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Lob der Gans.

Großmächtige, zu Wasser und zu Lande
Gleich wohl behauste Frau!
Dir bring' ich hier im festlichen Gewande
Mein Lobgedicht zur Schau.

Man stellt uns in der eselfarbnen Eule
Der Weisheit Sinnbild dar,
Und dir ward dieser Vorzug nicht zu Theile,
Die zehnmal weiser war.

Nur du lehrst wahre Weisheit uns auf Erden;
Denn wo sonst lernten wir
Die Kunst, mit leichter Mühe fett zu werden,
So gut, als wie von dir?

Du warst so glücklich, Rom einst zu salviren
Durch deine Schnatterei'n
Und führtest auch dadurch das Denunziren
In unsern Staaten ein.

Und seit der Mutter Gans, so reich an Worten, Der Leser erinnert sich an die Contes de ma Mère l'Oye.
Vermehrt die Gänschenschaar
Bei unserm Fräuleinvolk sich allerorten
Mit jedem neuen Jahr.

Ist gleich dein Kopf dumm wie ein Steyrerstückel,
So gleicht im Hintergrund
Dein Schweif doch auf ein Haar dem Perpendickel
In vieler Weiber Mund.

Dein langer Hals hat uns das Glück verliehen,
Daß der geplagte Mann
Sein Haupt nach eines schweren Tages Mühen
Sanft niederlegen kann.

Und ohne deine weisheitsvollen Spulen,
Wo wäre Wissenschaft,
Wo unsre Kanzeleien, hohe Schulen,
Und unsre Autorschaft?

Man macht sogar aus deinen Beinen Flöten,
Und zeiget damit an,
Daß oft auch einem Hohlkopf von Poeten
Ein Lied gelingen kann.

Doch schlecht wirst du für alle diese großen
Verdienste regalirt,
Am Martinstag zur Martyrin geschossen
Und nicht kanonisirt!

*


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