
Darauf ging Sofie hinaus.
Und wieder entsteht eine Pause.
»Sie haben mir übrigens das Rad selbst geschenkt, Höjbro,« sagt Charlotte gedankenvoll.
»Ach … habe ich Sie jetzt beleidigt? Wenn Sie kein Rad hätten, würde ich Ihnen wieder eins schenken, wenn Sie es wünschten. Hoffentlich glauben Sie mir. Mit Ihnen ist das eine andere Sache, an Ihnen finde ich natürlich nichts unrecht. Wenn Sie wüßten, wie froh ich bin, wenn ich Sie sowohl fahrend, wie … wie hier im Zimmer sehe! Es ist mir gleichgültig, wo Sie sind.«
»Still! Nein, Höjbro!«
Sofie kommt wieder ins Zimmer.
Höjbro starrt in sein Buch. Unruhige Gedanken fuhren ihm im Kopf umher. Hatte er Charlotte denn wirklich gekränkt, sie, die die letzte war, die er kränken wollte! Und er hatte nicht einmal Zeit gehabt, sie um Verzeihung zu bitten. Und beständig tauchte diese Radgeschichte wieder auf, diese unglückselige Radgeschichte, die ihm so viele unruhige Stunden gekostet hatte. Ja, es war wahr, er hatte ihr das Rad verehrt, und er hatte seinen niederträchtigen Streich mit offenen Augen begangen. Als er ihr nämlich in einer fröhlichen Stunde das Rad versprochen und sie damit strahlend glücklich gemacht hatte, mußte er selbstverständlich sein Versprechen halten. Er selbst hatte nicht die Mittel, nicht die ganzen Mittel; wie hätte er auch soviel Geld im Kasten liegen haben sollen? Kurz und gut, er hatte sich das Geld geborgt, hatte es in der Bank bekommen, in der er angestellt war, hatte es auf ein paar gute Namen bekommen, kurzum, auf gefälschte Namen. Aber niemand hatte den Streich entdeckt, niemand hatte ihn gefaßt, die Namen wurden angenommen, das Papier verwahrt und das Geld ausbezahlt. Und später hatte er bezahlt und bezahlt, getreulich jeden Monat, Gott sei Dank, es blieb nur noch wenig mehr als die Hälfte, und er würde auch künftighin ebenso ehrlich bezahlen. Ja, und mit Freude im Herzen wollte er's tun; denn nur einmal hatte er Charlottens Augen vor Freuden strahlen sehen und das war, als sie das Rad bekam. Und niemand, nein, niemand sollte das allergeringste entdecken!
»Daß Fredrik nicht kommt!« sagte Sofie.
»Fredrik hat uns Theaterbillette versprochen, wenn es ihm heute gut geht,« erklärte Charlotte.
Höjbro legt den Finger als Lesezeichen zwischen die Blätter und blickt auf.
»So? Also deshalb waren die Damen so ungeduldig? Haha!«
»Nein, nicht deshalb. Pfui, wie können Sie das glauben!«
»Nein, nein, aber deshalb auch. Ja, ja, weshalb sollten Sie auch nicht?«
»Gehen Sie nicht ins Theater?«
»Nein.«
»Nicht? Sie gehen nicht ins Theater?« fragt auch Sofie.
»Ach nein, ich gehe nicht.«
»Aber weshalb nicht?«
»Oh, hauptsächlich, weil es mich langweilt. Für mich ist das die elendeste Albernheit. Ich bin der kindischen Narretei so müde, daß ich mitten im Parkett aufstehen und vor Widerwillen heulen könnte.«
Diesmal ist Sofie nicht beleidigt. Mit einem Manne von so mangelhafter Bildung mußte man Mitleid haben.
»Sie Ärmster!« sagt sie.
»Ja, ja, ich Ärmster!« sagt er und lächelt.
Jetzt klangen endlich Schritte im Entree, und gleich darauf traten Fredrik und Bondesen ein. Sie hatten vielleicht ein paar Gläser getrunken; sie waren aufgeräumt und erfüllten das ganze Zimmer mit ihrer ausgezeichneten Stimmung.
»Gratulieren Sie uns!« rief Bondesen sofort.
