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2. New-York nach dreißig Jahren

Genau dreißig Jahre, selbst in diesem Monat, sind es, daß ich zum erstenmal in New-York Fuß auf amerikanischen Boden setzte – aber mit wie anderen Gefühlen betrat ich diesesmal den Platz! Damals war ich ein blutjunger Mensch, der, wie tausend andere, »Glück« in Amerika zu machen hoffte und sich dabei eben auf sein Glück verließ. Ehrfurchtsvoll betrachtete ich schon den Lotsen, der mit einem hohen Zylinderhut und in einem schwarzen Frack, mit goldener Uhrkette und Vorstecknadel zu uns an Bord kam, – und nun erst das Leben und Treiben am Ufer selber, die ungeheure, rastlose Geschäftigkeit, mit der alles durcheinander drängte, die fremde Sprache schon, die vielen wunderlichen Gestalten, selbst die verschiedene Vegetation machte einen unauslöschlichen Eindruck auf mich, und ich bin mir eigentlich noch nie so verlassen und unbedeutend vorgekommen, wie an jenem Tage.

Ich bin seitdem dreißig Jahre älter geworden und habe nicht allein das amerikanische Leben durchgekostet, sondern auch viel von der übrigen Welt gesehen – deshalb betrachte ich auch wohl das amerikanische Leben nicht mehr mit Ehrfurcht. Selbst der Lotse, der diesesmal, statt wie früher in einem schwarzen, in einem weißen Zylinder an Bord kam und weiter nichts als eine permanente Spuckmaschine zu sein schien, konnte kein solches Gefühl in mir erwecken; aber selbst der verwöhnte Reisende muß trotzdem staunen, wenn er in dieses riesige Schaffen eintritt, was ihn hier auf allen Seiten umgibt, und eingestehen, daß er in New-York einen der ersten – wenn nicht den ersten Handelsplatz der Welt betritt. Und wie riesig ist die Stadt in der Zeit, im wahren Sinne des Wortes, gewachsen, wie sind aus den kleinen Backsteinhäusern, die sonst beide Seiten des Broadway einnahmen, mächtige Marmorgebäude emporgeschossen, und welcher Verkehr füllt jetzt die Straßen!

Und nicht im Innern allein, nein besonders am äußeren Rande ist dieses Wachstum merklich, denn New-York begnügt sich nicht mit den ihm verliehenen Ufern, sondern hat zahllose Werften ausgebaut, die es auch auf diese Weise merklich vergrößern, indem sie eine auf dem Wasser wohnende Bevölkerung schaffen, während die Seearme von wirklich zahllosen Fährbooten ununterbrochen gekreuzt werden. Und die Fährboote selber sind gewachsen. Früher waren es kleine, unbedeutende Dampfer, die eine geringe Zahl von Fuhrwerken und einige hundert Passagiere faßten. Jetzt sind es mächtige Boote, die besonders an einigen Stellen eine Völkerwanderung zu unterstützen scheinen, so wogt es auf ihnen herüber und hinüber. Zwanzig und mehr Fuhrwerke rollen in zwei breiten Reihen darauf – Hunderte von Menschen strömen an Bord, und während sie vom Land abstoßen, strömen schon wieder andere Hunderte herbei und erwarten ungeduldig das nächste Boot, das eben in den anderen Halteplatz einläuft.

Und welchen wunderbar schönen Anblick gewährt die See, auf der hier bald ein mächtiges Schiff mit beschlagenen Segeln von einem winzig kleinen Dampfer einbugsiert wird, dort ein Schoner aufkreuzt, die Dampfboote herüber- und hinüberschießen, und dazwischen kleine Segelboote einen ununterbrochenen Verkehr unterhalten.

Taucht man dann freilich in die Stadt selber ein, so ist der erste Eindruck, den man in allen Seitenstraßen – Broadway allein ausgenommen – erhält, ein keineswegs günstiger, denn der Schmutz in den meisten ist entsetzlich und das Pflaster derart, daß man nicht recht begreift, wie Pferde darauf passieren können, ohne die Beine zu brechen, und Fuhrwerke ihre Räder ganz behalten. Und dieser Schmutz und Unrat sogar in den belebtesten Seitenstraßen. Man sagt, daß die Stadt selber jährlich Summen für die Erhaltung der Reinlichkeit in ihren Straßen bezahlt, die ich hier nicht einmal anzugeben wage, aber die Kontraktors scheinen ihren Nutzen besser zu verstehen, als das gute Geld ›auf die Straße zu werfen‹, und der Fremde kann dann nur mit dem Kopfe schütteln, wenn er vor Marmorpalästen bis an die Knöchel im Schlamm waten muß und fortwährend auf allen erdenkbaren herausgeworfenen Vegetabilien hin- und herrutscht.

