Paul Ernst
Prinzessin des Ostens
Paul Ernst

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Herr Konrad

Stavern hieß eine Stadt, welche zu der Zeit, da König Karl ein großes Reich beherrschte, an der friesischen Küste blühte. Sie war vor tausend Jahren von dem alten Volk gegründet, welches derzeit das Friesland inne hatte. Als sich später die Römer zu Herren der Gegend gemacht, wurden von einer fremden Insel, genannt Melita, Künstler in das Land geführt, geschickt, allerhand Kaufmannswaren zu verfertigen, vornehmlich aber sehr schöne Tücher. Diese erzählten, daß auf Melita eine große Stadt sei, zierlich und prächtig von schönen weißen Steinen erbaut. Deshalb hatten sie aus Heimweh auch in Stavern Häuser aus Steinen gerichtet, aber diese waren nicht so schön wie auf Melita. Ihre Kunst lehrten sie viele hundert Jahre hindurch ein jeder Vater seinen Sohn. Deshalb hatten sie großen Gewinn und war die Stadt volkreich, denn zu des Königs Karl Zeiten mochte man in ihr wohl an die tausend Feuerstellen zählen. Als ihr Oberster war ein fränkischer Herr eingesetzt, der in einem hochgebauten Hause am Meer wohnte. Vom Turm sah man weit über die See hin; sie war grau und hatte leuchtende Spitzen, und lange Streifen waren glatt und glänzend, und zuweilen ging ein Schauer über die Fläche, wie über das Fell einer gefährlichen wilden Katze.

Dann kamen plötzlich die Nordmänner, auf zwei Schiffen, wohl an vierzig Mann stark. Sie fürchteten sich nicht vor den Pfeilen und Speeren, und schlugen die Tür des festen Hauses ein; die Knechte fielen im Kampf, den alten Grafen nahmen sie lebendig, schnitten ihm zwei Rippen aus dem Rücken und zogen ihm die Lunge aus dem Körper. Sie lobten ihn sehr, weil er nicht klagte, vielmehr lachte und sie ausspottete. Dann suchten sie nach Schätzen, aber fanden sie nicht, denn der alte Herr hatte sie klug versteckt. Wie sie das Haus verbrannt, gingen sie in die Stadt und nahmen den Bürgern ihr Gold und Silber fort, auch so viele Tücher sie schleppen konnten. Einige von den Weibern boten sich ihnen als Bettfrauen an, aber sie lachten, gebrauchten sie und stießen sie dann weg. Dann verbrannten sie auch die Stadt. Sie wunderten sich über die vielen steinernen Häuser, die es hier gab. Als die Nordmänner wieder in See gegangen waren, weinten die Bürger, denn vorher hatten sie keine Klage gewagt, weil sie sich vor den scharfen Augen der Nordmänner fürchteten, und die Weiber machten ihnen Vorwürfe, denn der Bürger waren wohl dreißigmal mehr, wie der Fremden. Darauf aber gingen sie fleißig an die Arbeit, löschten und räumten den Schutt weg, bauten neue Häuser, und saßen wieder emsig hinter ihren Webstühlen.

Als nun die beiden Söhne des ermordeten Grafen nach Hause kehrten, nachdem sie alles gesehen hatten, sprach der ältere: »Nun sind wir die Erben von unseres Vaters Gut, und ich folge ihm in Amt und Land, du aber nimm dir die Hälfte des Schatzes für dich, denn ich will gerecht sein.« Erwiderte der junge: »Dein Wort ist trefflich, denn ich gedenke nicht, bei dir zu versitzen. Vorher aber müssen wir unseren Vater rächen.« Hierüber lachte der ältere. Der junge aber, da er diese Gottlosigkeit merkte, faßte einen heftigen Gram, zog sein Schwert und erstach seinen Bruder.

Der junge Herr, welcher Konrad hieß, ging zu seiner Sippe und tat ihr das Geschehene kund. Er sagte aber, er wolle nur den dritten Teil des Wehrgeldes erlegen, denn wenn ein Fremder seinen Bruder erschlagen hätte, so müßten ihm, als dem Nächsten, doch zwei Dritteile werden. Dieses fand die Sippe gerecht und nahm willig siebzig Sols von ihm an.

