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9. Von St. Louis nach Arkansas

In St. Louis hielt ich mich diesmal nur wenige Tage auf, und zwar nahm ich Passage auf dem Memphis-Paketboot, um von letzterer Stadt aus wieder in die alten Sümpfe von Arkansas einzutauchen und, mit der Büchse auf der Schulter, zu sehen, wen ich dort wohl noch von alten Freunden finden würde.

Der Fluß war sehr niedrig, und wenn auch unser ziemlich großes Boot nur 4½ Fuß tief im Wasser ging, so zeigte es sich doch zwischen den überall zutage liegenden Sandbarren und den im Fluß eingeschwemmten Baumstämmen – sogenannten snags – so ungemein schwierig, das richtige Fahrwasser zu treffen, daß wir auch wirklich zwei Abende hintereinander fest aufliefen und die ganze Nacht dazu gebrauchten, um nur wieder loszukommen.

Um das zu bewerkstelligen, haben die amerikanischen Dampfboote in jetziger Zeit – denn früher war sie auf keinem derselben eingeführt – eine ganz besondere und zweckmäßige Vorrichtung, vermittelst welcher sie sich – wenn aufgelaufen – wieder abschieben können. Dieselbe besteht in sogenannten spars, die auf beiden Seiten des Vorderteils am Boote angebracht sind und aufrecht neben daselbst von einem Flaschenzug gehaltenen und beweglichen »Bäumen« stehen.

Rennt das Boot auf, so werden die letzteren etwas nach vorn übergebogen, die spars über Bord gelassen und eingestemmt, und dann ein Tau um das durch Dampf getriebene Gangspill gelegt, das eine gewaltige Kraft ausübt und die starken spars oft dermaßen biegt, daß man wirklich glauben möchte, eine solche Kraft müsse den Kiel des Bootes selber vom Boden abreißen. Aber sie heben auch zugleich den Bug des Dampfers, und Zoll für Zoll fast wird derselbe dem tieferen Wasser wieder zugedrückt, bis die Maschine nachhelfen kann und die Räder das festgerannte Boot entweder über die Sandbank wegtreiben oder dasselbe, wenn das nicht möglich sein sollte, wieder zurückziehen und dadurch flott bringen.

Die Dampfer des Mississippi sind wirklich mit jeder nur möglichen Bequemlichkeit ausgestattet. Ein langer, breiter Salon, so groß wie das ganze Boot, läuft von vorn nach hinten, und der hintere, durch einen Vorhang geschiedene Teil desselben ist ausschließlich nur für die Ladies reserviert, die denn auch dort gewöhnlich auf einem durch die stete schlechte Behandlung sehr verstimmten Pianino einen permanenten musikalischen Spektakel unterhalten. Derselbe beschränkt sich – mit nur sehr wenigen Ausnahmen – auf geistlos abgeklapperte Tänze und kleine Lieder, und nur manchmal ist eine der jungen Ladies (beim Himmel, man soll den Teufel nicht an die Wand malen, denn eben beginnt die eine wieder!) boshaft genug, auch noch dazu zu singen, wonach man denn, mit weiter keiner Beschäftigung, am vernünftigsten tut, hinaus auf den Vorbau des Bootes zu gehen und seine Zigarre zu rauchen. Unterdessen tobt da drinnen der See aus.

Die Beköstigung an Bord ist vortrefflich und reichlich, und die Preise der Fahrt sind – besonders für amerikanische Verhältnisse – nicht übertrieben hoch. Wehe dem aber, der seine Fahrt im Zwischendeck machen muß, wo er auch noch außerdem gar keine Beköstigung erhält! Früher hatte man auf den verschiedenen Booten doch wenigstens hölzerne Verschläge zu Schlafstellen bereit, in denen sich die unglücklichen Passagiere, nachts in eine wollene Decke gehüllt, ausstrecken konnten. Aber selbst das scheint man jetzt nicht mehr der Mühe wert zu halten, und zwischen angebundenem Vieh und der schwarzen Bemannung des Bootes müssen sie ihre traurige Zeit aushalten.

Der einzige – allerdings nicht ganz gering anzuschlagende – Vorteil, den die Zwischendecks-Passagiere haben, ist der, daß ihnen keine reisende Lady das Gehör zermartert – davor sind sie wenigstens sicher – und nur manchmal hat einer der schwarzen Feuerleute eine »Ziehharmonika«, deren Klappen natürlich in der feuchten Flußluft verrostet sind, und gibt darauf kurze Konzerte. Aber diese dauern nie sehr lange, denn die Leute müssen schwere Arbeit tun, und ihre »Wacht zur Koje« können sie nie in solcher Art zu lange unterbrechen.

Station Cairo! – Es ist sonderbar, daß die Amerikaner eine solche Wut haben, ihren kleinen, neu entstehenden Plätzen alte, berühmte Namen zu geben. Cairo, Memphis, Paris, London, Madrid, Algier, Rom, Karthago und wie sie alle heißen, und erreicht man ein solches Nest, so findet man nicht selten nur drei oder vier neu aufgerichtete und frisch angestrichene Bretterhütten, die sich mit dem stolzen Namen brüsten.

Cairo machte davon insofern eine Ausnahme, als es sich in neuerer Zeit, trotz der kaum überwindlichen Terrain-Schwierigkeiten, zu einer wirklichen kleinen Stadt, mit einigen ganz anständigen Backsteinhäusern, aufgeschwungen hat. Aber jeder Fußbreit Boden mußte den Überschwemmungen des Mississippi und Ohio abgerungen werden, und die Erhöhung und Aufschüttung des Terrains wie der Bau der verschiedenen Dämme hat schon viele Millionen Dollars gekostet und verschlingt täglich noch mehr.

Ich selber erinnere mich noch recht gut der Zeit, wo Cairo nur aus einigen Bretterhütten bestand, die von den glücklichen Besitzern in der Zeit der Überschwemmung mit starken Tauen an einem der dort stehenden Bäume befestigt wurden, und es geschah dabei einmal das Komische, daß ein Mann, der sein kleines Haus mit der Front nach dem Ohio zu gebaut hatte, nach einem plötzlichen Steigen des Mississippi, der die Wasser des Ohio zurückdrängte, als die Flut endlich wieder rasch fiel, sein Haus allerdings wiederfand, aber – mit der Front nach dem inneren Lande zu. Die Flut hatte es gehoben und um den Baum herumgeschwenkt, und er mußte jetzt Fenster und Türen auf der anderen Seite einschneiden.

Damals übernahm eine englische Gesellschaft den Platz, der, an der Mündung des Ohio in den Mississippi, allerdings außergewöhnliche Vorteile versprach, denn weder in den Sümpfen des gegenüberliegenden Missouri noch in der niederen Landspitze Kenntuckys ließ sich eine Ansiedelung wagen. Die Gesellschaft machte aber, nach einigen sehr bösartigen Überschwemmungen der beiden Ströme, Bankerott, und später nahmen es die Amerikaner selber in die Hand, den Platz gegen die Wut der Wasser zu schützen und ihrer Flut abzuringen. Das ist ihnen auch jetzt in der Tat gelungen, denn eine weite Levée (ein Damm) umgibt die schon ganz hübsch angewachsene Stadt, und der größte Teil des inneren Raumes ist unter deren Schutz schon aufgefüllt worden.

Ununterbrochen Tag und Nacht, arbeitete dabei ein Schienenweg mit zahlreichen Lokomotiven, um aus dem höheren Land von Illinois Erde und Steine herbeizuführen, und wenn man auch jetzt an dieser Auffüllung nicht mehr so ängstlich und hastig schaffen muß, da durch die Dämme die Gefahr beseitigt ist, so laufen die Erdkarren doch noch stets fort, und hat man den bis jetzt gewonnenen Platz erst einmal vollständig erhöht, dann wird man natürlich augenblicklich daran gehen, die jetzt noch immer beschränkte Stadt zu vergrößern und ihr neues Terrain zu gewinnen.

Cairo hat übrigens nur für das Speditionsgeschäft eine besondere und zwar bedeutende Wichtigkeit, denn im Sommer können nur sehr kleine Boote den seichten Ohiostrom befahren, und diese lagern dann ihre Waren in Cairo für die größeren Mississippi-Dampfer, während die letzteren die Produkte des Südens ebenfalls dort abgeben. Sonstigen Handel hat die Stadt fast gar nicht, denn eine ackerbautreibende Bevölkerung besteht nicht in der Nachbarschaft und wird auch nie, des niederen Sumpflandes wegen, bestehen können.

Außerordentlich deutlich zeigt sich das klare, grünliche Ohiowasser an der Mündung in der gelben Flut des Mississippi abgeschieden, und wird von dieser weiter unten mehr und mehr nach dem Kentucky-Ufer hinübergedrängt. Ja, ein Streifen desselben läuft noch weit an diesem Ufer nieder, und noch über anderthalb Meilen unterhalb der Mündung des Ohio in den Mississippi können die Holzfäller in Kentucky aus dem Mississippi heraus das klare Ohiowasser schöpfen.

Für jetzt beschloß ich Memphis noch nicht zu besuchen, sondern vor allen Dingen einmal in New-Madrid an Land zu gehen, von dessen »gesunkenem Boden« ich schon so viel gehört, und das ich trotzdem noch nie betreten hatte.

