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XXXVIII

Wir wollen es anders halten, als wir es bisher gehalten, wenn wir uns wieder haben!

Ich habe keinen Ehrgeiz mehr nach draußen, ich hab ihn nur noch nach dir und deiner Seele!

Ich weiß, wir sind beide schwerblütige Menschen. Deine und meine Eltern haben spät geheiratet. Wir sind beide Herbstkinder und leiden nun die ganze Sehnsucht ihres ungenossenen Frühlings ...
aber wir wollen trotzdem nicht mehr sagen, wir hätten es schwer! wir wollen lieber sagen: wir hätten es froher und heller als Hunderte und Tausende und schöner und köstlicher als Hunderttausende!

Wir wollen es mit uns selber machen, wie wir es mit der Mutter machen, der wir alles Unschöne und Trübe zu ersparen suchen und nur von Gutem und Freundlichem erzählen.

Wir wollen uns nicht belügen, wir wollen nicht sagen, was nicht wahr wäre, wir wollen nach wie vor: allem, was da kommt, aufrecht ins Auge sehen und nichts beschönigen und bemänteln ...
aber wir wollen uns nicht mehr so zernagen und all die Mißliebigkeiten und Verstimmungen, die der Tag so mit sich bringt, wir wollen sie nicht mehr so schwer nehmen, wir wollen sie abmachen, ohne daß der andere davon merkt, in aller Stille!

 

Unsere Liebe soll uns zu gut sein und zu heilig, um sie an Häßlichkeiten zu zerzerren ...
sie soll nicht mehr mit im Kampfe stehen ... sie soll das sein, wofür wir kämpfen:

Dank, Erfüllung, Glaube, Sieg, der letzte Sinn des Ganzen, Thron und Krone ...
sie soll abseits alles Werktagtreibens mit ewigem Feuer in der goldenen Ampel und alten wundertätigen Bildern in den Nischen
ein stiller Tempel sein auf grüner Höhe!

*

Jenen Weg am Waldsaum hin hab ich so gern ... jenen stillen Gang zwischen Eichen und Buchen und Birken, die Hügelsenkung entlang ...
den wir so oft zusammen gingen, Hand in Hand, frühmorgens oder abends!
den Gang an den Hügelhängen hin, so gerade, daß man ihn fast zu Ende sehen kann ...
bis zu dem Stückchen Wiese zwischen den Schlehdornhecken
und weiter dann durch Lärchen und Haselnußniederholz zu der kleinen Bank oben auf der Höhe, überm Meer, mit den vielen wilden Rosen ...
ich muß dann immer denken, du wärest noch da und nur hinter den Bäumen, um Blumen zu pflücken.

*

Die Sonne ist wieder da!
und gleich ist alles wieder farbig, jung und froh und lacht und lebt!
und kleine weiße federige Wolken ziehen über den Himmel hin: die Sonne ist wieder da! und spielen Ringelreihen um den ganzen Horizont!

 

Die Sonne ist wieder da!

Sieh, wenn ich das so schreibe, so steht es so leer auf dem Papier, wie ein Satz aus einer Buchstabierfibel: der Wald ist grün! die Rose sticht! der Himmel ist blau! ... und manchmal auch nicht!!
und wenn ich es drucken ließe,
mit Buchstaben, so groß als es gibt: Die Sonne ist wieder da!
allein auf eine ganze Seite: Die Sonne ist wieder da!
man würde darüber lachen ... leeres Papier macht scheu! es muß bedruckt sein! womit ist einerlei! ... und würde es für verrückt halten!
anstatt zu nehmen, was dahinter steht! und es zu lösen und aufklingen zu lassen mit dem ganzen Leben, das man selber in der Brust hat: die Sonne ist wieder da!

Es ist ja doch nie mehr als eine Türe oder ein Fenster, das man aufmachen kann! ... bei allem!

Sehen muß ein jeder selber!

 

Mit Musik wäre es vielleicht zu zwingen, mit Worten nicht!

Es müßte dann sein ... ich weiß nicht: es müßte ... einsetzen ... wie ein Vogellied im Frühling, sehnsüchtig, ängstlich und fragend ...
und immer gewisser und sicherer werden und zuversichtlicher und ... anschwellen und aufwogen und wie Osterglocken über das Land hinläuten:

Die Sonne ist wieder da!

Die Sonne ist wieder da!


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