Darauf beschied ihn der Bischof zu sich und sprach: »Konrad, du weißt, daß du die göttlichen Gebote übertreten hast. So du reuig bist, sollst du dreißig Sols an die Kirche bezahlen und ein Jahr lang Kirchenbuße tun, und das Erbe des Ermordeten herausgeben in den Schatz des heiligen Joseph.« Herr Konrad sprach: »Ich verspüre keine Reue, denn ich habe gerecht gehandelt an einem Gottlosen; auch will ich nicht Kirchenbuße tun, denn ich bin ein vornehmer Mann und des Königs Knecht, und übel stünde mir, mich vor dem gemeinen Volk zu erniedrigen. Was meines Bruders Nachlaß betrifft, so bin ich dessen rechtlicher Erbe, denn er keinen weiteren Verwandten hatte außer mir; aber ich will mit gutem Willen die dreißig Sols geben, da ich wohl weiß, daß Gott solche Tat verboten hat.« Antwortete der Bischof, wie daß er für die Kirchenbuße Geld bezahlen könne, und solle er sich freikaufen durch hundert Sols; aber von der Reue könne er ihn nicht lossprechen, und auch des Bruders Erbteil müsse er herausgeben. Sprach der Herr, daß er auch noch die hundert Sols zahlen wolle, aber in dem Andern müsse es bei dem sein Bewenden haben, was er gesagt, denn Reue verspüre er nicht, könne er auch nicht verspüren um solche Tat, seines Bruders Erbe aber sei sein rechtliches Eigentum, und er wolle seinen künftigen Kindern nichts verschleudern, vielmehr noch zugewinnen. Also schieden sie in Unfrieden.

Hierauf nahm Herr Konrad Gefährten an und kaufte ein Meerschiff zur Verfolgung der Nordmänner. Und fuhr lange Zeit hinter ihnen her an der Küste, denn sie stiegen überall aus, wo Wohnungen von Menschen waren, mordeten, sengten und raubten; es wurde auch eine Rede von ihnen berichtet, daß bei den Franken viel Gold zu gewinnen sei, aber keine Ehre, denn ihre Männer seien mutloser wie bei ihnen daheim die Weiber. So gelangte er an die Mündung der Sequana, welchen Fluß sie hinaufgefahren waren, mitten in das fränkische Land hinein. Hier wollte Herr Konrad die Rückkunft der Nordmänner erwarten. Als aber gemeldet war, daß die Schiffe kamen, wurden seine Gefährten plötzlich von großer Angst befallen, beredeten sich unter einander und entflohen heimlich.

Da sah nun Herr Konrad, daß er allein geblieben war, wappnete sich und nahm sein gehärtetes Schwert, welches Eisen zerschnitt, ging zu den Nordmännern und sprach zu ihnen alles, nämlich, daß sie seinen Vater gemordet, der ihnen nichts zugefügt habe, und er habe ein Meerschiff ausgerüstet, um sich an ihnen zu rächen, aber daß seine Leute geflohen seien. Deshalb sehe er kein anderes Mittel, als daß er mit ihrem Könige im Einzelkampf fechte. Als die Nordmänner seine Rede gehört hatten, fanden sie, daß sie gerecht war, und ihr König sagte: Ja, er wolle mit ihm kämpfen. Er war aber der stärkste von den Nordmännern und hatte in ihrer Heimat einen Drachen getötet. Sie setzten nun den andern Tag fest für den Kampf, luden den Herrn Konrad zu sich ein, und er aß an ihrem Tisch, weil es schon spät war, blieb auch die Nacht bei ihnen. Ihr König aber wußte, daß ihn Herr Konrad überwinden würde und sprach zu seinen Männern, daß sie ihn nicht rächen sollten an dem Jüngling, vielmehr sollten sie ihn bitten, daß er ihr König werde nach ihm. Denn sie waren nicht eines Stammes, sondern hatten sich zusammengefunden aus vielen Teilen ihres Landes und hatten Blutsbrüderschaft gemacht untereinander und ihren König gewählt, welcher ihnen der tauglichste schien.

So kämpften nun die Herren am andern Tage, und die Schwerter klirrten aufeinander und sprühten Funken; die Nordmänner aber standen im Kreise und staunten über beide, ihren König und den Fremden. Des Herrn Konrad hartes Schwert schnitt dem König die Hälfte des Helmes weg, da sagte dieser: »Das muß ich loben, du hast ein gutes Schwert, denn sonst führen eure Helden wohl gutes und reines Gold, aber schlechtes und weiches Eisen.« Und nachher traf ihn Herr Konrad über die Wange und schlug ihm den Kinnbacken durch, also, daß ihm die Zähne aus dem Mund fielen und die Zunge war ihm durchgeschnitten, und von dem großen Schmerz umdunkelten sich ihm die Augen und er stürzte zur Erde. Da kniete Herr Konrad auf ihn, setzte ihm sein Messer an den Hals und wartete, bis er wieder zu sich kam. Dann fragte er ihn: »Wie willst du sterben?« Antwortete der König durch Zeichen: »Du sollst mir den Blutaar ritzen, wie ich mit deinem Vater getan habe.« Dies vollführte Herr Konrad und rächte also seinen Vater.