New-Madrid selber ist ein kleines, erbärmliches Nest, mit nicht einmal einem Hotel und aus vielleicht dreißig oder vierzig Bretterhäusern bestehend. Es liegt auf einer Art Bluff oder hohem Land unmittelbar am Mississippi und vollkommen trocken, selbst bei dem höchsten Stand des Stromes. Umschlossen wird es dabei auf etwa zwanzig Meilen von sandigem, gutem und außerordentlich fruchtbarem Boden. Die Felder, die ich dort sah, lieferten wirklich das Außerordentlichste an Mais, und selbst große Anpflanzungen von Palma-Christi – dem Wunderstrauch, oder Ricinusbaum – sah ich hier mit Früchten bedeckt. Hinter diesem Terrain aber beginnt das gesunkene Land, das einst bei einem heftigen Erdbeben in sich selber zusammensank und jetzt nur einen, von kleinen Seen, Lagunen und entsetzlichen Sümpfen durchzogenen Boden zeigt.

Dort sind noch Wildnis und Sumpf mit allen ihren Schrecken, wie sich es sonst nur die Phantasie in übertriebenen Bildern ausmalt. Dort dampfen trübe, zu Seen angewachsene Lachen den Sommer hindurch ihre Miasmen aus, und der einzelne Jäger, der hindurchbrechen will, – denn andere Menschen betreten diesen Boden nur an der Stelle, an welcher eine Art von Weg hindurchführt, – findet seine Bahn überall von dornigen Ranken, schleimigen Sumpfpflanzen und schwammigen, dem Fuß weichenden Boden verlegt.

Jenes Erdbeben, das damals diesen großen Länderstrich gewissermaßen einsog, hat sich allerdings seit der Zeit nicht wiederholt, aber der furchtbare Sumpf, den es erschaffen, ist geblieben und zeigt jetzt noch deutlich den gewaltigen Umfang von Boden, den die Katastrophe berührte. Dahinter liegt aber wieder höheres, fruchtbares Land mit Ansiedelungen und kleinen Städten, und im Sommer, wenn die meisten Wasser ausgetrocknet waren, machten es die in solcher Arbeit wirklich unübertroffenen Amerikaner doch möglich, selbst leichtbeladene Karren durch solchen Wald zu führen. Der beginnende Winter freilich schneidet dann jede Verbindung rettungslos ab, denn sobald Schnee und Regen einsetzen, bildet das Ganze nur einen großen, mit riesigen Bäumen durchwachsenen See.

Dort drinnen wohnt auch niemand – kann niemand wohnen, da ihm der Rückweg im Winter rettungslos abgeschnitten wird. Wasser hätte er freilich genug, um in einem Kanoe den ganzen Wald zu befahren, aber überall liegen zusammengebrochene oder umgestürzte Bäume in seinem Weg, und wer sich da hineingewagt hat, muß darin bleiben, bis die Wasser wieder austrocknen. Wehe den Verirrten!

Übrigens überwintern eine ziemlich große Anzahl von Menschen in diesen Sümpfen – aber nur Jäger, und zwar meistens Fallensteller, die ihre Fallen auf Minks, Moschusratten und Ottern stellen. Die wenigsten von ihnen jagen auf größeres Wild – das natürlich ausgenommen was sie zum Leben brauchen, und es gibt dafür Hirsche, einzelne Truthühner, wie auch Bären. Sogar der Elk soll dann und wann, aber nur sehr selten vorkommen – ich wenigstens habe keinen davon gesehen.

Man darf übrigens nicht denken, daß das ganze Land, vom Ufer des Mississippi aus schon, einen solchen Sumpf bildet. Das eigentliche gesunkene Land fängt erst etwa 20 Meilen hinter Madrid, am sogenannten Little River an, und hat dann hier, während es sich jedoch weit nach Norden und Süden ausdehnt und oft zu entschiedenen baumfreien Seen wird, etwa eine Breite von 12 bis 14 Meilen.

Bis Little River ist das Land so hoch wie alle übrigen Niederungen am Mississippi, die im Winter keiner Überschwemmung ausgesetzt sind, von sandigem und kaum glaublich fruchtbarem Boden. Es ist ein ganz prachtvolles Terrain für den Ackerbau, und Mais wächst hier, wie kaum in einem anderen Teile der Vereinigten Staaten. Überall am Wege, nur hier und da durch den mächtigen, aber hier noch sumpfigen Urwald unterbrochen, liegen gut angelegte Farmen und geben überreichen Ertrag, und von dort aus zum Mississippi führt eine recht gute und vollkommen ebene Straße, die selbst in dem schwersten Regen, des sandigen Bodens wegen, leicht passierbar ist und selbst mit Lastwagen befahren werden kann.

Übermäßig gesund ist dieser Distrikt gerade nicht, aber auch nicht ungesunder als jeder andere Platz im Urwald, wo der frisch aufgewühlte Boden manchmal Wechselfieber erzeugt. Andere Krankheiten sind dort noch nicht vorgekommen.

Dort lebt auch noch ein alter Stamm der Backwoodsmen, rauhes, aber prächtiges Volk, ehrlich, sobald es keinen Pferdehandel betrifft, gutmütig und gastfrei, und all die Fabeln, die man sich im Osten über diese angeblich durch den Krieg verwilderten Menschen erzählt, sind eben weiter nichts als albern ersonnene Märchen.

Mir sind diese Backwoodsmen stets am kleinen Finger lieber gewesen als ein ganzer Yankee.

Durch den eigentlichen Sumpf des gesunkenen Landes nun haben Privatunternehmer begonnen, eine jetzt wahrscheinlich schon vollendete, aber natürlich hoch aufgeworfene Straße zu bauen; aber diese zeigt auch deutlich den Charakter des Bodens, durch den sie führt, denn sie enthält, auf die kurze Strecke von 12 Meilen Entfernung, nicht weniger als 300 größere und kleinere Brücken. Nur in schmalen Streifen läuft höheres, d. h. nicht unter Wasser stehendes Land durch den ungeheuren Sumpf.

Dort hinein nun ziehen im Herbst die Jäger, besonders die Fallensteller – meist kleine Gesellschaften von wenigstens drei oder vier Mann mit einem Ochsenwagen, auf dem sich stets zwei Kanoes, Lebensmittel, d. h. Mehl, Zucker, Kaffee und Salz und ihre Fallen befinden, fahren so weit, als es ihnen der Boden möglicherweise gestattet, und schicken dann den Wagen zurück, während sie sich selber mit ihren Kanoes nach irgend einem schon vorher untersuchten Punkt an irgend einem See einschiffen, und sich dort entweder eine kleine Blockhütte für den Winter bauen, oder auch nur einfach ein etwas geschütztes Lager aufschlagen, um Wind und Wetter ab- und ihr erbeutetes Pelzwerk trocken zu halten.

Sie halten diese Stellen aber, wenn sie sich nur irgend ergiebig zeigen, gern geheim, denn sie wollen keine Konkurrenz. Die Jagd verträgt überhaupt keinen zu nahen Nachbar, und viele von diesen jagen sogar nicht einmal auf eigene Faust, sondern im Dienst von anderen, die in New-Madrid wohnen und Pelzhandel treiben.

Ein solcher Jäger wird dann förmlich gemietet und bekommt seine ganze Ausrüstung von dem Händler selber, der ihm auch diese bis an den Ort seiner Bestimmung fahren läßt. Er erhält sein Kanoe und seine Lebensmittel, wie oben angegeben, in bestimmten Quantitäten, eine Axt und Pulver und Blei, und wenn er kein Gewehr hat, selbst eine lange Büchse, wie auch alle nötigen Fallen, und hat nachher, wenn er im Frühjahr zurückkehrt, einen bestimmten Anteil an der Beute zu fordern, den er aber in Geld ausgezahlt bekommt, da die Felle natürlich einen viel höheren Preis abwerfen, als sie den Jägern selber angerechnet werden. Wohl ist es ein entsetzlich wildes Leben, das diese Menschen führen; aber an Entbehrungen und Beschwerden sind sie ja von Jugend auf gewöhnt, die Jagd ist außerdem ihre Leidenschaft, und sie verlangen es eben nicht besser.

Kehren sie dann im Frühjahr heim und bekommen ihren verdienten Gewinn auf einem Brett ausgezahlt, dann freilich wird nicht eher geruht, bis das Geld verjubiliert ist – aber was tut's. Den Sommer über arbeiten sie irgendwo auf dem Land oder gehen auch an Bord eines Dampfers als Feuermann oder Deckhand, um sich ihren Unterhalt für diese Zwischenzeit zu verdienen, und im nächsten Herbst geht das freie, fröhliche Waldleben von neuem an.

Wenn ich es auch gern gewollt, ich hätte mich hier nicht zu lange aufhalten können, denn meine Bahn lag weiter, da ich ja auch in Arkansas meine alten Jagdgründe wieder aufsuchen wollte, und vor allen Dingen ging ich von hier ab nach Tennessee hinüber, um wenigstens einen Blick auf diesen, in der Rebellion eigentlich hartnäckigsten und auch jetzt am schwersten dafür heimgesuchten Staat zu werfen. – Meine Erlebnisse im »gesunkenen Grund« erzähle ich dem Leser vielleicht ein andermal.

In Tennessee herrschte in der Tat volle Militärgewalt, da sich, wie gesagt, Tennessee neben Georgia und Alabama den neuen, drückenden und ungewohnten Verhältnissen gar nicht fügen wollte. Die Regierung der Vereinigten Staaten machte aber wenig Umstände und legte genügend Militär in den Staat, um die Widerspenstigen im Zaum zu halten. Der damalige Gouverneur Brownlow (vielleicht einer der verhaßtesten Männer seinerzeit) schien ein sehr hartes und gestrenges Regiment auszuüben.

