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XIX

Ich möchte ... ganz gern ... wieder einmal ... Eisenbahn fahren! aber es müßte der Mühe wert sein!
und wenn es auch ein paar Nächte vorher kostet, um sich den Rücken frei zu schaffen und aufzuräumen! Es kommt wenigstens einmal dazu!

Zettel! . Rechnungen! . Briefe!

Zeitungen! zurückgelegt, um das oder das wirklich einmal zu lesen, in Ruhe, nicht bloß zu überfliegen! aber ... Ruhe?! Ruhe?! ach ja! ... Weg damit! verloren ist ja schließlich auch nichts weiter!
und Bücher ... immer mehr und immer dicker! Jedes einzelne ein lauter Vorwurf! Man müßte! und möchte auch ganz gern! aber wann? wann?! Ins Rück damit! vorläufig wenigstens, bis man zurückkommt! man muß fertig werden! es ist Zeit! und ... und man wirds! und
packt! und ... schließt! leb wohl! und geht und ...
sitzt auf seinem Platz endlich!
ein bißchen müde, übernächtig und frierig ... aber einerlei! man hats gezwungen und es geht einmal was anderem entgegen! und wärs auch nur für ein paar Tage! und ...
man dehnt und reckt und rückt sich und
es fährt los endlich und ... man atmet auf:

 

Kein Mensch kann einen nun mehr stören! kein Briefträger kann mehr kommen, kein Besuch, keine Anfrage, kein Fernruf! nichts! nichts! man ist gar nicht aufzufinden! man ist überhaupt nicht auf der Welt!
und hat Zeit! Zeit! zehn, zwölf ganze Stunden! und gar keine Möglichkeit, auch wenn man wollte, Briefe zu schreiben oder Manuskripte zu sichten oder ... oder...
sich um Haushaltungsdinge zu kümmern! oder Besorgungen zu machen! oder sich für eine Gesellschaft umzuziehen, für ein Theater oder für ein Konzert und trotz aller Hetzerei doch der Letzte zu sein! oder auf seine Liebste zu warten, die versprochen, zu kommen, und nicht kommt!
oder überhaupt etwas Vernünftiges zu tun!
gar keine Möglichkeit!

 

Man ist zehn, zwölf Stunden aller Schererei überhoben und allein und
kann dasitzen und seinen Mitmenschen zusehen, im Zug oder auf den Bahnhöfen: wie unglaublich unselbständig und tappsig die meisten sind! und wie rücksichtlos dabei! und wie unvergnügt! wie unvergnügt!
und kann man sich in seine Ecke zurücklehnen und durchs Fenster kucken und sich freuen: wie gut das Korn steht, wie saftig die Wiesen und wie grün die Wälder und wie blau der Himmel und wie golden die Sonne und wie schön, wie so wunderschön doch eigentlich die Welt!
und kann nichts tun, nichts, als allenfalls ... Verse machen!
und kommt bei alledem, ohne die Hand zu rühren, mühelos, wohin man will!

 

Und das nennen die Leute etwas ... Entsetzliches! vielleicht jedoch ist vergnüglich Eisenbahnfahren-können auch ... eine Kunst und ... auch wieder
eine besondere Begabung?!


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