Da kamen die Nordmänner zu ihm, sagten, was der König geredet hatte am Abend, und lobten seine Kraft. Er aber bedachte sich, daß zu Hause ihn der Bischof verfolgen werde und mit dem Bann belegen, und daß er viel Ruhm und Gold gewinnen konnte, wenn er tat, um was diese ihn baten. Deshalb sagte er ja. Als er das gesagt hatte, sprach' ein Alter: »Es geht ein Wort bei uns, im Südreich vermögen die Männer nicht zu geben und die Frauen nicht zu verweigern: Deshalb wollen wir eine feste Übereinkunft treffen, auf welche Weise die Beute verteilt werden soll. Denn wir haben zwar gesehen, daß du sehr stark bist, und vorsichtig, und ein hartes Herz hast, aber vielleicht bist du geizig.« Da fragte er, wie es seither gehalten, und als er das gehört, antwortete er, daß es so bleiben solle. Des toten Königs Gut aber hieß er sie beiseite legen, da er eine einzige Tochter zu Hause hatte; der sollte es werden, damit sie einen starken Helden heirate und tüchtige Kinder gebäre. Hierüber lobten ihn die andern sehr und freuten sich, daß er gerecht und mild war.

Nun fuhren sie weiter die Küste entlang und gewannen viel Gold und großen Ruhm, und in allen Ländern wurde von ihnen gesprochen. Aber sie hatten doch Sehnsucht, mit stärkeren Leuten zu kämpfen, und hofften, wenn sie nur immer weiter segelten, so kämen sie wieder zu tüchtigeren Völkern. Herr Konrad indessen freute sich seiner Männer und schenkte ihnen viel. Er dachte, daß ein Freundloser irrt auf seinem Wege und des Mannes Freude ist der Mann. Denn wer an Schlechte gerät, wenn er nicht weise ist und sie beschwatzt, der erntet wohl eitel Undank; aber die Guten muß ein Mann haben, sonst weiß er nicht, wozu er lebt; auch lernet ein Mann vom andern im Gespräch.

Nun wußte er wohl, daß Gott verboten hatte zu morden und zu rauben, und daß er nachher solche Sünden nur vergab, wenn der Sünder sie bereute und an die Kirche Buße zahlte. Aber er wußte nicht, wie er seine Taten sollte bereuen können, denn er war stolz, daß er in jungen Jahren schon so viel Ehre, Ruhm und Gold gewonnen hatte. Darüber sprach er mit seinen Männern, welche Heiden waren. Diese sagten, allzu große Weisheit tauge nicht, denn wer zu viel weiß, dessen Herz sei wenig froh und er habe es nicht leicht im Leben. Aber wer ein Recke sein will, der muß fröhlich sein. Deshalb solle er sich freuen und über solches nicht nachdenken; und vielleicht sei es auch eine Lüge, daß es nach dem Tode ein höllisches Feuer gebe für die Helden, denn sie hätten nichts davon gehört, sondern wüßten nur von Wohlleben und frohem Kampf. Etwas bestimmtes wisse zwar keiner, und deshalb meinten sie, jeder solle zufrieden sein, daß er lebt, denn wenn er tot sei, so könne er nichts mehr gewinnen.

Herr Konrad dachte am Ende, es gebe verschiedene Menschen, wie das Blut sei. Der einen Blut sei träge, weil die Eltern immer bei gemeiner Arbeit gewesen sind, und die haben Angst und Reue, was sie auch schaffen, aber sie arbeiten viel und sind fleißig. Der andern Blut aber sei dünn, weil ihre Eltern Herren waren, ritten, jagten und kämpften, und deren Freude sei die Waffenarbeit. Aber dafür, von diesen oder andern Eltern abzustammen, könne keiner, und deshalb lasse sich nichts dawider tun, wenn er für solches in die Hölle komme.