Nicht zu verwundern ist es deshalb, daß den sonst so unabhängigen, ja fast souveränen Sklavenhaltern der Boden hier zu warm unter den Füßen wird, und in Deutschland selbst kann man sich wohl kaum mehr mit Auswanderungsgedanken tragen, als gegenwärtig in den südlichen Staaten der Union. Wen ich nur von der besseren Klasse sprach, erklärte ganz offen, daß die Verhältnisse hier einen nahezu unerträglichen Charakter angenommen hätten, und in Georgia besonders hatte sich schon eine Gesellschaft wohlhabender Männer gebildet, die in Britisch-Honduras eine Kolonie zu gründen gedachten. Das Honduras-Projekt ist später aufgehoben worden. Viele haben außerdem Lust, nach Brasilien auszuwandern, und es unterliegt wohl keinem Zweifel, daß gerade in diesem Augenblick – noch dazu mit den furchtbar gedrückten Baumwollpreisen – Grundbesitz in diesen südlichen Staaten zu einem Spottpreis zu erlangen wäre.

Wohlmeinend möchte ich übrigens alle deutschen Auswanderer warnen, sich von keinen Versprechungen, und wenn sie noch so glänzend klingen sollten, verlocken zu lassen, nach den Südstaaten von Nordamerika mit irgend einem bindenden Kontrakt auszuwandern. Man wünscht, daß sie dort die verlorenen Sklaven ersetzen sollen; dazu aber ist der Deutsche zu gut und findet tausend andere Plätze, wo er sich eine Heimat gründen kann.

Allerdings sind dort fast keine Arbeitskräfte zu bekommen, und viel, sehr viel Baumwolle wird in den Feldern verfaulen, weil nicht Hände genug aufzutreiben sind, um sie nur zu pflücken. Das war aber vorauszusehen, daß der Neger, übermütig in der neugewonnenen Freiheit, nicht gleich wieder gutwillig in die kaum verlassene Arbeit hineinspringen würde. Tausende von diesen coloured gentlemen treiben sich jetzt faulenzend in den Städten herum, spielen die Herren und hungern lieber, als daß sie sich zu irgend einer Arbeit herabließen. Aber ich glaube, die Leute, die einen solchen Zustand für permanent halten, sehen viel zu schwarz, denn meiner Ansicht nach ist er ein nicht zu vermeiden gewesenes Übergangsstadium, das für die Dauer nicht aufrecht erhalten werden kann und wird, und viele Schuld trägt daran das Zuweitgehen der Radikalen.

Je mehr ich vom Lande sehe, je mehr ich mit den verschiedenen Schichten der Gesellschaft, mit den verschiedenen Parteien verkehre, desto mehr drängt sich mir auch die Überzeugung auf, daß man keinen größeren und gefährlicheren Fehler hätte begehen können, als den völlig unwissenden und eben erst von ihren Ketten befreiten Schwarzen das Stimmrecht zu geben und sie dadurch – während es den weißen »Rebellen« entzogen wurde – zu Herren des Südens zu machen.

Erstlich einmal hat keine Maßregel des General-Kommandos eine solche tiefe Erbitterung im Süden hervorgerufen – und zwar nicht allein bei den früheren Sklavenhaltern, sondern auch sogar bei fast allen bisherigen Anhängern der Union im Süden – nein, die Schwarzen selber bekamen auch dadurch eine gefährliche Waffe in die Hand, deren Gebrauch sie nicht verstanden und mit der sie sich in den meisten Fällen selbst verletzen.

Wer von ihnen denkt jetzt ans Arbeiten, wo fortwährend Meetings oder politische Versammlungen gehalten werden müssen, in welchen Gesindel aus den Yankeestaaten und schroffe Abolitionisten die überdies schon wirren Köpfe noch mit tolleren Gedanken anfüllen. Und nicht allein diese öffentlichen Versammlungen besuchen sie, nein, es haben sich auch schon – wie das nicht ausbleiben konnte – geheime Gesellschaften, sogenannte ligues, unter ihnen gebildet, in denen sie sich an geheimen Zeichen erkennen, und die später nicht verfehlen können, einen vielleicht gefährlichen Druck auf die Mitglieder derselben auszuüben.

Das westliche Tenessee ist unstreitig eins der schönsten Länder der Union, fruchtbar, mit allem gesegnet, und dabei dicht bevölkert. Als ich aber hindurchfuhr, kam es mir gar nicht so vor, als ob ich mich in dem freien Amerika befände, wo man sonst, wenn man einen Soldaten zu sehen bekommen wollte, an die äußersten indianischen Grenzen wandern mußte. – Jetzt waren sie überall zu finden, und hier und da bei kleinen Städten sah ich auf benachbarten Hügeln die weißen Zelte aufgeschlagen und die Pferde in langen Reihen vor ihren Futtertrögen daneben angebunden.

Ziemlich spät an dem Abend langten wir in Memphis an, das auch in der Zeit meiner Abwesenheit zu einer ganz hübschen Stadt angewachsen ist, aber freilich keinen Vergleich mit Cincinnati, Louisville, St. Louis, Chicago oder anderen ihnen ähnlichen aushalten kann. Memphis, wenn auch am Ufer des Mississippi gelegen, wird wohl fortwachsen, aber sehr langsam, denn es hat keinen besonderen Verkehr, der es rascher vorwärts triebe. Außerdem liegen gegenwärtig alle Geschäfte danieder, und es denkt fast niemand daran, ein Haus zu bauen, während alte überall zu kaufen sind; auch grassierte gerade das gelbe Fieber in der Stadt, das sich früher nie so weit den Strom hinauf gearbeitet, ja nicht einmal die unten am Mississippi liegenden kleinen Städte wie Baton Rouge, Red Church oder Bayou Sarah berührt hatte. Jetzt leider soll es schon zu den alljährlichen Übeln der Stadt gehören, und wer nicht gerade in der Zeit an sie gebunden ist, sucht sich gewiß einen davon verschonten Platz.

Memphis! – freundliche Erinnerungen. Dort – unten an einem der Werftboote unter dem steilen Bluff lag ich einst im Jahre 40 oder 41 auf ein stromaufkommendes Boot wartend, um mein 20 Meilen weiter oben geschnittenes Schilf mitzunehmen – aber fast zweimal 24 Stunden kam keins und ich – in Hemdärmeln, ohne einen Pfennig Geld in der Tasche, mußte indessen das miserable, lecke Werftboot ausschöpfen helfen, um es einerseits vorm Sinken zu bewahren und andererseits in der Wartezeit Lebensmittel vom Boote zu bekommen. Das waren in der Tat schwere Tage und Nächte, und völlig durchnäßt, bei ziemlich kaltem Wetter, weiß ich mich wirklich kaum schwererer Stunden körperlicher Entbehrung zu besinnen. Aber die Zeiten haben sich geändert – die Werftboote sind verschwunden, ja selbst der steile Bluff ist abgetragen, um eine, wenn auch noch ziemlich steile Landung herzustellen, und ich selber nehme von Memphis – anstatt wie damals halb erstarrt in das Zwischendeck zu kriechen – Kajüts-Passage nach White-River, um jetzt mein altes Arkansas wieder einmal zu besuchen.

Arkansas – dort hatte ich meine schönste Jugendzeit verlebt – wenn ich überhaupt sagen kann, daß ich eine Jugend gehabt habe – dort hatte ich mich zum ersten Male frei und unabhängig gefühlt, und in dem wilden Urwald eine Heimat gefunden, wie ich sie mir damals nicht schöner und herrlicher denken konnte. Ein wahrer Zauber lag schon allein in dem Worte für mich, und ich konnte die Zeit kaum erwarten, wo ich den Fuß wieder auf den heißersehnten Boden setzen würde.

Und welchen schlechten Namen hatte das arme Land in der Zeit in den Vereinigten Staaten bekommen! Wo ich im Osten und Norden den Leuten nur sagte, daß ich beabsichtigte, Arkansas zu besuchen, schrieen sie mich an, als ob ich gedächte, den Fuß in eine Räuberhöhle zu setzen. Der ganze Staat sollte von Räubern und Mördern wimmeln, und Geschichten wurden mir davon erzählt, wie man sie sonst vielleicht nur in den Erzählungen von Spieß, Kramer und Leibrock findet. Aber ich kannte meine alten wackeren Backwoodsmen besser, und hatte auch schon in den wildesten Distrikten Missouris – in dem gesunkenen Lande – unter den wilden Trappern und Straßenarbeitern ein wohl rauhes, aber auch gutmütiges und wackeres Volk gefunden, das wahrlich nicht mit jenem aus dem Osten vertriebenen, nichtsnutzigen Gesindel verwechselt werden darf, das sich zeitweilig in den westlichen Staaten aufhielt und vom Pferdediebstahl lebt. Das aber dulden die Bewohner dieser Strecken selber nicht lange unter sich, und sobald sie ihnen nur erst einmal auf die Spur kommen, müssen sie rasch das Weite suchen.

Anfangs hatte ich die Absicht gehabt, von hier aus direkt wieder in die Cash-Sümpfe einzutauchen, wo ich manchen guten Hirsch und alten Bär geschossen, aber die Sehnsucht zog mich doch mehr nach dem fourche la fave. Jene Sümpfe konnte ich auf dem Rückweg besuchen, und vor allen Dingen drängte es mich, meinen alten Freund Klingelhöffer wieder zu sehen. Der fourche la fave war überhaupt der Mittelpunkt meiner früheren Jagden gewesen, und selbst in meinen Romanen und Erzählungen hatte ich mich viel mit ihm beschäftigt.