Aber trotzdem vergißt er das bald in dem Gefühl des Staunens über das Leben und Treiben in dieser ›Stadt der Welt‹, das fast alle Straßen erfüllt und dessen Menschenzahl nur dann erklärlich wird, wenn man das riesige Wachstum nicht allein New-Yorks, sondern auch der Nachbarstädte Brooklyn und Hoboken betrachtet. Stundenlang dehnt sich besonders Brooklyn aus, und die Fährboote, welche an zahlreichen Stellen den Seearm kreuzen, führen besonders am Morgen die halbe Bevölkerung der beiden Nachbarstädte nach den Geschäftsteilen New-Yorks hinüber.

Hoboken ist dabei fast ganz deutsch, und in der Tat soll die Hälfte der dortigen Einwohner aus Deutschen bestehen, während sich Brooklyn dagegen entschieden den amerikanischen Charakter gewahrt hat. Auf den zwischen Hoboken und New-York laufenden Fährbooten hört man deshalb auch fast nur Deutsch sprechen, auf denen zwischen Brooklyn und der City laufenden nur Englisch.

Übrigens hat, wie ich zu meiner Freude gesehen, das deutsche Element in Amerika nicht allein an Zahl zugenommen, sondern besonders an Achtung bei den Amerikanern gewonnen und sich weit mehr zur Geltung gebracht, als man es früher für möglich gehalten. Das ist freilich mit unserem besten Herzblut daheim erkauft – vielleicht zu teuer erkauft worden, denn die Jahre 48 und 49 trieben die besten Kräfte aus Deutschland fort, die es in der faulen, sich breit machenden Reaktion nicht länger aushalten konnten. Sie suchten dann und fanden hier ein neues Vaterland, und die Amerikaner mußten zuletzt wohl einsehen, daß Deutschland auch imstande sei, andere Kräfte über den Ozean zu senden, als arbeitsharte Fäuste mit politisch unreifen und unklaren Köpfen.

Die deutsche Presse – mit Ausnahme einer Anzahl frecher Nachdrucke – nimmt hier eine vollkommen ehrenvolle Stellung ein; ich brauche hier nur die New-Yorker Staats- und die Handels-Zeitung zu nennen, und bedeutende deutsche Firmen konkurrieren mit den besten amerikanischen. Der Wert des deutschen Ackerbauers war schon früher genugsam gewürdigt, und der letzte langwierige Krieg mußte dem Land erst recht zeigen, nach welcher Richtung diese Kraft tätig war, als es galt, das neugewählte Vaterland zu schützen und zu verteidigen.

Die Deutschen haben sich aber nicht allein der Arbeit hingegeben, sondern auch ein geselliges Leben geschaffen. Zahlreiche deutsche Restaurationen bestehen dabei, denen man es schon an der eleganten Einrichtung ansehen kann, daß sie ein anderes Publikum versorgen, als es sich vor dreißig Jahren hier fand, wo damals gerade die deutschen Boardinghäuser auf der allerniedrigsten Stufe standen.

»Wo der Deutsche ist, darf auch das Bier nicht fehlen,« sagen viele Leute, und etwas Wahres ist daran, wenn ich auch dem Bier – wie andere getan, nicht zuschreiben möchte, daß es die Deutschen gerade in Amerika zusammenhalte. Das können wir doch, und mit recht gutem Gewissen, einer edleren Ursache zuschreiben. Aber für angenehm hält er's immer, und das Lagerbier (hier nur schlichtweg ›Lager‹ genannt) hat sich in der Tat merkwürdig in New-York ausgebreitet. Es wird an zahllosen Stellen in der Stadt verschenkt, so daß man es selber in eleganten amerikanischen Lokalen trifft; aber ich muß leider gestehen, daß ich fürchte, es verdankt diese Verbreitung weit mehr seiner Billigkeit – im Vergleiche zu den jetzt enorm teuren spirituösen Getränken, als seinem innern, höchst zweideutigen Wert. Ich habe es in den verschiedensten und besten Lokalen getrunken, und ein kleines Glas, bei recht heißem Wetter rasch geleert, schmeckt wenigstens leidlich, läßt man es aber nur wenige Minuten im Glase stehen, so wird es vollkommen ungenießbar, fade und matt. Es hat auch fast gar keinen Gehalt und entspricht den Anforderungen der Tempérance-Société vollkommen, denn ich glaube, man könnte eher darin ertrinken, ehe man betrunken davon würde.