»Nein wirklich? Gut abgelaufen?«
»Nein, nein,« erwidert Fredrik, »darüber wissen wir noch nichts. Er hat das Manuskript behalten.«
»Ich sage Ihnen, meine Damen, das ist dasselbe, als ob er es annimmt. Das ist so der Brauch. Ich sage das, ich, Endre Moohr Bondesen! So!«
Dann kam Frau Ihlen, und Fragen und Antworten schwirrten durcheinander. Nein, danke, sie wollten nichts mehr essen, sie hatten zur Feier des Tages im Grand gespeist; weniger konnten sie doch gar nicht tun. Sie hatten auch eine Flasche mitgebracht, und nun wollten sie einfach darauf trinken.
Und Bondesen holt die Flasche, die draußen in der Tasche seines Überziehers steckt.
Höjbro steht auf und will verschwinden, aber die Frau ruft ihn zurück. Alle wurden lebendig, tranken, stießen an und sprachen lebhaft.
»Was lesen Sie da?« fragte Bondesen. »Wie, Staatsökonomie?«
»Ja, es ist nichts Besonderes,« antwortet Höjbro leise.
»Sie lesen wohl viel?«
»Nein, das nicht; ich lese nicht viel, nicht besonders viel.«
»Nein, jedenfalls lesen Sie nicht die Nachrichten. Ich begreife gar nicht, wie jemand das Blatt nicht lesen kann. Aber wissen Sie was: die, die am eifrigsten behaupten, daß sie die Nachrichten nicht lesen, lesen sie gerade am meisten, wie ich gehört habe; ja, wenn ich mich nicht irre, habe ich es vom Blatte selbst erfahren. Nein, das gilt nicht von Ihnen, Gott bewahre! Prosit! Nein, Gott bewahre, von Ihnen gilt das nicht. Aber sagen Sie mir mal, was haben Sie eigentlich gegen die Nachrichten?«
»Ich habe eigentlich gar nichts gegen die Nachrichten, mögen sie gelten, für was sie wollen. Ich lese sie nur nicht mehr, ich habe das Interesse für sie verloren; mich dünkt, es ist ein lächerliches Blatt.«
»Nun sieh mal einer? Aber nicht wahr, es ist auch nicht das leitende Blatt in der Politik? Es hat auch wohl keinen Einfluß? Es hat sich wohl gedreht und gewunden und auf alle mögliche Weise Schaden angerichtet? Haben Sie je gesehen, daß Lynge um einen Zoll gewichen ist?«
»Nein, das weiß ich nicht.«
»Das wissen Sie nicht. Aber man sollte doch eigentlich wissen, über was man spricht. Na, entschuldigen Sie.«
Bondesen war in guter Laune und sprach laut und mit lebhaften Gesten; nichts vermochte ihm Einhalt zu tun.
»Sind Sie heute Rad gefahren, Fräulein?« fragte er. »Nein? Aber Sie sind ja auch gestern nicht gefahren. Man muß eifrig dabei sein, mit Ihren prächtigen Anlagen muß man nicht locker lassen. Wissen Sie was: Liebling muß zwei Stunden am Tage spielen, wie ich höre, um in Übung zu bleiben. So geht es auch mit dem Sport, man muß ihn täglich üben. Prosit Ihlen! alter Kamerad! Dir würde es auch gut tun, wenn du aufs Rad kämst, übrigens hast du heute bewiesen, daß du auch zu anderen Dingen taugst. Nun, wollen wir nicht ein Glas auf Fredrik Ihlens Debüt leeren, auf die Erstgeburt seines Geistes? Prosit!«
Er rückte näher zu Charlotte und sprach gedämpft. Sie müsse wirklich hinaus aus dem Hause, sonst würde sie auch noch zur Staatsökonomie übergehen. Und als Charlotte ihm erzählte, daß sie ein neues blaues Kleid bekommen würde, war er entzückt und sagte, er sähe sie wirklich schon im Geiste. Und wenn er doch die Ehre haben könnte, sie an jenem Tage zu begleiten! Er bat sie darum, und sie versprach es. Zuletzt sprachen sie beinahe leise, während die übrigen im ganzen Zimmer plauderten.
Es wurde elf Uhr, ehe Bondesen sich erhob, um nach Hause zu gehen. Noch in der Tür drehte er sich um und sagte:
»Du mußt ein Auge auf deine Abhandlung haben, Ihlen. Du kannst sie ebensogut schon morgen wie irgendeinen anderen Tag finden; vielleicht ist sie schon in die Druckerei gewandert.«