Des niederen Wasserstandes wegen konnte allerdings jetzt kein Boot von Memphis ab den Arkansas hinaufgehen – der jetzt auch in den letzten zwanzig Jahren mehr versandet sein muß, denn zu meiner Zeit war es noch möglich. Aber den White River hinauf bis Duvals-Bluff, gar nicht soweit von den Cash-Sümpfen, gingen Dampfer, und von dort an lief, wie mir hier gesagt wurde, eine Eisenbahn nach Little Rock hinüber, um diese Stadt sogar später direkt mit Memphis durch eiserne Schienen zu verbinden.

Eine Eisenbahn in Arkansas – mir wollte das gar nicht in den Kopf, aber bei näherer Besichtigung stellte sich die Sache als gar nicht so gefährlich heraus – sie war auch danach und lief nur etwa 48 Meilen durch den Wald.

White River selber ist einer der hübschesten Flüsse Amerikas – nur nicht bei hohem Wasser, wo fast alle seine Ufer von der Flut bedeckt werden. Jetzt dagegen zeigte er ein, wenn auch beschränktes, doch klares und ziemlich tiefes Fahrwasser, und das nicht sehr große Boot wand sich zwischen den mit Weiden- und Baumwollenholz-Bäumen dicht bewachsenen Biegungen des Stromes rasch und leicht hindurch. Fische sahen wir in Menge, ebenso kleine Wasserschildkröten, die auf umgestürzten Baumstämmen lagen und beim Nahen des Dampfers schwerfällig in die Flut zurückglitten. Massen von wilden Enten strichen dabei herüber und hinüber, und man hätte selbst von Bord aus eine Anzahl schießen können, wenn es nicht Mord gewesen wäre, etwas zu vernichten, das sich doch nie nach dem Schuß erlangen ließ.

Ein Amerikaner mit einer ganz neuen Doppelflinte von imitierten Drahtrohren knallte allerdings mehr als zwanzigmal nach den vorüberstreichenden Enten, richtete aber keinen weiteren Schaden an, als daß er die armen Tiere oft auf das tödlichste erschreckte und sie seitab in die Baumwipfel trieb.

Am nächsten Tage erreichten wir Duvals-Bluff, ein kleines, erbärmliches Nest von etwa zehn oder zwölf Bretterhäusern und einem langen Güterschuppen, dem sogenannten Eisenbahn-Depot – und dort hielt der Zug, der uns aufnehmen und nach Little Rock transportieren sollte.

Aber der ganze Zug aus etwa vierzehn Güterwagen bestehend, hatte nur einen einzigen Personenwagen, der jetzt zweiundsiebzig Passagiere aufnehmen sollte. Das ging aber natürlich nicht, und die meisten von uns mußten sich teils in einem der Güterwagen, von denen einige mit Schindeln gedeckt waren, teils auf den Stufen der Waggons selber unterbringen, um solcher Art die Fahrt zurückzulegen. Es waren freilich auch nur achtundvierzig Meilen, also zehn deutsche Meilen, zu denen aber der wackere Zug seine richtigen sechs Stunden gebrauchte; manchmal blieb er ohne irgend welche sichtbare Veranlassung wie in Gedanken mitten im Walde stehen, um nach etwa einer halben Stunde, ohne daß auch jetzt ein Grund dafür vorlag, seinen Weg fortzusetzen.

»Das ist Arkansas,« sagten die Passagiere lachend, und so lieb ich den Staat habe, zugunsten dieser nichtsnutzigst betriebenen Eisenbahn weiß ich in der Tat nichts zu sagen. Der einzelne Personenwagen selber sah so aus, als ob er irgendwo bei einem Trödler alt gekauft wäre; viele Fenster waren zerbrochen, die Jalousien hingen krumm und schief in den Scharnieren, das Polster an vielen Sitzen war herausgerissen und das Personal selber sah aus, als ob man es irgendwo im Walde aufgelesen hätte. Trotzdem ist es die teuerste Eisenbahn ganz Amerikas, selbst die westlichen Steppen nicht ausgenommen, denn sie läßt sich, ohne dem Reisenden irgend welche Bequemlichkeiten zu bieten, fünf Dollars für kaum achtundvierzig Meilen, also über zehn Cents für die Meile bezahlen, während selbst die smokyhill route nur acht Cents rechnet.

Um halb vier Uhr fuhren wir von Duvals-Bluff fort, und es war etwa halb zehn Uhr, als wir am Arkansas-Fluß, Little Rock gegenüber, anlangten und einer anderen Gaunergesellschaft in die Hände fielen – den Omnibussen, die sich, um mit der Fähre über den Strom hinüberzufahren, einen Dollar per Kopf bezahlen ließen – ein wahrhaft unverschämter Preis, wenn man bedenkt, daß z.B. sogar die Omnibusse zwischen Council-Bluff und Omaha (Iowa und Nebraska), die ziemlich eine Entfernung von vier Meilen fahren müssen, nie mehr als die regelrechte Taxe von fünfzig Cents fordern.

Da war ich denn einmal wieder nach einer Abwesenheit von fünfundzwanzig Jahren in Little Rock, aber die ganze Stadt war mir auch in der Zeit fremd geworden. Ich kannte die Straßen nicht mehr mit ihrer Gasbeleuchtung, und wohin ich blickte, traf mein Auge auf Schilder mit fremden, nie gehörten Namen.

Sollte ich nun noch so spät in irgend einem vielleicht deutschen Hause nach alten Freunden fragen? Ich scheute mich, es zu tun, konnte mich aber auch nicht entschließen, in eins der amerikanischen Hotels zu gehen. Einzelne meiner alten Freunde besonders waren es, über die ich Gewißheit haben mußte, und als ich, mit meinem Bergsack auf dem Rücken die Straßen durchwandernd, ein deutsches Bierhaus noch offen fand, trat ich dort hinein und erhielt denn auch bessere Kunde, als ich selber erwartet hatte. Einer meiner alten Bekannten, Henry Fischer, lebte nicht allein noch, sondern sogar in dem Nachbarhause, und den beschloß ich jedenfalls noch aufzusuchen. Er sollte mir dann auch einen Platz nachweisen, wo ich die Nacht schlafen konnte, um nachher gleich morgen früh nach dem fourche la fave – meinem alten Jagdgrund – aufzubrechen.

Seine Frau fand ich allerdings; er selber lag aber schon im Bett, und ich hatte keine Lust, ihn zu stören, wollte mich auch schon wieder fortmachen, um mir irgendwo ein Nachtquartier zu suchen, kam da aber schön an. Madame Fischer hatte mich nach meinem Namen gefragt, und als ich ihn ihr nannte, half gar keine weitere Einrede. Ich mußte mit zu ihrem Mann hinein, um diesen richtig aus dem Bett zu stöbern, und kaum hörte er, wer da sei, als er auch mit beiden Füßen zugleich von einem Lager aufsprang und trotz aller Widerrede in die Kleider fuhr.

Einen Unterschied in der Tageszeit schien er in seiner freundlichen Gastlichkeit auch wirklich gar nicht zu kennen, denn erstlich mußte ich, was die Küche gerade gab, noch zur Nacht essen, dann ließ er seine beiden Töchter mir etwas auf dem Klavier vorspielen, dann kamen sein Sohn und einige andere junge Leute aus der Nachbarschaft, die zusammen viel Musik trieben, und spielten ganz fidel ein paar kleine Stücke auf dem Hofe, dann gingen wir noch in ein Bierhaus, und zuletzt wurde ein kleines, winziges Dampfboot, das sein Schwiegersohn für den fourche Ia fave-Handel gebaut, richtig geheizt, und wir fuhren noch etwa eine Stunde lang mit Musik vor Little Rock auf und ab auf dem Arkansas spazieren. Es war lange Mitternacht vorüber, ehe wir ins Bett kamen.

Hier in Little Rock erhielt ich denn auch die Gewißheit daß mein alter lieber Freund Klingelhöffer am fourche la fave noch am Leben, wenn auch jetzt gerade krank sei. Auch in der Stadt selber lebten mir noch einige Freunde von der alten Zeit her. Die Gebrüder George besonders – Charles Fischer aber, Henrys Bruder, »auf den ich ein ganzes Heer von Noveletten gedichtet,« war vor etwa acht Jahren leider gestorben, und wie würde ich mich gefreut haben, wenn ich den kleinen, komischen, immer fidelen Mann wiedergefunden hätte! Aber der Tod schien hier unerbittlich aufgeräumt zu haben, und eine lange Reihe von Freunden ruhte still in ihren Gräbern – einige waren erst vor wenigen Monaten, ja Wochen gestorben – so mein alter lieber Seckendorf.

Little Rock ist übrigens durch den letzten Krieg ziemlich arg mitgenommen worden, und erst im Besitz der Konföderierten, wie später von den Federals erobert, hatte es von beiden Teilen zu leiden. Doch soll sich der Unions-General Steele selber ganz vortrefflich benommen haben. Nur im Land sagt man den Unionssoldaten nach, daß sie bös und viel schlimmer als die Sezessionisten gewirtschaftet hätten – doch davon später.

Der Fluß war so niedrig, daß gar keine regelmäßige Dampferverbindung mehr stattfand. Nur dann und wann wagte es eins der sehr kleinen und kaum einen Fuß tief gehenden Boote, den Fluß eine Strecke hinauf zu laufen. Auch auf den nächsten Tag war der winzige Dampfer »Fort Smith« stromauf angezeigt, hielt aber natürlich nicht Wort, und da ich die Unzuverlässigkeit dieser Art von Fahrzeugen kannte, beschloß ich, mich nicht auf sie zu verlassen, sondern lieber meinen Marsch nach dem fourche la fave zu Fuß anzutreten. Herrn Fischers Schwiegersohn erbot sich aber freundlich, mit mir in seinem kleinen Skiff oder Kahn den Strom hinauf zu fahren, und so gingen wir denn am anderen Morgen fort und arbeiteten gegen die jetzt allerdings nicht starke Strömung an.

