Ernst Constantin
Das warme Polarland
Ernst Constantin

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XV. Kapitel.

Eine Wolfsjagd.

Jetzt hieß es noch einmal wandern und Wasser holen. Mit einem Fasse versehen, das an zwei Ruder gebunden war, welche auf ihren Schultern lagen, zogen sie noch einmal aus.

Am Teiche angekommen, bemerkten sie in dem klaren Wasser einen großen Fischreichtum und es gelüstete sie nach einem gesottenen Fisch. Aber wie einen solchen bekommen? Angeln und Netze hatten sie nicht, mit den Händen ließen sie sich nicht greifen, wie also einen packen?

»Wir haben schon alles Mögliche geschossen, warum soll es uns nicht gelingen, auch einmal einen Fisch zu schießen,« meinte Wonström, damit nahm er sein Gewehr und zielte auf einen armlangen, nahe am Ufer schwimmenden Fisch. Er hielt dicht darunter und schoß. Auf den Schuß spritzte das Wasser hoch auf und nachdem es sich beruhigt hatte, sahen sie den Fisch auf dem Rücken liegend untersinken. In dem klaren Wasser konnte man ihn deutlich auf dem Boden liegen sehen und es galt jetzt denselben heraus zu holen. Auch da wußte Wonström Rat; er band beide Ruder zusammen und mit Hilfe Eduards brachte er ihn glücklich an's Land.

Es war eine Art Knorpelfisch, zum größten Teil bepanzert; nichtsdestoweniger aber sehr einladend zum Essen.

Hans hatte sich einstweilen über die Gazelle hergemacht und sie ziemlich aufgefressen; denn es war ihm gestattet worden.

Nun wurde das gefüllte Faß aufgehoben und wie seiner Zeit Josua und Kaleb die große Weintraube aus dem gelobten Lande, so trugen Wonström und Eduard heute ihr Wasserfaß mit dem Fische heim.

Mittlerweile hatte sich ein bedeutener Hunger bei beiden eingestellt, weshalb sie so schnell als möglich ihre Delikatessen herrichteten. Der Fisch wurde in Stücke geschnitten und mit Salz, dem einzigen Gewürz das sie hatten, in einem Topfe blau gesotten.

Von der einen Gazelle hatten sie eine Keule genommen und diese mit etwas Seehundsspeck und Salz in einer Bratpfanne zum Feuer gesetzt.

Der Fisch war zuert fertig, er schmeckte ausgezeichnet und Wonström meinte, solche Sorte wäre besser als Lachs und Forelle, zumal er gar keine Gräten habe, welche die äußeren Knorpel ersetzen.

Nach dem Fisch kam die andere neue Speise; auch diese erntete das allgemeine Lob; denn weicher, saftiger und schmackhafter konnte nach Ansicht unserer Freunde kein Spießböcklein aus der Königsküche kommen.

Hans lag da und schlief, er träumte wahrscheinlich von Seehunden, Eidechsen und Gazellen; denn hin und wieder stieß er ein behagliches Brummen aus.

Hansens Ruhe übte nach der Mahlzeit auf Wonström und Eduard einen eigentümlichen Reiz aus, und bald folgten sie seinem Beispiele.

Sie mochten vielleicht einige Stunden geschlafen haben, als sie ein Brummen, Heulen und Knurren aufweckte und mit Staunen sahen sie Hans im Kampfe mit einer Herde Tiere, die wie Wölfe oder Füchse aussahen. Wahrscheinlich hatte der Duft des gebratenen Fleisches die kleinen Wölfe angelockt und diese hatten sich über das noch daliegende Fleisch hergemacht; Hans aber erwachte durch den Lärm und trat als Verteidiger auf.

Wie jetzt die Situation war, so schlug Hans rechts und links die bissige Gesellschaft auf die Seite und zwei davon vergaßen das Aufstehen. Dennoch wäre er schließlich unterlegen, wenn er nicht Hilfe bekommen hätte.

Rasch nahmen Wonström und Eduard ihre Gewehre und feuerten in die Wölfe, was diese stutzig machte, da ein paar gestürzt waren. Sie schienen große Lust zu haben, ihre neuen Feinde anzugreifen. Aber wieder knallten vier Schüsse und einige neue Kameraden stürzten tot zusammen, während verschiedene angeschossene laut aufheulten. Das war ihnen doch zu bunt und noch nicht vorgekommen, deshalb zogen sie vor, sich zurückzuziehen und als noch vier Schüsse knallten, wurde die Flucht allgemein.

Die angeschossenen Wölfe konnten natürlich nicht so schnell mit fort und hinkten hinterher, wo sie dem sie verfolgenden Hans zum Opfer fielen. Einem nach dem anderen jagte er nach und die Erwischten waren im Augenblick getötet, indem Hans nach Eisbärenart ihnen den Kopf zerbiß.

Als unsere Freunde das Schlachtfeld besahen, lagen acht Wölfe auf dem Kampfplatze und fünf Verwundete waren von Hans auf der Flucht getötet worden.

»Hier wird's interessant,« lachte Eduard, »aber Mut kann diesen giftigen Kerlchen nicht abgesprochen werden; fast hätten sie Lust gehabt, uns anzufallen. Und Hans, der brave Hans, wie tapfer er war, komm her guter Kerl, hast dich so brav gehalten, ohne dich hätten sie uns den ganzen Braten weggefressen.« Und Hans kam, denn er war nicht unempfindlich gegen Lob. Er rieb seine blutige Schnauze an Eduard und brummte vergnügt vor sich hin.

An vielen Stellen hatten die Wölfe ihm Pelzflocken herausgerissen, aber so eigentlich verwundet war er nicht, nur etwas struppig war sein Aussehen, wie sich wohl nach einem Kampfe jeder Sieger zeigen wird.

»Jawohl,« fiel Wonström ein, »Hans kämpfte so mutig wie seiner Zeit die Flibustier, als sie die Spanier aufhängen wollten. Aber es ist doch merkwürdig, daß wir hier lauter fremde Tiere finden; sieh' nur, das sind weder Füchse noch Wölfe; am ähnlichsten sind sie noch den Schakalen der heißen Zone. Ich möchte fast sagen, das warme Polarland hätten wir schon entdeckt, denn hier ist sicher der Anfang.«

Bei Wonströms Worten hob sich die Brust Eduards vor Stolz und Freude, wobei er der Heimkehr und seines Triumphes im Vaterlande gedachte.

»Jetzt die Messer heraus und die Wölfe oder Schakale gestreift, das gibt gute Winterpelze.«

Beide machten sich denn auch an die Arbeit des Hautabziehens, und in Zeit von einigen Stunden lagen dreizehn gelblich-graue mit dichten groben Haaren bedeckte Felle vor ihnen. Diese wurden aufgespannt, damit sie die Sonne austrockne, um sie nachher so gut als möglich gerben zu können.


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