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Courmayeur

Becken lebend'gen Smaragds, zwischen finsteren Pässen eröffnet,
Frommes Courmayeur, ich begrüß' dich.
Lächelnd bestrahlt, von den Grandes Jorasses und der steilen und schönen
Grivola, dich die lieblichste Sonne.

Milde Geheimnisse streut auf dich hernieder der kalte
Mond, überragend die Tannenwälder,
Während sein starrer und weißer Schimmer auf öden Gletschern
Trugbilder weckt und bewegliche Schatten.

Dora, die blaue Jungfrau, bewässert dich singend: sie kennt der
Quellen Ursprung, sie kennt der Geschlechter
Wiegen: der Alpen tiefe Geheimnisse preist sie im Liede,
Und der Völker Gesänge und Waffen.

Der Lawine Getös' erdröhnt von der schaurigen Brenva,
Wälzt sich die schwarzen Klüfte herunter;
Unverwandt blickend steht auf dem blüh'nden Altane die Jungfrau
Und sie denkt an verflossene Winter.

Aber von Wiesenhängen, wo fröhlich der purpurne Mohn wächst,
Zwischen der Gerst' und dem goldigen Roggen
Hebt sich zum Fluge die Lerche; sie trillert ihr luftiges Liedchen:
Heit're Gesänge sinnt meine Seele.

Frommes Courmayeur, sei gegrüßt! Italiens letztes
Lächeln zu Füßen des Riesen der Alpen
Bringst du mild. Ich besing' dich im Verse Italiens,
Spenderin von Ruh' und Gesängen.

Fliehender Wolken Schatten umschwebt deine grünenden Wiesen,
Auf meinem Geiste schwebet die Muse.
Liebend erblick' ich den Rauch, der am kalten, leuchtenden Morgen
Deinen zerstreuten Weilern entstiegen,

Grau den weißlichen Dampf umschlingt, der aus Bergaltären
Sich in den göttlichen Himmel verlieret:
Leis hinirrend verliert sich die Seele; von Trauererinnerung
Steigt sie empor zu ewiger Hoffnung.


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