Der kleine Dampfer schien aber ebenfalls fertig geworden zu sein, überholte uns etwa um zehn Uhr und qualmte und keuchte, nur wenig rascher als wir selber Fortgang machten, den Strom hinauf an uns vorüber. Übrigens war es für ihn keine Kleinigkeit, zwischen all den Sandbänken herum zu lavieren, und wir selbst in unserem Skiff, das kaum mehr als drei Zoll im Wasser ging, liefen ein paarmal mitten im Strom auf und mußten »aussteigen«, um nur wieder flott zu werden. Abends fanden wir den Dampfer denn auch richtig in einer Biegung des Arkansas festgefahren und liefen an ihm vorüber, gerieten aber in der Dunkelheit ebenfalls zwischen die Bänke hinein, und gingen endlich an Land, um dort zu lagern und das Tageslicht abzuwarten.

Am nächsten Morgen überholte uns der Dampfer wieder, aber nicht weit unter der Mündung des fourche la fave lief er wieder auf, und wir erreichten unser Ziel wirklich früher, als er selber dort anlangte.

Klingelhöffer selber hatte seinen alten Platz oben am fourche la fave verlassen und war auf die Landspitze gezogen, welche die Mündung dieses kleinen Stromes von dem Arkansas trennte. Ich fand ihn aber krank und alt, auf seinem Bett ausgestreckt, und wie kräftig hatte sich der Mann sonst durch das Leben gearbeitet, wie schwer geschafft, so lange er sich nur rühren konnte! Das alles würde den kräftigen Körper auch noch nicht so rasch gebrochen haben, aber sein einziger Sohn ging wider seinen Willen – denn er selber war von jeher ein fester Unionsmann – in das Heer der Südstaaten über und fand dort seinen Tod. Das traf ihn selber ins Herz, und seit der Zeit hat er sich auch nicht vollständig mehr erholt.

Auch seine älteste verheiratete Tochter hat er verloren, aber sonst fand ich die Familie, die verheirateten Mädchen ausgenommen, noch alle rüstig und wohl beisammen und wurde von ihnen auf das herzlichste aufgenommen.

Klingelhöffer erzählte mir viel von der letzten schweren Zeit des Krieges, denn gerade der fourche la fave hatte furchtbar von den verschiedenen Banden gelitten, die sich in dem wilden Lande bildeten und im Osten Bush Whackers, hier selber aber Jayhawkers genannt wurden. Es ist natürlich unmöglich, hier alle die verschiedenen Einzelheiten anzuführen, die lebhaft an die schon von Cooper in seinem Spion beschriebenen Taten der Cowboys erinnern. So viel aber ist sicher, daß eine Menge von Scheußlichkeiten in dem wilden Wald verübt wurden, und diese Banden auch keineswegs einer bestimmten Partei angehörten. Ihr Zweck war eben, zu plündern und da der Mensch ja anerkannt das blutgierigste, mordlustigste Raubtier der Erde ist, so reizte sie denn auch einmal vergossenes Blut nur mehr und mehr zu derartigen Verbrechen an.

Fünf allein von meinen alten Freunden waren solcher Art in ihrem eigenen Hofraum von diesen nichtswürdigen Banden erschossen worden, andere hatte der stille Tod auf friedlicherem Wege abgerufen, und als wir alle zusammenzählten, fanden sich nur noch fünf Männer aus alter Zeit an dem ganzen Strom, die ich von früher kannte, und mit denen ich befreundet war.

Zunächst mußte ich allerdings einige Tage bei ihm bleiben, um über alte Zeiten zu plaudern, und schon am nächsten Tage schoß ich ganz in der Nachbarschaft meinen ersten Hirsch und Truthahn wieder am fourche la fave. Dann litt es mich aber nicht länger, denn ich wollte doch nach so langer Zeit meine alten Jagdgründe aufsuchen, und so zog ich denn zu Fuß am linken Ufer des Stromes hinauf, um später am rechten wieder zurück und noch einmal bei Klingelhöffer einzukehren.

Aber, lieber Gott, ich kannte den Wald gar nicht mehr, so wild und verwachsen kam er mir jetzt vor, und wo ich sonst über mit saftigen Gras bewachsene, offene Hügel gejagt, fand ich jetzt Kiefer- und Eichendickungen, deren junge Stämme wie angesät nebeneinander emporschossen. Woher das freilich kam, wußte ich bald genug: der Wald war in langen, sehr langen Jahren vollständig verwahrlost und nicht ein einziges Mal abgebrannt worden, sonst hätte das üppige Gras nicht so vollständig verschwinden und einem so wilden Holzanwuchs Raum geben können.

In Perryville, jenem kleinen County-Sitz, in dem wir früher so manche vergnügte Stunde verlebt, kam ich abends an. Bockenheim lebte richtig noch, aber er war alt und grau geworden und schlich krank wie ein Gespenst umher. Er wohnte auch noch in dem nämlichen Blockhaus, das er früher bewohnte, und das ganz stattlich ausgesehen hatte, als es noch neu war; jetzt stand es alt und grau da und schien dem Einsturz nahe, wie sein Herr. Du guter Gott, wie war die Welt so alt um mich her geworden, während ich selber noch immer rüstig mit Bergsack und Büchse umherstieg und mir die Trümmer betrachtete!

In Perryville war gerade ein sogenannter »Frolic« wie vor alter Zeit, ein house raising und Quiltingfest, das heißt, die Männer waren eingeladen worden, die schweren Balken einer neuen log cabin mit aufrichten zu helfen, während die Frauen sich indessen an ein paar Steppdecken in irgend einem der Nachbarhäuser beschäftigen, und abends wurde dann selbstverständlich zu den Tönen einer einzelnen Violine getanzt. Aber es waren lauter fremde Gesichter, die sich dort bunt durcheinander mischten, junges Volk, das, als ich den fourche la fave verließ, noch nicht einmal das Licht der Welt erblickt. Und trotzdem kannten sie meinen Namen, den die Väter den Kindern mitgeteilt, und als ich ihn nennen mußte und ihnen erst auf hundert verschiedene Fragen erzählt hatte, daß ich nur von Deutschland besonders herübergekommen sei, um noch einmal den alten fourche la fave zu besuchen, wurden selbst die jungen Damen zutraulich. Ich mußte mich augenblicklich zu ihnen an den Tisch setzen, und in kaum einer Viertelstunde war ich mit der jungen Generation wieder genau so vertraut, als ich es mit der alten gewesen war. Die Mütter hier, die damals Kinder gewesen, erinnerten sich ja noch meiner. Es war mir fast, als ob ich gar nicht fortgewesen sei und jetzt, da drüben, mitten in der Zivilisation in Deutschland wohne, anstatt hier noch unter einem der prachtvollen Waldbäume zu logieren.

Nach dem Essen betrachtete ich mir aber auch die jetzige Generation und suchte nun selber Nachrichten über vergangene Zeiten zu erhalten, die freilich in den seltensten Fällen tröstlich ausfielen. Eine Persönlichkeit unter den hier Versammelten interessierte mich aber ganz besonders – der Friedensrichter von Perryville, – und eine komischere Gestalt ließ sich in der Tat kaum denken. Er trug einen riesigen Zylinderhut, einen braunen Jeanes-Rock mit etwas zu kurzen Hosen mit weniger als nötigen Flicken und durch zwei unregelmäßige Hosenträger gehalten, von denen man eigentlich, nach der Diagonale, nicht recht begriff, wo sie ihren Endpunkt finden konnten. Auch die Weste ließ viele Knöpfe zu wünschen übrig, und mit den beiden schiefgetretenen Stiefeln, die Hände in den Taschen, schritt der Mann da in seiner Gemeinde herum, ohne scheinbar von irgend jemandem groß beachtet zu werden. In seinem Gesicht lag allerdings ziemliche Gutmütigkeit, aber auch unverkennbar eine nicht geringe Quantität Dummheit ausgeprägt, und ich konnte mich nicht enthalten, einen der Leute zu fragen, wie sie den Mann hätten zum Friedensrichter erwählen können. Der lachte denn freilich und sagte: »O, es war nur ein schlechter Witz, eine Art von Versehen!«

»Versehen?«

»Ja,« nickte der junge Bursche – »wie neulich ein Friedensrichter gewählt werden sollte, da machten sich ein paar von uns den Spaß, unsere Stimmen dem da zu geben. Wir wollten unseren Scherz mit ihm haben, damit er nachher traktieren sollte. Das hatte sich aber vorher ausgesprochen, und wie die Stimmen gezählt wurden, kriegte er richtig die Majorität.«

»Und blieb Friedensrichter?«

»Nun natürlich; an der Sache war weiter nichts zu machen.«

Bei Bockenheim, der sich sehr zu freuen schien, mich wieder zu sehen, blieb ich über Nacht, denn vergebens hatte ich versucht, einen Blick in den Ballsaal zu werfen und etwas von dem Tanz zu sehen. In dem Blockhaus nämlich, aus dem die Klänge der Violine heraustönten, war es stockfinster. Nur wie Schatten bewegten sich die einzelnen Tänzer durcheinander hin, und als eine gutmütige Seele ein brennendes Talglicht hineinsetzte, wurde es wo möglich noch dunkler als vorher. Auch ungemein still ging es, gegen sonst wenigstens, bei dem Tanze her, denn früher floß bei derartigen Gelegenheiten der Whisky in Strömen. Das aber hat jetzt aufgehört: denn während man früher ein recht gutes Getränk für höchstens acht bis zehn Cents die Flasche bekam, zahlt man jetzt für ein ganz nichtswürdiges und mit Wasser außerdem übersättigtes Gebräu 1 bis 1¼ Dollar die Flasche, und das verträgt nach dem kaum überstandenen Kriege der Geldbeutel der armen Backwoodsmen nicht mehr.

