Ernst Constantin
Das warme Polarland
Ernst Constantin

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III. Kapitel.

Allein im Eise.

Das Wetter hellte sich allmälich auf und ließ eine Rundschau zu. Da gewahrten sie denn, daß das Eis in viele große und kleine Schollen zerborsten sei und auf einer der größten lag der Isbjörn.

Von dem Eishause war nichts zu sehen. Vielleicht war es mit seinen Bewohnern zu Grunde gegangen, vielleicht nur fortgetrieben, wer weiß!

Es machte einen bangen Eindruck auf das Gemüt der beiden Schiffbrüchigen, so ganz allein mitten in der gräßlichen Einöde den furchtbaren Elementargewalten ausgesetzt zu sein. Doch der liebe Gott, der soeben in der größten schrecklichsten Not geholfen hat, er wird auch weiter helfen.

Sie sagten sich, daß hier alle menschliche Macht zu Ende sei und sie es ihrem Herrgott allein anheimstellen müßten, sie zu erhalten oder zu verderben.

»Aber verflucht kalt ist es hier oben,« begann Wonström, »wir wollen einmal in die Kajüte gehen und sehen, was dort noch ganz ist.«

Beide stiegen die Schiffstreppe hinab, was man für ein Kunststück ansehen konnte, da dieselbe infolge der schiefen Lage des Schiffes ganz verschoben war. In der Kajüte war alles bunt durcheinander geworfen, die Fenster waren meistens zerbrochen und der eiserne Ofen eingestürzt.

»Schöne Geschichten. Feuer kann man so keins machen; zu wohnen ist hier auch nicht möglich; hier ist's für den Winter zu kalt; es bleibt uns nichts anderes übrig, als ebenfalls ein Eishaus zu bauen, die Ofenruinen wieder zusammen zu leimen und in das Eishaus zu setzen. Erst wollen wir aber etwas essen; denn ein leerer Magen verträgt die Kälte nicht gut, obgleich er mit dicken Röcken und Hosen behangen ist.«

Nachdem sie sich gesättigt hatten, stiegen sie vom Schiff auf die Eisscholle und suchten auf dem höckerigen Eise einen Platz, wo das Eishaus stehen sollte. Nachdem sie einen solchen gefunden hatten, gingen sie auch zugleich an's Werk. Mit Sägen und Säbeln arbeiteten sie sich die Eisstücke zurecht und setzten sie, wie die besten Baumeister aufeinander. Von Zeit zu Zeit gossen sie dann Wasser darüber, welches sie aus einem Loche holten, das sie ins Eis gehackt hatten. Das Eisschneiden und das Bauen war eine gar kalte Arbeit, und häufig mußten sie sich bei dem Feuer wärmen, das sie angezündet hatten, um sich Thee zu kochen.

»Das ist kälter, als wenn wir früher Festungen aus Schnee bauten,« sagte Eduard; dabei stampfte er auf dem Eise herum, als ob er durchbrechen wollte. »Ich will froh sein, wenn das Eishaus fertig ist.«

»Nur Geduld,« erwiderte Wonström, »alles hat eine Ende mit Ausnahme der Wurst, die hat zwei; morgen abend können wir Richtschmaus halten und am anderen Tage einziehen, so lange müssen wir noch in die Kajüte kriechen und in die Betten schlüpfen, dann aber ziehen wir in unseren Krystallpalast ein und wollen wie die Fürsten leben.«


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