Doch zurück zu New-York, in dessen Leben und Treiben wir uns noch einen Augenblick stürzen wollen. Das ist ein Gewoge in den Straßen, daß man seines eigenen Lebens kaum sicher ist. Wenn man eine derselben kreuzen will, so folgt Fuhrwerk auf Fuhrwerk einander, während trotzdem mitten durch alle hin eine Pferdebahn läuft und Güterkarren und andere Fuhrwerke ununterbrochen zwingt, ihr auszuweichen – aber fast keinen Reiter sieht man mehr in den Straßen.

Früher saß fast alles im Sattel; vor jeder Restauration waren hölzerne Gestelle mit eisernen Haken angebracht, über welche die Zügel der Pferde geworfen werden konnten, und bald da, bald dort traf man auch wohl ein nicht angebundenes Pferd auf der Straße, das geduldig vor irgend einer Tür auf seinen Herrn wartete. Diese Gestelle, sogenannte Racks, sind vollständig verschwunden, denn die Fahrgelegenheit ist jetzt nach allen Richtungen so erleichtert, daß es sich wirklich nicht mehr der Mühe lohnte, ein Pferd dafür zu halten, wie es denn auch nicht leicht wäre, sich mit einem solchen durch die endlosen Reihen der Fuhrwerke durchzuwinden.

Trotz aller dieser Veränderungen merkt man aber die wirklich erstaunliche Vergrößerung und auch Veränderung New-Yorks kaum in der alten Stadt in welcher einzelne Teile sogar noch genau ihren früheren Charakter und neben prachtvollen Gebäuden die ärmlichsten Baracken zeigen. Je weiter man aber die Straßen hinauffährt, desto unverkennbarer tritt sie uns entgegen, und wie aus dem Boden herauf entstand dort eine neue Welt. Im Jahre 37 ging ich noch dicht bei New-York auf die Jagd und schoß zwischen der damals schon ausgelegten, aber noch nicht begonnenen 23. und 43. Straße in den den Boden bedeckenden niederen Waldungen oder Gebüschen Schnepfen: jetzt stehen dort, und weit darüber hinaus, Marmorpaläste und unzählige Kirchen, und breite Trottoirs liegen an den Stellen, wo man früher den Sumpf durchwaten mußte.

Und wie wird New-York in weiteren dreißig Jahren aussehen! Die amerikanische Spekulation kennt keine Grenzen, und da die Mieten jetzt zu einer fast unglaublichen Höhe hinaufgeschraubt sind und einzelne, nicht einmal übergroße Häuser einen Zins von sechzig- bis achtzigtausend Dollars jährlich tragen, so nimmt dadurch auch natürlich die Bauwut überhand.

Noch gibt es in der Nähe des Zentralparks (59. Straße) Stellen, an denen auf malerischen (aber trotzdem mit Annoncen bedeckten) Felsblöcken ganze Nester von kleinen schmutzigen Holzhütten liegen – aber ringsumher steigen schon Granit- und Marmorbauten über den kaum geebneten Boden empor und blicken wie verwundert auf die pilzartigen Hütten nieder, und nicht mehr lange wird es dauern, bis den weit draußen angelegten Zentralpark eine einzige geschlossene Häusermasse mit der eigentlichen Stadt verbindet.

Und welche bedeutende Rolle spielt der Marmor dabei, welcher fast unglaubliche Luxus wird mit diesem kostbaren Material getrieben! Nicht allein Wohngebäude und Verkaufslokale werden davon errichtet, nein, selbst Kirchen, ja Lagerhäuser in scheinbar engen Seitenstraßen. Überhaupt hat der Luxus, der in New-York getrieben wird, eine fast schwindelnde Höhe erreicht, und man fragt sich unwillkürlich, wo hinaus soll das zuletzt führen? Wie wird das einmal enden? Die Preise sind dabei für alle Waren, ja selbst für Lebensmittel auf das höchste hinaufgeschraubt, die Taxen fast unerschwinglich, alles klagt dazu, daß das Geschäft daniederliegt – aber alles hofft auch auf bevorstehende bessere Zeiten, und man scheint nur über das eine noch nicht recht klar: wie diese nämlich eintreten sollen.