Ob die Leute später in der Nacht noch vielleicht etwas munterer geworden sind, weiß ich wirklich nicht, denn nach einem guten Tagesmarsch schlief ich sanft und süß.

Am nächsten Tag suchte ich einen anderen Freund aus jener früheren Zeit auf, einen Deutschen namens Schott, den ich auch, wenn freilich schon grau geworden, noch frisch auf den Füßen und rüstig antraf. Er hatte das Haus voll Kinder und schien sich vollkommen wohl zu befinden, erklärte auch, daß er jetzt nicht mehr zu arbeiten gedächte, denn er habe sein Teil getan, und nun möchten die Jungen einmal für ihn schaffen.

Eine Meile hinter ihm wohnte Heintz, ein alter Jagdgefährte von mir. Er lebte noch, war aber fast erblindet, und hatte seit sechzehn Jahren einen schwärenden Arm, der von nichts als dem Stich eines Insekts herrührte. Ein amerikanischer Quacksalber hatte ihm gesagt, wahrscheinlich sei ein Centiped darübergelaufen; der Esel wußte nicht einmal, daß ein solches Tier höchstens eine rasch vorübergehende Entzündung hervorrufen kann, möglich bleibt aber, daß er von einer Fliege oder Wespe gestochen wurde, die vorher auf einer Leiche gesessen hatte, und dadurch das Leichengift in seinen Körper bekam.

Ich riet ihm ein altes indianisches Heilmittel, die in Milch gekochte Wurzel des weißen Sumach, an, und gebe Gott, daß es ihm hilft.

Von dort ab drängte es mich, Röttkens alten Platz zu besuchen, wo ich mit ihm, Heller und Korn so vergnügte Tage verlebt. Du lieber Himmel, sie lagen alle unter der Erde, aber es drängte mich, wenigstens die alte Stätte wieder einmal zu besuchen!

Und überall dieser wilde, erst seit etwa acht Jahren emporgewucherte Unterwald! Durch das niedere Bottomland führte nur ein schmaler Pfad, und nicht zehn Schritt weit von diesem ab konnte ich nach rechts und links hinaussehen. An Jagen war in dieser Wildnis kaum zu denken.

Endlich erreichte ich den fourche la fave und an diesem den Bluff, auf welchem Röttkens Blockhäuser, die er sich in viel zu großartiger Weise aufgeführt, damals gestanden. Sie existierten aber nicht mehr, denn wie ich schon bei Klingelhöffer gehört, hatte sie vor langen Jahren ein Brand zerstört, und an der Stelle wohnte jetzt John Cook, der einzig überlebende Sohn meines alten verstorbenen Freundes Cook, mit dem ich manche fröhliche Jagd gemacht.

Und das war die Stelle, auf welcher früher so heiteres Leben und ein Luxus geherrscht hatte, der für die Backwoodsmen an das Fabelhafte grenzte und sein Ende auch freilich in einem sehr raschen Bankerott des Betreffenden nahm. Ein freundlicher Garten umgab damals das Haus, und Reben rankten an Spalieren empor, während angepflanzte Frucht-, besonders Pfirsichbäume reiche Ernten versprachen. Jetzt war der Bluff, einige alte hohe Kiefern abgerechnet, kahl, nur ein kleines rohes Blockhaus stand darauf, in welchem John Cook mit seiner Familie lebte. Er hatte eine junge Frau und nur erst wenige Kinder, das jüngste aber gerade krank am kalten Fieber, das in diesem Jahr ganz außergewöhnlich heftig am fourche la fave wütete und fast keine Hütte verschont ließ. Cook selber war den ganzen Tag nach einer vermißten und wahrscheinlich verlorenen Kuh – seiner einzigen und letzten – ausgewesen und eben todmüde nach Hause gekommen. Seine Frau wiegte das kranke Kind, und in der Ecke am Kamin kauerte eine bleiche, wüste Gestalt, mit einer Krücke neben sich lehnend. Es war der von seiner Schwester getrennte Gatte, ein Vagabund, oben aus Texas, und zwar krank, zurückgekehrt, der sich jetzt von dem selber total verarmten Schwager füttern ließ.

Cook hatte fast alles in dem letzten Krieg verloren, und sogar Haus und Hof verlassen und nach Illinois flüchten müssen, um nicht, wie hundert andere, hinterlistig von den umherstreifenden Banden erschossen zu werden. Als er endlich zurückkehrte, fand er seine Heimat natürlich vollständig ausgeplündert und sein Vieh, Pferde, Kühe und Schweine, entweder erschlagen oder fortgetrieben.

Mir lag es in dem engen, ärmlichen Raum, der nur das dürftigste an Betten und Kochgeschirr enthielt, wie eine Last auf der Seele, und ich drängte fort nach Hallers-Platz hinüber. Von dort aus hoffte ich noch den Weg zu meiner alten Salzecke zu finden, an der ich so manche Nacht gewacht und so viele Hirsche geschossen hatte.

Cook erbot sich, mich zu begleiten, obgleich ich den kaum eine Viertelmeile im Land gelegenen Platz unmöglich verfehlen konnte. Wir bogen rechts aus der Richtung. Der Weg führte jetzt dort herum, wie Cook sagte, früher lag er mehr links. Der Wald war dort überall – ebensowohl wie draußen – dicht verwachsen, so daß man kaum zehn Schritt voraussehen konnte; endlich erreichten wir eine Fenz, es war Hallers früheres Feld, jetzt voll Sassafras und Sumach und junger Eichenstämme; die Fenz war teils niedergebrochen, teils verfault und nur hier und da noch ein Teil davon gut und brauchbar, wenn auch hier nutzlos. Jetzt kamen wir zu der Stelle wo das Haus gestanden; es ließen sich kaum noch einzelne Spuren des Kamins erkennen. Der Brunnen, den ich damals selber gegraben, war an seinem oberen Teile halb eingestürzt und mit Fenzriegeln angefüllt, von Dornen überhangen. Dicht daneben lag der Wald.

»Hier ist nicht viel mehr zu sehen,« meinte Cook, »und Hallers sind auch alle tot. Wollen wir wieder gehen?«

Ich sagte kein Wort weiter, drehte um und schritt mit nach seinem Hause zurück. Dort aber nahm ich Büchse und Bergsack wieder auf, denn hier, zwischen den Ruinen einer vergangenen Zeit, litt es mich nicht länger. Als ich aber allein wieder zurückkehrte, denn mein Weg den Fluß hinab führte mich wieder an dem alten Platz vorbei, konnte ich nicht so rasch von ihm scheiden, denn alte, fast vergessene Bilder tauchten aus seinem Schoß empor.

Dort hatte Haller mit seiner Frau, deren etwas tauben Schwester und einem lieben, herzigen, kleinen Mädchen von etwa sieben Jahren gewohnt, und ich bei ihnen. Am letzten Abend aber, ehe ich von dort fortging, wollte ich noch einmal an die Salzecke gehen, um Hallers etwas Wildbret zurückzulassen, und gerade als ich das Haus verließ, kam Erb, ein junger, dort in der Nachbarschaft Zigarren drehender Deutscher, und schimpfte, daß ich fort wollte, denn er hätte sich auf einen fidelen Abend gefreut gehabt. Es ging aber nicht anders, denn wir hatten nicht einmal ein Stück Fleisch zum Abendbrot im Hause. Kaum fünfhundert Schritt von der Wohnung indessen traf ich einen prächtigen jungen Hirsch, den ich erlegte; nun konnte ich gleich mit ihm zurückkehren, und wie fidel waren wir alle miteinander, als auch noch später Röttken mit seinem ältesten Töchterchen, damals auch noch ein Kind, herüberkam: Es wurde ein Uhr, ehe wir das Lager aufsuchten.

Haller, seine Frau, deren Schwester, selbst das Kind, das heranwuchs, sich verheiratete und im ersten Wochenbette starb, Röttken, dessen Tochter, Erb, der zuletzt wahnsinnig wurde – sie sind alle tot – das Haus selber steht nicht mehr, das Feld liegt verwüstet, der Brunnen verschüttet – und ich selber sitze, wie der ewige Jude zwischen den Trümmern eines vergangenen Viertel-Jahrhunderts, sehe im Geist die Schatten an mir vorübergleiten, und o wie weh – wie weh ist mir dabei im Herzen.

Sonderbar, daß mir der ewige Jude dabei einfiel, aber in dem Augenblick verstand ich erst das ganze Furchtbare der entsetzlichen Sage. Bis dahin hatte ich kaum darüber nachgedacht, der ewige Jude war mir als ein etwas langweiliger, weil ewig wiederkehrender Patron erschienen, ein Bummler ohne Ende, der sich nur zu seiner Strafe nach Ruhe sehnt und sich weiter wenig um die andere Welt kümmert. Jetzt erst verstand ich, was er leiden mußte.

