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Neunundzwanzigstes Kapitel

Die Freunde hatten verabredet, daß Clark am nächsten Nachmittag um drei Uhr auf der Landstraße in der Nähe des Harringtonschen Landsitzes Sanderson treffen sollte. In langsamem Tempo kam Clark mit einem blauen Roadster, den er für diesen Tag gemietet hatte, heran. Schon von weitem erkannte er Sanderson an seinem charakteristischen Gang und gab ungeduldig Gas.

Bei Clarks Hupenzeichen erheiterten sich Sandersons Züge, der schon im voraus das Vergnügen genoß, dem Freund die Ereignisse der letzten Stunden in einem Privatissimum zu berichten.

»Ist es riskant, hier zu halten?« fragte Clark leise, als wenn selbst die Bäume ringsum Ohren hätten.

»Fahr bis zur nächsten Ecke und mach dir dann am Motor zu schaffen. Ich werde vermutlich durch Ferngläser beobachtet. Will den Leuten keine Anhaltspunkte geben.«

Der Roadster fuhr wieder an. Sanderson blieb stehen und pfiff Doc, dem Schäferhund der Harringtons, der hinter einem Hasen her war. Doc kam mit großen Sätzen heran und sprang fröhlich an seinem neuen Freund hoch.

Als Sanderson mit Doc die Straßenkurve erreichte, fanden sie Clark in Hemdsärmeln über den Motor gebeugt, eine Zündkerze in den beschmutzten Händen.

Aufgeregt brach Clark los. »Also du wirst überwacht? Dann ist natürlich nichts mehr zu machen!«

»Harringtons Einladung war eine Falle. Natürlich steckte Decker dahinter. Die Detektivbande war überall verteilt, und sie lauerten nur darauf, daß ich mich auf den Bulburry stürzen würde. Den ließen sie mir als Köder dicht vor der Nase baumeln.«

Clark atmete erleichtert auf. »Gott sei Dank – du hast rechtzeitig bemerkt, daß es eine Falle war. Wenn du auf den Leim gegangen wärst –«

»Aber du hast ja die Geschichte noch nicht halb gehört, Bart. Das gerissene kleine Frauenzimmer, das uns die Markendale-Perlen wieder abgejagt, hatte auch hier ihre Finger drin.«

»Was, das Luder von neulich?« Clark war fassungslos.

»Hat sich als Kammerzofe bei Mrs. Harrington eingeschlichen und lauerte auf Gelegenheiten. Vom Bulburry hatte sie gar keine Ahnung.«

Clark begriff, wie kompliziert die Situation gewesen.

»Um Gottes willen – wenn die Person den Bulburry stiehlt, fällt der Verdacht auf dich!«

»Genau so hat sich das aufregende Theater heut nacht abgespielt – gerade, wie ich's liebe. Schade, daß du bei dem Klamauk nicht dabei warst.«

Clark war sprachlos. Er starb vor Neugier, alle Einzelheiten der nächtlichen Ereignisse zu erfahren. Sanderson ließ ihn zappeln und berichtete dem Freund, dessen Spannung über den Ausgang der Geschichte immer größer wurde, in aller Breite, was sich zugetragen – von den Lichtsignalen und dem Kleiderbündel angefangen bis zu Terry Cahoons Kampf und den Handschellen, die man ihm selbst angelegt hatte.

Clark stand fiebernd vor Erregung vor dem Freund, der sich ein Vergnügen daraus machte, ihn auf die Folter zu spannen.

»Aber nun erklär mir doch endlich – wenn du den Brillant aus dem Bündel entnommen, wenn sie das Geheimfach im Koffer entdeckt und alles bei dir durchsucht haben – wo in aller Welt –«

Sanderson ließ sich nicht aus der Fassung bringen. »Ich kann dir sagen, mein Lieber, es blieb kein Winkel undurchsucht – keine Stecknadel wäre unbemerkt geblieben. Und ich hatte das Zimmer nicht verlassen inzwischen. Rätselhafte Geschichte, was?«

»Rätselraten ist nicht mein Fall. Willst du mir jetzt nicht endlich –«

»Laß mir doch mein Vergnügen, dir die Geschichte hübsch dramatisch zu erzählen. – Also, ich stand mitten im Zimmer, den Bulburry in der Hand, als ich etwas draußen an der Tür hörte.«

Er beugte sich über den Schäferhund und löste Docs Halsband, das er aufschlitzte.

»Wenn du hier siehst, daß ich dem Hund das Halsband abnehme, und wenn du dir weiter klarmachst, daß das Geräusch an der Tür Docs Scharren war, der um Einlaß bat –«

Langsam dämmerte Clark der Zusammenhang.

»Der Hund hatte im ersten Augenblick Freundschaft mit mir geschlossen und war mir den ganzen Nachmittag gefolgt. Als ich abends hinaufgegangen, wollte das gute Vieh durchaus zu mir herein. Ein verfluchtes Glück für mich –«

Zwischen dem schweren Außenleder des Halsbands und dem weichen Futterleder hatte Sanderson etwas Filz entfernt. So war eine kleine Höhlung entstanden, in der der Bulburry lag. Vorsichtig zog er den Brillanten heraus und ließ ihn Clark kurz bewundern. Dann gab er den Stein dem Freund.

»Vierzigtausend wird er uns bringen, Bart.« Er legte Doc das Halsband wieder an. »Als ich den Bulburry so versteckt hatte, jagte ich den Hund wieder aus dem Zimmer. Der gute Kerl konnte nicht begreifen, warum er so schlecht behandelt wurde – aber ich mußte ihn doch loswerden!«

»Im Hundehalsband! Das solltest du dir aber zur Erinnerung aufbewahren!«

»Will mal sehen, ob Harrington mir den Hund nicht überläßt. Ich glaube, er würde es tun, und dann kommen Halsband und Hund zu mir. Ich verdanke Doc noch viel mehr als den Bulburry. – Ohne den Hals vom Hund hätt's mich selbst den Hals gekostet.«


Die beiden Romanhelden haben noch weitere gefährliche und aufregende Abenteuer zu bestehen; wie sich ihre Freundschaft dabei bewährt, schildert der Verfasser in dem Roman »... verweigert die Aussage«

 


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