So fuhren sie nun immer weiter und kamen endlich in ein Land, wo die Leute den Propheten anbeteten. Hier beschlossen sie, sich eine Weile auszuruhen, und deshalb gingen sie nicht als Feinde an das Ufer, sondern fuhren in einen großen Hafen mit vielen Schiffen, und gingen zu dem Vorsteher dieses Ortes, erzählten ihm ihre Taten, und daß sie sich hier ruhen und ergötzen wollten. Derart verharrten sie eine Weile. Es kam aber ein maurischer Fürst, der von ihnen gehört hatte, bot ihnen großen Sold an und fragte, ob sie ihm dienen wollten. Die Männer hatten wohl Lust, Herr Konrad aber sehnte sich, wieder seiner Mutter Sprache zu hören, und nach der frischen Luft in seiner Heimat und den grünen Wiesen und Wäldern. Deshalb teilten sie, was sie erworben hatten, nach gerechtem Maßstab, und er entließ sie mit gutem Willen.

Nun hatte er dort einen Juden getroffen, welcher ein großer Gelehrter war und wußte, was die verschiedenen Völker meinten über die göttlichen Dinge. Dieser sprach zu ihm: »Wohl ist es durch deinen Glauben verboten, Menschen zu töten. Aber bekenne, daß du nur Christen gemordet hast?« Herr Konrad sagte: »Ja.« Da fuhr der Jude fort: »Manches, was bei den Christen ein böses Werk ist, das ist ein gutes für die Jünger des Propheten, und umgekehrt. So hat der Prophet geschrieben, daß ein Muselmann, welcher Christen tötet, in den Himmel kommt und ihm viele Sünden um diese Taten vergeben sind; ja, ein solcher darf selbst Wein trinken ungestraft. Nun kenne ich einen reichen Mann hier, welcher ein üppiges Wohlleben führt, aber sein Gewissen ist häufig geängstigt, denn er übertritt oft des Propheten Gebot, ohne ein Kämpfer zu sein. Mit diesem will ich sprechen, wenn du willst und mir eine Erkenntlichkeit versprichst, und will ihm sagen, du wollest ihm deine Werke schenken, welche für dich böse sind, für ihn aber gute, und er soll sie annehmen, als wären sie seine; so entrinnt ihr beide der Höllenstrafe und gelangt jeder in seinen Himmel, du in deinen christlichen und jener in seinen muselmännischen.«

Herr Konrad fragte den Juden, ob das wahr sei, was er ihm gesagt habe, und da dieser versicherte: »Ja, es ist wahr,« so bedachte er sich lange, denn in der Fremde ist Vorsicht vonnöten, und der Leichtfertige wird betrogen. Darauf sprach er: »Wenn meine bösen Werke gute Werke sind für den Muselmann, so will ich dir keine Erkenntlichkeit geben, weil du den Handel vermittelst, und will sie ihm auch nicht umsonst lassen; denn sie haben mich viel Arbeit und Blut gekostet; sondern er soll mir ein Billiges zahlen für jeden Mann, welchen ich getötet habe, mag es nun im Feldkampf gewesen sein, oder beim Überfall, oder auch bei der Plünderung; Weiber und Kinder habe ich nicht getötet.« Und wiewohl der Jude viel auf ihn einredete, sich auch verschwor, solches Geschäft sei nie zuvor gemacht und es gäbe gar keinen Preis für gute Werke, er aber wolle sich nicht umsonst mühen, so blieb Herr Konrad doch bei seiner Meinung und sprach: »Ich wäre ein Tor und kein ordentlicher Mann, wenn ich mich beschwatzen ließe, denn da du ein Gelehrter bist, so kann ich dir nicht erwidern auf deine Reden. Deshalb will ich nichts weiter sagen, als daß ich bei meinem Willen beharre; willst du aber nicht, so will ich schon selbst einen solchen Mann finden, wie du beschrieben, denn es muß deren unzählige hier geben, weil ich viele seidene Gewänder hier sehe und köstliche Häuser mit durchbrochenem Zierwerk, verschlossen nach außen, damit sie ihre Üppigkeit verbergen können.«

Auf dieses redete der Jude zwar noch viel, da aber Herr Konrad auf seinem Willen beharrte, gab er endlich nach und handelte mit ihm um die Geldsumme, welche er für seine bösen Werke bekommen sollte; kam auch endlich mit ihm überein und zahlte ihm sein Geld ehrlich aus, wiewohl mit vielem Klagen und Weimern. Als dieses geordnet war, gedachte Herr Konrad der Rückkehr.