Die Stätte, auf der ich hier stand, war mir selber nie eine Heimat gewesen. Nur Freunde hatten mir darauf gelebt, mit denen ich, als Halteplatz auf meiner Wanderung, fröhliche Stunden verbrachte, die mir, wohin ich auch ging, eine liebe Erinnerung und dabei fest in meinem Gedächtnis blieben. Jetzt hielt mein Fuß wieder auf derselben Stätte, und es schien mir fast, als ob nicht fünfundzwanzig Jahre, nein, kaum so viele Wochen darüber hingegangen sein könnten, daß ich in ihrer Mitte geweilt – und alles indessen tot – alles zerstört und der Erde gleichgemacht, an das gerade die Erinnerung hätte anknüpfen können. Wer kann mir's verdenken, daß mir große Tränen in den Bart liefen, kam ich mir doch in dem Augenblick vor wie der einzige Überlebende eines ganzen Geschlechts!

Ich hielt das auch nicht lange aus. Noch einen Blick warf ich über die Trümmer, und dann meine Büchse auf die Schulter nehmend, wanderte ich still und schweigend und nur meinen eigenen trüben Gedanken nachhängend allein in den Wald hinein. Allerdings versuchte ich später die Salzecke wieder aufzufinden, zu der ich sonst so oft in stockfinsterer Nacht gegangen und sie nie verfehlt, aber ich kannte keinen der Plätze mehr, denn jede Fernsicht war mir durch das dichte Unterholz benommen. Ich befand mich dort wie in einer völlig fremden Gegend. Und das waren meine alten Jagdgründe!

Spät an dem Abend erreichte ich das Haus einer Witwe Rankins, mit deren Mann ich früher oft und oft gejagt. Sie bewohnte das Haus mit ihrem Sohn und einer Tochter, und es sah wüst und ärmlich bei ihnen aus – auch Grund genug dafür vorhanden. Es war die alte Geschichte. Ihr Mann hatte sich vor dem Raubgesindel in den Wald geflüchtet, bis er krank wurde und zurückkehrte. Seine Frau bat ihn, sich nicht so augenscheinlicher und täglicher Gefahr auszusetzen, umsonst; er erklärte, daß er es nicht mehr im Busch aushalten könne, und wenige Tage später wurde die Hütte von den Jayhawkers überfallen und Rankins an seinem eigenen Kamin von ihnen totgeschossen.

Die Taten, die dieses feige Gesindel verübte, sind wirklich schaudererregend. Die jungen Männer waren alle, teils freiwillig, teils gezwungen in die Armee der Südstaaten eingesteckt worden, und nur die Greise und Frauen und Kinder zurückgeblieben. Die überfielen sie, plünderten die Wohnungen, zerstörten, was sie nicht mitnehmen konnten, erschossen dann auch noch die alten Leute oder marterten sie, wo sie Geld vermuteten, zu Tode, um das Versteckte von ihnen zu erpressen.

So wurde nur von meinen eigenen Bekannten, außer Rankins, der alte siebzigjährige Jenkins vor seiner eigenen Tür von zwei Schuften erschossen, ebenso John Wells und Hogan, mit denen beiden ich oft gejagt, und was sich nicht versteckt hielt und alles an Eigentum eben preisgab, war verloren.

Ich sprach mit dem jungen Rankins, weshalb sie den Wald hätten so verwildern lassen, aber die alte Frau sagte: »Ach du lieber Gott, wir hätten ihn in der Kriegszeit lieber noch dichter gehabt, denn nur dadurch konnten wir uns selber und vielleicht eine oder die andere von unseren Kühen retten! Die Menschen waren zu bös.«

Bös? – es ist dies wahrlich nicht das rechte Wort, denn schlimmer, weit schlimmer selbst als eine wilde Bestie ist der Mensch, wenn er erst einmal Blut gekostet hat.

Ein Tiger? – ja, der erwürgt, was er zu seiner Nahrung braucht und kennt dabei auch kein Mitleid. Wenn er aber zur Genüge hat, zieht er sich in sein Dickicht zurück. – Nicht so der Mensch. Hat der einmal Blut gekostet und in eine solche Bahn eingelenkt, dann zieht er auch mordend und plündernd seinen Weg und findet zuletzt selbst einen unerklärlichen und furchtbaren Genuß darin.

Übrigens waren die wenigsten dieser sogenannten Jayhawkers wirkliche Arkansasleute, und das meiste Gesindel schien von Texas und den westlichen Territorien eingebrochen zu sein. Als jedoch die Unionstruppen einmarschierten, wurden sie scheuer und zogen sich endlich wieder meistens nach Texas in die Wildnis zurück.

Ich fragte Mrs. Rankins, ob sie sich recht gefreut hätten, als die Unionstruppen eingerückt wären und diesem Treiben ein Ende gemacht hätten; sie zuckte aber die Achseln und meinte: »Gefreut haben wir uns allerdings darüber, denn wir glaubten, daß nun der entsetzliche Krieg zu Ende sei. Der General in Little Rock soll sich auch gut genug benommen haben, was aber die Soldaten selber betrifft, so stahlen die wie die Raben, und man mußte ihnen fortwährend auf die Finger sehen.«

»Sie betrachten sich in Feindes Land.«

»Na, dann brauchten die Offiziere aber wenigstens nicht zu stehlen,« sagte die alte Frau, »und die Sesesch (Sezessionisten) waren auch in Feindes Land, wenn sie zu einem Unionsmann kamen, die sie recht gut kannten; aber trotzdem blieben sie immer artig und höflich und zahlten, was sie brauchten. Niemand fürchtete sich, wenn Konföderierte in eine Farm einrückten, wenn aber die Federals kamen, mußten die besten Unionsleute ihre Kisten und Kästen zuschließen und ihre Kühe und Pferde in das Dickicht treiben, und selbst das half manchmal nichts.«

Sonderbarerweise habe ich dieses Urteil der alten Frau, fast wohin ich kam, bestätigen hören, und Klingelhöffer selber, ein ganz entschiedener Unionsmann, versicherte mir, das einzige, was man ihm in dem Krieg gestohlen, sei ihm ebenfalls von den Federals gestohlen worden.

Außerdem übten die Unionstruppen einen vielleicht nötigen, aber fast unerträglichen Druck auf das Land aus, indem sie die Hauptstadt in Besitz hielten und nicht allein alles kontrollierten, was hineingebracht, sondern auch, was ausgeführt wurde. Die Farmer der dortigen Distrikte durften kein Pfund Salz kaufen, ohne vorher einen sogenannten Permit dafür zu lösen, und diese Permits wurden nicht etwa liberal, sondern in sehr beschränktem Maße verteilt und gar nicht selten ohne irgend welchen erkennbaren Grund ganz zurückgehalten. Einzelne Artikel aber, besonders Pulver, Zündhütchen, Blei oder Waffen, durften bei schwerster Strafe gar nicht ausgeführt werden, und hätten sich die einzelnen Ansiedler da draußen auch verteidigen wollen, so waren ihnen doch die Mittel dazu vollständig abgeschnitten.

Ich fragte nach manchen Freunden – »alle tot!« Und wer lebte jetzt auf ihren Farmen? Niemand, die Häuser waren eingestürzt oder verbrannt, die Felder verwildert und die verschiedenen Counties damals, vor fünfundzwanzig Jahren, im Gegensatz zu jetzt kultiviert gewesen. Im Augenblick lag das Land wüster als je, und doch ist es eins der reichsten in der ganzen Union.

Von diesem Hause aus pirschte ich langsam durch den Wald, der Mündung des Flusses zu, und erreichte gegen Abend Klingelhöffers Farm wieder, bei dem ich dann noch einige Tage blieb, um nachher über den Arkansas zu setzen und nach Little Rock zurückzukehren. Am White River und in den dortigen Sümpfen wollte ich noch eine Weile jagen und dann meinen Weg nach Louisiana, als letztes Ziel der Vereinigten Staaten-Tour, fortsetzen.

Schwer, recht schwer wurde mir der Abschied von meinem alten lieben Freund, den ich krank auf seinem Lager zurückließ. Werden wir uns je wiedersehen? Ich fürchte nein, und wir beide fühlten das. Aber so ist das Leben – kommen und scheiden, und mein eigenes Los war es ja, fast solange ich denken kann, nur immer von lieben oder lieb gewonnenen Menschen Abschied zu nehmen und auf das Ungewisse in die Welt hinauszuziehen. Vorwärts! weiter! ich hatte keine andere Wahl, und wenn mich nicht alles täuscht, so werde ich wohl auch kaum je zur Ruhe kommen, bis man mich einmal in mein letztes Bett hineingelegt. Dann ist Friede.

Bei Klingelhöffer hatte mich ebenfalls so ein alter Wandervogel, Eduard Preiß, aufgesucht, der wie ich alle Weltteile durchzogen und ein wildes, unruhiges Leben geführt, solange er denken konnte. Eben jetzt kam er auch wieder auf seinem Maultier zu Land aus Texas herauf und wollte nach St. Louis weiter, und wir konnten wenigstens die Strecke bis Little Rock zusammen zurücklegen.

In Little Rock blieb ich nur noch einen Tag; wohl fand ich dort manche alte und viele neue Freunde, aber rasten durfte ich nun einmal nicht, und Neues oder Wichtiges war in der kleinen Stadt doch nicht zu sehen, wenigstens nichts, wodurch sie sich vor anderen ausgezeichnet hätte.

Daß die Bevölkerung übrigens der Unionsregierung, einer Masse Mißgriffe wegen nicht besonders freundlich gesinnt ist und vorzüglich das durch das Militärkommando oktroyierte Stimmrecht der Neger aus vollem Herzen verdammt, brauche ich wohl kaum noch zu erwähnen. Selbst die treuesten Anhänger der Union, Republikaner wie Liberale, sie alle sind darin einstimmig, und ich glaube nicht, daß die Radikalen irgend eine Maßregel hätten erfinden können, die sie rascher und gründlicher unpopulär gemacht.