Doch ich darf den Leser, der vielleicht New-York sogar nach eigener Anschauung kennt – denn was ist jetzt eine Reise nach New-York? – nicht mit einer langen Beschreibung der fast allbekannten Stadt ermüden. Nur meine eigenen Eindrücke wollte ich ihm geben, und nachdem ich dort viele liebe alte Freunde gesehen und neue gewonnen hatte, und überall, wohin ich kam, herzlich von meinen wackeren Landsleuten ausgenommen wurde, rüstete ich mich wieder zu neuer Wanderfahrt.

Diesmal lag aber mein Zug – wenigstens vorderhand – keinem wildreichen Wald entgegen, denn vor allen Dingen wollte ich jene geheimnisvollen Quellen besuchen, die das Erdöl aus der Tiefe heraufleiten. Nach dem eigentlichen Öl- oder Petroleumdistrikt hatte ich mich lange gesehnt, und da derselbe fast auf meinem Wege nach dem Westen lag, säumte ich auch nicht ihn aufzusuchen.

Am 13. August verließ ich, von lieben Freunden an das Fährboot geleitet, New-York wieder, um die Eisenbahnstation in Jersey zu erreichen.

Die Abfahrt des Zuges war auf sieben Uhr festgestellt, die Zeit eingerechnet, die das Fährboot braucht, um von New-York nach Jersey überzufahren, und ziemlich pünktlich wurde sie eingehalten. Allerdings herrschte anfangs wohl einige Verwirrung in dem schon vollkommen dunklen Bahnhofe, aber das reguliert sich alles sehr rasch, sobald der Zug sich erst einmal in Bewegung setzt. Einzelne suchten freilich noch immer irgend jemanden, bei dem sie sich nach irgend etwas erkundigen können, aber da keiner der Kondukteure eine Uniform oder auch nur das geringste Abzeichen trägt, so ist es nicht möglich, sie in der Dunkelheit und dem Gewirr aufzufinden. Was noch mit will, muß die Eisengeländer der Treppen des schon ziemlich schnell gehenden Zuges fassen, und fort brausen wir bald mit der sogenannten Lightning Express – dem Blitz-Kurierzug – in die dämmernde Nacht hinein.

Die Passagiere haben auf diesen amerikanischen Zügen nämlich das volle Recht, auf- oder abzuspringen, wo und wie sie können, ob der Zug im Gange ist oder nicht. Bricht einer dabei den Hals, so ist das natürlich seine Sache, und er mag sich vorsehen. Menschenleben sind ja auch billig in Amerika.

Die Schlafcoupés in diesen Zügen, in denen man für anderthalb Dollars ein Doppelbett, für fünfundsiebenzig Cents einen einzelnen und bequemen Schlafplatz für die ganze Nacht findet, sind so praktisch eingerichtet, daß in dem allerdings sehr großen Waggon so viele schlafen und ausgestreckt liegen, als darin über Tag sitzen können. Die Sitze in den Salonwagen sind nämlich weit genug auseinander, da, wo vier Personen sitzen, zwei hinzulegen, und über diesen wird dann durch eine höchst einfache Vorrichtung noch eine zweite, ebenso bequeme Etage hergestellt.

Noch viel wohltätiger für die Reisenden sind die Kommodités, denn es werden dadurch von sämtlichen Stationen diese höchst fatalen Gebäude mit den geheimnisvollen Überschriften: »Für Männer, für Frauen,« oder je nach der Landessitte: »Für Herren, für Damen,« verbannt, zu denen man immer Spießruten laufen muß, und wohltätig wirken sie außerdem genug, nicht allein für die Bequemlichkeit, sondern auch auf die Gesundheit der Reisenden.

Der »Blitz-Kurierzug« mußte allerdings vier Stunden in der Nacht liegen bleiben, weil vor uns ein Güterzug von den Schienen geraten war und nicht so rasch beseitigt werden konnte, aber ich schlief die ganze Nacht vortrefflich in meiner »bunk«, und als der Morgen dämmerte, sausten und keuchten wir wieder durch das weite Land.