Er wollte sich aber nicht in Stavern heimisch machen, an dem Orte seines Vaters, denn er meinte, genug Ehre und Gold gewonnen zu haben, und das Meer war ihm ein Abscheu. Ging deshalb nur in seine Heimat, um sein Erbe zu holen, welches er dort vergraben hatte, und wendete sich dann in die Gebiete der Sachsen, welche König Karl, neulich bezwungen hatte, weil dort Land und Leute zu guten Bedingungen zu bekommen waren, und hoffte hier ein Haus zu bauen, wo seine Nachfahren immer wohnen konnten, Leute beherrschen und seiner gedenken. Erwirkte sich daher einen Brief vom König und suchte am Harzwalde, an der äußersten Grenze der Christenheit; denn in dem schwarzen und steinigen Walde trieben trotzige Heiden ihr Wesen. Es gab hier aber guten und fruchtbaren Boden für allerhand Getreide und ein großes Weideland. Die Einheimischen waren ein ungebildetes Volk, aber treuherzig; und da er ihnen in die Hand versprach, sie sollten nichts fürchten von ihm, und er wolle ihr Fürsprecher sein beim König, so gingen sie ihm freundlich zu Hilfe und traten ihm Knechte ab und Mägde gegen geringes Geld, welche er ansiedeln wollte, damit sie seine Äcker bearbeiteten. Und weil hier viel Holz wuchs, so bauten die bald ihre Katen, und ihm richteten sie auf einem freien Hügel sein Haus aus dicken Baumblöcken mit Keller, Küche, Sommerstube und Winterstube und Schlafkammer, und zur Seite einen starken Turm, dessen unterer Stock war aus dicken Bruchsteinen mit gutem Mörtel bereitet.

So hauste er nun hier als ein treuer Herr und freute sich des Fleißes seiner Knechte, welche Bäume brannten und rodeten und emsig den Pflug führten; und er sah von oben die langen und schmalen Feldstreifen mit Roggen und Buchweizen und lustiger Leinsaat, die blau war wie der Himmel, und wenn ein leichter Wind über sie hinzog, so war da ein silberner Schimmer. Auch ritt er gern auf die Weide zu den Rindern, die dort friedlich grasten und käuend in frommer Ruhe dalagen, sich auch etwa mit neugierigem Erstaunen um sein Hündlein scharten, welches er bei sich hatte, so daß es ängstlich sich zwischen die Beine des Pferdes rettete; dann lachte er herzlich und meinte, was die Kuh doch für ein dummes Tier sei. Wenn er aber zu Fuß war, was auch oftmals geschah, denn er hatte nur ein Roß, so pflückte er wohl ein Unkrautlein, das am Wege stand, mit zierlichen Blättchen, die regelmäßig geordnet waren, und mit einer lieblichen Blüte, besah es, und nahm es sorgfältig mit nach Hause.

So hatte er nun Haus und Hof und alles, dessen der Mensch bedarf, und wünschte sich nichts weiter, außer, daß er in die Jahre kam, ein Weib heimzuführen. Er bedachte sich aber lange, ehe er dazu etwas tat; denn da sein Wesen in so guter Ordnung war und täglich zunahm, denn weder drückte er seine Knechte, noch ließ er sie üppig werden, und er hatte auch einen großen Schatz an Gold und Silber, und war selber jung, kräftig, wohlgebaut und von guten Sitten, so hoffte er, daß sein Geschlecht lange blühen werde und ordentliche Männer und Weiber hervorbringen. Und deshalb wollte er recht vorsichtig sein bei der Wahl seines Eheweibes, denn in der ganzen Reihe der Nachfahren wirkte des Weibes Blut nach, gleich des Mannes. Zuletzt fand er, was er suchte, bei einem Herrn, der gleich ihm sich hier seßhaft gemacht, und war ein guter alter Mann mit weißen Haaren, vor dem doch alle Furcht hatten. Ritt also zu diesem und wies ihm seine Umstände alle auf, welche der zwar schon kannte, und auch wußte, daß er ein Held war und tugendhaften Gemütes. Deshalb sprach er mit Freuden ja, rief seine Tochter und verlobte sie ihm, und nach kurzem machten sie Hochzeit.

Und wie sie nun zusammen lebten in Eintracht, Liebe und großer Zufriedenheit, bekamen sie viele und schöne Kinder, Knaben wie Mädchen, welche fast alle groß wurden zu ihrer Freude; die Mädchen wurden reich ausgestattet und heirateten tüchtige und reiche Männer; und die Knaben gingen in Königsdienst, kamen weit herum in der Welt und gelangten zu Ehren und Reichtum; der jüngste aber ging zurück zu den Eltern und übernahm die Burg und die Knechte seines Vaters und heiratete eine gute und treffliche Frau, welche die alten Eltern hochhielt; und diese erfreuten sich an fröhlichen und gesunden Enkelkindern und starben als ganz alte Leute.


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