Aber auch noch andere Gesetze lagen vor, die im Norden gar nicht verstanden werden, nicht verstanden werden können, oder es wäre eben Wahnsinn, sie zu erlassen.

So hatte man, während man den Neger in jeder Weise zu begünstigen und zur selbständigen Arbeit zu ermutigen sucht, eine Taxe Diese Taxe ist später, als vollständig unhaltbar, wieder aufgehoben worden. von 2½ Cent auf das Pfund Baumwolle gelegt, die bei den jetzigen, enorm niedrigen Baumwollenpreisen den kleinen Landbauer vollständig erdrückt und es ihm unmöglich macht, Baumwolle zu ziehen. Es gibt eine Menge Neger in Texas wie Arkansas, und aller Wahrscheinlichkeit nach auch in Louisiana, die wirklich Baumwolle gezogen haben, sie aber jetzt ruhig im Feld verfaulen lassen, weil sie sich einfach berechnen können, daß sie mit allen übrigen Kosten und der Taxe nicht einmal die Arbeit ihrer Ernte bezahlt bekommen.

Daß ihnen das nicht paßt, ist natürlich; sie haben sich außerdem schon schwer genug zur Arbeit entschlossen, und das erklärt denn auch den Ausspruch eines alten Negers, den wir auf dem Wege nach Little Rock überholten, und mit dem ich mich eine Weile unterhielt.

Der alte Bursche hatte ganz vernünftige Ansichten und schon viel in seinem Leben mit durchgemacht. Er war als Sklave geboren, kaufte sich aber unter tausend Entbehrungen endlich los und bezahlte, wie er sich selber ausdrückte, 1500 Dollars für seinen Kopf. Dann ließ er sich in Arkansas nieder und bearbeitete eine kleine Farm, bis die wahnsinnige Partei der Knownothings ans Ruder kam und alle freien Farbigen aus dem Staat vertrieb. Damals mußte er flüchten, bis nach der Niederlage der Partei das ungerechte Gesetz aufgehoben wurde und er zurückkehren durfte. Jetzt waren die Sklaven plötzlich alle frei geworden, und die ganze Maßregel schien ihn mehr überrascht als erfreut zu haben. Das läßt sich auch insofern erklären, als er fast ein Menschenalter für seine Freiheit arbeiten mußte, die jetzt allen übrigen umsonst gegeben wurde.

Auch mit den, den Negern fast aufgedrängten Rechten schien er nicht vollkommen einverstanden und meinte, was er fürchte, sei, daß sie sich von schlauen Weißen würden bereden lassen, Beamtenstellen zu erhalten, und das sei dann in Grund und Boden hinein gefehlt.

Ich fragte ihn nach der Stimmung der farbigen Bevölkerung und er sagte kopfschüttelnd: »Es klingt freilich sonderbar, aber es läßt sich nicht leugnen und ist eine Tatsache, daß eine große Anzahl der Farbigen jetzt zu den »Rebs« (Rebellen) gehören. Sie sehen eben nicht weiter und wissen nicht, was ihnen und den Ihrigen für die Zukunft frommt. Aber früher hatten sie wohl hart zu arbeiten, brauchten sich jedoch gar keine Sorge zu machen, denn ihr Master mußte sie ernähren, und jetzt sollten sie auf einmal für sich selber denken und dabei noch ihre eigenen Familien ernähren. Das paßt ihnen nicht, und sie sehnen sich deshalb nach dem alten Zustand zurück. Kennen sie doch gar nicht den Unterschied zwischen einem Sklaven und einem freien Manne.«

Ich bin fest überzeugt, daß der Alte die Wahrheit sprach, und einer solchen, noch vollkommen unwissenden Bevölkerung gibt man nicht allein das Stimmrecht, nein, dadurch auch in allen südlichen Staaten die überwiegende Majorität, was eben zu keinem guten Ende führen kann.

Mein zeitweiliger Reisegefährte Preiß war ein entschiedener Demokrat und bitterer Negerhasser, wir konnten uns aber in unseren Meinungen nicht einigen; denn wenn ich ihm auch in manchen Stücken beistimmen mußte, ging er in anderen wieder viel zu weit, und das ist gerade jetzt der Fluch der beiden bestehenden Parteien, daß sie alle Fragen bis hinaus auf die Spitze treiben und in ihrem blinden Eifer dadurch selbst die Republik in Frage stellen.

Nie hätte ich es früher für möglich gehalten daß in den Vereinigten Staaten der Gedanke einer Monarchie je ernstlich besprochen werden könne, aber in den verschiedensten Schichten der Gesellschaft begegnete ich ihm jetzt. Man sieht das ganze Land durch eine plötzlich entstandene Willkürherrschaft in Gefahr, und nicht allein der Süden erklärt offen und unverhohlen, daß nur eine Monarchie den zerrütteten Staat wieder herstellen kann, nein, selbst im Norden fangen hier und da die Leute an, diesen Zustand, der das Land mit einem Heer betrügerischer Beamten überschwemmte, satt zu bekommen, und meinen: »es könne wenigstens nicht schaden, es einmal mit einem wählbaren Könige« zu versuchen, der doch wenigstens die nichtsnutzige Beamtenbande im Zaum halten könnte.«

Wie dem auch sei, und ob solche Wünsche der großen Masse des amerikanischen Volkes noch vollkommen fern liegen, so ist es doch immer ein Zeichen der Zeit, solche Gedanken auch nur ausgesprochen zu finden. Übrigens haben sie das Richtige dabei, wenn auch nicht richtig ausgedrückt, doch jedenfalls gefühlt.

Ein wählbarer König ist ein Unsinn, überhaupt paßt keine Monarchie, die nun einmal ohne äußeren Glanz und Pomp nicht bestehen kann, weder für die Union noch sogar für die südamerikanischen Republiken. Ich wenigstens möchte nicht der erste König in den Vereinigten Staaten sein, der keinen Moment auch nur seines eigenen Lebens sicher sein würde. Das aber, was sich der Amerikaner – und oft unbewußt – darunter denkt, und weshalb er eine Monarchie manchmal nicht für unausführbar hält, ist eine damit verbundene Änderung im Beamtenwesen, die aber auch ohne Monarchie denkbar und schon von vielen tüchtigen Amerikanern ins Auge gefaßt ist.

Es bedingt freilich wieder eine Abänderung der Konstitution – in jeder Republik eine mißliche Sache – aber es kann auch nicht vermieden werden, wenn das ganze Volk nicht durch die jetzigen, wahrhaft schreckenerregenden Betrügereien im Beamtenwesen, die gar nicht so selten offenen Diebstählen gleichkommen, total demoralisiert werden soll.

Die Beamten müssen nämlich auf Lebenszeit ernannt werden können und, um eine solche Stellung zu erlangen, auch ein vorhergehendes Examen machen. Kein Präsident darf das Recht haben, tüchtige Beamte zu entlassen, um seine Kreaturen, die ihm durch ihr Wahlmanöver den Platz verschafften, in eine gute Anstellung zu bringen und dadurch auf Kosten des Staates zu belohnen, ob sie nun für die neue Stellung passen oder nicht.

Dadurch würde ein dreifacher Nutzen erzielt werden.

Erstlich bekäme man mit der Zeit in ihrem Fach tüchtige Leute, was jetzt bei dem ewigen Wechsel nicht möglich ist.

Zweitens bekäme man ehrliche Beamte, denn ihre Stellung ist bei ihnen zu einer Lebensfrage geworden, und einmal durch eine ehrlose Handlung daraus entfernt, wäre ihnen ein fernerer oder neuer Eintritt in den Staatsdienst abgeschnitten.

Drittens aber – und die Hauptsache von allem – würde den ewigen Wahlumtrieben und Bestechungen der Boden vollständig unter den Füßen fortgezogen werden, denn eine neue Präsidentenwahl berührte nicht mehr den speziellen Nutzen der Stellenjäger, die jetzt bei einer solchen Gelegenheit das ganze Land in Atem halten. Sie selber sähen keinen Vorteil mehr für sich dabei, und sich für andere mit wahrer Aufopferung zu bemühen, fiele ihnen nicht im Traume ein. Ein Segen würde eine solche Maßregel aber auch allen den südlich gelegenen Republiken werden, die sich jetzt, durch ebensolche gesinnungs- und gewissenlose Stellenjäger aus einer Revolution in die andere gestürzt sehen. Mißbräuche können überall und werden stattfinden, solange die Welt steht, denn Ehrgeiz und Eigennutz sind zu kräftige und gefährliche Hebel für das rastlose Menschenvolk, aber sie werden verderblich, wenn ihnen die Gesetze der Staaten noch jeden möglichen Vorschub leisten, und das geschieht jedenfalls durch einen gesetzlich sanktionierten vierjährigen Systemwechsel im ganzen Lande.

Doch genug und übergenug von Politik und Staatseinrichtung.

Little Rock verließ ich bald darauf wieder, um noch vor allen Dingen eine kurze Zeit in meinen alten Sümpfen zu jagen, und zu dem Zweck fuhr ich wieder mit der Eisenbahn nach Duvals Bluff am White River, und auf diesem eine kurze Strecke stromab, um in mein altes Jagdterrain zu kommen. Da ich hier aber keine Jagdzüge, sondern nur meine Reise beschreibe, mag das an einer anderen Stelle seinen Platz finden.

Ich trieb auch das alte Jagdleben nicht solange wie in früherer Zeit und wandte mich dann, weil ich jetzt andere Ziele zu verfolgen hatte, wieder nach Süden, um Louisiana, in dem ich früher ebenfalls mehr als ein Jahr zugebracht, noch einmal zu besuchen.


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