Einen Teil dieses selben Weges hatte ich früher auf einem jener schneckenartigen Kanalboote zurückgelegt, die von Pferden langsam und Schritt für Schritt gezogen wurden und, ohne merklichen Fortgang zu machen, dem Reisenden zuletzt das angenehme Gefühl geben, als sei er darauf heimisch geworden und fest entschlossen, sein künftiges Leben als Passagier darauf zuzubringen. Damals war jenes Land fast noch eine Wildnis gewesen: aber wie hatte sich das geändert! Weite Farmen deckten jetzt die Hänge, überall tauchten kleine Städte und Ortschaften auf, an denen der Zug vorüberflog, und endlose Güterzüge folgten einander rasch. Und trotzdem besteht der Kanal noch, trotzdem führen die langsamen Boote darauf noch die Produkte des Landes den Haupt- und Hafenplätzen zu, weil sich die Fracht für billigere Waren eben geringer auf ihnen stellt, und sie mit allen den Frachtgütern, bei welchen keine besondere Eile nötig ist, recht gut die Konkurrenz aushalten können.

Doch die weitere Fahrt bot nichts sonderlich Bemerkenswertes, als manchmal einen prachtvollen Blick über die Landschaft, und nur eins fiel mir besonders auf, weil es eben den Charakter der amerikanischen Szenerie gegen früher wesentlich verändert hatte. Früher nämlich gaben die sogenannten Zickzackfenzen (zehn Fuß lange Stangen, die mit den Enden übereinander gelegt werden und dadurch einen Zaun bilden) dem bebauten Lande eine ganz bestimmte und eigentümliche Physiognomie. Diese Fenzen schienen in einem Teile Pennsylvaniens vollständig verschwunden, und an deren Statt waren die Felder mit riesigen Baumwurzeln eingezäunt, was ihnen einen höchst wunderlichen und pittoresken Anblick gab. Man hatte die Stämme der Bäume etwa zwei oder drei Fuß über der Wurzel – in der Tat so kurz wie möglich – abgehauen, dann die ganze Wurzel oft zwölf bis sechzehn Fuß im Durchmesser, aus dem Boden genommen und rund um die Felder, eine neben der anderen, hoch aufgestellt, wodurch sie allerdings eine vollkommen sichere Umzäunung bildeten. Irgend eine andere Fenz kann von einem schlauen Stier durchbrochen oder abgelegt, ja, wenn es sein muß, eingerannt werden – die Wurzelfenzen im Leben nicht, denn die starren Seitensprossen stehen nach allen Seiten hinaus und machen selbst ein Überspringen vollkommen unmöglich.

Noch begriff ich nicht recht, wie sich die Farmer zu der riesigen Arbeit verstanden haben konnten, diese Wurzeln alle auszuroden, denn wie weit mußten sie den Boden umher aufwühlen und abgraben, wenn sie die einzelnen Wurzeln bis zu solcher Länge herausbringen wollten, als ich plötzlich auf einem der Felder Zeuge der Art und Weise sein konnte, wie summarisch diese Arbeit gehandhabt wurde. Unser Zug erreichte eine Farm, auf der ein Feld von vielleicht fünfzehn Acker Land mit solchen ausgerissenen Wurzeln völlig überstreut lag, und mitten darauf waren die Leute noch eben an der Arbeit, dem Boden einen anderen solchen Zahn auszuziehen.

Aber das geschah nicht etwa mit Spitzhacke und Schaufel. Ein rot angestrichenes, dreibeiniges und etwa zwanzig Fuß hohes Gerüst war mitten im Feld und über der Wurzel aufgestellt. Ketten hingen daran nieder, die jedenfalls die einzelnen Arme gefaßt hielten, und vier kräftige Pferde hoben, mit Hilfe eines Flaschenzuges, die störrischen Holzadern aus dem Boden herauf.

Leider flogen wir zu rasch vorüber, als daß ich das ganze Verfahren hätte beobachten können, aber bei späterer Erkundigung erfuhr ich, daß dieser sogenannte Eradikator die Wurzeln mit unglaublicher Leichtigkeit aus dem Boden hebt, und sogar von vielen Farmern kleine, aus Rädern ruhende Lokomotive von zehn oder zwölf Pferdekräften angewandt werden, um diese Arbeit noch rascher zu beseitigen – Fortschritt überall.


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