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Die Mutter

(Gruppe von Adriano Cecioni)

Die Morgendämm'rung, welche die Bauern zum
Noch grauen Felde antreibt mit ros'gem Hauch,
Sah sicher, wie sie barfuß, eilig
Schritt durch den tauigen Duft des Heues.

Die weißbestäubten Ulmen vernahmen sie,
Wetteifernd mit den heis'ren Zikaden auf
Den Hügeln, mittags singen, auf die
Goldfurchen neigend die breiten Schultern.

Hob sie die volle Brust und ihr braun Gesicht,
Die rötlich blonden Locken vom Werke auf,
So färbten, o Toskana, deine
Abende feurig die kühnen Formen.

Jetzt hebt die starke Mutter ihr starkes Kind,
Sie hebt es hoch empor von der nackten Brust,
Bereits gesättiget, und plaudert
Lieblich mit ihm, das mit festen Augen,

Mit seinem kleinen, unruhig zitternden
Körper und mit den suchenden Fingern strebt
Nach seiner Mutter lichten Augen;
Auf schwingt die Mutter sich lachend, liebend.

Um sie herum die häusliche Arbeit lacht,
Vom grünen Hügel winken die Saaten her,
Erschauernd, und es brüllt der Ochse
Und auf der Tenne der blüh'nde Hahn kräht.

Mit solchen heil'gen Bildern, o Adrian,
Spendet Natur den Seelen der Starken Trost,
Die ihrethalb des Ruhmes flücht'ge
Schatten verschmäh'n, die der Pöbel ehret.

Daher, o strenger Künstler, vertrauest du
Ein Ideal der Zeiten dem Marmor an.
Wann wird die Arbeit froh sein? Wann wird
Über der Liebe ein Schutzgeist walten ?

Wann wird ein freies, kräftiges Volk, den Blick
Zur Sonne richtend, sagen: »Beleuchte nicht
Tyrannenmüßiggang und -kriege,
Sondern das heilige Recht der Arbeit«?


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