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An Herrn Joseph Edlen v. Retzer.

In ein Exemplar des zweiten Buchs der travestirten Aeneis.

Es gibt, o Freund, der Dedikationen
So vielerlei, als der Patronen.
Der weiht sein Buch sich selbst, ein anderer
Der losen Zunft der Kritiker,
Der macht das Publikum, und jener
Den Esel gar zu seinem Gönner,
Und einer, den nichts Irdisches mehr freut –
Die heilige Dreifaltigkeit!
Und hier in dieser Menschlichkeit
Ist wohl kein Rang, kein Stand, dem diese Ehre
Nicht längst schon widerfahren wäre.
Drum ist auch eine Dedikation
Veränderlich wie ein Chamäleon,
Bald ist sie ein Memorial um eine Pfründe,
Und bald ein Kniff, womit oft ein Poet
Zu einem größeren Gevatter bitten geht,
Um seinem namenlosen Kinde
So was von Namen zu verleih'n;
Bald ist sie auch ein Schild, worunter Zwergen,
Die Recensentenruthen scheu'n,
Doch freilich meist vergebens, sich verbergen;
Und bald ist sie ein Monument
Der Freundschaft, bald – ein leeres Compliment;
Von allen den Gestalten hat die meine,
Ich sag' es offenherzig, keine.
Denn, um für dich ein Monument zu sein,
Ist diese Posse viel zu klein.
Sie soll, wenn Du zuweilen mit Voltairen
Kandidisirst, den bösen Geist beschwören,
Und wenn dann Schwermuth oder Spleen
Zum Timon oder Freudenhässer
Dich machen will, den Mund zum Lächeln dir verziehen.
Und bringt sie's bis zum Lachen – desto besser!

*


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